Halle/Westfalen. Die GERRY WEBER International AG bestätigt heute im Rahmen ihrer Bilanzpressekonferenz die bereits Ende Januar 2016 veröffentlichten vorläufigen Zahlen des abgelaufenen Geschäftsjahres 2014/15. Der Konzernumsatz der GERRY WEBER International AG betrug für das abgelaufene Geschäftsjahr 2014/15 (1. November 2014 bis 31. Oktober 2015) EUR 920,8 Mio.
und das operative Ergebnis (EBIT) EUR 79,3 Mio. Vorstand und Aufsichtsrat werden der kommenden Hauptversammlung eine Dividende von EUR 0,40 pro Aktie vorschlagen. Vor dem Hintergrund des nicht zufriedenstellenden Geschäftsverlaufes der letzten Monate und des anhaltend herausfordernden Marktumfeldes für die Modeindustrie stellt der Vorstand heute ein Programm zur Neuausrichtung der GERRY WEBER Gruppe vor.
Ralf Weber, Vorstandsvorsitzender der GERRY WEBER International AG, sagt: „GERRY WEBER steht vor der herausforderndsten Situation seiner Unternehmensgeschichte. Meine Vorstandskollegen und ich sind fest entschlossen, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die derzeitige Phase schnellstmöglich zu überwinden und die Grundlagen für langfristiges, profitables Wachstum zu legen. Das Programm zur Neuausrichtung ist auf 18 bis 24 Monate angelegt und wird vor allem für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit großen Herausforderungen verbunden sein. Einschnitte sind der jetzigen Situation unausweichlich, um die Position der GERRY WEBER Gruppe als starkes Mode- und Lifestyleunternehmen langfristig zu sichern.“
Programm zur Neuausrichtung „FIT4GROWTH“
Das Programm zur Neuausrichtung mit dem Namen „FIT4GROWTH“ umfasst vier Bausteine: (1) Retail optimieren, (2) Strukturen & Prozesse anpassen, (3) Wholesale stärken und (4) Marken modernisieren. Die vorgestellten Maßnahmen setzen an den Hebeln Umsatz, Effizienz und Kosten sowie Rohertrag an. Hauptziel ist es, in den nächsten 18 bis 24 Monaten die Voraussetzungen für langfristig profitables Wachstum zu schaffen.
(1) Retail optimieren
Ein zentraler Bestandteil der Optimierung im Bereich Retail ist die Konsolidierung des Filialnetzes. Nach jetzigem Planungsstand werden 103 Filialen in diesem und nächsten Geschäftsjahr geschlossen, die nicht die Zielmargen erfüllen oder eine negative Wachstumsprognose aufweisen. Weitere 5 % des Storeportfolios befinden sich darüber hinaus unter Beobachtung.
Norbert Steinke, Chief Retail Officer (CRO), sagt: „Vor dem Hintergrund der anhaltend schwierigen Marktbedingungen und des sich nachhaltig verändernden Einkaufs- und Kundenverhaltens hat sich die starke Ausweitung der eigenen Verkaufsflächen als zu ambitioniert erwiesen und belastet sowohl unsere Profitabilität als auch unsere Flexibilität. Dem müssen wir jetzt entgegensteuern. Retail ist und bleibt dennoch ein wichtiges Standbein und unsere Filialen sind ein wichtiges Aushängeschild nach außen, mit denen wir die Attraktivität und Begehrlichkeit der GERRY WEBER Marken steigern werden.“
Neben der Konsolidierung des Filialnetzes sind die Verbesserung der Kundenansprache und des Markenerlebnisses Bestandteile der Retail Optimierung. Die Marken sollen wieder eine stärkere Anziehungskraft für die GERRY WEBER Kundinnen entwickeln. Dazu zählen unter anderem die Erhöhung der Wertigkeit der Produkte und Kollektionen, eine zeitgemäße Markenpräsentation, eine aktivierende Kundenansprache aber auch eine Verbesserung aller Serviceleistungen in den Filialen. Daneben wird die GERRY WEBER Gruppe noch viel stärker als bisher auf das Thema Digitalisierung setzen und Omni-Channel-Potenziale nutzen.
Eine zusätzliche Maßnahme zur Optimierung des Retailgeschäfts ist die Verbesserung der Waren- und Bestandssteuerung. Mit einem effektiveren Bestandsmanagement sollen Überbestände vermieden und die Abschriftenquote reduziert werden.
(2) Strukturen & Prozesse anpassen
Vor dem Hintergrund des starken Wachstums der letzten Jahre sind die Zentralbereiche der Organisation zu komplex und zu ineffizient geworden. Aus diesem Grund wurden alle internen Prozesse in der Zentrale grundlegend analysiert und teilweise neu definiert. Der Vorstand geht davon aus, dass durch die Optimierung der Abläufe ab dem Geschäftsjahr 2017/18 Sach- und Personalkosten in Höhe von 20 bis 25 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden können. Um diese Kostensenkung zu realisieren, werden in der Unternehmenszentrale in Halle/Westfalen rund 200 Stellen und in den Auslandsgesellschaften etwa 50 Stellen wegfallen müssen. Von der Konsolidierung des Filialnetzes werden zudem 460 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Filialen im In- und Ausland betroffen sein. Die GERRY WEBER Gruppe bemüht sich gemeinsam mit dem Betriebsrat um eine faire und sozialverträgliche Lösung für die betroffenen Beschäftigten.
Dr. David Frink, Chief Finance Officer (CFO), sagt: „Wir sind an die Strukturen und Prozesse ergebnissoffen herangegangen mit dem Ziel, alle Effizienzpotenziale zu berücksichtigen und bewusst keine pauschalen Kostenkürzungen vorzunehmen. Im Resultat können wir in der jetzigen Situation unsere Strukturen nur dann wirksam verschlanken, wenn wir Einschnitte bei Arbeitsplätzen machen. Es ist uns dabei sehr wichtig, den erforderlichen Arbeitsplatzabbau so fair und sozialverträglich wie möglich umzusetzen.“
(3) Wholesale stärken
Neben den Einsparungen bei Sach- und Personalkosten ergeben sich Effizienzpotenziale im Bereich Logistik. Das im Dezember 2015 in Betrieb genommene neue Logistikzentrum wird ebenfalls einen großen Teil zur Beschleunigung und Optimierung der Abläufe beitragen.
Ziel ist es, das Wholesale-Geschäft innerhalb der nächsten 18 Monate wieder zu einem Wachstumsmotor des Unternehmens zu machen. Dazu wurden eine Reihe von Maßnahmen entwickelt und teilweise bereits auf den Weg gebracht. Diese zielen darauf ab, die Wholesale- Kunden besser zu betreuen, die Marke am Point of Sale zeitgemäßer zu präsentieren und neue Wholesale-Kunden zu gewinnen. Zu den Maßnahmen zählen unter anderem die Einführung von Partnerschaftsprogrammen zur Optimierung der Warensteuerung und Verbesserung der Servicequalität.
(4) Marken modernisieren
Der aktuelle Markenauftritt wird nicht auf allen Ebenen dem Anspruch von GERRY WEBER als führendes Mode- und Lifestyle-Unternehmen gerecht. Im Rahmen der Neuausrichtung werden die Marken und Kernprodukte des Konzerns stärker in den Vordergrund gerückt.
Zukünftig wird jede Markenfamilie als Strategische Geschäftseinheit (SGE) geführt. Diese erhalten ein Höchstmaß an Entscheidungsfreiheit am Markt. Damit schafft der Vorstand die Voraussetzungen dafür, dass sich jede Marke optimal an den jeweiligen Markt- und Kundenbedürfnissen ausrichten kann.
Für die Hauptmarke GERRY WEBER bedeutet dies in erster Linie, dass die Marke moderner gestaltet und zeitgemäßer präsentiert wird. Dazu gehört auch, in die Erhöhung der Wertigkeit der Produkte zu investieren und die Kollektionen stärker an den aktuellen Kundenwünschen auszurichten. Die Warenpräsentation am Point of Sale wird zudem verbessert und es werden neue Kampagnen für einen emotionaleren Markenauftritt entwickelt.
Neben der Hauptmarke wird die Markenidentität von TAIFUN weiter geschärft, um die Marke noch unabhängiger von der Hauptmarke zu positionieren. Zudem läuft die Testphase für eine neue GERRY WEBER Marke.
Ausblick
Der Vorstand geht davon aus, dass die GERRY WEBER Gruppe die Neuausrichtung in den kommenden 18 bis 24 Monaten abschließen und ab dem dritten Jahr in eine Phase nachhaltig profitablen Wachstums übergehen wird. Vor dem Hintergrund der Umsetzung des anstehenden Programms zur Neuausrichtung „FIT4GROWTH“ rechnet der Vorstand für das laufende Geschäftsjahr 2015/16 mit deutlichen Einschnitten auf der Umsatz- und Ertragsseite des GERRY WEBER Core Bereiches und damit für die gesamte Unternehmensgruppe.
Für das Geschäftsjahr 2015/16 erwartet der Vorstand daher einen Konzernumsatz zwischen EUR 890 und 920 Mio. (2014/15: EUR 920,8 Mio.), wozu HALLHUBER EUR 180 bis 190 Mio. betragen wird. Die Konsolidierung des Filialnetzes und die Effizienzmaßnahmen führen zu außerordentlichen Einmalaufwendungen und Abschreibungen in Höhe von rund EUR 36 Mio. Nach Berücksichtigung planmäßiger und möglicher außerplanmäßiger Abschreibungen aus den Effizienzmaßnahmen ergibt sich somit ein Konzern-EBIT zwischen EUR 10 und 20 Mio., wozu HALLHUBER den größten Teil beisteuern wird.
Ralf Weber, Vorstandsvorsitzender der GERRY WEBER International AG, erklärt zum Ausblick: „Die kommenden 18 bis 24 Monaten werden zweifelsohne eine große Herausforderung für unser Unternehmen. Wir sind uns darüber im Klaren, dass wir von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie unseren Aktionären viel verlangen und auch viel erwarten. Ich möchte aber auch klar betonen, dass diese Transformationsphase notwendig ist, um zukünftig wieder profitabel zu wachsen. Gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen bin ich davon überzeugt, dass sich die damit verbundenen Anstrengungen auszahlen werden und GERRY WEBER in neuer Stärke an seine über vierzigjährige Erfolgsgeschichte anknüpfen wird.“
Umsatzentwicklung 2014/15
Trotz des Umsatzanstieges von EUR 852,1 Mio. um 8,1 % auf EUR 920,8 Mio. war das Geschäftsjahr 2014/15 kein zufriedenstellendes Jahr für die GERRY WEBER Gruppe. Zwar entwickelte sich die im Februar 2015 erworbene Tochtergesellschaft HALLHUBER sehr positiv (EUR 115,2 Mio.), jedoch verminderte sich der Umsatz der GERRY WEBER Core Marken GERRY WEBER, TAIFUN und SAMOON um 5,4 % auf EUR 805,6 Mio.
Aufgeteilt nach Segmenten hatte das GERRY WEBER Core Retail Segment einen Anteil am Konzernumsatz von EUR 440,3 Mio. und konnte somit seinen Umsatz expansionsbedingt um 8,7 % erhöhen. Der Umsatzanstieg beruht vor allem auf der Neueröffnung eigener Verkaufsflächen sowie der Umwidmung von ehemals im Wholesale geführten Shop-in-Shop-Flächen in den eigenen Retail (Concession-Flächen). Auf vergleichbarer Fläche verminderte sich der GERRY WEBER Core-Retail-Umsatz jedoch um 4,4 % und folgte somit der allgemeinen negativen Marktentwicklung in Deutschland von rund -2 %. Der Umsatz des GERRY WEBER Wholesale- Segmentes verringerte sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich um 18,3 % auf EUR 365,4 Mio. Dieser Rückgang beruht einerseits auf niedrigeren Ordervolumina unserer Wholesale-Kunden sowie andererseits auf einer Verschiebung von Wholesale-Umsatz in den eigenen Retail.
HALLHUBER trug EUR 115,2 Mio. zum Konzernumsatz der GERRY WEBER Gruppe bei. Dabei ist zu berücksichtigen, dass HALLHUBER erstmalig ab Februar 2015 in den Konzernabschluss einbezogen wurde und somit nur neun Monate des HALLHUBER Geschäftsjahres in den GERRY WEBER Abschluss einfließen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum konnte HALLHUBER seinen Umsatz um 18,0 % steigern. Dabei trugen nicht nur die neu eröffneten Verkaufsflächen zur Umsatzsteigerung bei, sondern mit einem Umsatzanstieg von 3,2 % auch die bestehenden Flächen.
Ertragsentwicklung 2014/15
Unter Berücksichtigung aller operativen Kosten ergibt sich ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) in Höhe von EUR 115,8 Mio. Im Vorjahr waren es noch EUR 134,2 Mio. Die EBITDA-Marge verminderte sich im Berichtszeitraum demzufolge von 15,7 % auf 12,6 %. Zu diesem Rückgang beigetragen haben insbesondere niedriger als geplante Umsätze des GERRY WEBER Core-Bereiches bei nahezu gleichbleibenden Fixkosten sowie Rabattgewährungen aufgrund von erhöhten Warenbeständen.
Das operative Ergebnis (EBIT) verringerte sich auf EUR 79,3 Mio., nach EUR 108,9 Mio. im Vorjahr. Die EBIT-Marge sank dementsprechend von 12,8 % auf 8,6 %.
Insgesamt erwirtschaftete die GERRY WEBER Gruppe einen Konzernjahresüberschuss nach Steuern in Höhe von EUR 52,2 Mio. Im Vorjahr waren es noch EUR 71,4 Mio. Entsprechend verminderte sich das Ergebnis je Aktie bei einer unveränderten Aktienanzahl auf EUR 1,14 (Vorjahr: EUR 1,56).