Paderborn. Bernd Reutemann braucht keinen Manager oder externen Berater. Er führt sein Hotel Bischofsschloss am Bodensee mit einer ungewöhnlichen Servicekultur. Da haben Frühstückseier Gesichter, für seine allein reisenden Gäste gibt es Singlekissen mit angenähtem Arm zum Kuscheln und der Aufzug sieht schon mal aus wie eine Dusche.
Seinen zum Teil ungewöhnlichen und überraschenden Ideen lauschten rund hundert Mitglieder der Wirtschaftsjunioren Paderborn + Höxter (WJ) beim Sommergespräch im Kaisersaal von Schloß Corvey – und nahmen dabei sicherlich die eine oder andere Anregung für ihren Kundenservice mit. „Ich will weg von der Managementverdummungsindustrie. Handeln mit gesundem Menschenverstand ist angesagt“, betonte der ausgebildete Hotelier. Einstellung und Verhalten müssten übereinstimmen, dann wirke ein Unternehmer authentisch. Ziel müsse es sein, zu einer sympathischen Marke zu werden, so Reutemann. Dafür müsse ein Unternehmer jedoch schon mal eine Extrameile zurücklegen. Der Süddeutsche meint damit besondere Leistungen, mit denen Kunden positiv überrascht werden und Anerkennung bringen. „Sie dürfen nicht kurzfristig denken, sondern müssen ein Stück weit verführen“, so der studierte Betriebswirt. Reutemann nimmt die Anregungen seiner Kunden ernst, hinterfragt die eigene Leistung und sorgt für gute Stimmung im Unternehmen. Bei Reutemann dürfen Mitarbeiter eigene Ziele definieren, seine Gäste kürt er zu Kunden des Monats.
Der Hotelchef möchte das Gewöhnliche außergewöhnlich gut machen. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. Jeden Tag ruft er deshalb ein Feedback ab. Als eine Art Geschichtenerzähler versucht der Strategieberater die Kunden an sich zu binden. Das neue oder andere wird gespeichert und dient so als „Weckruf“, so der Hotelchef. „Machen sie immer das Beste aus der Situation und das möglichst mit einer gelassenen Heiterkeit. Denken Sie weiter, wo andere aufhören“, rät Reutemann. Seine ganz spezielle Servicekultur gibt der Schwabe in Vorträgen und auch in Buchform weiter.
Eine erfolgreiche Bilanz nach rund sechs Monaten seiner Amtszeit als Wirtschaftsjunioren-Vorsitzender gab André Heinermann an die Mitglieder weiter. So seien die Anfang des Jahres versprochenen Reformen alle umgesetzt worden. Als Beispiel erwähnte er das neue Corporate Design der Wirtschaftsjunioren. „Wir wollen die Marke WJ vor Ort stärken und so oft es geht visualisieren“, so Heinermann. Die Wirtschaftsjunioren Paderborn + Höxter ständen für junge Unternehmer mit Einsatzbereitschaft und Unternehmergeist. Das solle jeder wissen. Zudem gebe es die WJ demnächst auch als App. Das sei ein weiterer großer Schritt in Richtung Transparenz. Heinermann kündigte an, zusammen mit dem Vorstand die wirtschaftspolitische Situation des Kreises weiter zu stärken. So erwarteten die WJ im September im Vorfeld der Bundestagswahl zusammen mit der Industrie- und Handelskammer, der Unternehmergruppe Ostwestfalen, den Handwerksjunioren und der Kreishandwerkerschaft beim Paderborner Wirtschaftsgespräch mit regionalen Politikern rund 300 Gäste.
Ein Lob gab es während des Sommergesprächs hinter historischen Mauern vom WJ-Landesvorsitzenden Bernhard Morawetz. „In Ostwestfalen-Lippe existiert viel Qualität. Woanders im Land gibt es einen gegenteiligen Trend“. Im Blick seiner Ansprache hatte er bereits das kommende Jahr. Dann findet die Landeskonferenz der Wirtschaftsjunioren NRW in Bielefeld und der Weltkongress des Dachverbandes Junior Chamber International in Leipzig statt.