Stuttgart (dapd-bwb). Gülle und Abfälle sollen in Baden-Württemberg verstärkt zur Energiegewinnung in Biogasanlagen herangezogen werden. So könne eine Konkurrenz zwischen landwirtschaftlichen Flächen zur Nahrungsmittelerzeugung und solchen zur Energiegewinnung vermieden werden, sagte der Ministerialdirektor im Ministerium für Ländlichen Raum, Wolfgang Reimer, der Nachrichtenagentur dapd.
Der vielfach kritisierte großflächige Anbau von Mais werde sich so zwar vermutlich zunächst nicht verringern, „er steigt aber auch nicht weiter an“, sagte Reimer. Es lasse sich reichlich Biomasse aus Abfallstoffen gewinnen, wie sie bei der Nahrungsmittelherstellung oder beim Grünschnitt anfallen. Der Maisanteil auf den Äckern Baden-Württembergs habe sich in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht. „Trotzdem haben wir nicht eine so schwierige Situation wie in anderen Bundesländern“, sagte Reimer. Grund für den übermäßigen Anstieg sei, dass die Bundesregierung im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) den Bonus für nachwachsende Rohstoffe – dazu gehört unter anderem Mais – nicht rechtzeitig abgesenkt habe. „Dadurch ist eine totale Übersubventionierung entstanden und die Biogasanlagen sind wie Pilze aus dem Boden geschossen.“ Mit der Novellierung des EEG 2012 sei der Bau neuer Biogasanlagen 2012 deutlich zurückgegangen. „Die kleinen Gülleanlagen bis 75 Kilowatt bekommen jetzt den höchsten Bonus, und das ist auch richtig und vernünftig“, meinte der Experte. „Das ist eine Form der Energiegewinnung, die keine Konkurrenz zur Brot- oder Futtermittelerzeugung darstellt.“ Jetzt heiße es zwei Jahre abzuwarten, wie sich die Situation entwickele. Fleischkonsum erfordert Ackerflächen Bei der Konkurrenz um Ackerflächen für die Lebensmittelerzeugung dürfe man aber auch die Futtermittelproduktion nicht außer Acht lassen, betonte Reimer. „Es geht weltweit nicht nur um Energie, sondern auch um den großen Fleischkonsum.“ Global würden 40 Prozent des angebauten Getreides für Futtermittel verwendet, etwa sieben bis zehn Prozent für die Energieproduktion. „Die EU importiert Futtermittel in einem Umfang von über 30 Millionen Hektar und das entzieht anderswo natürlich auch Ackerflächen, um Gemüse, Kartoffeln und Getreide anzubauen.“ Baden-Württemberg will hier gegensteuern und setzt darauf, eigenes Eiweiß zu gewinnen, um weniger Soja zu importieren. „Wir untersuchen, inwieweit man Sojasorten züchterisch so anpassen kann, dass sie auch unter süddeutschen Bedingungen wachsen. Das hat man beim Mais vor 30 Jahren ja auch geschafft.“ Andere Eiweißpflanzen, die Stickstoff aus der Luft sammeln und Eiweiß für die Fütterung bringen, wären Kleegras, Erbsen und Ackerbohnen. Folgte man der Verzehrempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), könnten sich manche Probleme von selbst erledigen: Sie empfiehlt, für eine gesunde Ernährung, Fleisch und Wurst nur in Maßen zu verzehren und meint damit 300 bis 600 Gramm pro Woche.