Berlin (dapd). Der Koalitionsbeschluss zur privaten Pflegevorsorge stößt bei Opposition und Sozialverbänden auf harsche Kritik. Grünen-Chef Cem Özdemir monierte, mit der geplanten Förderung betreibe die Regierung „unverhohlen Klientelpolitik“. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warf der Regierung vor, Steuergelder zu verschwenden. Gesun Berlin (dapd). Der Koalitionsbeschluss zur privaten Pflegevorsorge stößt bei Opposition und Sozialverbänden auf harsche Kritik. Grünen-Chef Cem Özdemir monierte, mit der geplanten Förderung betreibe die Regierung „unverhohlen Klientelpolitik“. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warf der Regierung vor, Steuergelder zu verschwenden. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) wies die Kritik entschieden zurück. Der Paritätische Wohlfahrtsverband warnte unterdessen vor „sozialen Verwerfungen“ und geißelte die Pläne als „Pflege-Bahr“. Die Spitzen von CDU, CSU und FDP hatten sich am Montag darauf verständigt, private Pflege-Zusatzversicherungen künftig mit monatlich fünf Euro zu bezuschussen. Die Zulage soll unabhängig vom Einkommen auf Policen mit einem Mindestbeitrag von 120 Euro jährlich gezahlt werden. Eine Altersgrenze soll es nicht geben. Allerdings muss die Versicherung wenigstens fünf Jahre vor der ersten Auszahlung abgeschlossen worden sein. Geplant ist, dass das Vorhaben noch vor der Sommerpause Anfang Juli vom Bundestag verabschiedet und ab Januar 2013 umgesetzt wird. Die Kosten werden auf jährlich rund 100 Millionen Euro veranschlagt. Das entspricht nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums in etwa dem Volumen von 1,5 Millionen geförderten Verträgen. Der SPD-Politiker Lauterbach sagte der „Passauer Neuen Presse“, es handele sich um „klassischen FDP-Lobbyismus zugunsten der Versicherungswirtschaft“. „Da wird eine Nullrendite mit hohen Verwaltungskosten bezuschusst“, sagte er. Der Vorsitzende der Grünen, Özdemir, bezeichnete das Ergebnis des Spitzentreffens von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer und dem FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler als „faulen Kompromiss“. Damit die FDP Ja sage zum umstrittenen Betreuungsgeld, bekomme sie die Förderung der privaten Pflegeversicherung. „Das ist Koalieren nach dem Motto: für jeden etwas – egal, was es kostet.“ Gesundheitsminister Bahr verteidigte die Pläne unterdessen. Die Reaktion der Opposition sei „verwunderlich und unverständlich“, sagte der FDP-Politiker. Schließlich sei eine Regelung gefunden worden, von der alle Bürger unabhängig vom Einkommen profitieren könnten. Kritik kam allerdings auch von den Sozialverbänden. Es wäre fatal, wenn nun auch in der Pflege Abschied vom deutschen Modell der Sozialversicherung genommen werde, um das uns fast alle Länder der Erde beneide, mahnte der Vorsitzende des Paritätischen Gesamtverbandes, Rolf Rosenbrock. Die soziale Pflegeversicherung sei 1995 eingeführt worden, um im Falle der Pflegebedürftigkeit zuverlässig vor der Sozialhilfe zu schützen. „Wenn jetzt der Pflege-Bahr kommen sollte, wird die soziale Pflegeversicherung endgültig ad absurdum geführt“, sagte er. Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, monierte in der „Passauer Neuen Presse“: „Die Pflegeversicherung ist das ungeeignetste Objekt für private Vorsorge.“ Damit die Versicherung bei Pflegebedürftigkeit tatsächlich Lücken schließen könne, müssten sehr hohe Beiträge eingezahlt werden. Geringverdiener könnten sie auch mit staatlicher Hilfe nicht aufbringen. „Es ist sinnvoller, die Pflegeversicherungsbeiträge zu erhöhen“, forderte die VdK-Präsidentin. Ähnlich äußerten sich auch der Sozial- und Wohlfahrtsverband Volkssolidarität sowie die Arbeiterwohlfahrt. dapd (Politik/Politik)
Authors: dapd News