Essen (dapd-nrw). Mehr als ein Vierteljahrhundert hat Gerhard Cromme dem Stahlkonzern Krupp und später ThyssenKrupp seinen Stempel aufgedrückt. Doch am Freitag kündigte der 70-jährige Chefkontrolleur des Stahlriesen überraschend seinen Abschied an. Mit seinem Schritt wolle er dem kriselnden Konzern „auch im Aufsichtsrat einen personellen Neuanfang ermöglichen“, betonte der Manager in Essen. Cromme wird sein Amt als Chefkontrolleur zum 31. März niederlegen. Er zieht damit die Konsequenzen aus der nicht enden wollenden Flut von Kartellskandalen, Korruptionsaffären und Milliardenverlusten beim Essener Traditionsunternehmen. Viel zu spät, wie einige meinen. Schon bei der ThyssenKrupp-Hauptversammlung im Januar häuften sich die Rücktritts-Aufforderungen an Cromme. Ein Aktionär beschimpfte den Manager damals sogar als „größte Teflonpfanne der Republik“, weil er keinerlei Verantwortung für die Fehlentwicklungen in Essen übernehmen wolle. Der Hintergrund: Die Ursache aller Probleme bei ThyssenKrupp scheint eine völlig aus dem Ruder gelaufene Führungskultur gewesen zu sein. Wer aber soll für solche Entwicklungen Verantwortung tragen, wenn nicht Cromme als Chefkontrolleur und „Erschaffer“ des Unternehmens, meinen seine Kritiker. Doch Cromme, der noch vor kurzem als einer der mächtigsten Männer Deutschlands galt, hatte sich lange Zeit gegen einen solchen Schritt gewehrt. Noch Ende 2012 sagte er dem „Spiegel“: „Ich werde überhaupt nicht zurücktreten. Ich bin keiner, der vor Verantwortung wegläuft.“ Auch aus der Krupp-Stiftung zieht sich Cromme zurück Auch deshalb kam sein Schritt überraschend. Doch dafür handelte Cromme umso konsequenter. Er kündigte nicht nur den Rückzug aus dem Aufsichtsrat an. Er verzichtet auch auf seine Ämter in der mächtigen Krupp-Stiftung. Sie ist der größte Aktionär von ThyssenKrupp. Dabei galt Cromme bislang als designierter Nachfolger von Krupp-Patriarch Berthold Beitz an der Spitze der Stiftung. Eine Rolle, die es ihm ermöglicht hätte, auch in Zukunft das Schicksal von ThyssenKrupp weiter mitzugestalten. Tatsächlich hat der promovierte Jurist und Volkswirt in den vergangenen Jahrzehnten die Entwicklung der deutschen Stahlindustrie geprägt wie kein anderer. Als Chef von Krupp-Stahl löste er 1987 mit den Plänen zur Schließung des traditionsreichen Krupp-Hüttenwerks in Duisburg-Rheinhausen einen der härtesten Arbeitskämpfe in der Geschichte der Bundesrepublik aus. Als Krupp-Konzernchef schrieb er nur knapp fünf Jahre später Industriegeschichte mit der „ersten feindlichen Übernahme an der Ruhr“, bei der sich der Essener Traditionskonzern den Konkurrenten Hoesch einverleibte. Und Cromme war es auch, der die Weichen für die Fusion des Essener Stahlriesen mit dem Erzrivalen Thyssen zur heutigen ThyssenKrupp AG stellte. Doch beschränkte sich der Einfluss des Managers bei weitem nicht auf die Stahlbranche. Als langjähriger Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex drückte er den Standards für gute Unternehmensführung in Deutschland seinen Stempel auf. Und bei Siemens sorgte er als Aufsichtsratsvorsitzender mit eiserner Hand für die Aufarbeitung des milliardenschweren Korruptionsskandals. An der Rolle von Cromme als Siemens-Chefkontrolleur ändere sich nichts, hieß es dazu am Freitag in München. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Ende einer Ära bei ThyssenKrupp
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen