Kiel (dapd). Riesiger Jubel vor allem bei der FDP, deutlich verhaltener dagegen das Bild bei den voraussichtlichen künftigen Regierungsparteien in Schleswig-Holstein. Als Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki bei der FDP-Wahlparty in einem Kieler Restaurant erscheint, bebt das Lokal unter dem frenetischen Jubel der Liberalen. „Wir werden heute höchstwahrscheinlich das zweitbeste Ergebnis seit Bestehen des Landes einfahren“, sagt Kubicki. Die Genugtuung des 60-Jährigen liegt an diesem Wahlabend greifbar in der Luft.
Tosender Beifall auch bei der CDU, als Spitzenkandidat Jost de Jager den Fraktionssitzungssaal betritt. Immer wieder ertönen de-Jager-Sprechchöre. Sichtlich bewegt versucht der CDU-Landeschef, eingerahmt von seiner Frau Britta und Tochter Mathilda, Worte an seine Parteifreunde zu richten: „Wir liegen vorne“, platzt es schließlich aus dem amtierenden Wirtschaftsminister heraus.
Von einer Zitterpartie will bei der CDU am Abend kaum jemand etwas wissen. Doch ihr Spitzenkandidat versucht – schon ganz präsidial – die Euphorie noch ein wenig zu bremsen: „Das Ergebnis ist knapp“, merkt de Jager an. Der Abend könne noch anstrengend werden.
Den künftigen Ministerpräsidenten wird nach den aktuellen Hochrechnungen dagegen wohl die SPD stellen. Doch das geplante rot-grüne Bündnis mit dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) bangt an diesem Abend um ihre Ein-Stimmen-Mehrheit. Von Partystimmung kann im Legienhof kaum die Rede sein. Die Sozialdemokraten zittern. Bei der Bekanntgabe der ersten Prognosen schüttelt Rena Manske ungläubig den Kopf. „Dieses Ergebnis erstaunt und enttäuscht mich“, sagt sie. Gerade durch ihren „so guten und überzeugenden“ Spitzenkandidaten Torsten Albig hätte die SPD aus Sicht der Norddeutschen doch vor der CDU landen müssen.
Grüne hoffen
Ein Wechselbad der Gefühle erleben auch die Grünen. Bei Verkündung der Prognosen macht sich zunächst große Erleichterung über das historisch beste Ergebnis breit, doch schon kurze Zeit später beginnt bei der Wahlparty in der Innenstadt die große Rechnerei. Landeschefin Marlene Löhr verbreitet Optimismus. „Sensationell“ sei das Ergebnis der Partei. „Wenn es nun tatsächlich nicht für einen Regierungswechsel reichen sollte, müssen wir in den nächsten Tagen sehen, wie wir damit umgehen.“
Jubel dagegen beim dritten möglichen Bündnispartner, dem SSW. Die Kommunikation wechselt problemlos zwischen deutsch und dänisch. „Wir wünschen uns einen Politikwechsel“, sagt Spitzenkandidatin Anke Spoorendonk und rückt ein Blümchen auf dem Bistrotisch, an dem sie lehnt, beiseite. „Mit einer großen Koalition sehe ich einen solchen Wechsel nicht.“
Hunderte Piratenhände fliegen am Sonntagabend im Kieler Kulturverein „Pumpe“ zu Queens „We are the Champions“ in die Höhe. „Über acht Prozent!“, schreit ein Teilnehmer der Wahlparty der Piratenpartei, als die erste Hochrechnung auf der Großbildleinwand erscheint. Nach Berlin und dem Saarland haben die Piraten nun auch den Landtag in Kiel geentert.
Frust dagegen bei der Linken, die nach knapp drei Jahren nicht mehr dem Kieler Landtag angehören wird. Als die erste Prognose auf der Leinwand erscheint, gehen die Mundwinkel der 70 Mitglieder und Anhänger in einem Veranstaltungszentrum nach unten. Applaus brandet dann aber doch noch einmal auf, als Bundesschatzmeister Raju Sharma verkündet, dass die Linke ab sofort in Eisenach mit Katja Wolf eine neue Oberbürgermeisterin stellt.