Passau (dapd). Vor der Passauer Dreiländerhalle ist auf einem großen Banner zu lesen: „Stop Temelin. Lieber heute aktiv, als morgen radioaktiv.“ Rechts daneben hat sich Hedwig Madl postiert: „In Deutschland konnten so schnell Kraftwerke abgeschaltet werden“, sagt die 58-Jährige aus Stubenberg im Landkreis Rotthal-Inn. Die Energieversorgung funktioniere doch trotzdem. Mit etwa 90 Mitstreitern demonstriert Madl am Dienstag gegen den geplanten Bau zweier neuer Reaktoren im tschechischen Atomkraftwerk Temelin. Anlass ist eine von der tschechischen Regierung organisierte Informationsveranstaltung im Zuge der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Madl erhofft sich nicht viel von der Diskussionsrunde mit den Experten. Dennoch will sie mit ihrem T-Shirt mit der roten Anti-Atom-Sonne ein Zeichen setzen: „Ich bin jetzt schon Oma, und man muss den Kindern eine heile Umwelt hinterlassen“, sagt sie. Solcherlei Bedenken versucht der stellvertretende tschechische Umweltminister Ivo Hlavac zu zerstreuen. „Wir lieben unser Land und ziehen hier unsere Kinder groß. Sie können sicher sein, dass die Sicherheitsstandards maximal hoch sind“, verspricht der Regierungsvertreter den diskussionsfreudigen Bürgern. „Wir haben uns bemüht, dass Sie mit den besten Fachleuten der Tschechischen Republik zu diesem Thema diskutieren können.“ Auch die Vertreterin des Betreiberkonzerns CEZ betont, es würden die modernsten Kraftwerke errichtet. Die neuen Reaktoren seien die beste Möglichkeit, um die in den nächsten Jahrzehnten zur Neige gehenden Kohlevorräte des Landes zu kompensieren. Den ganzen Nachmittag über beantworten Experten die Fragen der Bevölkerung. Der Andrang der Besorgten hält sich in Grenzen, trotz der inzwischen mehr als 18.000 eingegangenen Einwände. Ursprünglich waren nur Leute zugelassen, die der tschechischen Regierung einen solchen Einwand gegen den Ausbau hatten zukommen lassen. Da sich aber weniger als 100 Bürger zu der Veranstaltung angemeldet hatten, ließ man kurzerhand alle Interessierten in die Halle. Schuld am mauen Andrang ist nach Ansicht der Gegner der Termin. „Am Dienstagvormittag haben nur Arbeitslose, Rentner und pflichtvergessene Hausfrauen Zeit“, klagt der Veranstalter der Demonstration, Gerhard Albrecht. Auch Claudia Stadler aus dem Landkreis Freyung-Grafenau hatte eigentlich ganz was anderes vor. Ihr Mann, der an einer Autoimmunerkrankung leidet, hatte am Dienstag einen Arzttermin in Passau. Auf der Fahrt dorthin hörte die Frau im Radio von der Veranstaltung und fuhr sofort zur Dreiländerhalle. Die Krankheit ihres Mannes ist keine Seltenheit in ihrer Gegend, 60 Kilometer von Temelin entfernt. „Sie könnte von der Strahlenbelastung kommen“, meint Stadler. Der Wunsch der 56-Jährigen: „Das Atomkraftwerk soll sicherer gebaut werden als bisher.“ Der zweite Passauer Bürgermeister Urban Mangold (ödp) wünscht sich unterdessen mehr Transparenz. So enthalte das tschechische Gutachten nicht wie angekündigt eine Prüfung der Umweltauswirkungen der in Betracht gezogenen Reaktortypen. „Die Gutachter lassen den Reaktortyp offen, weil man Atomkraft für ungefährlich hält“, moniert er. Auch die Stadt Passau hatte sich mit Einwendungen am UVP-Verfahren beteiligt. Mangold hatte zu der Anhörung auch Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) eingeladen. Dieser hatte jedoch wegen eines Termins in Berlin abgesagt. Für Wilhelm Zeitzler war das Kommen Herzensangelegenheit. Der Mann aus Bad Kötzting findet: „Es hat ja schon genug Störfälle in Temelin gegeben und es kann ja auch zu Unfällen kommen, wie die Vergangenheit gezeigt hat.“ Die Einwände aus Bayern gegen die neuen Reaktoren würden nicht ernstgenommen. Zeitzler kämpft aber weiter und ist damit nicht alleine. „Mit diesem Schild habe ich schon vor 13 Jahren demonstriert“, sagt Bettina Haas und hält ihr „Stop Temelin“-Plakat in die Höhe. „Wir geben auch nie auf.“ dapd (Politik/Politik)
Temelin-Gegner geben auch nie auf
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen