Hürth (dapd). Grauer Himmel hängt über dem Gaskraftwerksneubau Knapsack, als Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler die Baustelle besucht. Der Wind weht nur schwach. Das gibt dem FDP-Politiker eine Steilvorlage, um die Bedeutung der 340-Millionen-Euro-Investition des norwegischen Stromkonzerns Statkraft in Hürth bei Köln hervorzuheben. „Wir müssen bei der Energiewende auch die Frage beantworten, was passiert, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint“, sagte der Minister.
Knapp ein Jahr nach der Entscheidung des Bundestags zur Energiewende besuchte der FDP-Politiker am Freitag im blauen „Energiewendebus“ Kraftwerks- und Netzausbauprojekte in Nordrhein-Westfalen. Seine Botschaft: Die Energiewende ist auf gutem Weg. Anders als in der Öffentlichkeit wahrgenommen, sei der Umbau der deutschen Energieversorgung gut vorangekommen, seitdem der Bundestag vor knapp einem Jahr die Weichen für die Energiewende gestellt habe.
Doch ist das wohl auch eine Bewertungsfrage: Ist das Glas halb voll oder halb leer. Die Gastgeber des norwegischen Konzerns lassen jedenfalls wenig Zweifel daran, dass sie heute die Investitionsentscheidung für das 430-Megawatt-Kraftwerk wohl nicht noch einmal treffen würden. Denn Gaskraftwerke sind angesichts der aktuellen Preise für Gas und CO2-Zertifikate derzeit nur schwer rentabel zu betreiben. Zumal sie wegen der vorrangigen Einspeisung erneuerbarer Energien häufiger als früher stillstehen.
„Wir werden kämpfen müssen, um unsere Investitionen wieder hereinzuholen“, sagt Statkraft-Manager Jürgen Tzschoppe. Er sei deshalb nicht besonders optimistisch, was weitere Neubauten angehe. Dabei zeigte der vergangene Winter in Deutschland, dass die Kapazitäten knapp sind und neue Kraftwerke dringend benötigt werden.
Rösler kennt die Probleme natürlich. Nötig sei ein Marktdesign, das auf der einen Seite den Neubau von Kraftwerken und Leitungsnetzen für Investoren attraktiv mache, andererseits aber den Strom bezahlbar halte, sagte er. Nachgedacht wird deshalb etwa über Kapazitätsmärkte, bei denen schon die Bereithaltung von Kraftwerkskapazitäten bezahlt wird, nicht nur der tatsächliche Betrieb der Anlagen.
Doch das alles ist noch Zukunftsmusik. Ebenso wie eine engere Verknüpfung des deutschen und norwegischen Stromnetzes, für das am Freitag der Statkraft-Vorstand Steinar Bysveen wirbt. Der Konzern will künftig überschüssigen „grünen Strom aus Deutschland“ in norwegischen Pumpspeicher-Kraftwerken speichern und bei Bedarf zurückliefern. Allerdings müssten dazu erst einmal die notwendigen Leitungen zwischen Deutschland und Norwegen gebaut werden.
Doch signalisierte Rösler Sympathie für die Idee. Der Minister betonte dabei die Notwendigkeit einer engen europäischen Zusammenarbeit im Energiebereich: „Wir leben als Deutsche nicht auf einer Insel.“ Die Bundesrepublik sei bei der Energiewende auch auf die Unterstützung der Nachbarländer angewiesen.