Hannover/Lemgo. Ein Fertigungssystem, flexibel und ressourcenschonend, dazu menschlich und intuitiv. Ein hochkomplexes System, dessen einzelne technische Komponenten sogar intelligent sind. Unmöglich? In Ostwestfalen-Lippe glaubt man genau an diese Vision. Das Fraunhofer-Anwendungszentrum Industrial Automation (IOSB-INA) forscht und arbeitet ganz konkret mit dem inIT – Institut für industrielle Informationstechnik und der Produktionstechnik der Hochschule OWL an der Fabrik der Zukunft, der SmartFactoryOWL. Auf der Hannover Messe 2014 wird sie zum ersten Mal gezeigt.
Glaubt man den Forschern, haben wir es bald mit intelligenten Fabrikanlagen zu tun. Das sogenannte „Internet der Dinge“ hält Einzug in alle Lebensbereiche des Menschen. Egal ob im Haushalt, Auto oder in Produktionsanlagen, sogenannte eingebettete Systeme begleiten uns in unserem Alltag. Kaffeemaschinen, Toaster und sogar Pflanzen können „mitreden“ und angesprochen werden. Im Verborgenen arbeiten Computersysteme, die mit dem Internet vernetzt, dem Benutzer viele Annehmlichkeiten ermöglichen. Für Produktionsanlagen heißt das, Anlagen steuern sich selbst, Werkstücke, die über das Band laufen, sagen selbst wohin sie transportiert und weiterverarbeitet werden wollen. Dadurch wird die Produktion flexibel und Produkte mit kürzeren Lebenszyklen sowie Einzelfertigung möglich. Im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung wurde dem Trend der Verschmelzung von Produktionstechnik mit Informationstechnologie ein klingender Name gegeben, „Industrie 4.0“, die vierte industrielle Revolution. Technologisch basiert Industrie 4.0 auf dem „Internet der Dinge“ (IOT=Internet of things), welches die Trennung von virtueller und realer Welt weitgehend aufhebt. Im Mittelpunkt steht die Vision einer intelligenten Fabrik (Smart Factory).
Seit 2005 arbeiten die Lemgoer Forscher bereits konkret an Technologien, um die intelligente Fabrik der Zukunft zu realisieren. 2014 bleibt der Forschungsschwerpunkt derselbe, aber die bewährte Forschungs- und Demonstrationsplattform „Lemgoer Modellfabrik“ entwickelt sich „evolutionär“ weiter zur Smart Factory. Die Realisierung des Gesamtszenarios Industrie 4.0 sehen die Lemgoer Forscher jedoch noch nicht in greifbarer Nähe. In Hannover wollen sie aber zeigen, „dass bereits bestehende Lösungen existieren und die intelligente Fabrik für viele Handlungsfelder längst keine Utopie mehr ist“, so Professor Jürgen Jasperneite, Leiter der Lemgoer Institute Fraunhofer und inIT. Inmitten von Ostwestfalen-Lippe, in der SmartFactoryOWL, ist dies bereits gelebte Realität. Auf der Hannover Messe wollen die Forscher konkrete Lösungen am Beispiel der Produktionstechnik zeigen. Aus ihrer Smart Factory bringen sie dazu ein wandlungsfähiges Montagesystem mit. „Sowohl mechatronisch als auch automatisierungs- bzw. softwareseitig konsequent modularisiert, werden gleichzeitig die wichtigsten Handlungsfelder der Smart Factory, wie Wandlungsfähigkeit, Plug-and-Play und Benutzerfreundlichkeit durch Augmented Reality Techniken demonstriert“ erklärt sein Kollege von der Hochschule OWL, Professor Sven Hinrichsen die Theorie. „Aber“, so Hinrichsen weiter „das Ganze an einem praxisorientierten Montagesystem, ganz bodenständig, konkret und zum Anfassen – sozusagen Industrie 4.0 mit Bodenhaftung“.
Die Nähe zur Praxis zeigt sich auch in der Integration der Komponenten und Softwarelösungen der Partnerunternehmen des Netzwerkes um das CENTRUM INDUSTRIAL IT (CIIT) in die Smart Factory. Für die Hannover Messe wurden diese in das Fertigungssystem integriert und zeigen das Zusammenspiel im echten Produktionsbetrieb.
Die Messebesucher mit ihrer „Begeisterung anstecken und echte Lösungen zeigen“, so stellen sich die Lemgoer ihren Auftritt in Hannover vor. Und daher ist es sicher nicht ohne Grund, dass auf dem Montagesystem der SmartFactoryOWL auch etwas Cleveres gefertigt wird: Figuren aus Lego-Bausteinen. Der Messebesucher wird interaktiv in die Produktion eingebunden und darf sich aus gewöhnlichen Lego-Steinen, eine – individuell für ihn angefertigte – Figur konfigurieren. Auf Wunsch wird auch sein Name darauf gelasert. „Und als echter OWLer ‘Lokalpatrioten‘ fertigen wir auch gerne das Hermannsdenkmal“, schmunzelt Jasperneite.
Das Montagesystem der SmartFactoryOWL wird auf dem Stand des BMBF-Spitzenclusters „it’s OWL – Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe“ in Halle 16 Stand AO4 zu sehen sein. Das Cluster gilt bundesweit als eine der größten Initiativen zu Industrie 4.0. Der Standort in Lemgo ist eines der drei regionalen Leistungszentren.