Was ist zu tun? Hier Vorschläge aus der Studie
Maßnahmen für eine reflektierte individuelle Führungspraxis
„Zu den neuen Kernkompetenzen der individuellen Führungspraxis zählen im 21. Jahrhundert: stets das eigene Handeln reflektieren, mehr Zeit auf das Zukunftsmanagement verwenden, sektor-übergreifend zusammenarbeiten und sich vernetzen. Sich bewusst Raum schaffen für Reflexion und Regeneration, um unter dem wachsenden Druck fundiert entscheiden zu können.“
Peer-Coaching bei hpm
Die Handwerksgruppe Philip Mecklenburg (hpm) verbindet deutschlandweit rund 120 Einzelunternehmen in einem Netzwerk, das das komplette Leistungsspektrum der Handwerksbranche abdeckt. Unter dem Dach der Gruppe bildeten sich feste Foren, die aus jeweils acht bis zehn Geschäftsführern von Einzelbetrieben unterschiedlicher Gewerke bestehen. Sie ziehen sich vier Mal im Jahr für jeweils anderthalb Tage zurück, um sich über geschäftliche und persönliche Entwicklungen auszutauschen und sich gegenseitig zu coachen. Die streng vertraulichen Forumstreffen folgen einer strikt einzuhaltenden Gesprächsstruktur, die extern moderiert wird. Mit den „hpm-Foren“ schaffen die Unternehmensleiter Raum für Reflexion und erhalten anwendbares und neutrales Feedback in einem vertraulichen Kreis.
(Quelle: Schumacher & Baumanns)
Maßnahmen für vernetzendes Führen von Organisationen
„Klima, Demografie, Finanzen, Bildung — in vielen Bereichen spitzt sich die Situation zu. Umbrüche stehen an, neue Strukturen werden nötig. Bislang gültige Organisationsformen scheinen oft nicht mehr zeitgemäß. Teilhabe und Vertrauen rücken in den Mittelpunkt und dienen als Grundlage, um die anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Führungskräfte sind gefordert, angesichts der wachsenden Komplexität mehr Orientierung zu geben. Neue Organisationsstrukturen müssen robust und dennoch flexibel auf Trends reagieren. Komplexitätsmanagement gewinnt an Bedeutung. Vertrauens-, Wertschätzungs- und Teilhabekultur sollte gefördert werden, um die Leistungsfähigkeit der Organisation und deren Attraktivität zu steigern.“
Semco: Brasilianischer Maschinenbauer ohne Hierarchien
Beim brasilianischen Maschinenbauer Semco wählen die rund 3000 Mitarbeiter ihre Vorgesetzten, bestimmen ihre eigenen Arbeitszeiten und Gehälter. Es gibt keine Geschäftspläne, keine Personalabteilung, fast keine Hierarchie. Alle Gewinne werden per Abstimmung aufgeteilt, die Gehälter und Geschäftsbücher sind für alle einsehbar. Offenheit, Transparenz, die Fähigkeiten der Mitarbeiter schätzende Führung lösen die starren Organisationsstrukturen auf. Vertrauen statt Misstrauen. Freiraum statt Kontrolle.
Das Semco-System zeigt auf, wie ein ehemals patriarchalisch geführtes Unternehmen erfolgreich zu einer von Mitarbeitern geführten Organisation umgebaut werden kann: Nachdem der Geschäftsführer Ricardo Semler die Unternehmensstruktur bereits in den 1990er Jahren umstellte, stieg der Umsatz im Schnitt jährlich um 20 Prozent. Die Fluktuationsrate bei Semco liegt unter zwei Prozent, in der Branche sind es 18 Prozent.
(Quelle: Fisher (2005), Malcher (2010))
Maßnahmen für verantwortliches Führen in der Gesellschaft
„In der öffentlichen Debatte um Führung spielte in den 1990er Jahren und um die Jahrtausendwende vornehmlich Effizienz eine Rolle. Führung wurde gleichgesetzt mit gutem Management, insbesondere in der Wirtschaft. Spätestens seit den Finanz- und Wirtschaftskrisen der letzten Jahre rückt die Frage nach der Verantwortung von Führung wieder in den Mittelpunkt. Langfristigkeit wird betont und der Schutz des öffentlichen Gutes. Diese Aufgaben lassen sich nur in sektorübergreifender Zusammenarbeit sowie mit einer exzellent vorbereiteten und ausgebildeten neuen Führungsgeneration erfüllen.“
Forschungsprogramm „Public Value Creation“ in St. Gallen
Inwiefern beeinflusst eine Organisation durch ihr Kerngeschäft die Funktionsfähigkeit einer Gesellschaft? Wie können Führungskräfte und Mitarbeiter zu gesellschaftlichem Mehrwert beitragen? Zu diesen Fragen forscht das Center for Leadership and Values in Society an der Universität St. Gallen. Der Public Value-Ansatz fordert eine ganzheitliche Sicht auf das Organisationshandeln als gesellschaftliche Wertschöpfung. Konkret bedeutet dies: Schäden für die Gesellschaft weder fördern noch dulden. Gesellschaftliche Wertschöpfung anstreben. Langfristige Profitabilität und wirtschaftliche Ressourcen schaffen. Anstand in Graubereichen zeigen. Dabei geht der Public Value-Ansatz stets vom Kerngeschäft aus.
Public Value liegt genau dann vor, wenn die Arbeit einer Organisation in der Bevölkerung anerkannt und gewürdigt wird. Dafür müssen Führungskräfte über ihre Organisationsgrenzen hinaus denken. Jenseits ihrer Kennzahlen und operativen Exzellenz sollen sie immer den gesellschaftlichen Nutzen im Blick behalten.
(Quelle: Gomez (2009), Meynhardt (2008))