Ulm (dapd). Die Schlecker-Gläubiger ziehen einen Schlussstrich unter das Kapitel der einst größten Drogeriemarktkette Deutschlands: Sie beschlossen am Dienstag auf der Gläubigerversammlung in Ulm die Zerschlagung des Unternehmens. Die Anton Schlecker e.K. wird damit abgewickelt. Es sei nochmals die Stilllegung des Geschäftsbetriebes bestätigt worden, sagte Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz nach der Versammlung. Insgesamt würden sich die Forderungen der Gläubiger inzwischen auf 665 Millionen Euro belaufen. Er geht davon aus, dass es am Ende etwa 800 Millionen Euro sein werden. Ein Großteil der noch verbliebenen 2.800 Märkte wird damit schließen und schon in den nächsten Tagen mit dem Ausverkauf beginnen; mehr als 13.000 Mitarbeiter werden voraussichtlich Ende Juni ihre Kündigung erhalten. Hunderte von ihnen demonstrierten vor dem Tagungsort. Sie riefen „Wir sind die Schlecker-Frauen“ und hielten Plakate in die Höhe. Darauf forderten sie die Politik zum Handeln auf. Auf einem Plakat stand: „Wir fordern von der Politik eine Transfergesellschaft.“ Der Verkauf von Ihr Platz und Schlecker XL an den Münchener Investor Dubag ist doch noch nicht so sicher, wie noch am Montag per Pressemitteilung verkündet. Es gebe noch eine gewisse Diskussion, sagte Geiwitz. „Es fehlen noch Informationen seitens des Investors, wie die Finanzierung gesichert werden soll“, sagte ein Sprecher des größten Schlecker-Gläubigers Euler Hermes der Nachrichtenagentur dapd. Die „Wirtschaftswoche“ berichtete, dass der Verkauf von Ihr Platz und Schlecker XL an Dubag am Preis scheitern könnte. Hintergrund sei ein Streit zwischen Euler Hermes und Dubag um den Wert der Regalware der Unternehmen. Direkt im Anschluss an die Gläubigerversammlung von Schlecker sollte die der Tochter Schlecker XL stattfinden. Am Mittwoch kommen die Ihr-Platz-Gläubiger zusammen. Geiwitz schilderte den Gläubigern in seinem Bericht, woran die Investorenlösung scheiterte. „Die hohe Anzahl an Kündigungsschutzklagen waren fast der Todesstoß“, sagte er. Inzwischen haben etwa 4.500 im März gekündigte Schlecker-Mitarbeiter gegen ihre Entlassung geklagt. Dadurch ergibt sich für das Unternehmen ein Risiko von mehr als 100 Millionen Euro. Seine Kanzlei habe zu Beginn der Investorensuche 34 Bieter angesprochen, darunter waren sieben Strategen und 27 Finanzinvestoren. Acht von ihnen hätten unverbindliche Angebote abgegeben. „Schon bei 3.000 Kündigungsschutzklagen sprang der erste ab“, sagte Geiwitz. Einem anderen Investor sei die Öffentlichkeitswirkung zu groß gewesen. Er sei der Meinung gewesen: „Ich kann hier nur verlieren.“ Er müsse einen Sanierungskurs fahren und täglich in der Zeitung darüber lesen. Ähnlich hatte auch der deutsch-amerikanische Milliardär Nicolas Berggruen laut Geiwitz seinen Rückzug aus dem Bieterverfahren in der Nacht vor der gesetzten Frist erklärt. Der letzte verbliebene Interessent, der Finanzinvestor Cerberus, habe kein attraktives Angebot unterbreitet. Er wollte laut Geiwitz nur 600 Filialen behalten und verlangte vom Insolvenzverwalter, sämtliche arbeitsrechtlichen Risiken zu übernehmen. Die Gründerfamilie nahm er vor dem Vorwurf einer Bereicherung auf Kosten des Unternehmens in Schutz. „Man kann der Familie viel vorwerfen“, sagte Geiwitz. Etwa, dass sie zu spät auf den Niedergang reagiert habe. „Man kann ihr aber nicht vorwerfen, Vermögen im großen Stil weggeschafft zu haben“, betonte er. Laut „Handelsblatt“ erwirtschaftete das ausschließlich für Schlecker tätige Logistikunternehmen LDG, das den Kindern des Firmengründers Anton Schlecker, Meike und Lars Schlecker, gehört, außergewöhnlich hohe Gewinne. Von 2006 bis 2010 hätten die Überschüsse 58,5 Millionen Euro betragen bei Umsätzen in Höhe von 161 Millionen Euro. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Authors: dapd News