Stuttgart (dapd). Zum Tag der Arbeit haben die Gewerkschaften die strikte Sparpolitik in den Euro-Staaten und den neuen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin kritisiert. Auf der zentralen Kundgebung zum 1. Mai in Stuttgart forderte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Michael Sommer, vor tausenden Demonstranten einen „Marshall-Plan“ mit Investitionen in Milliardenhöhe. Europa dürfe nicht „kaputtgespart“ werden.
Sommer sagte, die Alternative zum Niedergang ganzer Volkswirtschaften in Europa seien nicht Sparprogramme, sondern Konjunkturprogramme. Finanziert werden könne dies durch eine Finanztransaktionssteuer mit dem Zweck, Spekulanten und Finanzkapitalismus zu stoppen.
Eine Schuldenbremse für die Euro-Staaten funktioniere außerdem nur bei gleichzeitiger Verbesserung der Staatseinnahmen. „Die Steuern für Reiche müssen endlich wieder rauf“, verlangte Sommer.
Die sozialen Folgen der europäischen Schuldenkrise stehen im Mittelpunkt der diesjährigen Kundgebungen der Gewerkschaften zum Internationalen Tag der Arbeit am 1. Mai.
DGB pocht auf Tariferhöhungen und Mindestlohn
Der DGB-Chef forderte in Stuttgart, dem künftigen Schwerpunkt im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie, außerdem Lohnerhöhungen für die Beschäftigten: „Nach Jahren von Reallohn-Verlusten in vielen Bereichen unserer Wirtschaft, nach Jahren der gemeinsamen Anstrengungen, dieses Land durch die Krise zu führen, Firmen und Arbeitsplätze zu retten, sind wir jetzt dran“, sagte er.
Der DGB will laut Sommer zudem „nicht locker lassen“, bis ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro durchgesetzt ist. „8,50 Euro die Stunde – das ist für uns Beton. Darunter geht nichts, aber auch gar nichts“, sagte er. Das Modell der Union, wonach sich Arbeitgeber und Gewerkschaften in Kommissionen auf einen Mindestlohn für Bereiche verständigen, in denen es keinen Tarifvertrag gibt, kritisierte Sommer als „halbseiden“.
Auch bei der Gleichstellung der Zeitarbeiter würden die Gewerkschaften hart bleiben und dies notfalls zu einem zentralen Thema der Bundestagswahl machen. „Wir wollen gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Für Stammbelegschaften und Zeitarbeit. Und wenn wir das jetzt nicht kriegen, dann führen wir den Kampf eben noch ein Jahr weiter“, sagte Sommer.
Der Gewerkschaftschef erinnerte außerdem an die Ermordung der Polizistin Michèle Kiesewetter vor fünf Jahren in Heilbronn und an die weiteren Opfer der rechtsterroristischen Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund. „Diesen braunen Sumpf müssen wir austrocknen“, sagte er. Der DGB-Chef forderte erneut ein Verbot der NPD und aller ihrer Tarn- und Nachfolgeorganisationen.