Bielefeld. „Das Wachstum von Dr. Oetker wurde im Jahr 2015 sowohl von Akquisitionen als auch von organischem Wachstum getragen. Wirtschaftlich betrachtet war das abgelaufene Geschäftsjahr ordentlich. Mit Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung wollen wir die Voraussetzungen für zukünftiges organisches Wachstum weiter verbessern.
Zudem haben wir insbesondere durch unsere erfolgreichen Akquisitionen den Kurs klar in Richtung Zukunft gestellt“, teilte Richard Oetker, persönlich haftender Gesellschafter der Dr. August Oetker KG sowie Vorsitzender der Geschäftsführung der Dr. Oetker GmbH, anlässlich der Veröffentlichung des Jahresergebnisses mit.
Das Unternehmen erzielte – trotz des für die Ernährungsbranche ernüchternd ausgefallenen Jahres (siehe Seite vier) – mit 2,37 Milliarden Euro ein organisches Umsatzwachstum in Höhe von 1,4 %. Bedingt durch Erstkonsolidierungs- und Währungseffekte betrug das nominale Wachstum 10,2 %. Der Umsatz der inländischen Unternehmen stieg leicht um 1,4 % von 706 Millionen Euro auf 716 Millionen Euro. Die ausländischen Unternehmen erhöhten ihren Umsatz dagegen deutlich um 14,4 % auf 1,66 Milliarden Euro. Hier betrug das kurs- und akquisitionsbereinigte Wachstum 1,4 %.
Der Anteil der ausländischen Gesellschaften am Gesamtumsatz betrug 70 % (Vorjahr: 67 %). Richard Oetker zufolge hat sich die gezielte Erschließung und Bearbeitung ausländischer Märkte auch im vergangenen Jahr als bewährte Strategie erwiesen und für das Unternehmen ausgezahlt. Das Jahresergebnis bezeichnete er als ordentlich, dies gelte insbesondere auch im Hinblick auf die ähnlich wie im Vorjahr nach wie vor angespannten globalen Rahmenbedingungen.
Die Weltwirtschaft ist im Jahr 2015 um insgesamt 3,0 % gewachsen. Die fortgeschrittenen Volkswirtschaften expandierten weiter moderat, während die Schwellenländer einen Rückgang des Wachstums zu verzeichnen hatten. Hauptgründe für die Verlangsamung des Expansionstempos in den Schwellenländern waren insbesondere die weltweit gesunkene Nachfrage nach Rohstoffen sowie ein Rückgang im Wachstumstempo der chinesischen Wirtschaft. Die schwache chinesische Importnachfrage hat auch den Welthandel beeinflusst, der um 2,2 % wuchs und somit hinter der Dynamik des Vorjahres zurückgeblieben ist.
Die Wirtschaft der Europäischen Union entwickelte sich mit einem Wachstum von 1,8 % weiter positiv. Dabei profitierte die Eurozone insgesamt von niedrigen Energiekosten, einem schwachen Euro und günstigen Finanzierungskonditionen aufgrund des niedrigen Zinsniveaus. Unsicherheiten im Zusammenhang mit den Verhandlungen über das Hilfsprogramm für Griechenland belasteten die Konjunktur außerhalb Griechenlands nur geringfügig. Der Konjunkturverlauf in der Europäischen Union zeigte im Berichtsjahr ein heterogenes Bild. Während die Volkswirtschaften Großbritanniens und Spaniens einen weiterhin anhaltenden Aufschwung mit robusten Wachstumsraten verzeichneten, entwickelten sich Italien und Frankreich nur leicht positiv.
Das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands wuchs moderat um 1,5 %. Die Expansion wurde gestützt vom privaten Konsum, der von der Ausweitung der Beschäftigung und steigenden Reallöhnen profitierte. Die deutschen Exporte konnten angesichts der mäßigen Expansion der Weltwirtschaft nur leicht ausgeweitet werden, zumal die belebende Wirkung der Euro-Abwertung allmählich nachlässt. Osteuropa befindet sich in einer Rezession, die vor allem durch die negative wirtschaftliche Entwicklung Russlands verursacht wird.
In Nordamerika setzte sich die wirtschaftliche Erholung fort. Zwar schwächte sich zu Jahresbeginn die Konjunktur in den USA aufgrund eines harten Winters sowie Störungen infolge von Hafenstreiks ab, entwickelte sich jedoch im Verlauf des Berichtsjahres positiv, vorwiegend dank starker Inlandsnachfrage. Südamerika konnte hingegen kein positives Wirtschaftswachstum aufweisen, insbesondere in Brasilien setzte sich die Rezession bis zuletzt in unverändert hohem Tempo fort. Das Wachstum in der Region Asien ist vor allem auf Indien und China zurückzuführen. Gleichwohl hat sich die chinesische Wirtschaft im Jahr 2015 abgeschwächt, sodass die Wachstumsrate hinter dem Vorjahresniveau zurückgeblieben ist. Der Strukturwandel in China belastet wichtige Wirtschaftsbereiche. Zudem wurden durch Turbulenzen an den Finanzmärkten in China die Finanzmärkte weiterer Länder in Mitleidenschaft gezogen.
Laut der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) erwirtschaftete die deutsche Ernährungsindustrie 2015 nach ersten Schätzungen einen Umsatz von 166,3 Milliarden Euro und erzielte damit das schlechteste Jahresergebnis der letzten vier Jahre. Der Branchenumsatz sank um 3,4 % im Vorjahresvergleich. Dazu beigetragen haben die stark sinkenden Verkaufspreise für die Lebensmittelhersteller, so mussten sie im Inland einen Preisverfall von 2,3 % und im Ausland von 2,2 % hinnehmen. Die Absatzmengen gingen um 1,1 % zurück. Auch die Lebensmittelproduktion nahm ab, der saison- und kalenderbereinigte Produktionsindex sank um 1,3 %. Ein weiterer Grund für den Umsatzrückgang ist die anhaltende Stagnation im Inland (- 5,7 %) sowie das schwache Exportgeschäft. Zwar konnte die Exportquote auf 33 % gesteigert werden, doch mehr Konkurrenz aus dem Ausland und mehr Marktzugangshürden ließen die Lebensmittelausfuhren um 0,1 % auf 54,3 Milliarden Euro zurückgehen. Damit wurde erstmalig seit 16 Jahren kein Exportwachstum erzielt.
Auf das Geschäftsjahr 2015 von Dr. Oetker blickend, kann festgehalten werden, dass sich die Sortimente in den Bereichen Nährmittel, Tiefkühlpizza, Frische und Professional (Großverbrauchergeschäft) insgesamt positiv entwickelt haben. Die Märkte, in denen Dr. Oetker mit seinen Produkten agiert, sind weiterhin umkämpft und der Wettbewerb bleibt in allen Sortimenten intensiv.
Im äußerst wettbewerbsintensiven deutschen Tiefkühlpizzamarkt konnte Dr. Oetker seine Marktanteile leicht ausbauen und die Marktführerschaft erneut behaupten. Angesichts des anhaltenden Convenience-Trends und zahlreicher neuer Varianten für die verschiedenen Submarkenkonzepte konnte das Sortiment wachsen. Hierzu beigetragen hat unter anderem die Fortsetzung der internationalen Erfolgsgeschichte der Pizza Ristorante. Sie ist weiterhin eines der erfolgreichsten Pizzakonzepte. Einen zusätzlichen Impuls bekam der Markt durch den Launch vegetarischer Pizzen. Das Unternehmen unterstützt den Wunsch vieler Verbraucher nach einer vegetarischen Ernährung. Im September 2015 startete Dr. Oetker unter dem Motto „Let’s go Veggie!“ mit einem innovativen Sortiment, das drei Sorten umfasst. Belegt sind die Pizzen unter anderem mit vegetarischen Fleischalternativen in verschiedenen Geschmacksrichtungen.
Bei den Nährmittelprodukten konnte Dr. Oetker seine internationale Präsenz ausbauen. Infolge der Übernahme des rumänischen Backartikelwettbewerbers Alex im März 2015 und des Dekorherstellers Rebecchi in Italien Ende 2014 konsolidierten sich die Nährmittelmärkte in diesen Ländern. Durch die im März 2015 vollzogene Akquisition der Firma D’Gari, dem mexikanischen Marktführer für Götterspeise, gelang ein erfolgreicher Einstieg in den mexikanischen Markt für Pulverdesserts. Zudem ist Dr. Oetker durch die Übernahme des Dessert- und Backartikelherstellers Queen Fine Foods in den Nährmittelmarkt in Australien eingestiegen und dadurch jetzt auf allen Kontinenten mit Nährmittelprodukten vertreten. Backartikel und Dekore erfreuten sich weiterhin besonderer Beliebtheit bei den Konsumenten. In ganz Europa trafen diese Segmente den anhaltenden Trend zum Selbstbacken und Dekorieren und trugen zur positiven Entwicklung in diesem Bereich bei.
Das Sortiment Frischedesserts entwickelte sich ebenfalls positiv, insbesondere aufgrund des Wachstums der strategischen Marken PAULA und Marmorette. Vor allem im deutschen Discountermarkt konnte Dr. Oetker im Jahr 2015 wachsen.
Das Markenkonzept Dr. Oetker Professional richtet sich an die Bedürfnisse und Anforderungen der professionellen Verwender in der Außer-Haus-Versorgung. Dieser Bereich konnte sich im wettbewerbsintensiven Markt in Deutschland gut behaupten und seine Marktposition weiter ausbauen.
Im Berichtsjahr wurde zudem eine Vielzahl neuer Produkte in allen Sortimenten eingeführt. Neben der bereits beschriebenen Einführung des Tiefkühlpizzasortiments Veggie Pizza wurden des Weiteren auch neue Sorten der Tiefkühlpizzasortimente Ristorante, Pizzaburger, Die Ofenfrische und Tradizionale im Markt eingeführt. Dabei gelang es, im Gesamtsortiment den Salzgehalt weiter zu reduzieren, ohne Abstriche an der Qualität hinnehmen oder Salzersatzprodukte einsetzen zu müssen. Im Nährmittelbereich wurden mit den kleinen fertigen Kastenkuchen sowie den Trend-desserts neue, zeitgerechte Produktsegmente eingeführt. Darüber hinaus ist die Erweiterung der Produktsegmente Vitalis Roasted Müsli und Kleingebäckbackmischung Muffins um neue Varianten sowie die Einführung der Fondantdecke besonders erwähnenswert. Im Frischebereich wurde das Produktsegment PAULA-Pudding durch die Einführung von PAULA-Grießpudding mit Schoko- oder Erdbeerflecken ausgeweitet. Ferner gelang es bei den PAULA-Puddingen den Zuckergehalt ohne geschmackliche Beeinträchtigung zu reduzieren. Zusätzlich wird das Puddingsegment durch die Einführung neuer Sorten Pudding mit Vanillesoße erweitert.
Mit 117 Millionen Euro lag das Investitionsvolumen leicht über dem bereits hohen Niveau des Vorjahreswerts von 114 Millionen Euro. In Deutschland wurden 49 Millionen Euro investiert, im Ausland 68 Millionen Euro. Im Mittelpunkt standen dabei die Erweiterung der Pizzaproduktionskapazitäten in Europa und Nordamerika sowie der Neubau des Forschungs- und Entwicklungszentrums am Standort Bielefeld und des Technologie-Entwicklungszentrums in Wittenburg.
Die Anzahl der Beschäftigten stieg im Jahr 2015 um 6,3 % auf 11.505 Mitarbeiter. Davon waren 4.440 Mitarbeiter in Deutschland und 7.065 Mitarbeiter an den ausländischen Standorten tätig. Der Anstieg ist im Wesentlichen durch die Akquisition in Mexiko begründet.
Für Dr. Oetker bedeutet nachhaltiges Handeln eine Investition in die eigene Zukunftsfähigkeit. Als familiengeführtes Unternehmen steht seit jeher der langfristige Erfolg des Unternehmens im Vordergrund. Im Jahr 2015 hat Dr. Oetker daher die bestehende Nachhaltigkeitsstrategie in enger Verzahnung mit der Unternehmensstrategie überarbeitet. In dieser ganzheitlich sortimentsübergreifenden Strategie wurden, zunächst schwerpunktmäßig für die deutschen Standorte, insgesamt 20 strategische Ziele aus fünf Handlungsfeldern definiert und Maßnahmen mit Blick auf den Zielhorizont 2020 verabschiedet. Weitere Informationen sind im neuen Dr. Oetker Nachhaltigkeitsbericht enthalten, der voraussichtlich im Juni 2016 erscheinen wird.
Neben der Überarbeitung der Dr. Oetker Nachhaltigkeitsstrategie beschäftigt sich die Inhaberfamilie des Unternehmens seit der Firmengründung im Jahr 1891 mit den drängenden gesellschaftspolitischen Themen ihrer Zeit und leistet einen Beitrag zur ökologischen, sozialen, kulturellen und bildungspolitischen Entwicklung aller gesellschaftlichen Gruppen. Dabei fordert die große Bandbreite der Herausforderungen in der globalisierten Gesellschaft auch von Unternehmen wie Dr. Oetker ihre Unterstützung auf ausgewählte Bereiche zu konzentrieren. Im vergangenen Geschäftsjahr wurde daher die im Jahr 2008 eingegangene Partnerschaft mit SOS-Kinderdorf e. V. fortgeführt. Neben zahlreichen gemeinsam umgesetzten Aktionen unterstützte Dr. Oetker zum ersten Mal das SOS-Kinderdorf Lippe, in dem durch die Unterstützung des Unternehmens ein Familienwohnhaus umfangreich renoviert werden konnte. Die Renovierung eines zweiten Hauses folgt in diesem Jahr.
Des Weiteren wurde im vergangenen Geschäftsjahr zur Förderung von ehrenamtlich tätigen Mitarbeitern und Pensionären das seit 2011 existierende Programm „Hand in Hand“ fortgeführt. Mit dem Programm unterstützt Dr. Oetker die persönlichen ehrenamtlichen Aktivitäten der Mitarbeiter und Pensionäre durch Geld- und / oder Produktspenden und bezieht sie gleichzeitig in die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens ein. Seit „Hand in Hand“- Beginn wurden in den vergangenen fünf Jahren insgesamt 167 ehrenamtlich umgesetzte Projekte gefördert.
Im Hinblick auf die aktuelle Flüchtlingsbewegung, die im Jahr 2015 einen Höhepunkt erreichte und die Gesellschaft bis heute vor große Herausforderungen stellt, hat sich die Oetker-Gruppe entschlossen, Initiativen finanziell zu unterstützen, die Erfahrungen auf dem Gebiet humanitärer Hilfe haben und bereits Maßnahmen im Rahmen der Flüchtlingshilfe durchführen. Im Oktober 2015 veranlasste die Gruppe daher eine schnelle und unkomplizierte finanzielle Soforthilfe in Höhe von 500.000 Euro zur Unterstützung der Helfer. Die Spendensumme kam zu gleichen Teilen den beiden Organisationen SOS-Kinderdorf e. V. und Deutsches Rotes Kreuz e. V. zugute. Dr. Oetker wird die Flüchtlingsthematik weiterhin aufmerksam verfolgen und steht mit Behörden, Hilfsorganisationen und anderen Unternehmen in dieser Sache im Austausch.
Das Jahr 2016 ist für das Familienunternehmen Dr. Oetker ein ganz besonderes Jahr: Es feiert seinen 125. Geburtstag und bietet den Kunden zahlreiche Jubiläumsaktionen mit limitierten Jubiläumsprodukten. Neben den Jubiläumsfeierlichkeiten freut sich das Unternehmen auf die bevorstehenden Eröffnungen des neuen Forschungs- und Entwicklungszentrums in Bielefeld und des Technologie- Entwicklungszentrums in Wittenburg. An beiden Standorten hat Dr. Oetker jeweils einen zweistelligen Millionenbetrag investiert. Des Weiteren wird Mitte Mai 2016 das neu erbaute Werk von Dr. Oetker in Serbien eingeweiht.
Auf personeller Ebene ergab sich zu Beginn des Jahres 2016 eine Veränderung innerhalb der Dr. Oetker Geschäftsführung. Otto Clüsener, Geschäftsführer Produktion und Technik, Umwelt, Qualitätsmanagement, ist nach 37 beruflichen Jahren innerhalb der Oetker-Gruppe in den Ruhestand getreten. An seine Stelle rückt Dr. Christian von Twickel, der bereits seit 2001 im Unternehmen tätig ist und zuletzt Sprecher der Geschäftsführung von Dr. Oetker Kanada war.
Wirtschaftlich betrachtet sind die ersten vier Monate des Geschäftsjahres 2016 für Dr. Oetker durchschnittlich verlaufen. Das Unternehmen erwartet durch die vollständige Integration der im Jahr 2015 erworbenen Unternehmen sowie zahlreiche Produktinnovationen zusätzliche Wachstumsimpulse und insgesamt eine positive Umsatzentwicklung im einstelligen Prozentbereich.