VDMA Großanlagenbau: Weltweite Krisen meistern – lokale Chancen nutzen

Frankfurt. Die Mitgliedsfirmen der Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau im Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau (AGAB) erzielten 2014 in Deutschland verbuchte Bestellungen in Höhe von 19,6 Milliarden Euro, sieben Prozent weniger als im Vorjahr (2013: 21,2 Milliarden Euro).

„Die Branche ist mit dieser Entwicklung nicht zufrieden. Vor dem Hintergrund niedriger Wachstumsraten, vielfältiger geopolitischer Risiken sowie starker Schwankungen an den Devisen- und Rohstoffmärkten konnten unsere Mitglieder diese Situation dennoch meistern“, sagte Helmut Knauthe, Sprecher der AGAB und Chief Technology Officer der ThyssenKrupp Industrial Solutions AG, anlässlich der Veröffentlichung des aktuellen Lageberichts.

Ausland: Sinkendende Bestellungen aus Brasilien, China und Indien – Wachstumsmärkte liegen in Südostasien, Osteuropa und den USA

Die Auslands-Auftragseingänge sanken im vergangenen Jahr um fünf Prozent auf 15,9 Milliarden Euro (2013: 16,7 Milliarden Euro), was vor allem auf die schwache Nachfrage aus großen Schwellenländern zurückzuführen ist. Die Bestellungen aus China, Indien und Brasilien notierten 2014 auf langjährigen Tiefstständen. In der Türkei, Indonesien und Mexiko gab es ebenfalls rückläufige Buchungen. Wachstumsmärkte für den Großanlagenbau waren Südostasien und Osteuropa.

Russland war infolge mehrerer Großprojekte aus der chemischen Industrie der wichtigste Absatzmarkt weltweit. Die Nachfrage aus den USA lag wie schon 2013 auf einem hohen Niveau. Die niedrigen Energiepreise wirkten sich dort insbesondere auf die Bestellungen von Hütten- und Walzwerken positiv aus.

Inland: Zusammenbruch des Kraftwerksmarkts schwächt Nachfrage

Die inländische Anlagennachfrage ist im Jahr 2014 um 18 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro (2013: 4,5 Milliarden Euro) zurückgegangen, was in erster Linie am Zusammenbruch des Marktes für fossile Kraftwerke in Deutschland lag. Allerdings müssen konventionelle Kraftwerke auch zukünftig für die Absicherung der volatilen erneuerbaren Energien zur Verfügung stehen. Knauthe: „Ein ausgeglichener Energie- und Erzeugungsmix ist zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit daher unverzichtbar. Die Politik darf diese Notwendigkeit bei der zukünftigen Ausgestaltung der Energiewende nicht aus dem Auge verlieren.“

Umfassende Kundenwünsche erfordern vielfältige Antworten

Die Erwartungen der Kunden an die Unternehmen des Großanlagenbaus sind im letzten Jahr nochmals gestiegen. Wettbewerbsfähige Preise, hohe Qualität und schnelle Realisierungszeiten werden schlichtweg vorausgesetzt. Abnehmer aus Schwellen- und Entwicklungsländern fordern darüber hinaus die Erbringung immer größerer Leistungsanteile aus dem jeweiligen Gastland heraus. Und der Trend zu Megaprojekten hat sich vor allem im Mittleren Osten und den USA weiter fortgesetzt.

Die AGAB-Mitglieder reagieren auf diese Wünsche umfassend. Sie optimieren die bereits bestehenden Prozesse im Bereich des Risiko- und des Projektmanagements und bauen ihre internationalen Strukturen weiter aus, etwa indem sie Servicestandorte und Fertigungsstätten in Kernmärkten gründen. Knauthe: „Neben der Sicherung von Geschäftschancen bietet diese konsequente Globalisierung dem Großanlagenbau weitere Vorteile. Durch die Nähe zum Kunden fließen Erkenntnisse aus dem Anlagenbetrieb zeitnah in die Unternehmen zurück und können bei der Produktentwicklung genutzt werden. Überdies können die in den Gastländern aufgebauten Netzwerke auch bei Geschäften in anderen Ländern hilfreich sein.“

Ausbau des Servicegeschäfts

Ein weiterer Ansatzpunkt zur Stärkung der Wettbewerbsposition ist der Ausbau des Servicegeschäfts. Derzeit liegt der Anteil der Serviceleistungen am Gesamtumsatz im Großanlagenbau bei rund 15 Prozent. Die Planungen der AGAB-Mitglieder sehen vor, diese Quote bis 2018 im Branchenschnitt auf 20 Prozent zu steigern. „Letztlich ist das Servicegeschäft auch ein probates Mittel, um sich gegenüber dem asiatischen Wettbewerb erfolgreich abzugrenzen. Das kann in Einzelfällen dazu führen, dass Anlagenbauer zusätzlich zum Bau der Anlage auch deren Betrieb anbieten“, erläutert der AGAB-Sprecher.

Hermesdeckungspolitik: Neue Lösungen gestalten!

In der Exportkreditversicherung gibt es zahlreiche Wettbewerbshürden, von der zulässigen Größenordnung der Auslandsanteile über unnötig hohe Kosten der Fabrikationsrisikodeckung bis hin zu stärker werdender Konkurrenz außerhalb des OECD-Regelwerkes.

Darüber hinaus werden langfristige Finanzierungen großer Projekte auch weiterhin auf Engpässe im Bankensektor stoßen. Die Absicherung und Finanzierung aus einer Hand gewinnt deshalb an Bedeutung. Für deutsche Anbieter, die nicht über eine gesamte Finanzierungslösung verfügen können, wird dies immer mehr zum Nachteil. Die Veränderungsgeschwindigkeit in den Märkten ist dynamischer als die aktuellen Modifikationen des deutschen Deckungsinstrumentariums. „Die Hermes-Deckungspolitik muss aktiv neue Lösungen suchen und gestalten“, fordert AGAB-Sprecher Knauthe.

Steigende Infrastruktur-Investitionen dringend notwendig

Die Verkehrspolitik bleibt im Fokus des Großanlagenbaus, denn der immer offener zu Tage tretende marode Zustand der Verkehrsinfrastruktur erschwert Großraum- und Schwerguttransporte zusehends. Die AGAB begrüßt daher die derzeitigen Investitionsvorhaben wie zum Beispiel das aktuelle Sonderprogramm des Bundes zur Brückensanierung. Knauthe: „Allerdings werden die hierbei eingeplanten Mittel von insgesamt 1,5 Milliarden Euro bis 2017 bei weitem nicht ausreichen. Diese Summe genügt lediglich für die Sanierung von weniger als 100 der 6.000 maroden Brücken in Deutschland.“

Der VDMA bringt sich ferner in einen konstruktiven Dialog mit der Politik ein. Ein Beispiel hierfür ist der mit der Bundesfachgruppe Schwertransport und Kranarbeiten sowie anderen Verbänden erarbeitete Masterplan Schwergut. Neben konkreten Forderungen an die deutsche Politik wie etwa die Ausarbeitung von Schwerlastrouten und die Revision der Genehmigungsverfahren skizziert er auch vielfältige Lösungsansätze.

Ausblick 2015: Stabiler Auftragseingang erwartet

Die Markterwartungen im Großanlagenbau sind verhalten. Die überwiegende Mehrheit der AGAB-Mitglieder erwartet 2015 bestenfalls eine stabile Nachfrage oder rechnet sogar mit rückläufigen Bestellungen. Hauptgrund für diesen vorsichtigen Ausblick sind die gedämpften Wachstumsaussichten in Ländern wie Brasilien, China und Russland sowie die Vielzahl lokaler Krisenherde. „Es gibt aber auch Lichtblicke.

Die Reindustrialisierung der USA bietet vor allem den Anbietern von Chemieanlagen erstklassige Absatzperspektiven. Ferner erhöht die Abwertung des Euro die Wettbewerbsfähigkeit derjenigen Unternehmen mit vergleichsweise hoher Wertschöpfungstiefe in Europa. Und schließlich verspricht das Servicegeschäft weiterhin steigende Umsätze“, lautet das Fazit von Knauthe.

www.grossanlagenbau.vdma.org

Veröffentlicht von

Sascha Brinkdöpke

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