Münster (iGZ). „Wir werden den Fachkräftemangel nur dann überwinden können, wenn wir bereit sind, Menschen eine zweite oder dritte Bildungschance zu eröffnen“, sagt die Bundesvorsitzende des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ), Ariane Durian. Sie teilt die Problemanalyse des Arbeitsmarkexperten und stellvertretenden Direktors des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Ulrich Walwei: „Die Strukturkritik am Bildungssystem ist zutreffend.
Eine kurzfristige Lösung für den aktuell schon spürbaren Fachkräftemangel ist sie jedoch nicht“, sagt Durian. Es gibt kaum eine Branche, die wie die Zeitarbeit bereit ist, Menschen mit Vermittlungshindernissen Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen. Dazu gehört nicht nur eine intensive Betreuung eines Klientels aus eben jenen von Walwei beklagten „bildungsfernen Familien“. Die Zeitarbeitsbranche bietet innovative Konzepte im Bereich der Qualifizierung von Mitarbeitern ohne klassische Berufsausbildung. Viele mittelständisch geprägte Zeitarbeitsunternehmen sehen hier ihre Chancen: „Langzeitarbeitslose, mit meist geringer Qualifikation oder „bewegten“ Lebensläufen finden über die Zeitarbeit die Rückkehr in regelmäßige Arbeitsabläufe und häufig in dauerhafte Beschäftigungen. Diese Mitarbeiter über Fortbildungen weiter zu qualifizieren ist eine Art der Personalentwicklung, wie sie typisch ist für die Zeitarbeit“, so Durian. Die Mitarbeiter erhalten auf diese Weise ein besseres Selbstwertempfinden und danken das indem sie mit höherer Motivation am Arbeitsleben teilnehmen. Im gewerblichen Bereich seien Stapler-Führerscheine und Schweißerpässe die häufigsten Fortbildungsmaßnahmen. Im kaufmännischen Bereich stünden IT-Kurse, oft verbunden mit E-Learning-Modulen, im Vordergrund. Nicht selten nehmen die Mitarbeiter der Zeitarbeit auch an entsprechenden Weiterbildungsangeboten im Einsatzbetrieb teil. Um diese vielfältigen Qualifikationen für den Mitarbeiter zu dokumentieren, hat der iGZ einen „Kompetenzpass“ entwickelt, in dem Kenntnisse und Fähigkeiten, die ein Mitarbeiter sich im Rahmen seiner Einsätze über Zeitarbeit aneignen konnte, dokumentiert. Dabei, so die iGZ-Bundesvorsitzende, gehe es auch um Bereiche, in denen eine praktische, inhaltliche oder persönliche Kompetenz erworben wurde, über die keine formale Bescheinigung informiert. „Weiterbildung und Qualifikation sind absolute Schlüsselthemen für die Zeitarbeit. Wer sein Unternehmen zukunftsfähig aufstellen möchte, kommt um diese Bereiche nicht herum“, so Ariane Durian.
Der vielbeschworene Fachkräftemangel ist nur vorgeschoben, er besteht im
Grunde nicht. Die Unternehmen oder deren Verbände die
dies beklagen, wollen nur gut ausgebildete Fachkräfte, die sie dann zum Niedriglohn einstellen möchten. Tariflöhne werden nur noch in ca. 50% der Unternehmen bezahlt. Tendenz fallend.
Und wenn sie Menschen mit Vermittlungshemmnissen, oder
Langzeitarbeitslose mit geringer Qualifikation einstellen würden, dann ist das kein Zeichen von besonderer Humanität, sondern weil zur Zeit weniger Arbeitsuchende
zur Verfügung stehen. Ihre angestrebten Maßnahmen zur Weiterbildung in Ehren, aber nach jahrelanger Beschäftigung in der Zeitarbeit konnte von einer Weiterbildung noch nichts bemerkt werden. Durch die Aufnahme von Mitarbeitern aus der Arbeitslosigkeit, oder solchen mit Vermittlungshindernissen haben sie ein gutes Argument, um die Löhne in der Zeitarbeit niedrig zu halten.
Ob die Zeitarbeitsunternehmen ihre Vorschläge auch umsetzen werden, bleibt abzuwarten. Eine Neuorientierung
steht uns noch lange nicht bevor.