Düsseldorf (dapd). Deutschlands Strom- und Gaskunden drohen Preiserhöhungen auf breiter Front. Düsseldorf (dapd). Deutschlands Strom- und Gaskunden drohen Preiserhöhungen auf breiter Front. Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied am Mittwoch in 19 Pilotverfahren, dass die Bundesnetzagentur in der Vergangenheit den Anlagenwert der deutschen Strom- und Gasnetze zum Nachteil der Netzbetreiber zu niedrig kalkuliert habe. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, können die Netzbetreiber die höheren Kosten auf die Verbraucher umlegen. Doch kann die Bundesnetzagentur noch Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen. Der Bundesverband der Verbraucherzentrale dringt auf einen solchen Schritt und eine Änderung des Urteils. „Wir würden es begrüßen, wenn die Netzagentur in Revision geht“, sagte Vorstand Gerd Billen der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstagausgabe). Der Gesetzgeber sollte auch dafür sorgen, dass die Vorgaben der Netzagentur Bestand haben, um Rechtsstreitigkeiten auszuschließen. Die Regulierungen böten bislang zu viel Interpretationsspielraum, erklärte Billen. Das Urteil habe „erhebliche Bedeutung“, sagte der Vorsitzende Richter des zuständigen 3. Kartellsenats Wiegand Laubenstein. Denn es betreffe alle Gas- und Stromnetzbetreiber in Deutschland. Und es habe auch Auswirkungen „für kommende Festlegungen“. Dies könnte etwa für den mehr als 30 Milliarden Euro teueren Umbau der Stromnetze im Zuge der Energiewende gelten. Nach Auffassung des Gerichts machte die Aufsichtsbehörde in der Vergangenheit gravierende Fehler bei der Berechnung des Wertes der deutschen Strom- und Gasnetze. So seien Produktivitätsfortschritte beim Neubau von Netzen zu hoch und Lohnsteigerungen zu niedrig angesetzt worden. Insgesamt hatten vor dem Oberlandesgericht fast 300 Gas- und Stromnetzbetreiber gegen die Berechnungspraxis der Bundesnetzagentur geklagt. Für die deutschen Verbraucher würde das Urteil, wenn es rechtskräftig wird, wohl weitere Preissaufschläge bedeuten. Denn die Netzkosten fließen in den Strompreis ein. Auch die in der Vergangenheit zu wenig gezahlten Gelder könnten dann nachträglich auf den Strompreis aufgeschlagen werden, wie ein Sprecher des Gerichts erklärte. Kemfert rechnet nur mit „leichteren Preissteigerungen“ Pro Jahr und je Netzbetreiber könnten die Auswirkungen der neuen Berechnungsweise bis zu mehrere Millionen Euro betragen, teilte das Gericht mit. Wie hoch der Gesamtbetrag ausfallen würde, blieb aber zunächst offen. Schätzungen, es könne sich um einen Milliardenbetrag handeln, wollten weder das Gericht noch die Bundesnetzagentur kommentieren. Ohnehin würde eine Nachzahlung wohl über mehrere Jahre verteilt werden. Ein Sprecher der Bundesnetzagentur erklärte, vor einer Entscheidung über eine Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof werde die Behörde zunächst die Urteilsbegründung prüfen. Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Hildegard Müller, betonte, die Entscheidung des Gerichts bestätigte die Auffassung der Versorgungswirtschaft. Der BDEW hoffe, dass damit das langjährige Verfahren abgeschlossen werden könne. Die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert, riet unterdessen den Verbrauchern zu Gelassenheit. Im Nachrichtensender n-tv sagte sie: „Es gibt etliche Stromanbieter, die nicht immer eins zu eins sofort alle Kosten weiterreichen. Insofern wird auch der Wettbewerb dafür sorgen, dass die Strompreise durchaus moderat sich entwickeln werden.“ Zwar sei – auch wegen des Anstiegs der EEG-Umlage – in der Summe mit „leichteren Preissteigerungen“ zu rechnen, „aber nicht so stark wie manche im Moment befürchten“. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
FG_AUTHORS: dapd News