„Die Lage in der Industrie spitzt sich zu“, sagt Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen (Foto: Mensing/IHK Nord Westfalen)
Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen (Foto: Mensing/IHK Nord Westfalen)

Wirtschaft erholt sich nur langsam

IHK-Umfrage: Dienstleister sind Konjunkturstütze

Münsterland/Emscher-Lippe-Region. – Die Stimmung in der nord-westfälischen Wirtschaft hat sich in den vergangenen Monaten nur wenig verbessert. Von einer Trendwende mochte darum Dr. Fritz Jaeckel bei der Vorstellung der Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Nord Westfalen am Mittwoch (31. Januar) noch nicht sprechen. „Die Unternehmen im Münsterland und der Emscher-Lippe-Region bewerten ihre Geschäftslage sowie die Erwartungen in den kommenden Monaten nach wie vor schlecht“, sagte der IHK-Hauptgeschäftsführer.

Die schwache konjunkturelle Erholung spiegelt sich im IHK-Konjunkturklimaindikator wider, der die Geschäftslage und die Erwartungen in einem Wert zusammenfasst. Er hat sich zwar leicht erholt und stieg von 90,5 Punkten im Herbst 2023 auf nun 95,5 Punkte. „Damit ist er aber immer noch weit entfernt von den 112 Punkten, die den langjährigen Durchschnitt beschreiben“, so Jaeckels Einordnung.

Der Anteil der Unternehmen, die ihre Lage als gut bezeichnen, legte im Vergleich zur Herbstumfrage leicht zu auf 28,6 Prozent (+ 3,8 Prozentpunkte). Besorgniserregend bleibt aus Sicht der IHK aber, dass nach wie vor mehr Unternehmen schlechtere (31,2 Prozent) als bessere Geschäfte (14,2 Prozent) in den kommenden Monaten erwarten. Aber auch diese Werte zeigen die leichte Erholung, denn im Herbst 2023 hatten noch 34,8 Prozent der Unternehmen mit schlechteren Geschäften gerechnet und 13,8 Prozent mit besseren.

Vor allem in der Industrie drückten die hohen Energiepreise, ausbleibende Aufträge und zunehmende Handelshemmnisse im internationalen Geschäft auf die Stimmung, berichtete IHK-Hauptgeschäftsführer Jaeckel weiter. Ähnlich schwierig sei die Situation im Handel. Das Weihnachtsgeschäft habe nicht die erhofften Impulse gesetzt, so dass 2023 der Einzelhandelsumsatz in Deutschland um drei Prozent geschrumpft sei, so Jaeckel. Bei den Händlern herrsche derzeit große Skepsis, ob die gesunkene Inflationsrate den privaten Konsum wieder anfeuern werde, wie viele Experten erwarten.

Besser laufen dagegen die Geschäfte bei den Dienstleistern, die Jaeckel als Konjunkturstütze bezeichnete. Fast 36 Prozent schätzen ihre Lage in der aktuellen Umfrage als gut ein, nur 10,7 Prozent als schlecht. Jaeckel: „Für Dienstleister sind die hohen Energiepreise nicht ein so großes Problem wie für Industrieunternehmen. Zudem ist die Branche nicht so abhängig von der schwachen Nachfrage aus dem Ausland.“

Trotz anhaltender Konjunkturflaute mit Auftrags- und Umsatzrückgängen ist Personalabbau für drei Viertel der Unternehmen keine Option. 56 Prozent wollen ihren Beschäftigtenstand stabil halten, 20 Prozent sogar zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen. Im Ergebnis dürfte diese Entwicklung zu einem weiteren leichten Beschäftigtenaufbau führen, erläuterte Jaeckel. „Wir sind ganz nah dran, die Ein-Million-Marke zu knacken“, unterstrich er mit Blick auf die aktuelle Prognose des Instituts für Arbeitsmarktforschung. Danach wächst die Zahl der Beschäftigten in Nord-Westfalen 2024 auf 999.800 (+ 0,5 Prozent bzw. + 4.800). „Einmal mehr könnte sich der Arbeitsmarkt als weitgehend stabiles Standbein der Konjunktur erweisen“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer.

Die anhaltende Knappheit an Arbeitskräften hat den Fachkräftemangel wieder an die Spitze der Risikobewertung gerückt. Fast 71 Prozent der Unternehmen und damit 2,7 Prozent mehr als in der Herbstumfrage sehen ihn als Gefahr für die eigene wirtschaftliche Entwicklung, gefolgt von einer schleppenden Inlandsnachfrage (59,8 Prozent), hohen Energie- und Rohstoffpreisen (57,2 Prozent) und ungünstigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (54,6 Prozent).

„In vielen zusätzlichen Kommentaren kritisieren die Unternehmen ganz offen Politik und Bürokratie“, berichtete Jaeckel von einer wachsenden Unzufriedenheit der Unternehmen mit dem Umfeld, in dem sie wirtschaften und planen müssten. Industrie und Handel reagierten darauf mit Zurückhaltung in ihren Investitionsplänen, die von Ersatzbeschaffungen (65 Prozent der Nennungen) und Rationalisierungen (35 Prozent) geprägt sind. Signifikant gestiegen ist allerdings die Investitionsbereitschaft bei den Dienstleistern. Jeder dritte Betrieb will sein Investitionsvolumen ausweiten. „Im Moment ist es angesichts der unterschiedlichen Entwicklungen in den Branchen schwer abzuschätzen, ob sich das leichte Investitionswachstum von 3,0 Prozent aus 2023 in diesem Jahr fortsetzen wird“, resümierte Jaeckel.

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