Im Rahmen ihrer Sommertour ‚NRW 4.0‘ besuchte Nordrhein- Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft am 16. Juli 2015 die Region Ostwestfalen-Lippe (OWL) und das Verler Unternehmen Beckhoff Automation.
Dass OWL zu Recht als Innovationszentrum für Entwicklungen rund um Industrie 4.0 gilt, wurde dabei anhand konkreter Technologien entlang der gesamten industriellen Wertschöpfungskette verdeutlicht: von Forschung über Automatisierung und Maschinenbau bis hin zur Herstellung des Endprodukts.
Die zentrale Rolle der Automatisierung als grundlegende Querschnittstechnologie für die produzierende Industrie betonte Geschäftsführer Hans Beckhoff: „Moderne Automatisierungstechnik steigert insbesondere in Hochlohnländern wie Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und sichert dadurch Arbeitsplätze. Zudem erhöht sie die Qualität sowohl der hergestellten Produkte wie auch der Arbeitsbedingungen an sich. Und nicht zu vergessen ist ihr großer Beitrag zu einer nachhaltigen Produktion. Denn durch eine optimierte Maschineneffektivität reduzieren sich der Energiebedarf und der Rohmaterialverbrauch deutlich.“
Industrie 4.0 und Digitalisierung seien nun die konsequente Weiterentwicklung der intelligenten Steuerungstechnik hin zu einer Symbiose aus PC, Automatisierung und Internet. Und genau diese Konvergenz von Automatisierungs- und IT-Welt verfolge man bei Beckhoff bereits seit 30 Jahren, weshalb PC-based Control schon heute die ideale Basis für Industrie 4.0 darstelle. Unterstützt werde dies von tiefgehendem Technologiewissen und Branchen-Know-how, sei es durch die eigene Elektronikfertigung bei der Smyczek GmbH, Unternehmen der Beckhoff-Gruppe, oder aufgrund des langjährigen Expertenwissens der kaum von Fluktuation gekennzeichneten Belegschaft.
Ostwestfälische Wertschöpfungskette als Paradebeispiel
OWL ist als ‚Hotspot‘ der Automatisierung prädestiniert, auch im Bereich Industrie 4.0 eine federführende Rolle zu spielen. Nicht umsonst ist hier das Spitzencluster Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe (it’s OWL) angesiedelt, das Basisentwicklungen für Industrie 4.0 u. a. in einer lokalen ostwestfälischen Wertschöpfungskette vorantreibt – von der Universität oder Fachhochschule über Steuerungsanbieter wie Beckhoff und Maschinenspezialisten wie Hüttenhölscher Maschinenbau GmbH & Co. KG bis hin zu industriellen Konsumgüterherstellern wie Nobilia-Werke J. Stickling GmbH & Co. KG.
Innerhalb des Netzwerks it’s OWL leitet Beckhoff als Konsortialführer das Leitprojekt Scientific Automation (ScAut) und das Innovationsprojekt Extreme Fast Automation (efa). Deren Ziele erläutert Dr. Ursula Frank, Projektmanagerin R&D Kooperationen: „Mit dem Leitprojekt ScAut sollen ingenieurwissenschaftliche Erkenntnisse stärker in die Standardautomatisierung eingebunden werden. Ziel ist eine Scientific-Automation-Plattform für technische Systeme mit inhärenter Teilintelligenz, also z. B. mit Condition Monitoring. Das Projekt efa befasst sich mit der Leistungssteigerung bei der Steuerungstechnik, insbesondere bei großen und komplexen Projekten. Wichtige Themen sind die Optimierung von Taktzeiten und das Ausschöpfen des Potenzials der Many-Core-Technologie. Die Ergebnisse ermöglichen leistungsfähigere, präzisere und energieeffizientere Maschinen, um den zukünftigen Herausforderungen, wie Ressourcenknappheit, stärkere Produktindividualisierung und höhere Qualität, gerecht zu werden.“
Aus Sicht des Maschinenbauers beschreibt Geschäftsführer Daniel Hüttenhölscher die it’s-OWL-Aktivitäten: „Durch das ScAut-Projekt werden Grundlagen gelegt, Maschinen mehr Intelligenz zu verschaffen. Ein Ziel ist es, mögliche Störungen oder Qualitätsmängel im Vorfeld dem Bediener anzuzeigen. Dies soll über eine gezielte Auswertung von Echtzeit-Daten der Maschine erfolgen. Dadurch können langfristig Ressourcen eingespart und die Verfügbarkeit der Anlagen erhöht werden. Zum Beispiel würde die Steuerung frühzeitig den Verschleiß eines Bohrers melden oder wenn möglich ein Ersatzwerkzeug auswählen.“
Die Vorteile der Industrie-4.0-Entwicklungen eröffnen sich vor allem dem Konsumgüterhersteller als letztem Glied in der Wertschöpfungskette. Was dies aus Sicht der Praxis konkret bedeutet, erläuterte Geschäftsführer Dr. Lars M. Bopf, Geschäftsführer von Europas größtem Küchenhersteller Nobilia: „Wir fertigen 600.000 Einbauküchen pro Jahr und jede davon ist ein kundenspezifisches Unikat. Voraussetzung für eine solche Serienproduktion mit Losgröße 1 sind automatisierte Produktionssysteme, d. h. die Vernetzung aller Produktionselemente: Mensch, Maschine, Prozess und IT. Und diese Automatisierung durch Vernetzung und optimierte Prozessabwicklung wird sich unter dem Stichwort Industrie 4.0 zukünftig noch weiterentwickeln.“
Zukunftssichernde Hochtechnologie vom Mittelstand
Hans Beckhoff verwies insbesondere auf die leistungsfähige Kombination von Mittelstand und Automatisierung in OWL und Deutschland: „Der Mittelstand entwickelt und pflegt führende Hochtechnologien mit langfristigen Investitionen und Zielsetzungen. Er ist regional verankert, agiert dabei aber weltweit erfolgreich und zukunftssicher. Dies muss seiner Bedeutung entsprechend auch mit geeigneten ‚mittelständischen‘ Rahmenbedingungen gefördert werden.“ Und weiterhin: „Vorteile bietet auch eine praxisintegrierte Ingenieursausbildung entsprechend den Bedürfnissen der Industrie und dem neuesten Stand der Technik – wie Industrie 4.0. Dies wird bereits von über 100 Unternehmen der Region OWL, darunter auch Beckhoff, gemeinsam mit der FH Bielefeld am Standort Gütersloh sehr erfolgreich umgesetzt.“