Berlin (dapd). Nach dem umstrittenen Kölner Gerichtsurteil zu Beschneidungen haben jüdische Organisationen für den 9. September in Berlin zu einer Kundgebung für Toleranz und ein friedliches Miteinander aufgerufen. „Wir sind entsetzt über eine von Vorurteilen und diffusen Ängsten geprägte Diskussion, die teils hysterische Züge annimmt und antisemitische und antiislamische Stereotypen bemüht“, hieß es in einer am Dienstag verbreiteten Erklärung. Das Gericht hatte die Beschneidung von Jungen als strafbare Körperverletzung gewertet. Für Juden und Muslime sei es ein „äußerst unerfreulicher Zustand“, dass Beschneidungen nun der Ruch des Illegalen oder der Menschenrechtsverletzung anhafte. „Wir fordern Respekt für unsere kulturellen und religiösen Traditionen“, betonten die Initiatoren. Sie wehrten sich dagegen, „kriminalisiert oder als archaisch und blutrünstig hingestellt zu werden“. Zudem müsse umgehend Rechtssicherheit geschaffen werden. Ohne grundsätzliche Legalität der Beschneidung von Jungen sei „in Deutschland kein jüdisches Leben möglich, kein muslimisches Leben und kein interkulturelles Miteinander“. Unterstützt wird der Aufruf des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus unter dem Motto „Auf Messers Schneide: Religionsfreiheit“ unter anderen von Berlins Jüdischer Gemeinde, dem American Jewish Committee, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. dapd (Politik/Politik)
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Umfrage: Genug Geld für Deutsche wichtiger als heile Umwelt
Hamburg (dapd). Für die Bundesbürger ist ein sicheres Einkommen wichtiger als Gesundheit, eine heile Umwelt oder Freiheit. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos unter 2.000 Männern und Frauen. Demnach sagten 71 Prozent der Befragten, „keine finanziellen Sorgen zu haben“, sei wichtig für ihr Wohlstandsgefühl. 65 Prozent wünschten sich ein sicheres Einkommen und 62 Prozent einen sicheren Arbeitsplatz. Dagegen sagten nur 23 Prozent, Wohlstand bedeute für sie, in einer Welt mit heiler Natur zu leben. 33 Prozent halten es für Wohlstand, seine Meinung frei äußern zu können. Und 53 Prozent nannten, „sich gesund zu fühlen“. Ipsos stellte am Dienstag in Hamburg eine neue Methode vor, um den Wohlstand einer Gesellschaft zu messen, den sogenannten Nationalen Wohlstandsindikator Deutschland. In Zukunft will das drittgrößte deutsche Marktforschungsunternehmen diesen Zufriedenheitsindex regelmäßig erheben. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Altmaier geht der Ausbau des Ökostroms zu schnell
Berlin (dapd). Unmittelbar vor dem Energiegipfel im Kanzleramt rät Umweltminister Peter Altmaier (CDU) von einem zu raschen Ausbau des Ökostroms ab. Werde das jetzige Tempo beibehalten, stiegen die Stromkosten für die Verbraucher und es komme zu einer Überlastung der Netze, warnte der Bundesumweltminister. Sein Kabinettskollege, Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), mahnte, die Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen müsse bezahlbar bleiben. Einen Sozialausgleich für einkommensschwache Haushalte forderten Linke und Gewerkschafter. Für den Nachmittag hatte Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) Vertreter von Arbeitgebern und Gewerkschaften zu einem Treffen eingeladen, um über die Kosten der Energiewende zu diskutieren. Zu den Teilnehmern des Energiegipfels gehören auch Altmaier und Rösler. Die Regierung will bis 2020 insgesamt 35 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugen. Derzeit liegt der Anteil mit 25 Prozent allerdings deutlich über Plan. „Das Ausbautempo muss wieder zu unseren Ausbauzielen passen“, sagte der Altmaier der „Financial Times Deutschland“. Das schnelle Ausbautempo führe „zu Kostenbelastungen für die Stromverbraucher, aber auch zu einer Überlastung des Netzes und Problemen bei der Versorgungssicherheit, wenn konventionelle Kraftwerke zu schnell vom Markt gedrängt werden“, sagte der Bundesumweltminister. Teile der Industrie verlangen bereits eine Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, das den Ökostromausbau mit garantierten Vergütungen fördert. Bundeswirtschaftsminister Rösler fordert noch in dieser Legislaturperiode eine Reform des Gesetzes auf einer marktwirtschaftlichen Grundlage. Preise würden derzeit nach einem „eher planwirtschaftlichen System“ vom Gesetzgeber festgelegt, sagte der FDP-Chef im ARD-„Morgenmagazin“. Die drohende Preissteigerung bei Strom ruft auch Linke und Gewerkschaften auf den Plan. Die Linkspartei forderte einen „Energiebonus“ für alle Haushalte. Dabei soll jede Person pro Jahr und pro Kopf im Durchschnitt 1.000 Kilowattstunden kostenlos bekommen. Ein höherer Verbrauch solle dafür viel stärker als bisher versteuert werden. „Wer keinen Zugang zu elektrischer Energie hat, kann auch nicht am sozialen Leben teilnehmen“, sagte Linke-Chefin Katja Kipping der „Welt“. Das Vorstandsmitglied der Gewerkschaft ver.di, Erhard Ott, verlangte einen Sozialausgleich für steigende Strompreise. „Angesichts der höheren Investitionen, die den Unternehmen entstehen, rechnen wir mit einer Erhöhung der Strompreise“, sagte Ott der „Rheinischen Post“. Seine Forderung: „Um noch höhere Belastungen für Menschen mit sehr geringen Einkommen zu vermeiden, ist es deshalb notwendig, mindestens eine Erhöhung der Sozialleistungen vorzunehmen.“ Der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, sagte, die Energiewende dürfe nicht zu einem Verteilungskampf werden. „Die energieintensive Industrie muss entlastet werden, damit Unternehmen und Arbeitsplätze nicht ins Ausland abwandern“, sagte Homann der „Passauer Neuen Presse“. Auch Homann plädierte dafür, den Ökostrom-Ausbau stärker zu drosseln. Auch der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) will an der Entlastung für Industrien, die besonders viel Strom verbrauchen, festhalten. „Dafür lasse ich mich notfalls verhauen“, sagt Duin der „Neuen Westfälischen Zeitung“. Allerdings sei der Kreis derer, die beim Strom subventioniert werden, inzwischen zu weit gezogen. Begünstigt werden dürften nur jene 600 Unternehmen, die tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen. Der Ökonom Justus Haucap kritisierte die Bundesregierung für ihren Umgang mit der Energiewende scharf. Es gebe weder eine zentrale Planwirtschaft noch werde ein marktwirtschaftlicher Ansatz verfolgt, schrieb das Mitglied der Monopolkommission in einem Gastkommentar für die „Financial Times Deutschland“. „Stattdessen wird das Modell einer ‚dezentralen Planwirtschaft‘ verfolgt: Kommunen, Bundesländer, der Bund und die Europäische Union schmieden weitgehend unabhängig voneinander und auch von den eigentlich Betroffenen Pläne, ohne sich zu koordinieren“, kritisierte der Professor für Wettbewerbsökonomie. dapd (Politik/Politik)
Geibert fordert Mentalitätswechsel bei Verfassungsschützern
Erfurt (dapd). Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) hat vor einem Arbeitstreffen der Ressortchefs der Länder Reformen bei den Verfassungsschutzbehörden angemahnt. Wichtig sei, dass der notwendige Mentalitätswechsel weg von der Geheimniskrämerei hin zum Informationsaustausch bei den Verfassungsschutzbehörden von allen akzeptiert und umgesetzt werde, sagte Geibert der Nachrichtenagentur dapd. Zugleich forderte er, den Verfassungsschutz neu ausrichten. Ziel müsse dabei die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage sowie die Einführung gemeinsamer Datenbanken sein. Dabei komme es auch darauf an, die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes zu stärken. „Ein leistungsfähiger Verfassungsschutz muss in der Mitte der Gesellschaft stehen“, sagte der CDU-Politiker. Einmal mehr plädierte Geibert dafür, V-Leute künftig nur noch vom Bundesverfassungsschutz führen zu lassen. Eines der wesentlichen Probleme im Miteinander der Verfassungsschutzbehörden bestehe darin, dass insgesamt 18 Dienststellen V-Leute führten. Da auch Verwaltungsvorschriften und -absprachen die Probleme nicht beseitigt hätten, reiche es nicht, das Regelwerk weiter zu präzisieren. Mit Blick auf das NPD-Verbotsverfahren sagte der Minister weiter, dass der Freistaat seine Zuarbeit abstimmungsgemäß geliefert habe. Nach der Tagung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe am Dienstag (28. August) sei „eventuell eine erste Einschätzung zu den Erfolgsaussichten möglich“. Erneut bekräftigte Geibert, dass Thüringen das feste Ziel habe, „alles dazu beizutragen, dass ein erfolgreicher Verbotsantrag gestellt werden kann“. Besondere Erwartungen bestünden zudem an die Zuarbeit des Bundes, vor allem an weitere Erkenntnisse aus den Ermittlungen gegen NSU-Mitglieder. Auch warnte Geibert vor einer Verzögerung der geplanten Reform der Sicherheitsbehörden. Das Einstimmigkeitserfordernis der Innenministerkonferenz dürfe nicht dazu führen, dass wegen Einzelinteressen Reformen verschleppt oder gar verhindert würden, sagte er. Allerdings habe sich die Konferenz immer in der Lage gezeigt, geeignete Kompromisse zu finden. Thüringen habe jedenfalls die Absicht, einen deutlichen Beitrag dazu zu leisten. dapd (Politik/Politik)
Hessen-FDP stützt Dobrindt
Düsseldorf (dapd). Der Vorsitzende der hessischen FDP, Jörg-Uwe Hahn, hat die verbalen Attacken von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt gegen Griechenland verteidigt und zugleich scharfe Kritik an der Euro-Strategie von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geäußert. „Auch wenn CSU-Generalsekretär Dobrindt sich sehr plastisch ausdrückt, steckt hinter seinen Aussagen die Angst um die Stabilität des Euro“, sagte Hahn Handelsblatt Online. Wenn die Europäische Zentralbank (EZB) etwa Anleihen von schwächelnden Euro-Staaten aufkaufe, mache sie die Schulden unserer europäischen Partner direkt zu unseren Schulden. Als geradezu lächerlich bezeichnete es Hahn, wenn CDU-Politiker, wie der Europaabgeordnete Elmar Brok, die geplanten Anleihekäufe der EZB mit ihrer Unabhängigkeit begründeten. Genau das Gegenteil sei der Fall. „Hier soll eine rote Linie überschritten werden, die Bundesbankchef Weidmann zu Recht versucht zu verteidigen“, unterstrich Hahn. Scharfe Kritik äußerte der FDP-Politiker an der Kanzlerin. „Frau Merkel schafft es nicht, bei der Bekämpfung der Euro-Krise einen klaren Kurs vorzugeben“, sagte Hahn. „Das kann auch daran liegen, dass es einem schwer fällt, ihrem Schlingerkurs zu folgen.“ dapd (Politik/Politik)
Linksparteichef fordert Wort Gaucks zu Ostrenten
Berlin (dapd). Linksparteichef Bernd Riexinger hat Bundespräsident Joachim Gauck aufgefordert, am 3. Oktober ein mahnendes Wort zu den Ostrenten zu sprechen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe „2009 versprochen, dass die Renteneinheit bis 2013 kommt“, sagte er der „Berliner Zeitung“ (Dienstagausgabe). „Seitdem ist nichts passiert. Die Ostrentenangleichung ist das meistgebrochene Wahlversprechen seit der Wiedervereinigung.“ Riexinger fuhr fort: „Der Einheitsfeiertag steht vor der Tür. Wir werden viele Reden hören. Ich erwarte ein mahnendes Wort des Bundespräsidenten. Die Einheitsfeiern wären ein guter Anlass, um mit der Autorität des Bundespräsidenten für die Renteneinheit zu werben.“ Geschehe nichts, gehe die Linke vor der Bundestagswahl 2013 notfalls „von Tür zu Tür“ und erkläre den Menschen, „wer ihre Rente drückt“. dapd (Politik/Politik)
Altmaier bremst beim Ökostromausbau
Hamburg (dapd). Umweltminister Peter Altmaier (CDU) will das Tempo des Ökostromausbaus drosseln. „Wir werden unsere Ausbauziele nach heutigem Stand erheblich übertreffen“, sagte Altmaier der „Financial Times Deutschland“ (Dienstagausgabe). „Wenn wir das jetzige Tempo beibehalten, hätten wir schon bald einen Stromüberfluss, der abgeregelt werden müsste.“ Die Regierung hatte sich vorgenommen, bis 2020 insgesamt 35 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Momentan liegt der Anteil mit 25 Prozent allerdings deutlich über Plan. „Das Ausbautempo muss wieder zu unseren Ausbauzielen passen“, sagte der Minister. Das schnelle Ausbautempo führe „zu Kostenbelastungen für die Stromverbraucher, aber auch zu einer Überlastung des Netzes und Problemen bei der Versorgungssicherheit, wenn konventionelle Kraftwerke zu schnell vom Markt gedrängt werden“, sagte Altmaier. Damit reagiert der CDU-Politiker auf die anschwellende Kritik an den Kosten der Energiewende. Teile der Industrie fordern bereits eine Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), das den Ökostromausbau mit garantierten Vergütungen fördert. dapd (Politik/Politik)
Nord-CDU verordnet sich einen Neuanfang
Neumünster (dapd-nrd). Die CDU in Schleswig-Holstein hat sich eine innerparteiliche Selbsterneuerung verordnet. Auf einem kleinen Parteitag am Montagabend debattierte die Partei vor knapp 100 Delegierten in Neumünster über die Niederlage bei den Landtagswahlen am 6. Mai. Der Landesvorsitzende Jost de Jager räumte selbstkritisch ein, dass ihm im Wahlkampf als Spitzenkandidat sechs Monate Zeit gefehlt hätten. Bei drei Gegenstimmen und drei Enthaltungen wurde eine schonungslose Bestandsaufnahme durch den Landesvorstand beschlossen. Zu der elf Punkte umfassenden Analyse stellte de Jager fest, dass bei 30,8 Prozent der Stimmen die CDU als Volkspartei an Bindungskraft im Land verloren habe. Er plädierte dafür, parteiintern wieder stärker zu einem Mannschaftsspiel zurückzufinden. „Führung einer Volkspartei ist keine One-Man-Show“, appellierte er an einen neuen Teamgeist. De Jager forderte, dass seine Partei wieder mehr in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten müsse. Seiner Landtagsfraktion gab er in der neuen Oppositionsrolle mit auf den Weg, stets einen Gegenentwurf zur Politik der Landesregierung parat zu haben, denn die CDU müsse die Meinungshoheit im Land behalten. In der Analyse der Landesparteispitze heißt es, dass die CDU im Landtagswahlkampf inhaltlich und thematisch nicht mehr breit genug aufgestellt war. Die Kritik am eigenen Erscheinungsbild im Wahlkampf umfasste dabei die Felder Soziales, Umwelt, Kultur und Bildung. Der haushaltspolitische Experte der Union, Tobias Koch, gestand ein, dass es ein Fehler gewesen sei, die FDP so frühzeitig fallen gelassen zu haben und ohne eine Koalitionsaussage in die Wahl gegangen zu sein. Der frühere CDU-Wirtschaftsminister Dietrich Austermann betonte, dass das Stimmungsbarometer der Union nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern bundesweit nicht mehr so gut aussehe. Er monierte, dass inzwischen intern von oben nach unten und nicht mehr von unten nach oben diskutiert werde. De Jager wiederholte seine kürzlich gemachte Aussage, am 24. November erneut beim Landesparteitag als Landesvorsitzender kandidieren zu wollen. Als Reaktion erhielt er minutenlangen Applaus der Delegierten. dapd (Politik/Politik)
Schärfere Kontrollen bei Organspenden
Berlin (dapd). Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will die Kontrolle und die Aufsicht bei der Vergabe von Spenderorganen verbessern. Die zuständigen Stellen von Bund und Ländern würden personell so ausgestattet, dass sie diese Aufgabe wahrnehmen könnten, sagte Bahr am Montag nach einem Spitzengespräch zu Konsequenzen aus dem Organspendeskandal an den Universitätskliniken Regensburg und Göttingen. Die Opposition geißelte die Vorschläge als „pure Kosmetik“. Auch die Krankenkassen hätten sich mehr gewünscht. An dem Spitzengespräch nahmen Vertreter von Bund und Ländern, Ärzten, Kassen und Krankenhäusern sowie der für Organspende und Transplantation zuständigen Einrichtungen teil. In Göttingen und Regensburg soll ein Oberarzt Krankenakten manipuliert haben, um Patienten auf der Warteliste für Spenderorgane vorne zu platzieren. Bereits seit 1. August seien mit dem reformierten Transplantationsgesetz stichprobenartige unangemeldete Prüfungen möglich. Das werde „sicherlich dazu beitragen, dass Kontrolle und Aufsicht besser werden“, sagte Bahr. Die Entscheidung über die Vergabe von Organen solle weiterhin in erster Linie „nach medizinischen Gesichtspunkten“ erfolgen. Eine Übernahme dieser Entscheidung durch eine staatliche Stelle lehnt Bahr ab. Wichtig sei deshalb, dass die Abläufe der Transplantation auch beim umstrittenen beschleunigten Verfahren nachvollziehbar dokumentiert werden müssen, betonte Bahr. Die Ergebnisse seien dann jeweils der Transplantationskonferenz bekanntzugeben. Das Verfahren soll eigentlich nur für Organe älterer oder kranker Spender angewendet werden, für die es nur wenige geeignete Empfänger gibt. Es räumt Kliniken jedoch auch die Möglichkeit ein, Herz, Niere oder Leber abseits der Reihenfolge auf den Wartelisten zu vergeben. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, betonte, dass das Kontrollsystem auch jetzt schon sehr gut arbeite. Zwischen 2000 und 2011 seien 50.739 Organtransplantationen an Eurotransplant gemeldet worden und dabei nur 119 Auffälligkeiten verzeichnet worden. In 31 Fällen seien Verstöße unterschiedlichen Schweregrades festgestellt, davon seien nur 21 Verstöße der Justiz zugeleitet worden. Der Obmann der Grünen im Gesundheitsausschuss, Harald Terpe, nannte Bahrs Pläne indes „pure Kosmetik“. Sie verfolgten vor allem das Ziel, „das bestehende System ohne Strukturveränderungen durch die Krise zu retten“, kritisierte er. Bahr habe „kein Interesse, die Ursachen der jüngsten Skandale zu ermitteln und daraus Konsequenzen zu ziehen“. Verloren gegangenes Vertrauen könnten nur umfassende Strukturreformen wiederbringen. Er bekräftigte zudem seine Forderung, die staatliche Kontrolle auszubauen. Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Martina Bunge, verlangte mehr öffentliche Kontrolle. Seit Jahren gebe es „heftige Kritik an den beteiligten Institutionen“. Die große Zahl der Fälle zeige, dass es sich nicht nur um Einzelfälle handele, sagte sie. Die Entscheidungen über die Vergabe, Organisation und Verwaltung der Organspende müssten deshalb der öffentlichen Kontrolle unterliegen, forderte sie. Für Dienstag hat Bahr die Fraktionschefs aller fünf im Bundestag vertretenen Parteien eingeladen, um über die Vorschläge zu beraten. Der Bundestag hatte bereits im Mai fraktionsübergreifend eine Änderung des Transplantationsgesetzes beschlossen. Die Krankenkassen könnten sich im Gegensatz zu Bahr darüber hinaus auch vorstellen, den Gemeinsamen Bundesausschuss – das Gremium, das über die Preise von Medikamenten entscheidet – mit der Prüfung zu beauftragen. Zudem sollte die Zahl der Transplantationszentren hinterfragt werden, forderte der stellvertretende Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg. Der Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum, lehnt dies dagegen entschieden ab. Bei 82 Millionen Bundesbürgern müsse die jetzige Zahl der Transplationszentren auf jeden Fall erhalten bleiben, betonte er. Es wäre den Patienten nicht zumutbar, für eine Organspende die ganze Republik zu durchreisen. dapd (Politik/Politik)
Bahr will Kontrollen bei Organspenden verschärfen
Berlin (dapd). Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will die Kontrolle und die Aufsicht bei der Vergabe von Spenderorganen verbessern. Die zuständigen Stellen von Bund und Ländern würden personell so ausgestattet, dass sie diese Aufgabe wahrnehmen könnten, sagte Bahr am Montag nach einem Spitzengespräch zu Konsequenzen aus dem Organspendeskandal an den Universitätskliniken Regensburg und Göttingen. Zudem sollen künftig Sonderkontrolleure in den Kliniken eingesetzt werden. Die Opposition geißelte die Vorschläge als „pure Kosmetik“. Bereits seit 1. August seien mit dem reformierten Transplantationsgesetz stichprobenartige unangemeldete Prüfungen möglich. Das werde „sicherlich dazu beitragen, dass Kontrolle und Aufsicht besser werden“, sagte Bahr. Die Entscheidung über die Vergabe von Organen solle weiterhin in erster Linie „nach medizinischen Gesichtspunkten“ erfolgen. Eine Übernahme dieser Entscheidung durch eine staatliche Stelle lehnt Bahr ab. An dem Spitzengespräch nahmen Vertreter von Bund und Ländern, Ärzten, Kassen und Krankenhäusern sowie der für Organspende und Transplantation zuständigen Einrichtungen teil. In Göttingen und Regensburg soll ein Oberarzt Krankenakten manipuliert haben, um Patienten auf der Warteliste für Spenderorgane ganz vorn zu platzieren. Wichtig sei zudem, dass die Abläufe der Transplantation auch beim umstrittenen beschleunigten Verfahren nachvollziehbar dokumentiert werden müssen, betonte Bahr. Die Ergebnisse seien dann jeweils der Transplantationskonferenz bekanntzugeben. Das Verfahren soll eigentlich nur für Organe älterer oder kranker Spender angewendet werden, für die es nur wenige geeignete Empfänger gibt. Es räumt Kliniken jedoch auch die Möglichkeit ein, Herz, Niere oder Leber abseits der Reihenfolge auf den Wartelisten zu vergeben. Der Obmann der Grünen im Gesundheitsausschuss, Harald Terpe, nannte die Pläne „pure Kosmetik“. Sie verfolgten vor allem das Ziel, „das bestehende System ohne Strukturveränderungen durch die Krise zu retten“, kritisierte er. Bahr habe „kein Interesse, die Ursachen der jüngsten Skandale zu ermitteln und daraus Konsequenzen zu ziehen“. Verloren gegangenes Vertrauen könnten nur umfassende Strukturreformen wiederbringen. Er bekräftigte zudem seine Forderung, die staatliche Kontrolle über das Transplantationswesen auszubauen. Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Martina Bunge, verlangte mehr öffentliche Kontrolle. Seit Jahren gebe es „heftige Kritik an den beteiligten Institutionen“. Die große Zahl der Fälle zeige, dass es sich nicht nur um Einzelfälle handele, sagte sie. Die Entscheidungen über die Vergabe, Organisation und Verwaltung der Organspende müssten deshalb der öffentlichen Kontrolle unterliegen, forderte sie. Für Dienstag hat Bahr die Fraktionschefs aller fünf im Bundestag vertretenen Parteien eingeladen, um über die Vorschläge zu beraten. Der Bundestag hatte bereits im Mai fraktionsübergreifend eine Änderung des Transplantationsgesetzes beschlossen. dapd (Politik/Politik)