Berlin (dapd). „Ins Ausland zu gehen sähe aus wie ein Schuldeingeständnis.“ Der frühere Chef des pleitegegangenen Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor Thomas Middelhoff wischt den Gedanken mit einer Handbewegung vom Tisch. Drei Jahre nach der Insolvenz des Handelsriesen kämpft der 59-jährige Manager vor Gericht und in den Medien noch immer mit den Folgen der Pleite. Doch klein beigeben will er nicht. „Ich möchte geklärt haben, notfalls mit gerichtlicher Hilfe – was war richtig und was war falsch“, sagt Middelhoff im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd. „Die meisten Kollegen, die in so einer Situation waren, haben sich aus Deutschland verabschiedet. Die hatten dann auch ihre Ruhe. Ich bin ein anderer Typ, ich stehe das durch.“ Das Arcandor-Debakel stellt die wohl tiefste Zäsur im Leben des Topmanagers dar. Davor war er der erfolgreiche Superstar, der seinem ersten prominenten Arbeitgeber Bertelsmann Milliardengewinne bescherte, danach – zumindest im öffentlichen Bewusstsein – einer der Hauptverantwortlichen für den Niedergang eines der traditionsreichsten deutschen Handelskonzerne. Doch dies will der Manager nicht auf sich sitzen lassen. „Ich hätte wirklich noch ein Jahr länger machen und unser Konzept umsetzen sollen. Dann würde es allen Beteiligten einschließlich der ehemaligen Gesellschafter des Bankhauses Oppenheim ein bisschen besser gehen“, sagt er noch heute. Müde oder gar gestresst wirkt er nicht. Im Gegenteil: Gut gelaunt und braun gebrannt nach einem Wochenende in St. Tropez vertritt er energisch seine Sicht der Dinge. Nach Einschätzung des Managers wäre Arcandor noch zu retten gewesen, als er den Konzern wenige Monate vor der Pleite verließ – wenn an seinen Plänen zum Konzernumbau festgehalten worden wäre. „Aber mein Nachfolger hat ja die Verkaufs- und Mergerpläne aufgegeben. Die Gründe kann ich auch retrospektiv nachvollziehen, die klangen ja logisch, haben aber doch zu einem ziemlich falschen Ergebnis geführt“, sagt Middelhoff. Diese Sicht der Dinge ist allerdings nicht unumstritten. Arcandor-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg etwa kam nur wenige Monate nach Middelhoffs Abgang zu dem Ergebnis, dass es in dem Unternehmen kaum noch etwas Werthaltiges gab. „Wir haben mit der Lupe nach der Substanz in diesem Unternehmen gesucht, aber wir haben nichts Nennenswertes gefunden. Das habe ich in so großen Unternehmen noch nie erlebt“, sagte der erfahrene Sanierungsexperte in einem Interview. Doch Görg ist für Middelhoff ohnehin ein rotes Tuch. Der Manager wirft dem Insolvenzverwalter eine systematische Rufmordkampagne vor. „Aus diesem Grund werden meine Anwälte auch die lange vorbereitete Schadensersatzklage in Höhe von circa 120 Millionen Euro gegen Herrn Görg und seine Sozietät einreichen“, kündigt er an. Bei Görgs Sprecher Thomas Schultz löst die Drohung allerdings nur Schulterzucken aus. Es sei die Pflicht des Insolvenzverwalters eventuelle Ansprüche der Gläubiger gerichtlich prüfen zu lassen. Unterlasse er dies, sei er gegenüber den Gläubigern für die Schäden haftbar, sagt er. Doch fühlt sich Middelhoff nicht nur von Görg verfolgt, sondern auch von einem Teil der Medien, seitdem dort genüsslich über seinen Hang zum Luxus hergezogen wurde – über die teuere Luxusjacht, die millionenschwere Villa in St. Tropez und das herrschaftliche Anwesen in Bielefeld. „Persönlich ist das zum Teil nur schwer zu ertragen. Es ist schwierig zu verstehen: Warum gerade ich?“, sagt der Manager. Beruflich blickt Middelhoff längst wieder nach vorn. Zusammen mit den ehemaligen Gründern von AOL baut er zurzeit eine Weiterbildungsplattform im Internet auf. „ePals ist das größte Online-Education-Angebot weltweit mit acht Millionen Nutzern“, sagt er stolz. Außerdem kümmere er sich um seine sonstigen Investitionen und Aufsichtsratsmandate sowie um einen Hedge-Fonds in New York. „In Summe füllt mich das aus. Ich sehe mich heute mehr als aktiver Investor. Das ist die Rolle, die ich für die nächsten 10 oder 15 Jahre haben will“, sagt Middelhoff. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Ins Ausland zu gehen sähe aus wie ein Schuldeingeständnis
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen