Zwar ist die Zahl der Unternehmen mit eigenen Compliance-Programmen gestiegen: Laut einer aktuellen Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) binnen zwei Jahren um neun Prozent. Doch die Erhebung zeigt auch: Fast die Hälfte der Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigten arbeite noch immer völlig ohne entsprechende Standards und Richtlinien. Jene, insbesondere großen Unternehmen in Deutschland, die eigene Compliance-Abteilungen eingerichtet haben, wurden vornehmlich nach der Siemens-Korruptionsaffäre in den zurückliegenden fünf Jahren aktiv.
Diese Korruptionsaffäre hatte es in sich: Am 15. November 2006 durchsuchten annähernd 200 Beamte, Steuerfahnder und Staatsanwälte mehr als 30 Bürogebäude an allen großen Siemens-Standorten, außerdem Privatwohnungen von ranghohen Mitarbeitern. Die Ermittlungen ergaben, dass bei Siemens über längere Zeit ein System von Schmiergeldzahlungen existierte. Das Unternehmen reagierte. Mit der Korruptionsaffäre wurde Siemens unfreiwillig so zum Vorreiter von Compliance in Deutschland. Die Maßnahmen, die der Konzern ergriff, um eine gute Compliance zu schaffen, brachten bis heute Gesamtkosten von über 3,5 Milliarden Euro mit sich. Zudem baute das Unternehmen eine Compliance-Organisation mit rund 600 Mitarbeitern auf, die Jahr für Jahr 400 Millionen Euro kostet. Das Compliance Programm umfasst über 100 Einzelmaßnahmen. Zur Meldung von möglichen und tatsächlichen Verstößen wurde eine beispielsweise eine „Whistle-Blower“-Hotline eingerichtet, die von einem amerikanischen Dienstleistungsunternehmen in 100 Sprachen rund um die Uhr betrieben wird.