Detmold. „Das Blatt hat sich gewendet“, beschreibt Ernst-Michael Hasse, Präsident der Industrie und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK Lippe) die aktuelle Konjunktursituation der lippischen Wirtschaft. Während bei der letzten Konjunkturumfrage im April dieses Jahres die Stimmung weitaus besser war als die Einschätzung der damaligen Lage, ist es jetzt genau umgekehrt.
Die gute aktuelle Situation wird überschattet von einem skeptischen Blick in die Zukunft. Dies hat zur Folge, dass sich der Konjunkturklimaindikator unverändert auf dem Niveau von 117,5 Punkten hält. „Die Konjunktur tritt auf der Stelle. Sie ist aber überraschend robuster als erwartet“, ergänzt Hasse. Die weiterhin schwelende Euro-Staatsschuldenkrise und die hohen Energiekosten sowie die Befürchtungen, dass nach der Wahl Steuererhöhungen drohen könnten, wirken bremsend auf die wirtschaftliche Entwicklung in Lippe. An der Umfrage haben sich 200 Unternehmen mit rund 20.000 Beschäftigten beteiligt. Industrie und Bau verteilen die besten Konjunkturnoten. Im Dienstleistungsbereich ist das Konjunkturbarometer stark gefallen. Dies ist insbesondere auf das Verkehrsgewerbe zurück zu führen. Der Handel hat, wie die Gesamtwirtschaft, das Niveau der Vorumfrage gehalten.
Ein Drittel der Antwortenden bewerten ihre aktuelle Geschäftslage mit gut. Mit Produktinnovationen und erweiterten Vertriebskapazitäten konnten neue Geschäftsfelder und zusätzliche Kundengruppen erschlossen werden. Die Auftragsbestände haben in den letzten Monaten deutlich zugelegt und die Kapazitätsauslastung hat angezogen. Der Anteil derjenigen, der der Konjunktur schlechte Noten verleiht, hat sich auf ein Zehntel reduziert. Diese Unternehmen klagen über eine schwierige Wettbewerbslage, hohen Kostendruck und Kaufzurückhaltung.
Der Blick in die Zukunft ist aktuell bei gut einem Fünftel der Antwortenden optimistisch. Im Frühjahr waren es noch drei von zehn Unternehmen. Um ihr Geschäft auszubauen, wollen die Unternehmen ihre Exportaktivitäten intensivieren. Sie werden ihren Service und ihre Beratung ausbauen. Außerdem setzen sie auf hohe Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen. Ein Zehntel ist skeptisch bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung.
In der Vergangenheit haben sich die lippischen Unternehmen mit Investitionen zurückgehalten. Hier deutet sich in den nächsten zwölf Monaten eine Änderung an. Die Investitionsneigung nimmt zu. Hauptmotiv ist allerdings der Ersatzbedarf, gefolgt von Produktinnovationen und Rationalisierungsmaßnahmen.
Die stabile wirtschaftliche Entwicklung hat dazu geführt, dass mehr Betriebe zusätzliches Personal eingestellt haben als erwartet. Für die Zukunft disponieren die lippischen Unternehmen wieder vorsichtiger. Die überwiegende Mehrheit hält den Mitarbeiterstab konstant. Einige planen Neueinstellungen, andere wollen durch Fluktuation oder den Eintritt ins Rentenalter die Zahl der Beschäftigten reduzieren.
Die größte Gefahr für die konjunkturelle Entwicklung in den nächsten zwölf Monaten sehen die Antwortenden in der sinkenden Inlandsnachfrage. Die hohen Energie- und Rohstoffkosten stellen ebenfalls eine große Belastung dar. Auch beeinträchtigen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und die Arbeitskosten die Entwicklung der heimischen Wirtschaft.
Die aktuelle Statistik, nach der 113 Betriebe des verarbeitenden Gewerbes mit 50 und mehr Beschäftigen ihre monatlichen Umsätze melden, zeigt auf, dass von Januar bis August dieses Jahres in den lippischen Industriebetrieben 3,4 Mrd. Euro erwirtschaftet wurden. Das entspricht wie im Landesdurchschnitt einem Rückgang um 2,1 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum. „Sowohl der Export als auch die Inlandsnachfrage schwächelten“, erklärt Axel Martens, Hauptgeschäftsführer der IHK Lippe, diese Entwicklung. Im Inland ging der Umsatz um 3,8 Prozent zurück, die Auslandsnachfrage sank leicht um 0,2 Prozent. „Die lippische Industrie verdient mittlerweile mit einer Exportquote von 47,7 Prozent fast jeden zweiten Euro im Ausland. In der Elektroindustrie, Lippes größter Einzelbranche, sind es sogar 62 Prozent“, ergänzt Martens.