Detmold. Am 15. Juni feierte die Arbeitsgemeinschaft Arbeit (AGA) gemeinsam mit dem Lippischen Kombi-Service (LKS) im Detmolder Sommertheater mit ca. 320 Gästen ihr 25-jähriges Bestehen. Zur Jubiläumsveranstaltung waren Freunde, Aktive und Förderer aus Gesellschaft, Wirtschaft und Politik geladen. Auch Armin Laschet, Mitglied des NRW-Landtages und ehemaliger Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration, war zu diesem Anlass nach Detmold gereist. Vor Ort diskutierten namhafte Experten über Probleme und Chancen zukünftiger Arbeitsmarktintegration. Ebenso wichtig ist aber die Frage, welche Rolle die AGA für das Leben der Mitarbeiter selbst spielt.
Seit 1987 schafft das Integrationsunternehmen AGA Arbeitsplätze für die Menschen in Lippe. Über 120 Mitarbeiter sind derzeit in den Bereichen Recycling, Industriemontagen und Umweltprojekte tätig. Die Belegschaft besteht mehrheitlich aus Langzeitarbeitslosen und Menschen mit psychischen oder körperlichen Handicaps. Dabei steht die AGA mit ihren Dienstleistungen im ganz normalen wirtschaftlichen Wettbewerb. Als gemeinnützige GmbH investiert die AGA sämtliche Einnahmen zurück ins Unternehmen, nur so lassen sich die Mitarbeiterstellen dauerhaft finanzieren.
Expertenrunde zum Thema Arbeitsmarktintegration
Bei der Feier in Detmold ging der Blick auch ganz bewusst in die Zukunft. In seinem Grußwort betonte Armin Laschet (MdL) das parteiübergreifende Engagement der Landespolitik zur Förderung von Integration und Inklusion. Er lobte den Kreis Lippe als Pionierregion in NRW, in der erstmals Integrationsfirmen aus der Bürgerschaft selbst entstanden seien. Thorsten Wagner, Chefredakteur von Radio Lippe, befragte auf dem Podium des Detmolder Sommertheaters namhafte Experten zum Thema „Arbeitsmarktintegration und -inklusion“. Es diskutierten Prof. Dr. Dr. Klaus Dörner, Mediziner und Sozialpsychiater, Prof. Dr. Gunther Olesch, Geschäftsführer von Phoenix Contact in Blomberg, Friedel Heuwinkel, Landrat im Kreis Lippe, Rainer Heller, Bürgermeister der Stadt Detmold, Dr. Fritz Baur, 1. Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Integrationsfirmen sowie Ulrich Adlhoch, Leiter des LWL-Integrationsamts Westfalen. Alle Teilnehmer sahen die weiteren Entwicklungschancen der Integrationsunternehmen positiv.
Auch AGA-Geschäftsführer Jens Fillies ist davon überzeugt, dass Integrationsunternehmen wie AGA und LKS auch in Zukunft das erfolgreichste und inklusivste Modell der Teilhabe am Arbeitsleben sein werden, „weil nur sie es verstehen, sowohl den Anforderungen von Menschen mit Handicaps – seelisch, körperlich und sozial – als auch den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes gerecht zu werden.“
Ehrungen für AGA-Mitarbeiter und Vereinsmitglieder
Zahlreiche Menschen haben das Integrationsunternehmen AGA in den vergangenen 25 Jahren zu dem gemacht, was es heute ist. Stellvertretend für alle AGA-Mitarbeiter und -Vereinsmitglieder würdigte AGA-Vereinsvorstand Dr. Lucas Heumann am 15. Juni fünf Personen für ihr großes Engagement: Silke Berghahn, AGA-Betriebsbereich Industriemontagen, seit 1.8.1988 bei der AGA beschäftigt und damit dienstälteste Mitarbeiterin, Monika Dämmrich, AGA-Betriebsbereich Industriemontagen, seit 18.7.1989 bei der AGA beschäftigt, Herbert Rentsch, AGA-Betriebsbereich Recyclinghof, seit 4.9.1989 bei der AGA beschäftigt, Hermann Hibbeler, AGA-Gründungs-(Vorstandsmitglied) des e. V. seit dem 19.11.1987 sowie Heinrich-Wilhelm Wehrmann, AGA-Vereinsmitglied seit 1992, Vorstandsmitglied seit November 1993, Architekt wesentlicher Umbaumaßnahmen auf dem Orbker Hof.
Für die musikalische Untermalung während der Jubiläumsfeier sorgte das „Blue Moon Quartett“. Im Anschluss an die Festveranstaltung führte die Theatergruppe Sycorax e.V. aus Münster das Stück „Ich bin vergessene Weiten“ auf.
Viel Engagement für die Kunden
Unterstützung von politischer Seite findet die AGA von Persönlichkeiten wie dem Landrat Friedel Heuwinkel: „Die AGA ist eine vorbildliche Einrichtung in Lippe, die Menschen in Arbeit bringt. Auch wir als Kreisverwaltung arbeiten in unterschiedlichen Umweltprojekten sehr eng und gut zusammen.“ Auch von ihren langjährigen Kunden wird die Arbeit der AGA hoch geschätzt: Lars Helmer von der Tönsmeier Entsorgung OWL GmbH & Co. KG, Porta Westfalica, lobt die Kooperation im Bereich Recycling: „Mit der AGA aus Detmold verbinden wir, also die Unternehmen Tönsmeier und Schlotthauer hier in Lippe, eine jahrelange und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Wir bedanken uns an dieser Stelle ganz herzlich bei der Geschäftsführung und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der AGA und gratulieren zu dem Jubiläum.“
Auch Detlef Lemke aus der Abteilung Strategisches Marketing im Corporate Purchase von Phoenix Contact, Blomberg, äußert sich sehr zufrieden: „Wir als Phoenix Contact tragen auch Verantwortung für die Region. Am Unternehmen AGA schätzen wir die hohe Flexibilität und das Engagement. Das sind für uns wichtige Faktoren einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit.“
Für die AGA-Belegschaft bedeuten solche positiven Rückmeldungen Bestätigung und Antrieb zugleich. Der Geschäftsführer Jens Fillies weiß allerdings, dass die AGA sich dieses Vertrauen auch in den nächsten Jahren durch gute Leistung verdienen muss: „Wir arbeiten hier in der freien Wirtschaft und müssen uns daher immer wieder selbst auf den Prüfstand stellen. Auch wenn ein Unternehmen wie Phönix Contact bekannt dafür ist, sich sozial zu engagieren, können wir uns keinen Schlendrian erlauben. Qualität für uns ein enorm wichtiger Aspekt. Unsere Arbeit und die Produkte für die Kunden müssen immer perfekt sein.“
Arbeit gibt Selbstbestätigung
Monika Dämmrich, eine der dienstältesten Beschäftigten der AGA, ist bereits seit 1989 in der Industriemontage tätig. Sie klebt dort mit ihren 40 Kollegen Etiketten, konfektioniert Kabel für Schaltschränke, baut Gehäuse zusammen – zumeist für den international tätigen Elektrotechnik-Konzern Phönix Contact mit Hauptsitz in Blomberg. „Ich möchte auch für meine Selbstbestätigung arbeiten“, sagt sie. „Der Druck ist hier anders als ich das aus meinem früheren Job kannte. Wir müssen zwar auch unsere Leistung bringen, aber wir wissen genau, dass wir das auch schaffen.“
Auch Wolfgang Schneider ist bereits 1989 zur AGA gekommen. Er arbeitet bei der Sperrmüllannahme auf dem Recyclinghof: „Das Besondere an der AGA ist, dass alle hier auf dem Hof so verschieden sind. Und dass alle ihr kleines Wehwehchen haben – und selbst die Gesunden haben ja immer ihre kleine Ecke. Damit muss man leben und das macht das Arbeiten eben auch spannend.“
Renate Böger wurde Ende 1995 eingestellt und ist im Bereich Industriemontagen beschäftigt. Die persönliche Betreuung der Mitarbeiter bei der AGA gibt ihr Sicherheit: „Wenn ich weiß, was ich den Tag über machen muss, versuche ich das zu schaffen. Manchmal fühlt man sich nicht so gut, dann klappt das nicht so. Dann kann man sich an den Chef wenden und sagen ‚Heute geht es mir nicht gut‘. Dann lässt man es eben ein bisschen lockerer angehen. Am nächsten Tag versucht man, es wieder aufzuholen, wenn es einem besser geht.“
Seit November 2011 gehört Ralf Bartkuhn mit zum Team des AGA-Umweltprojekts „Wasser im Fluss“, bei dem Fließgewässer und Auen in Lippe renaturiert werden: „Das mach ich am liebsten, so richtig reinhauen mit Spaten, mit Schaufel – das brauche ich. Ich war schon mal hier, da haben wir den Bach mit Schaufel, mit Spaten und mit Pickhacke selber gemacht. Der Bagger kam nicht rein in den Wald. Und als zum Schluss alles fertig war, waren wir richtig stolz darauf. Da haben wir ein großes Lob gekriegt von den Vorarbeitern und von den Chefs für das, was wir geschafft haben.“
Klaus-Dieter Weiß, Zerleger und Beifahrer Recyclinghof, kam Anfang 2012 zum AGA-Team: „Ich bin froh, dass ich durch die Arbeitsgemeinschaft Arbeit hier in Detmold wieder eine Beschäftigung gefunden habe und selbständig Geld verdiene.“
Die Bedeutung seiner Arbeit ist auch Heinz Kerner bewusst. Er ist seit 1996 bei der AGA tätig und baut Gehäuse in der Industriemontage zusammen. Hier hat er seinen Platz gefunden. „Ich habe eine Lehre im Gartenbau angefangen, aber kurz vor Schluss abgebrochen. Danach habe ich im Lager gearbeitet, bin aber nie so richtig zurechtgekommen“, erzählt er. „Das liegt, wie mir heute klar ist, an meiner Krankheit.“ Auf dem Arbeitsmarkt sah er für sich keine Chance mehr: „Ich war wirklich verzweifelt“. Bis er über den Integrationsfachdienst Detmold von der AGA hörte. Er machte ein Praktikum, bekam dann einen festen Vertrag. Und er ist zufrieden mit dem Job, den Kollegen und auch den Chefs, wie er lächelnd sagt: „Hier komme ich gern zur Arbeit.“