Vergangene Woche hat der Rückbau der Versuchsstrecke des ehemaligen RailCab-Projekts mit kleineren Vorarbeiten begonnen. Auf dem Gelände zwischen Mersinweg und Südring wird die Universität Paderborn als Bauherrin das neue Forschungsgebäude „Leichtbau mit Hybridwerkstoffen“ errichten lassen.
Neues Forschungsgebäude „Leichtbau mit Hybridwerkstoffen“
Im Rahmen des Forschungsgebäudes „Leichtbau mit Hybridwerkstoffen“ werden die an der Universität Paderborn vorhandenen Kompetenzen in diesem Bereich gebündelt. Durch die Einbeziehung unterschiedlicher Fachbereiche wie Werkstoffwissenschaften, Produktions- und Fügetechnik oder Chemie und Physik entsteht somit ein national und international einzigartiges interdisziplinäres Kompetenzcluster.
Worum es im Einzelnen geht, erläutert Prof. Dr. Thomas Tröster, Lehrstuhl für Leichtbau im Automobil (LiA) der Fakultät für Maschinenbau: „Einen vielversprechenden Lösungsansatz, ressourcenschonende und emissionsarme Automobile, Flugzeuge oder Maschinen zu realisieren, stellt der Leichtbau dar. Wird beispielsweise das Gewicht eines Pkw um 100 kg reduziert, so verringern sich auch der Verbrauch sowie die CO2-Emissionen um ca. 0,3 l/100 km bzw. 8,5 g/km.“
Es gehe, so Tröster, beim Leichtbau mit Hybridwerkstoffen um ein hochaktuelles Forschungsfeld. Unterschiedliche, leistungsfähige Materialien wie z. B. ultrahöchstfeste Stähle oder Kohlenstofffaser-Kunststoff-Verbunde (CFK) würden gezielt kombiniert, um neue Strukturen zu schaffen, die bei gleicher Leistungsfähigkeit um bis zu 50 % leichter seien, als aktuelle Lösungen.
Thomas Tröster: „Nicht zuletzt aufgrund der Kombination völlig unterschiedlicher Materialien ist die Erforschung hybrider Systeme sehr komplex.“ Die zentrale Herausforderung des Hybridleichtbaus sei somit insbesondere die inhaltliche und räumliche Verknüpfung unterschiedlicher Fachexpertisen entlang der Wertschöpfungskette. Auf diese Weise könnten neue Methoden, Werkstoffe und Prozesse symbiotisch und unter Beachtung der sich ergebenden Wechselwirkungen entwickelt werden.
Rückbau der RailCab-Versuchstrecke
Die RailCab-Versuchstrecke wird nun zurückgebaut, um Platz für den Neubau zu machen. Die von vornherein als zeitlich befristet ausgelegte Versuchsstrecke wurde errichtet, nachdem sich im Frühjahr 1997 Lehrstühle der Bereiche Maschinenbau, Elektrotechnik, Wirtschaftswissenschaften und Informatik zum Forschungsprojekt „Neue Bahntechnik Paderborn“ (NBP) zusammengeschlossen hatten. Damaliger Sprecher des Projekts war Prof. Dr.-Ing. Joachim Lückel (verstorben im Jahr 2008).
Ziel des Teams war es, neben der Konstruktion moderner Fahrwerke und verschleißfreier Linearmotoren, den Personenverkehr zu revolutionieren. Anstatt viele Personen in einem Zug zu transportieren, sollten einzelne, sogenannte RailCabs (Schienentaxis) auf dem schon bestehenden deutschen Schienennetz fahren. Das sollte auf Abruf geschehen und intelligent vernetzt für energiesparendes Fahren in der Kolonne ohne Ankoppeln.
Da nicht nur theoretisch und im Labor gearbeitet werden sollte, begann am 12. Juli 2002 der Bau einer 530 m langen Versuchsanlage im Maßstab von 1:2,5. Für den Bau der Versuchsstrecke bewilligte das Wirtschaftsministerium durch die Bezirksregierung Detmold eine Fördersumme von rund 3,2 Mio. Euro. Die Anlage prägte seit 2003, bedingt durch seine Lage zwischen Südring und Mersinweg, das Bild der Hochschule mit.
Bis heute entstand eine Vielzahl von Promotionen und Veröffentlichungen zur Forschung am Paderborner RailCab – u. a. im Rahmen des ehemaligen Sonderforschungsbereiches 614 „Selbstoptimierende Systeme des Maschinenbaus“, bei dem RailCab für zwölf Jahre der Hauptdemonstrator war. Da die gesteckten Forschungsziele für die Prototypenfahrzeuge mit dem Nachweis der technischen Machbarkeit erreicht wurden, wird die Versuchsanlage nun nicht mehr benötigt. Weitergehende Forschungsfragen werden mit den fortgeschrittenen Methoden des Virtuellen Engineerings, eine der Kernkompetenzen des Heinz Nixdorf Instituts, bearbeitet.
Grafische Darstellung (Universität Paderborn): So wird das neue Forschungsgebäude „Leichtbau mit Hybridwerkstoffen“ nach Fertigstellung im Jahr 2018 voraussichtlich aussehen.