Ostercappeln. Seit über 40 Jahren steht der Name Scholtissek für Möbeldesign der Extraklasse. Minimalistische Formgebung und ausdrucksstarke Nutzung des Naturstoffes Holz sind dabei prägend.
Das Unternehmen mit Sitz in Ostercappeln zählt zu den Hidden Champions der Region: Seine Kunden kommen aus der ganzen Welt. Mit der Einstellung von Ebrahim Jafari ist nun auch die Mitarbeiterschaft noch ein Stück internationaler geworden: Der afghanische Flüchtling hat mit seinem zugewandten Wesen einen festen Platz bei Scholtissek gefunden.
Der 22-Jährige ist mit seinen Eltern, seinem Zwillingsbruder und vier weiteren Geschwistern aus Iran nach Deutschland gekommen. Die afghanische Nationalität hat er, weil das Land die Heimat seiner Eltern ist. Der Weg über das Mittelmeer wäre der Familie fast zum Verhängnis geworden: 60 Menschen in einem Schlauchboot für 15 Personen, ausgestattet mit Luftpumpen und Schöpfgefäßen. Kurz vor der Küste kenterte das Boot, doch alle Insassen wurden gerettet. Dann ging es weiter über die Balkanroute bis die Familie Jafari im September 2015 schließlich Deutschland erreichte.
Die Zuweisung nach Ostercappeln war für Ebrahim Jafari und seine Angehörigen zunächst ein Schock: Sie sorgten sich vor allem um die schulische und berufliche Zukunft der Kinder und wären lieber in eine große Stadt gezogen. „Heute wollen wir hier nicht mehr weg“, lächelt Ebrahim: Zwei seiner Schwestern und ein Bruder gehen hier zur Schule und die Zwillingsbrüder haben beide eine Beschäftigung gefunden.
Wie so oft bei der beruflichen Integration von Flüchtlingen hatte auch Ebrahim Jafari dabei viele Unterstützer. In Ostercappeln hat jede Flüchtlingsfamilie einen ehrenamtlichen Paten: Für die Jafaris ist das Werner Grass. Er steht ihnen mit Rat und Tat zur Seite, unterstützt sie bei Behördengängen oder hilft dabei, sich im deutschen Alltag zurecht zu finden. Von ihm erfuhr der junge Mann von der Möglichkeit, ein betriebliches Praktikum zu absolvieren, und war sofort Feuer und Flamme. Den Kontakt zu Scholtissek stellte Jutta Anton her. Sie ist Ehrenamtskoordinatorin der Gemeinde Ostercappeln und kümmert sich unter anderem um die Flüchtlingshilfe. „Ich konnte mir gut vorstellen, dass er sich dort in der kreativen Atmosphäre wohlfühlen würde“, erinnert sie sich.
Geschäftsleiterin Renate Möller war nach dem ersten Kennenlernen zuversichtlich. Sie wandte sich an das Migrationszentrum der MaßArbeit, um sich bei der Einstellung beraten zu lassen. Migrationsberaterin Andrea Börgeling unterstützte sie auch bei der Antragstellung für die Arbeitserlaubnis bei der Ausländerbehörde des Landkreises Osnabrück, die dann schnell erteilt wurde. In solchen Fällen zahle es sich besonders aus, dass Migrationszentrum und Ausländerbehörde beim Landkreis Hand in Hand arbeiteten, waren sich Andrea Börgeling und Harald von Strohe von der Ausländerbehörde einig.
Renate Möller sieht sich heute in ihrer positiven Einschätzung bestätigt: „Ebrahim ist ausgesprochen freundlich und engagiert. Er hat etwas, das es heute kaum noch gibt: Er sieht Arbeit sofort“, beschreibt sie. Egal, ob es um Lagerarbeiten gehe, das Ausfahren von Waren oder um den verschmutzen Teppichboden des exklusiven Ausstellungsstandes. Wenn Renate Möller erzählt, ist zu spüren, dass sie ihren neuen Mitarbeiter ins Herz geschlossen hat – auch über die noch vorhandenen Sprachbarrieren hinweg. Das geht auch den Scholtissek-Mitarbeiterinnen Mechthild Stuckenberg und Martina Feldkamp so, die den 22-Jährigen im Betriebsalltag unterstützen. Dabei vertiefen sie gleichzeitig mit viel Geschick anhand der alltäglichen Arbeiten die Sprachkenntnisse ihres neuen Kollegen.
Der ist zurzeit vor allem im Lager- und Logistikbereich tätig: Er verpackt die extravaganten Wohnaccessoires und Kunstobjekte, die seit einiger Zeit die Designmöbel bei Scholtissek ergänzen. Ebenso kümmert er sich mit Unterstützung um den Versand. Seine gute Laune wirkt dabei ansteckend: Ebrahim Jafari ist sichtlich glücklich in seinem neuen Job. Berufstätig war der 22-Jährige bereits in Iran: Hier stellte er Trommeln her. Der Arbeitstag dort war allerdings ein deutlich anderer: Beginn war um 8 Uhr und gearbeitet wurde bis Mitternacht. Wenig Zeit also, sich auch um sein Hobby zu kümmern. Denn der junge Flüchtling ist begeisterter Musiker, der in Iran auch professionell aufgetreten ist. In Deutschland hat Ebrahim Jafari deutlich mehr Zeit, seine Liebe zur Musik zu pflegen: Er spielt jetzt Keyboard.
Ein Gedanke zu „Unterstützer-Netzwerk hilft bei beruflicher Integration“