Erneut: Unwirksamkeit des Werkvertrages bei „Ohne-Rechnung“- Abrede

Dr. Christian Kollmeier, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. (Foto: BRANDI Rechtsanwälte Partnerschaft mbB)

In einem aktuellen Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) seine Rechtsprechung zur sogenannten „Schwarzarbeits“- bzw. „Ohne-Rechnung“- Abrede erneut erweitert.

I. Sachverhalt

Der Kläger (Auftraggeber) verlangte vom Beklagten (Auftragnehmer) die Rückzahlung des von ihm geleisteten Werklohns. Er hatte den Beklagten mit der Entfernung des alten sowie Lieferung und Verlegung eines neuen Fußbodenbelags in seinem Privathaus beauftragt. Zunächst hatte man sich insgesamt auf einen Werklohn für die auszuführenden Arbeiten von 16.164,38 EUR verständigt. Später hatten die Parteien dann vereinbart, dass der Beklagte eine offizielle Rechnung allein über einen Betrag von ca. 8.619,57 EUR stellt. Darüber hinaus sollte ein Betrag von 6.400,00 EUR in bar ohne Rechnung gezahlt werden. So wurde es anschließend von den Parteien auch umgesetzt, wobei bis zuletzt Streit über den tatsächlich in bar gezahlte Betrag bestand.

Aufgrund von auftretenden Mängeln erklärte der Kläger schließlich den Rücktritt vom Vertrag und verlangte die Rückzahlung des geleisteten Werklohns.

II. Entscheidung

Bereits das Berufungsgericht wies die Klage unter Hinweis darauf ab, dass der Werkvertrag über die Bodenbelagsarbeiten aufgrund der getroffenen „Ohne-Rechnung“- Abrede wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) in Verbindung mit § 134 BGB nichtig sei.

Der Kläger wandte mit seiner Revision hiergegen unter anderem ein, dass die vom BGH in den Jahren 2013 bis 2015 zur Unwirksamkeit von Werkverträgen wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG entwickelten Grundsätze vorliegend nicht gelten würden, da die „Ohne-Rechnung“- Abrede erst nach Vertragsschluss getroffen worden sei.

Dem hat der BGH mit seinem Urteil deutlich eine Absage erteilt und darauf verwiesen, dass auch die nachträgliche Abrede, den Werklohn ganz oder teilweise ohne Rechnung – und damit ohne abzuführende Umsatzsteuer – zu zahlen, zur Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG führt. Dem Kläger stünden deshalb – wie das Berufungsgericht zurecht festgestellt habe – keine Mängelrechte hinsichtlich der ausgeführten Werkleistungen zu, so dass er die Rückzahlung der geleisteten Beträge nicht aufgrund des Rücktritts zurückverlangen könne. Auch bestehe kein Anspruch auf Rückzahlung wegen ungerechtfertigter Bereicherung des Beklagten.

III. Bewertung

Das Urteil des BGH ist unter Berücksichtigung der bisher zu der „Schwarzarbeitsabrede“ getroffenen Entscheidungen (BGH BauR 2013, 1852; BGH BauR 2014, 1141; BGH BauR 2015, 1655) nachvollziehbar und richtig. § 134 BGB, der die Nichtigkeit eines Vertrages bei Gesetzesverstoß vorsieht, stellt hinsichtlich des zur Nichtigkeit führenden Gesetzesverstoßes gerade nicht allein auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ab. Entscheidend ist allein, dass die Verbotsnorm, gegen die mit der vertraglichen Vereinbarung verstoßen wird, im Zeitpunkt der Vereinbarung (hier der „Ohne-Rechnung“- Abrede) in Kraft getreten ist.

Es ist auch kein Grund ersichtlich, die Vertragsparteien, die eine „Ohne-Rechnung“- Abrede erst nach Vertragsschluss treffen, besser zu stellen, als diejenigen, die den Vertrag gleich mit einer solchen Abrede eingehen. In beiden Fällen liegt offensichtlich gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG eine untersagte Schwarzarbeit vor, die nach dem Willen des Gesetzgebers gerade bekämpft werden soll. Wie der BGH schon in vorherigen Urteilen zur Schwarzarbeit herausgestellt hat, ist das gesetzgeberische Ziel der Bekämpfung von Schwarzarbeit höher zu werten als die Interessen der (gegen das Gesetz verstoßenden) Vertragsparteien an der Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche aus dem betroffenen Werkvertrag. Kurz zusammengefasst: Wer bewusst gegen das Gesetz verstößt, kann nicht auf den Schutz des Gesetzes hoffen.

Hätte der BGH vorliegend anders entschieden, wäre dies dem Zweck des SchwarzArbG, die Schwarzarbeit möglichst effektiv zu bekämpfen, zuwider gelaufen. Denn dann wäre bei sämtlichen nachträglichen Vereinbarungen eine „Ohne-Rechnung“- Abrede möglich gewesen, also insbesondere auch bei Nachtragsvereinbarungen. Der BGH hätte damit einen Weg zur Umgehung der Nichtigkeitsfolge bei „Ohne-Rechnung“- Abreden vorgegegeben.

Alles in allem war deshalb unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung zur „Ohne-Rechnung“- Abrede damit zu rechnen, dass der BGH vorliegend nicht zu einer Wirksamkeit des Vertrages gelangt, sondern entsprechend der zuvor ergangenen Entscheidungen die Unwirksamkeit des Vertrages feststellt und damit das Urteil des Berufungsgerichts bestätigt. Es ist zu erwarten, dass der BGH auch zukünftig in anderen denkbaren Konstellationen seiner Rechtsprechung treu bleiben wird.

www.brandi.net

Veröffentlicht von

Sascha Brinkdöpke

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