Düsseldorf (dapd-nrw). Das Kartell der „Schienenfreunde“ beschäftigt die Deutsche Bahn und den Stahlkonzern ThyssenKrupp weiter. Beide Konzerne seien erheblich früher über die Preisabsprachen für Schienen informiert gewesen als bislang bekannt, berichtet das „Handelsblatt“ (Montagausgabe) unter Berufung auf interne Unterlagen des Staatskonzerns. Demnach sei die Bahn im Jahr 2000 auf das Kartell gestoßen und habe es der Staatsanwaltschaft Frankfurt gemeldet.
Bislang hatten Bahn und ThyssenKrupp angegeben, erst durch die Razzien 2011 von den Absprachen erfahren zu haben. Die Zeitung zitiert dagegen aus dem Brief eines Bahn-Anwalts an die Staatsanwaltschaft vom August 2000, wonach Unterlagen sichergestellt wurden, „die eindeutig auf Preisabsprachen zu dem Einkauf von Schienen hinweisen“. Das Schreiben nenne die später überführten Kartellsünder ThyssenKrupp und Voestalpine. Die Bahn bestätigte dem Blatt die frühen Hinweise an die Staatsanwaltschaft. Diese hätten aber offensichtlich keine Notwendigkeit für Ermittlungen gesehen. Dabei habe aber auch bei den Konzernen der Aufklärungswille gefehlt, zitierte die Zeitung einen Ex-Bahnmanager. Die Unternehmen hätten sich auf ein Geschäft geeinigt: Die Bahn akzeptierte überhöhte Preise für Schienen, die als Teil des Schienennetzes ohnehin vom Bund getragen werden, im Gegenzug sei ThyssenKrupp Kunde der Bahn-Frachttochter DB Cargo geblieben. Die Bahn wies dies dem Bericht zufolge, ThyssenKrupp äußerte sich nicht dazu.
ThyssenKrupp plant offenbar Klage gegen Ex-Manager
Zugleich will ThyssenKrupp einem Bericht zufolge noch in diesem Jahr gegen einen am „Schienenfreunde“-Kartell beteiligten Ex-Manager vorgehen und ihn auf 103 Millionen Euro Schadenersatz verklagen. Damit wolle sich der Konzern den Zugriff auf die für Manager-Versagen abgeschlossene Haftpflichtversicherung sichern, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ (Montagausgabe). Außerdem gelte die Klage als Signal an die Beschäftigten des von Kartell- und Korruptionsaffären erschütterten Konzerns. Zu den 103 Millionen Euro könnten dem Bericht zufolge noch einmal mehrere Hundert Millionen Euro hinzukommen, falls die Bahn in dieser Höhe Schadenersatz an die Deutsche Bahn für die überteuerten Schienen zahlen muss. ThyssenKrupp glaube dem ehemaligen Spartenvorstand nachweisen zu können, dass er eine Schlüsselfigur im Kartell gewesen sei. Dem Vernehmen nach der bestreite der Manager alle Vorwürfe; auch bei der Staatsanwaltschaft Bochum, die wegen des Schienenkartells gegen ihn ermittelt.