Paris/Berlin (dapd). Die Industrieländer-Organisation OECD hat in ihrem neuen Beschäftigungsausblick auf Schattenseiten der erfolgreichen deutschen Arbeitsmarktpolitik hingewiesen. In kaum einem Industrieland sei die Arbeitslosigkeit in den vergangenen fünf Jahren so gesunken wie in Deutschland, stellte sie zwar in dem am Dienstag in Paris veröffentlichten Bericht fest. Zugleich sei aber die Langzeitarbeitslosigkeit weit höher als im OECD-Durchschnitt. Zudem bemängelte die OECD eine wachsende Ungleichheit in Deutschland. Dem Ausblick zufolge ist der Lohnanteil, der Anteil von Gehältern, Löhnen und Lohnnebenleistungen am Nationaleinkommen, im vereinigten Deutschland stark gesunken. Von 67 Prozent des Nationaleinkommen Anfang der 90er Jahre sei er auf aktuell 62 Prozent gefallen. Damit sei eine höhere Einkommensungleichheit einhergegangen, die sich vor allem bei Geringqualifizierten manifestiere, bemängelte die Organisation. Für diese Entwicklung machte die OECD vor allem die gesunkene Tarifbindung von Arbeitsverhältnissen verantwortlich. Statt früher 72 Prozent hätten in Deutschland mittlerweile nur noch 62 Prozent der Beschäftigten Anspruch auf tarifliche Entlohnung. Minijobs, nachlassende Organisation von Arbeitgebern in Verbänden und eine seltenere Verbindlichkeit von Tarifverträge für ganze Branchen begünstigten diese Entwicklung. Auch tariflich abgesicherte Beschäftigte würden oft mit Ausnahmeklauseln konfrontiert, über die Firmen hinter branchenüblichen Lohnerhöhungen zurückbleiben könnten. Laut OECD konnte Deutschland die Arbeitslosigkeit trotz Krise binnen fünf Jahren um ein Drittel auf 5,6 Prozent der Erwerbstätigen im Mai 2012 senken. Fast die Hälfte der Arbeitslosen in der Bundesrepublik sei aber länger als ein Jahr ohne Job, ein Großteil dieser Gruppe sogar länger als zwei Jahre, erklärte die Organisation. Im gesamten OECD-Raum liege der Anteil der Langzeitarbeitslosigkeit dagegen bei 35 Prozent. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte mehr öffentliche Mittel für Qualifizierung und Weiterbildung Langzeitarbeitsloser. „Dann hätte auch das Jammern der Unternehmen und ihrer Verbände wegen vermeintlich fehlender Fachkräfte ein Ende“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki. Mit Blick auf wachsende Ungleichheit in der Bundesrepublik rief er die Unternehmen auf, Tarifverträge abzuschließen und auch einzuhalten. Zudem seien prekäre Jobs in gute Arbeit umzuwandeln. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
OECD bemängelt Defizite des deutschen Jobwunders
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Peer-Michael Preß
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