Bad Salzuflen. Das erste ZOW_update zum Thema Biokunststoffe war für den Veranstalter Clarion Events Deutschland ein voller Erfolg: Rund 50 Teilnehmer aus der Möbelbranche sind am 12. November 2015 ins Energie-Forum-Innovation Bad Oeynhausen gekommen, um sich dort über aktuelle Anwendungsmöglichkeiten biogener Kunststoffe, zukünftige Entwicklungen und damit verbundene wirtschaftliche Chancen für die Möbel- und Zulieferindustrie zu informieren.
Zu den Referenten gehörten Horst Mosler, Geschäftsführer der BCM BioEconomy Cluster Management GmbH, Matthias Bruchmüller vom Fachgebiet Kunststofftechnik der Technischen Universität (TU) Ilmenau sowie Christian Schulz vom Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe (IfBB) der Hochschule Hannover.
sagt Horst Mosler. „Obwohl die Einsatzmöglichkeiten dieses Rohstoffs extrem vielseitig sind, fristet er beispielsweise in der Baustoffindustrie bislang ein Nischenda- Das fortschreitende Wachstum der Weltbevölkerung, die drastische Verknappung der Ressourcen und der Klimawandel – die Menschheit steht vor gewaltigen Herausforderungen. Aus diesem Grund nimmt die BioÖkonomie, die auf eine effiziente und schonende Nutzung biologischer Ressourcen wie Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen zielt, einen herausragenden Platz in der zukunftsorientierten Nachhaltigkeitspolitik ein.
Sie berührt dabei eine Vielzahl von Branchen – von der Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie über die Bau- und Automobilbranche bis hin zur Pharmaindustrie und Energiewirtschaft. Welche Möglichkeiten moderne Holztechnologien dabei eröffnen, thematisierte Horst Mosler vom Spitzencluster BioEconomy in seinem Impulsvortrag „BioÖkonomie – nachwachsende Rohstoffe, Nachhaltigkeit und neue Materialien“. Das Netzwerk konzentriert sich auf die maximale Wertschöpfung und vollständige Verwertung von Buchenholz. „Rund 40 Prozent der deutschen Buchenbestände befinden sich bei uns im Clustergebiet“, sein – das wollen wir ändern.“
Dafür hat die mitteldeutsche Clusterregion mit ihrem Laubholzvorkommen, ersten integrierten Industriestandorten und gebündelter Forschungskompetenz optimale Voraussetzungen. Da in den modernen Holzwerkstoffen auch Potenzial für die heimische Möbelindustrie steckt, eröffneten sich den Teilnehmern hier interessante Gesprächsmöglichkeiten. Schließlich bietet das Clusternetzwerk Anknüpfungspunkte für F&E-Projekte, Prozess-Skalierung, Marktentwicklung und Ansiedlungsvorhaben entlang der Wertschöpfungskette.
Vom Nischen- zum Mainstreamprodukt
Im zweiten Impulsvortrag des Abends ging es um den Einsatz biogener Kunststoffe in der Möbelindustrie. Dabei definierte Matthias Bruchmüller der TU Ilmenau zunächst den Begriff Biokunststoffe, der nicht einheitlich verwendet wird und für verschiedene Materialien gelten kann. Anschließend ging er auf die Herausforderungen ein, die dieser Werkstoff mit sich bringt – zum einen ist die Prozesskette sehr komplex und variantenreich, zum anderen sind europäische Produzenten rar gesät und die Herstellungskosten in Kleinanlagen außerhalb der Europäischen Union (EU) einfach zu hoch. Auch wenn Biokunststoffe preislich noch nicht mit konventionellen Kunststoffen konkurrieren können, eröffnen sie der Möbelbranche interessante Perspektiven.
Schließlich haben sie einen entscheidenden Vorteil – sie haben hohe isotrope Eigenschaften, lassen sich leicht in Form bringen und können zudem mit nützlichen Eigenschaften wie beispielsweise einer antibakteriellen Wirkung versehen werden. Schließlich sind schon heute Produkte wie Terrassendielen aus Biokunststoffen erhältlich, die witterungsbeständig und pflegeleicht sind und darüber hinaus mit ihrer schädlingsabweisenden Wirkung punkten. Dabei sorgen spezielle Verarbeitungsverfahren für eine hochwertige Optik und originalgetreue Haptik, die sich kaum von Holz unterscheidet.
„Auch wenn der Marktanteil von Biokunststoffen bislang noch relativ gering ist, werden die weltweiten Produktionskapazitäten bis zum Jahr 2019 um mehr als 350 Prozent auf etwa 7,8 Millionen Tonnen steigen“, sagt Christian Schulz vom IfBB, der in seinem Impulsvortrag die Marktentwicklung und den Landflächenverbrauch der Biokunststoffe beleuchtete. „Dabei werden biobasierte, nicht biologisch abbaubare Kunststoffe, wie biobasiertes PE und PET die größten Wachstumstreiber sein.“
Dies ist unter anderem auf Konzerne wie Coca Cola zurückzuführen, die ihre Getränke seit 2009 in sogenannten Plant Bottles verkauft, die zum Teil aus Pflanzenmaterial hergestellt werden – seitdem wurden weltweit rund 14 Milliarden Stück der wiederverwertbaren PET-Getränkeflaschen in den Markt gebracht. Doch mit dem prognostizierten Wachstum geht die Befürchtung einher, dass zwischen dem Anbau nachwachsender Rohstoffe für Nahrungs- und Futtermittel und für die Herstellung von Biokunststoffen zunehmend Konkurrenz entsteht. „Die Fläche für den Anbau nachwachsender Rohstoffe zur Produktion von Biokunststoffen belief sich im Jahr 2014 auf rund 0,68 Millionen Hektar – das entspricht gerade einmal 0,01 Prozent der weltweiten Landwirtschaftsfläche von fünf Milliarden Hektar.“
Neben den fundierten Aussagen der Experten zu aktuellen Anwendungsmöglichkeiten, zukünftigen Entwicklungen und den damit verbundenen Chancen für die Möbelindustrie, waren die anschließenden Gespräche unter den Gästen ein weiterer Höhepunkt. „Mit der Veranstaltung haben wir die Vernetzung der Akteure innerhalb der Branche weiter voran getrieben“, sagt Hans Hermann Hagelmann, der als Senjor Project Consultant durch den Abend führte. „Gleichzeitig haben wir Impulse für die kommende ZOW gesetzt, auf der diese Themen „erlebbar“ werden.“