Oftmals müssen Steuerpflichtige mehrere Monate auf ihren Steuerbescheid warten. Ist das Finanzamt überlastet oder wird die Steuererklärung so intensiv geprüft? Steuererklärungen sollen insbesondere dann genauer überprüft werden, wenn die enthaltenen Daten nicht plausibel erscheinen. Die Finanzverwaltung hat daher ein Programm entwickelt, um einen softwaregestützten routinemäßigen Abgleich der in den Steuererklärungen enthaltenen Daten auf Plausibilität durchzuführen.
Mit dem Risiko-Management-System (RMS) 2.0 verabschiedet sich die Finanzverwaltung von der Vollprüfung jedes Steuerfalls. Vielmehr werden die Steuerfälle anhand eines Risikofilters unterteilt in:
risikoarme Fälle – diese sollen nur noch maschinell bearbeitet werden, das heißt, die Angaben auf der Steuererklärung werden automatisch übernommen und risikobehaftete Fälle – hier wird die eingereichte Steuerklärung teilweise oder vollumfänglich nachgeprüft. Ein längeres Warten auf den Bescheid ist damit vorprogrammiert.
Doch wie sieht dieser Risikofilter aus? Werden Unternehmer grundsätzlich intensiver geprüft als andere Steuerpflichtige?
Die eingereichten Steuererklärungen werden insbesondere dahingehend geprüft, ob Beträge (z. B. Gewinn, Vorsorgeaufwendungen, Krankheitskosten etc.) absolut oder im Vergleich zum Vorjahr bestimmte Wertgrenzen übersteigen, ob ein Sachverhalt (z. B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Kinderfreibetrag, Behindertenpauschbetrag etc.) erstmals auftritt oder wegfällt. Zudem werden einzelne Sachverhalte, bei denen große Gestaltungsspielräume vorliegen (z. B. Auslandssachverhalte, doppelte Haushaltsführung und Reisekosten sowie hohe Erhaltungsaufwendungen bei Vermietung und Verpachtung) grundsätzlich zu einer Einstufung in einer höheren Risikoklasse führen.
Daneben hängt das Prüfungsrisiko davon ab, ob ein Steuerpflichtiger in der Vergangenheit negativ aufgefallen ist. Nach dem Ampel-Prinzip bedeutet „grün“, dass steuerliche Pflichten regelmäßig erfüllt wurden, „gelb“, dass erst unter dem Druck der Finanzverwaltung Steuererklärungen abgegeben und Steuern entrichtet wurden und „rot“, dass vermutet wird, der Steuerpflichtige wolle sich seinen Verpflichtungen entziehen. Zusätzlich werden drei Risikoklassen vergeben. Bei der Risikoklasse 3 besteht kein oder nur ein geringes Risiko, die Risikoklasse 2 steht für ein mittleres Risiko. Bei diesen beiden Risikoklassen werden Steuerbescheide nur geprüft, wenn der Datenabgleich mit RMS 2.0 konkrete Anhaltspunkte für fehlerhafte Erklärungen liefert. Bei der Risikoklasse 1 – „hohes Risiko“ muss die Steuerklärung dagegen in jedem Fall vollumfänglich geprüft werden.
Die genauen Einteilungskriterien gibt die Finanzverwaltung nicht bekannt. Damit können Steuerpflichtige nur vermuten, ob sie einer Risikoklasse mit erhöhter Prüfungsintensität zugeordnet wurden. Indizien für eine genaue Prüfung sind intensive Rückfragen des Finanzamtes und umfangreiche Beleganforderungen. Dennoch muss dies nicht bedeuten, dass der Datenabgleich mit RMS 2.0 einen Risikohinweis ausgelöst hat. Denn neben den risikobehafteten Fällen sollen zufallsgesteuert 2 Prozent der Steuererklärungen vom Veranlagungsbeamten nachgeprüft werden, ohne dass ein Risikohinweis vorliegt.