Kreis Paderborn. Die aktuelle Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im Kreis Paderborn ist gemessen an anderen Regionen als positiv einzuordnen. Mit einer Arbeitslosenquote von 6,2 Prozent werden die Vergleichszahlen in OWL (6,6 Prozent) und im Land Nordrhein-Westfalen (8,1 Prozent) deutlich unterschritten.
Fehlender Berufsnachwuchs in dualen Ausbildungsberufen, Fachkräftebedarf in verschiedenen Branchen, demografische Herausforderungen und die Erschließung weiterer Potenziale, besonders auch bei älteren Arbeitnehmern, sind schwerpunktmäßig die Herausforderungen für eine weitere gute Entwicklung der Region, denen es sich zu stellen gilt. Die größten ungenutzten Reserven, um den zukünftigen Fachkräftebedarf zu decken, sehen Arbeitsmarktforscher in der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer. Dazu gehören vor allem die Steigerung der Erwerbsbeteiligung und die Verlängerung der Lebensarbeitszeit von älteren Arbeitnehmern.
„Die bundesweiten Hochrechnungen der Arbeitsmarktforscher können wir hier zwar nicht eins zu eins auf den Kreis Paderborn herunterbrechen. Die verfügbaren Daten zur regionalen Bevölkerungs- und Beschäftigungsentwicklung sprechen allerdings für eine analoge Entwicklung, auch wenn hier der Bevölkerungsrückgang und die „Überalterung“ vergleichsweise später und langsamer erfolgen“, erläuterte Agenturchef Matisz.
Nach der aktuellen Prognose wird im Kreis Paderborn die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 – 64 Jahre) von 2015 bis 2030 um rd. 21.000 Personen oder 10 Prozent schrumpfen. Dem steht eine Zunahme der 65 Jahre und älteren von 24.300 oder 46 Prozent gegenüber. Während derzeit rd. 17 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre und älter ist, werden es 2030 etwa 25 Prozent sein.
Aktuell zeigt die Beschäftigtenstatistik für den Kreis Paderborn ein deutliches Plus bei den über 50-Jährigen. Hier ist die Beschäftigung von September 2007 bis September 2014 um 12.200 oder 56 Prozent auf 34.100 angestiegen. Der Anteil der Älteren an allen Beschäftigten hat sich von 22 auf 30 Prozent erhöht. Diese Entwicklung weist zwar in die richtige Richtung, um den Fachkräftebedarf zu sichern und das Knowhow in den Betrieben zu halten. Das reicht aber in Zukunft nicht aus, allein um die Beschäftigtenzahlen auf dem heutigen Niveau zu halten.
Der Blick auf die Arbeitslosenstatistik lässt erkennen, das hier noch Potenzial für eine weitere Zunahme der Beschäftigung besteht. Im Jahresdurchschnitt 2014 gab es im Kreis Paderborn 3.177 Arbeitslose in der Altersgruppe 50 Jahre und älter. Gegenüber 2007 hat sich die Zahl um 280 oder 10 Prozent erhöht, während die Gesamtarbeitslosenzahl in diesen 7 Jahren um 2.700 oder 21 Prozent zurückgegangen ist. Fast jeder dritte Arbeitslose (31 %) ist über 50 Jahre alt, beim Übertritt von Arbeitslosigkeit in Beschäftigung ist diese Gruppe jedoch noch nicht einmal mit jedem Zehnten (9,3 %) beteiligt.
Das Hauptproblem ist die berufliche Eingliederung und Wiederbeschäftigung dieser Personengruppe. Hier versuchen wir als Arbeitsagentur mit Qualifizierungs- und Fördermaßnahmen die Betroffenen bei der beruflichen Integration zu unterstützen: Arbeitgeber-Vermittler Meinolf Korsmeier, Maßnahme-Experte im Arbeitgeber-Service der Arbeitsagentur, erläuterte die verschiedenen Förder- und Qualifizierungsmöglichkeiten 1), die für ältere Arbeitnehmer in Frage kommen: Im vergangenen Jahr konnte bei 160 Älteren mit einem Eingliederungszuschuss (EGZ) die Arbeitsaufnahme gefördert werden.
Gut 100 ältere Arbeitnehmer begannen eine Maßnahme zur beruflichen Qualifizierung. „Wir versuchen, die älteren Arbeitslosen durch berufliche Qualifizierung oder durch die Gewährung von Zuschüssen in der Phase der Einarbeitung bei einem neuen Arbeitgeber marktfähig und interessant zu machen“, aber auch mit der Förderung ist und bleibt die berufliche Integration der älteren Arbeitnehmer ein schwieriges Geschäft. So lange sich die Grundeinstellung zur Beschäftigung älterer Männer und Frauen nicht wesentlich ändert, werden wir hier auch immer nur mit Einzelfällen erfolgreich sein“, so Korsmeier aus den Erfahrungen seiner täglichen Vermittlungsarbeit. Er ist für weitere Informationen und Tipps unter der Telefonnummer 05251-120232 zu erreichen.
Auch der Bundestagsabgeordneter Dr. Carsten Linnemann macht sich erhebliche Gedanken zum Thema „Erwerbsbeteiligung Älterer“. Er sieht hier eine zusehende Diskrepanz in den Aussagen über den Fachkräftemangel. Auf der einen Seite weist die Wirtschaft auf die immer größer werdende Fachkräftelücke hin. Andererseits wird es gerade für über 55-jährige erwerbslose Fachkräfte immer schwerer, auf dem Arbeitsmarkt noch Fuß zu fassen. So jedenfalls bekommt es Herr Linnemann von vielen älteren Arbeitslosen in seinen Sprechstunden wiedergespiegelt.
Ein wichtiger Grund dürfte laut Linnemann auch ein Informationsdefizit sein. So machen Arbeitgeber leider viel zu selten von den Möglichkeiten der Gesetzgebung Gebrauch: Erstens können neuangestellte und ehemals beschäftigte Arbeitnehmer, die über 52 Jahre alt sind, ohne Sachgrund bis zu 5 Jahre befristet beschäftigt werden. Zweitens gilt seit Juli des vergangenen Jahres die „Flexi-Rente“: Arbeitnehmer, deren Arbeitsvertrag aufgrund des Rentenalters automatisch endet, können im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber, befristet und wiederholt individuell, das Arbeitsverhältnis verlängern.
Das freiwillige längere Arbeiten liegt Linnemann besonders am Herzen. Es gelte einen Mentalitätswandel einzuleiten. Es müsse endlich Schluss sein mit der gesetzlich verordneten Vollbremsung in die Rente. Auch jenseits der 65 sind viele Menschen fit und voller Tatendrang. Leider seien auch hier die Möglichkeiten bei der Beschäftigung Älterer noch viel zu wenig bekannt. Viele Arbeitnehmer würden schlicht nicht wissen, dass sie zum Beispiel gut 8% mehr Rente im Jahr bekommen, wenn sie normal weiter arbeiten würden (Erklärung: Für jeden Monat, den sie später in Rente gehen, erhalten Sie Zulagen, so dass sich Ihre Rente um 0,5% im Monat (6% im Jahr) erhöht. Weil Sie auch weiter Rentenbeiträge entrichten, sammeln Sie zusätzlich Beitragspunkte. Ihre Rente erhöht sich durch beide Effekte etwa um 8% pro Jahr).
Linnemann berichtet ferner von der Koalitionsarbeitsgruppe, die derzeit in Berlin tagt. Dort steht u.a. die Frage im Fokus, wie man in Zukunft mit den Beiträgen zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung bei Arbeitnehmern im Rentenalter umgeht.
Förder- / Qualifizierungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer:
Eingliederungszuschuss (EGZ)
Arbeitgeber können zur Eingliederung von förderungsbedürftigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Gründe erschwert ist, einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt zum Ausgleich einer Minderleistungen erhalten (Eingliederungszuschuss). Die Förderung kann bis zu einer Höhe von 50 Prozent des regelmäßig gezahlten Arbeitsentgelts sowie des pauschalierten Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die Dauer von längstens zwölf Monaten als monatlicher Zuschuss geleistet werden. Für ältere, behinderte sowie schwerbehinderte Menschen kann der Leistungsumfang erweitert werden. Der Eingliederungszuschuss ist vor Arbeitsaufnahme bei der Agentur für Arbeit bzw. dem Jobcenter zu beantragen.
Programm WeGebAU (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter Älterer in Unternehmen)
Die Weiterbildung beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist grundsätzlich Aufgabe der Unternehmen und Beschäftigten selbst. Zur Unterstützung der Qualifizierungsförderung von Beschäftigten gibt es ein spezielles Programm. Zielgruppe des Programms sind geringqualifizierte Beschäftigte und Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen. Die Förderung soll dabei eine Anschubfinanzierung für die Weiterbildung insbesondere in kleineren und mittleren Unternehmen darstellen.
Gefördert werden können Personen, die von ihren Arbeitgebern für die Dauer einer Qualifizierung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts freigestellt werden. Der Arbeitnehmerin / dem Arbeitnehmer können die notwendigen Lehrgangskosten ganz oder teilweise erstattet werden. Darüber hinaus kann ein Zuschuss zu den zusätzlich entstehenden übrigen Weiterbildungskosten (z. B. Fahrkosten) gewährt werden. Bei Beschäftigten, die das 45. Lebensjahr vollendet haben, tragen die Agenturen für Arbeit bis zu 75% der Lehrgangskosten. Die verbleibenden Kosten sind vom Betrieb und/ oder der Arbeitnehmerin/ dem Arbeitnehmer zu tragen.
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten für die Förderung einen Bildungsgutschein. Damit können sie unter zugelassenen Weiterbildungsangeboten wählen. Arbeitgeber können für die berufliche Weiterbildung ihrer Arbeitnehmerin/ ihres Arbeitnehmers einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt erhalten, wenn eine ungelernte Beschäftigte/ ein ungelernter Beschäftigter im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses bei Fortzahlung des Arbeitsentgeltes einen anerkannten Berufsabschluss oder eine berufsanschlussfähige Teilqualifikation erwirbt und wegen der Teilnahme an der Maßnahme die Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht erbringen kann. Der Arbeitsentgeltzuschuss kann bis zur Höhe der weiterbildungsbedingt ausgefallenen Arbeitszeit erbracht werden.