Frankfurt/Main (dapd). Bis Freitag um 1.00 Uhr war das Ehepaar Wolff aus Worms im Internet noch eingecheckt für die Lufthansa-Maschine von Frankfurt am Main nach Wien. „Dann kam von Lufthansa die E-Mail, unser 8.45-Uhr-Flug sei annulliert“, berichtet Joachim Wolff am Morgen auf Deutschlands größtem Airport. „Mit Hinweis auf eine Hotline.“ Das Verleger-Ehepaar wählte nach eigenen Angaben die halbe Nacht lang die angegebene Servicenummer. Aber es habe niemand abgehoben. Am Morgen stehen die Wolffs in der Schlange vor dem Umbuchungsschalter der Lufthansa in Frankfurt. Ihre Nachbarn berichten, sie hätten die gleiche Erfahrung gemacht. Der erste Streiktag der Flugbegleitergewerkschaft UFO zeigt offenbar Wirkung. Die Lufthansa-Hotline lief in der Nacht offensichtlich heiß. Für 14 Cent pro Minute hörte auch der 44-jährige Unternehmensberater Volker Weis die stets gleiche Ansage, dass er schnellstmöglich mit dem nächsten freien Mitarbeiter verbunden werde. Weis hatte sich am Vortag im Internet für den Flug um 6.45 Uhr nach Dresden eingecheckt, die Verbindung wurde ebenfalls gestrichen. Zusammen mit dem Ehepaar Wolff steht der Unternehmensberater vor dem zunächst einzigen Umbuchungsschalter, den die Lufthansa am frühen Morgen in Abflughalle B eröffnet hat. Gratissnack soll trösten Als gegen 6.00 Uhr mehr als 100 vorläufig gestrandete Passagiere vor dem Counter warten, richtet die Lufthansa sechs weitere Schalter ein. Betreuer in blau-gelber Uniform der Kranich-Airline kümmern sich um die Kunden. Oft dauert es bis zu einer Auskunft. So kann eine Servicekraft telefonisch bei ihren Kollegen minutenlang nicht in Erfahrung bringen, ob ein bestimmter Flug annulliert ist oder nicht. Dann wird der Passagier auf eine spätere Maschine umgebucht. Die Wartezeit darf er in einer Snackbar verbringen, die Lufthansa zahlt. Die Flugbegleitergewerkschaft hatte am Dienstag die Tarifgespräche mit der Lufthansa unter anderem wegen Kontroversen über Leiharbeiter und Jobauslagerungen für gescheitert erklärt, erwartet von der Airline aber auch ein verbessertes Gehaltsangebot. Der Streik der Flugbegleiter sorgt am Freitag für zahlreiche Flugausfälle am wichtigsten deutschen Standort der Lufthansa. Nach Angaben einer Sprecherin wurde zunächst ein Viertel der geplanten Flüge gestrichen. Die Fluggesellschaft ging aber davon aus, drei Viertel der für den Streik-Zeitraum vorgesehen 360 Starts und Landungen abfertigen zu können. Insgesamt hatte die Lufthansa am gesamten Freitag 840 Flüge geplant. Passagiere umgebucht Die Passagiere werden umgebucht – auf andere Lufthansa-Flüge, auf konzerneigene Regionalfluggesellschaften oder die Tochter Germanwings. Unternehmensberater Weis fliegt um 9.15 Uhr nach Dresden, das Ehepaar Wolff startet um 7.45 Uhr zum Medizinerkongress nach Wien. „Für den Streik habe ich kein Verständnis“, sagt Weis und ist gleichwohl froh, Lufthansa-Kunde zu sein. „Die werden mit so etwas noch am besten fertig.“ Joachim Wolff ist weniger nachsichtig. „Das war kein Spaß heute Nacht am Telefon“, sagt der 59-Jährige. Weis hätte womöglich weniger geduldig reagiert, wenn er nicht schon um 6.00 Uhr im Terminal des Frankfurter Flughafens eingetroffen wäre. Zwei Stunden später hat Lufthansa rund 30 Umbuchungsschalter eröffnet, Tausende genervte Fluggäste stehen Schlange und hoffen, einen Sitz in einer Maschine in ihre Wunschdestination zu bekommen. Bis 10.00 Uhr weist die Anzeigetafel bereits 40 annullierte innereuropäische Starts aus. Und ab diesem Zeitpunkt stehen bei Lufthansa die Interkontinentalverbindungen auf dem Flugplan: Die erste Annullierung wird auch hier schon angezeigt. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Das war kein Spaß heute Nacht am Telefon
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen