Halle, Westfalen. Einer der spannendsten Fragen unserer Zeit widmete sich jetzt der Innovations.Kreis.GT der pro Wirtschaft GT mit dem Titel „Energiewende – Kriegen wir die Kurve?“. Wie komplex das Thema ist, zeigten zwei Referate und eine Besichtigung der Haller Energieversorgerin Technische Werke Osning GmbH.
Prof. Dr.-Ing. Jens Haubrock von der Fachhochschule Bielefeld hielt als Experte für Dezentrale Energieversorgung den Impulsvortrag. Sein Fazit: „Ohne eine massive Veränderung der Verteilnetze ist die Energiewende nicht zu stemmen.“ Die seien historisch auf eine Verteilung der Energie vom Kraftwerk zum Verbraucher ausgelegt. Jetzt, wo der Endverbraucher immer häufiger auch zum Energieproduzenten werde, müssten die Netze in beide Richtungen funktionieren. Um die für eine 100-prozentige Versorgungssicherheit so unablässige Netzstabilität zu gewährleisten, müssten die Netzmanager auf allen Ebenen die Möglichkeit erhalten, die vielen neuen Kraftwerke fernzusteuern. Haubrock mahnte, dass ein Kollaps drohe, wenn die Netze nicht schnell genug intelligenter werden. Hier seien die Stadtwerke vor Ort ebenso gefordert wie die Betreiber der Überlandnetze. Und vor allen auch die Politik, die Wege aufzeigen müsse, wie solch eine milliardenschwere Investition möglichst schnell zu stemmen sei.
Für die Haller Stadtwerke, die Technische Werke Osning GmbH (43 Mitarbeiter, 22 Mio. Euro Jahresumsatz), beleuchtete Detlef Wemhöner die Entwicklung vor Ort: „Für uns ist die Energiewende ein Puzzle aus tausend Teilen.“ Wemhöner legte vor, wie sich Verbrauch und Erzeugung in Halle verändert haben. Und er zeigte, wie viele Dutzend Baustellen sein kleines Team abzuarbeiten hat. Trotz unzureichender Rahmenbedingungen und begrenzter Möglichkeiten habe man sich in Halle für ein pragmatisches, vierteiliges Unterstützungsprogramm für die Energiewende entschieden. Wemhöner: „Wir stellen unsere Stromlieferung nach und nach auf Ökostrom um, wir bauen unsere Netze vor Ort aus, wir informieren unsere Kunden über die vielfältigen Möglichkeiten, mit Energie effizienter umzugehen und wir fördern das Handeln der Einzelnen im Sinne der Energiewende.“ Abschließend mahnte er, dass die Energiewende kein Schraubstock sei, in den Politiker und Verbraucher ihre Energieversorger spannen dürfen: „Diese Aufgabe kann nur gelingen, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen.“
Die Eingangsfrage „Energiewende – Kriegen wir die Kurve?“ mochte keiner der beiden Referenten eindeutig bejahen oder verneinen. Einig waren sich beide darin, dass das Ziel von den Menschen akzeptiert ist, viele Wege aber bis heute nicht definiert sind. Die Grenzen setzten die Zeit und die Physik. Aber bei aller Diskussion um „Wie“ und „Wann“ müsse eines ungefährdet bleiben: die Versorgungssicherheit der Menschen und der Wirtschaft.
Der nächste Innovation.Kreis.GT findet am 19. November bei Großewinkelmann in Rietberg statt. Dann geht es um das Thema „Ordnung ist das halbe Leben – intelligente Lagerlogistik im 21. Jahrhundert.“