Frankfurt/Main (dapd). Nur die kurzfristige Absage von EZB-Präsident Mario Draghi löst Irritationen aus. Der Chef der Europäischen Zentralbank hat seine Rede zum Richtfest des Neubaus für das Institut in Frankfurt am Main am Donnerstag unerwartet an das deutsche Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen delegiert. Als Grund nennt eine Sprecherin der Bank lediglich einen „anderen Termin“ Draghis. Doch diese Programmänderung ist auch schon das Einzige, das die Euphorie ein wenig beeinträchtigt. Bei dem imposanten Neubau im Frankfurter Ostend ist „alles voll im Plan“, wie Projektleiter Thomas Rinderspacher unmittelbar vor dem Festakt bei einer Führung über die Großbaustelle stolz versichert. Äußerlich fehlt den beiden miteinander verschlungenen Hochhäusern als künftigem Domizil der Euro-Hüter am Mainufer nur noch die stählerne Dachkonstruktion, um die Höhen von 185 und 164 Meter zu erreichen. Auch verglast sind die Bürotürme schon bis weit in die oberen Stockwerke. Im 38. bis 41. Stock des Südturms, wo Draghi und seine Direktoriumskollegen nach dem Umzug aus der Frankfurter Innenstadt ab 2014 residieren sollen, ist der Rohbau allerdings noch nicht über das Betonstadium hinausgekommen. Blick auf die „gewöhnlichen“ Bankhochhäuser Von dort hat, wer einigermaßen schwindelfrei ist, einen Blick weit in den Taunus hinein – und auf der anderen Seite bis zum Frankfurter Flughafen im Süden. Der EZB-Vorstand wird von da aus auch die Skyline der anderen Frankfurter Bank-Hochhäuser gut sehen können. Und die wirken im Vergleich zur kühnen Architektur der künftigen Zentralbank fast schon altbacken. „Normalerweise sind bei Hochhäusern alle Etagen gleich“, sagt der bei der Baufirma Züblin für den Rohbau der EZB zuständige Andreas Hörle. Bei den vom Wiener Architektenbüro Coop Himmelblau entworfenen Türmen der Europäischen Zentralbank ist das ganz anders. Sie sind an einer Stelle unten breit und oben schmal, an anderer Stelle genau umgekehrt: unten schmal und oben breit. Jeder Büroturm wird als eigener Bau wahrgenommen, und doch sind beide an mehreren Stellen miteinander verbunden. Der Chefarchitekt des Baus, Wolf Prix, ist von seinem eigenen Werk mehr als angetan: Nur in Peking gebe es noch ein ähnlich ungewöhnliches Hochhausprojekt, versichert er. Doch es ist nicht nur die ungewöhnliche Konstruktion des Neubaus, die das 2008 in Angriff genommene Großprojekt zu einem äußerst schwierigen Unterfangen gemacht hat. Mindestens genau so kompliziert und aufwendig ist die Einbeziehung der denkmalgeschützten ehemaligen Großmarkthalle des Architekten Martin Elsaesser aus den 1920er Jahren in den Bau. „Vorher war das alles schwarz“, sagt Bauleiter Rinderspacher und zeigt auf die in mühevoller Kleinarbeit schon fast fertig restaurierte Fassade der Halle. Mit teils neuen, teils ausgebauten, in Werkstätten sanierten und wieder eingebauten Fenstern sowie rundherum erneuerten Fugen und Backsteinen haben die 800 Bauarbeiter „ein kleines Wunder“ geschafft, wie es Rinderspacher formuliert. Wo noch bis 2004 Gemüse und Obst umgeschlagen wurde, entsteht jetzt das Konferenzzentrum der Europäischen Zentralbank. Späte Einigung mit den Erben Der Charakter der Halle soll dabei erhalten bleiben – eine wichtige Voraussetzung dafür, dass der Neubau der EZB überhaupt verwirklicht werden konnte. Die Erben des Großmarkthallen-Architekten Elsaesser hatten nämlich mit Hinweis auf den Denkmalschutz gegen das Vorhaben geklagt. Erst nach langem Rechtsstreit erzielte die EZB doch noch eine Einigung mit ihnen. Die Halle aber kann nur denkmalschutzgerecht erhalten werden, indem die Konferenzräume darin als „Haus im Haus“ mit eigener Belüftung, Klimatisierung und Heizung errichtet werden. „Das schaffen wir“, sagen Bauleiter und Architekten jetzt unisono. Bei der Sanierung haben sie mit Fachleuten für Kirchenrestaurierung zusammengearbeitet. Der Neubau der EZB kostet nach offiziellen Angaben rund 850 Millionen Euro. Auf den Bau selbst sollen nach einer Vorgabe der Bank nur 500 Millionen entfallen. Weil diese Vorgabe kein Generalunternehmer erfüllen konnte, wurde das Projekt 2008 neu ausgeschrieben und in Einzelprojekte aufgeteilt. Da die Kosten aber nach damaligem Stand der Preise berechnet wurden, dürften sie real am Ende in die Nähe einer Milliarde Euro klettern. Den Bauherrn ist es die Sache wert. Sie rechnen mit einem neuen Wahrzeichen der Stadt. Zudem lassen sie neben der Großmarkthalle in Kooperation mit der Stadt noch eine Gedenkstätte für die in der NS-Zeit an dieser Stelle deportierten Juden errichten – samt einer erhalten gebliebenen Rampe. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Unplanmäßig war nur die Absage Draghis
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen