Ingo Maurer ist der Typ eines unternehmerischen Menschen, der das Risiko und den Wandel für sein Werk benötigt. Er betont, dass Unsicherheit der Ausgangspunkt für das Neue sei. Maurer, geboren 1932, ist einer der herausragenden Lichtdesigner Deutschlands. Bekannt wurde er mit der Niedervoltleuchte „YaYa Ho“, unter der Decke verspannten Drähten, an denen filigrane Leuchtkörper hängen. Daneben hat er in mehr als vierzig Jahren zahlreiche Leuchten, Lichtsysteme und Installationen geschaffen.
Maurer berichtet im Gespräch davon, dass er vierzig Designer von AUDI in seinen Räumen zu Besuch hatte. „Der Chef von denen hat gesagt, wir müssen mal irgendwo hin, wo man ganz anders denkt. Und die waren dann auch alle sprachlos, wie wir an Sachen herangehen, wie locker das eigentlich hier ist.“ Maurer hat sich gedeihliche Bedingungen für seine Produktivität geschaffen. Der Firmensitz ist in der Kaiserstraße in München, wo Maurer mehrere Gebäude für die Produktionsstadien von der Idee bis zum Vertrieb einer Lampe oder LichtInstallation verbunden hat, inklusive eines großzügigen Showrooms, der die Bandbreite der Produktion angemessen zugänglich macht. Das ist einer der Aspekte seiner Selbstführung: Er kennt seine besonderen Stärken und fokussiert sich darauf. Seine Mitarbeiter besitzen die notwendigen ergänzenden Fähigkeiten – das ist Arbeitsteilung, das ist sein integriertes System.
Im Interview vergleicht er es mit „der Art, wie auch heute noch Wolkenkratzer in Hongkong gebaut werden: mit Bambusgerüsten, denn die haben eine gewisse Elastizität.“
Für Maurer ist der Begriff Selbstführung stark mit Disziplin und selbstgewählter Pflichterfüllung verknüpft. Er strukturiert seinen Arbeitstag, macht sich morgens bewusst, was tagsüber zu tun ist. Dennoch weiß er, dass Routine nur die Voraussetzung dafür ist, dass die Einfälle und Ideen tatsächlich in Produkte münden können. Für Maurer ist es daher wichtig, immer wieder aufzubrechen, die Routine und den Standort München zu verlassen. Und so sucht er den Wechsel, die Unsicherheit, das Risiko. Es zieht ihn immer wieder nach New York, wo er seit über dreißig Jahren einige Monate im Jahr verbringt und sich inspirieren und aufladen lässt. Maurer braucht diese Zeiten für seine kreativen Prozesse. Er kennt die Bedingungen seiner Selbstentfaltung und führt sich entsprechend selbst.
Diese Fallbeispiele enthalten Auszüge aus dem zweiten Buch des Autors, Selbstführung. Wie sich kreative Entrepreneure erfolgreich organisieren.