Europäische Zentralbank könnte den Leitzins senken

Europäische Zentralbank könnte den Leitzins senken Frankfurt/Main (dapd). Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte am Donnerstag (5. Juli, 13.45 Uhr) die Leitzinsen auf den niedrigsten Stand in ihrer Geschichte senken. Bislang können sich Banken zu einem Zins von 1,0 Prozent Geld von der EZB leihen, nun könnte er nach den Prognosen vieler Banken-Volkswirte auf 0,75 oder gar 0,5 Prozent fallen. Eine Zinssenkung wäre aus Sicht von Experten ein Versuch, die Eurokrise zu entschärfen, angeschlagene Banken mit Geld zu versorgen und den Krisenländern billigere Kredite zu verschaffen. Allerdings sind sie uneins darüber, ob eine Zinssenkung schadet oder ein wichtiges Signal ist. Für Deutschland sei eine weitere Zinssenkung „sogar gefährlich“, sagte der Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Ferdinand Fichtner am Mittwoch. In manchen Bereichen der deutschen Wirtschaft beobachte das DIW bereits Überhitzungserscheinungen. So sei die Konjunktur in der Bauwirtschaft so gut, dass man sich aus deutscher Sicht Gedanken über zu niedrige Leitzinsen machen müsse. „Für Deutschland ist es sicher nicht das richtige Rezept, die Zinsen zu senken“, sagte er. Torsten Schmidt, Experte für Geldpolitik am Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), würde sich über eine Leitzinssenkung angesichts der Wirtschaftslage im Euroraum nicht wundern. „Ich denke, das ist das übliche Geschäft.“ Die Inflationserwartung sei niedrig, die Arbeitslosigkeit hoch, außerdem werde die Wirtschaft in der Währungsunion wohl stagnieren. Da sei es ein übliches Mittel, die Zinsen zu senken. „Bei der Leitzinssenkung geht es um die Signalwirkung“, erklärt Henning Vöpel vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI). „Die EZB will zeigen, dass die Geldpolitik ihren Teil zur Stabilisierung des Euroraums beiträgt.“ Die niedrigen Leitzinsen sollten einen Vermögensverfall in der Krise vermeiden. Sie stützen demnach die Immobilienmärkte, die Nachfrage nach Staatsanleihen und den Aktienmarkt. Mittlerweile seien die Erwartungen der Märkte so hoch, dass ein Ausbleiben der Zinssenkung zu fallenden Kursen führen würde. Zugleich würden die Banken profitieren, weil sie günstiger an Geld kämen und so ihre Zinsmarge erhöhen könnten. Höhere Gewinne der Banken stärken wiederum ihr Eigenkapital, das durch abgeschriebene Kredite dezimiert wird, zugleich aber im Rahmen der Bankenrichtlinie Basel 3 höhere Anforderungen erfüllen muss. Allerdings bewirkt die Krise nach Ansicht des RWI-Experten Schmidt, dass niedrigere Kreditkosten kaum die Wirtschaft ankurbeln werden. „In der Realwirtschaft ist die Unsicherheit so groß, dass eine Zinssenkung um einen Viertelprozentpunkt keinen Investitionsboom auslösen wird.“ Auch das DIW geht nicht davon aus, dass die EZB mit der Zinssenkung die Konjunktur maßgeblich stimulieren kann. In Euro-Krisenländern würden nun Wirtschaftsbereiche abgebaut, die nur durch internationale Kredite überlebt hätten, sagte Fichtner. „Daran kann auch eine Politik des billigen Geldes der EZB nichts ändern.“ dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Mehrheit lehnt Bundesstaat Europa ab

Mehrheit lehnt Bundesstaat Europa ab Hamburg (dapd). Ein Großteil der Bundesbürger lehnt die Weiterentwicklung der Europäischen Union zu einem Bundesstaat ab. In einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Magazins „Stern“ sagten 74 Prozent Nein zu Vereinigten Staaten von Europa nach dem Vorbild der USA. Nur 22 Prozent der Befragten könnten sich dies vorstellen. Ebenfalls sind 63 Prozent gegen den Vorschlag vom Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), einen vom Volk gewählten EU-Präsidenten zu installieren. Nur 33 Prozent sind dafür. 59 Prozent sind dagegen, das Haushaltsrecht des Bundestages an europäische Instanzen abzutreten, 36 Prozent treten dafür ein. Einen europäischen Finanzminister, der einzelnen EU-Staaten Weisungen erteilen könnte, finden 48 Prozent falsch und 47 Prozent richtig. Euro-Bonds, also gemeinsame Staatsanleihen der Euro-Staaten, lehnen 73 Prozent ab. Nur 17 Prozent sähen dies als einen Weg aus der Euro-Krise. Insgesamt finden die Bundesbürger die bisherige Entwicklung der EU positiv. Jeder zweite der Befragten (54 Prozent) glaubt, dass die EU den Deutschen eher genutzt hat. Ebenfalls 54 Prozent sehen die Einführung des Euro als richtige Entscheidung ein. Forsa befragte im Auftrag des „Stern“ 1.004 Bundesbürger am 27. und 28. Juni. dapd (Politik/Politik)

Ehemaliger Envio-Geschäftsführer weist Vorwürfe zurück

Ehemaliger Envio-Geschäftsführer weist Vorwürfe zurück Dortmund (dapd). Im Prozess um den PCB-Skandal bei der Dortmunder Entsorgungsfirma Envio hat der frühere Geschäftsführer den Vorwurf der Körperverletzung in einer Vielzahl der 51 angeklagten Fälle zurückgewiesen. Die Klärung der Vorwürfe dürfte sich in der Tat schwierig gestalten. Ein Gutachter sagte am Mittwoch vor dem Dortmunder Landgericht, es sei nicht eindeutig feststellbar, welche Erkrankungen von Mitarbeitern tatsächlich auf die PCB-Belastung in dem Betrieb zurückzuführen seien. Der frühere Envio-Betriebsleiter hatte zum Auftakt des Verhandlungstags eine Erklärung verlesen lassen, worin er monierte, die Überschreitung bestimmter PCB-Belastungsgrenzwerte im Körper dürfe nicht automatisch als Körperverletzung gewertet werden. „Es gibt keine Dosis-Wirkung-Beziehung“, sagte anschließend der Leiter des Instituts für Hygiene und Arbeitsmedizin der Universität Duisburg-Essen, Albert Rettenmeier. Er betonte zwar, dass das Risiko für eine Krankheit bei denjenigen höher sei, die stärker belastet seien. Es sei aber nicht möglich zu sagen, wie hoch die Belastung sein müsse, um eine Krankheit auszulösen. Zugleich sagte Rettenmeier, ihm sei es nicht möglich gewesen, sich aus den ihm vorliegenden Unterlagen ein genaues Bild über die betroffenen Envio-Mitarbeiter zu machen. Wichtig könnten etwa mögliche Vorerkrankungen sowie der Lebensstil der einzelnen Mitarbeiter sein. Das Gericht will Rettenmeier daher nun die Möglichkeit geben, Betroffene selbst zu untersuchen. Dadurch könnte sich das Verfahren noch über Monate hinziehen. In dem Prozess sitzen insgesamt vier frühere Envio-Verantwortliche auf der Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, aus Profitdenken vorsätzlich behördliche Vorgaben verletzt und damit billigend in Kauf genommen zu haben, dass Beschäftigte mit PCB belastet worden seien. PCB ist hochgiftig und steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Außerdem kann es unter anderem zu Hautveränderungen wie der sogenannten Chlorakne, neurologischen Störungen oder Leberschäden führen. Die Hochschule Aachen hatte bei Dutzenden ehemaliger Envio-Beschäftigten Schilddrüsendefekte, Hautveränderungen oder Depressionen festgestellt. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Praktiker-Vorstand: Ohne Zustimmung zu Sanierung droht Insolvenz

Praktiker-Vorstand: Ohne Zustimmung zu Sanierung droht Insolvenz Hamburg (dapd). Die hoch verschuldete Baumarktkette Praktiker ist nach Darstellung von Finanzvorstand Markus Schürholz „unmittelbar von der Insolvenz bedroht“, falls die Aktionäre nicht dem Sanierungskonzept der Konzernleitung zustimmen. Der Vorstand fordert von den Anteilseignern die Zustimmung zu einer Kapitalerhöhung sowie zu einem zu 15 Prozent verzinsten Darlehen des US-Investmenthauses Anchorage von 85 Millionen Euro an Praktiker. Falls die Aktionäre ablehnen, müssten „wohl auch die Verhandlungen über eine Weiterführung der bestehenden Kreditlinie abgebrochen würden“, sagte Schürholz am Mittwoch auf der Hauptversammlung in Hamburg. Ohne Zustimmung zur Kapitalerhöhung „droht Ihrer Anlage hingegen der Totalverlust“, sagte er zu den Aktionären. Der Aktienwert würde „wohl gegen Null sinken“, warnte Schürholz. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)

Seehofer für Überprüfung der Struktur des Verfassungsschutzes

Seehofer für Überprüfung der Struktur des Verfassungsschutzes München (dapd). CSU-Chef Horst Seehofer fordert Konsequenzen für das Bundesamt für Verfassungsschutz aus der Neonazi-Mordserie. Der bayerische Ministerpräsident mahnte am Mittwoch in München, es sei notwendig, „die ganze Struktur einer Überprüfung zu unterziehen und auch etwas zu verändern“. Die entsprechende Ankündigung von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sei richtig. Seehofer sicherte zugleich „totale Transparenz und Offenheit“ im Umgang mit dem NSU-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags zu, der sich am Donnerstag zum ersten Mal treffen soll. Er betonte: „Auch wir haben ja ein Interesse an der Aufklärung, wie das mit diesen schrecklichen Morden passieren konnte und ob man hier hätte etwas vermeiden können.“ Bayern war seit dem September 2000 Tatort der Hälfte der zehn Morde der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“. dapd (Politik/Politik)

Fördermittelskandal in Dessau: Opposition droht mit Untersuchungsausschuss

Fördermittelskandal in Dessau: Opposition droht mit Untersuchungsausschuss Magdeburg/Dessau (dapd). Die Dessauer Fördermittelaffäre ist im Magdeburger Landtag angekommen: Die Opposition verlangt Aufklärung, droht notfalls sogar mit einem Untersuchungsausschuss. Auslöser waren Berichte der dapd Nachrichtenagentur über zwei Spenden an die CDU Dessau-Roßlau im Jahr 2007 in Höhe von insgesamt 1.500 Euro. Sie stammten aus dem Kreis der auf „Wunsch“ des damaligen Wirtschaftsministers und heutigen Ministerpräsidenten, Reiner Haseloff (CDU), vorrangig geförderten Unternehmen. Kurz nach Beendigung der subventionierten Weiterbildungsmaßnahmen floss damals das Geld. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion im Magdeburger Landtag, Frank Thiel, sagte der dapd am Dienstag: „Wenn es jetzt eine Verbindung zwischen dem ehemaligen Wirtschaftsminister Haseloff und der Auszahlung von Fördermitteln an fragwürdige Firmen und deren Spenden an die CDU gibt, hat der Spendenskandal eine völlig neue Dimension erhalten.“ Die Landtagsfraktion der Linkspartei beschloss deshalb für die kommende Landtagssitzung eine Aktuelle Debatte zu beantragen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Claudia Dalbert betonte, ihre Partei werde auf Aufklärung aller Zusammenhänge drängen und die Vorgänge zum Thema im Wirtschaftsausschuss machen. Ministerin Brigitta Wolff (CDU) müsse bei der nächsten Sitzung des Ausschusses am 19. Juli für Aufklärung sorgen. „Wenn wir hier keine ausreichenden Auskünfte erhalten, behalten wir uns weitere parlamentarische Schritte vor – bis hin zu einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss“, sagte Dalbert. Auch der FDP-Landesvorsitzende, Veit Wolpert, forderte die lückenlose Aufklärung auch mit Hilfe eines parlamentarischen Gremiums: „Ein Untersuchungsausschuss des Landtages ist der beste Weg, Erinnerungslücken in Sachen Fördermittel- bzw. Parteispendenaffäre zu schließen.“ Der Verdacht, Haseloff sei in seinem damaligen Amt als Wirtschaftsminister in diese Sache involviert gewesen, müsse schnellstmöglich ausgeräumt werden. Aus Unterlagen, die der Nachrichtenagentur dapd vorliegen, geht hervor, dass am 19. Juni 2006 ein Mitarbeiter des von Haseloff geleiteten Wirtschaftsministeriums eine Email an das Landesverwaltungsamt (LVA) schickte. Dem Empfänger, einem mit der Vergabe von Fördermitteln befassten LVA-Mitarbeiter, schrieb er: „Auf Wunsch des Ministers bitte ich Sie weiterhin, die bei Ihnen bereits vorliegenden Projektanträge Qu03246/06 und Qu03249/06 im Rahmen der verfügbaren Mittel vorrangig zu bewilligen.“ Der Angeschriebene hatte zuvor bei der Bewilligung dieser Projekte gezögert. Ihm teilte der Ministeriumsmitarbeiter jetzt mit, seine bisherigen Prüfungen seien von einem veralteten Finanzplan ausgegangen. Deshalb solle der LVA-Mann seine Bewilligungsmöglichkeiten noch einmal überprüfen und sie „umfassend“ nutzen. Im Landesverwaltungsamt schienen die Mitarbeiter vom Wunsch des Ministers nach vorrangiger Bewilligung dieser Förderungen zunächst unbeeindruckt. Einen Monat später, am 18. Juli 2006, schrieb erneut ein Ministeriumsmitarbeiter an das Landesverwaltungsamt. In der Mail steht: „Wie wir in der Vorwoche erfuhren, sind die u.g. Projektanträge immer noch nicht entschieden. Ich möchte nochmals die Bitte der Hausleitung wiederholen, diese Projekte schnellstmöglich zu bewilligen.“ Es gehe um Dringlichkeit im Zusammenhang mit der Schaffung von Arbeitsplätzen. Auch in dieser Mail steht wieder der Satz mit dem „Wunsch des Ministers“, vorrangig zu bewilligen. Auf Nachfrage hieß es aus der Staatskanzlei: „Mit den erwähnten Sachverhalten zu zwei Fördervorgängen von hunderten aus dem Jahre 2006 verbindet Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff aus eigener Erinnerung nichts.“ Die im Namen des Ministers durchgedrückten Projekte gehören inzwischen zu den Dutzenden, zu denen die Staatsanwaltschaft Halle wegen Betrugsverdachts ermittelt. 1.500 Euro Parteispende waren keine kleine Summe in einem Kommunalwahlkampf. Die Eigentümer der „vorrangig“ geförderten Unternehmen ließen dem CDU-Kreisverband Dessau-Roßlau das Geld über eines ihrer Unternehmen zukommen. Gegen beide ermittelt die Staatsanwaltschaft Halle im Zuge der Fördermittelaffäre unter dem Aktenzeichen 902 Js 4194/09 wegen Betrugsverdachts. Die Förderprojekte aus der Email des Ministeriumsmitarbeiters sind nur ein Teil des Verfahrens. An ihnen zeigt sich das Netzwerk der verschachtelten Firmen der immer gleichen Beteiligten, die untereinander dann die Deals einfädelten. Insgesamt geht die Staatsanwaltschaft der Spur von über vier Millionen Euro Fördermitteln nach. Die CDU-Dessau-Roßlau bestätigte, dass aus dem Kreis der Verdächtigen über 6.000 Euro gespendet wurden. dapd (Politik/Politik)

Bahr will Ärzte zu Vorsorgeuntersuchungen in die Schulen schicken

Bahr will Ärzte zu Vorsorgeuntersuchungen in die Schulen schicken Hannover (dapd). Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr plant, Ärzte zu Vorsorgeuntersuchungen von Kindern in die Schulen zu schicken. „Die sehr guten Erfahrungen bei den Vorbeugeuntersuchungen zur Zahngesundheit von Schulkindern sind Anlass, auch weitere Vorbeugeuntersuchungen in Schulen zu prüfen“, sagte der FDP-Politiker der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (Dienstagausgabe) laut Vorabbericht. Der Minister kündigte entsprechende Gespräche mit den Ländern an. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) begrüßte einen Ausbau der Früherkennung in den Schulen. „Damit kommt die öffentliche Hand ihrer Verpflichtung, im Rahmen der Prävention einen eigenen Anteil zu leisten, besser nach als heute“, sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, dem Blatt. dapd (Politik/Politik)

Friedrich will sich Zeit lassen bei Fromm-Nachfolge

Friedrich will sich Zeit lassen bei Fromm-Nachfolge Berlin (dapd). Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich will sich bei Auswahl eines Nachfolgers des scheidenden Verfassungsschutz-Präsidenten Heinz Fromm Zeit lassen. Es gebe „keine Notwendigkeit, jetzt irgendeine Entscheidung zu fällen“, sagte Friedrich am Montag in Berlin. Der CSU-Politiker kündigte an, die Personalie „ganz in Ruhe“ klären zu wollen. Am Montag war bekannt geworden, dass der 63-jährige Fromm den Minister am Sonntag um die vorzeitige Pensionierung gebeten hatte. Der Präsident und seine Behörde standen seit dem Auffliegen der rechtsextremen Zwickauer Terrorzelle im November 2011 in der Kritik. Vor wenigen Tagen musste Fromm überdies einräumen, dass ein Referatsleiter seines Bundesamtes wichtige Akten zum sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) geschreddert hatte. Friedrich sagte, die Ereignisse um den NSU sowie die Akten-Affäre hätten Fromm bedrückt. Trotzdem habe der nun zum 31. Juli scheidende Verfassungsschutz-Präsident „viele Erfolge“ vorzuweisen, „gut gearbeitet“ und besitze „jede persönliche Integrität“. Der Minister nannte als Beispiel die Festnahme der sogenannten Sauerland-Gruppe. Die islamistischen Terroristen waren seinerzeit unter Mitwirkung des Verfassungsschutzes daran gehindert worden, einen Sprengstoffanschlag zu verüben. Friedrich kündigte zudem an, die Akten-Affäre werde restlos aufgeklärt. Er erwarte einen Bericht der Verfassungsschützer für Dienstag. dapd (Politik/Politik)

Entnervt in den Ruhestand

Entnervt in den Ruhestand Berlin (dapd). Der öffentliche Auftritt ist nicht seine Welt. Auf Pressekonferenzen gibt sich Heinz Fromm meist wortkarg, oft murmelt der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz nur mürrisch in seinen Oberlippenbart. In Sicherheitskreisen wird der 63-Jährige indes geachtet, gerühmt werden seine präzisen Analysen. Doch nun ist der Druck zu groß geworden. Seit Monaten gibt es immer neue Vorwürfe gegen Fromms Kölner Behörde wegen fehlerhafter Ermittlungen gegen die NSU-Terrorzelle. Entnervt, mürbe geworden, flieht Fromm jetzt in den vorgezogenen Ruhestand – nach zwölf Jahren als Behördenpräsident. Zu Beginn seiner Amtszeit, vor elf Jahren, hat der Jurist schon einmal vor einer Bewährungsprobe gestanden, nämlich nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Damals gelingt es ihm, den damals angestaubten Verfassungsschutz zu einem modernen Inlandsgeheimdienst umzubauen. Als seine wichtigsten Verdienste gelten die Vereitlungen verschiedener islamistischer Terroranschläge, allen voran die Überführung der sogenannten Sauerlandgruppe. Doch während sich seine Behörde zunehmend auf die Gefahr des islamistischen Terrorismus konzentriert, formiert sich am rechten Rand unbemerkt eine hochgefährliche Terrorgruppe, die aus dem Untergrund heraus mit einer bisher einmaligen Brutalität auftritt. Ohne irgendwelche handfesten Spuren oder gar Bekennerschreiben zu hinterlassen, ermordet die Neonazi-Organisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) reihenweise Ausländer im gesamten Bundesrepublik, insgesamt neun. 2006 erschießt die Gruppe zudem eine Polizistin. Doch: Der Verfassungsschutz tappt jahrelang im Dunkeln. Beim Auffliegen des NSU im November 2011 gibt es noch nicht einmal eine eigene Abteilung für Rechtsextremismus. Der möglichen Existenz einer rechtsterroristischen Untergrundorganisation wird regelmäßig widersprochen – eine Blamage auf ganzer Linie, auch für Fromm. Als die Terrorgruppe auffliegt, ist die Empörung groß und der Verfassungsschutz gerät ins Zentrum der Kritik. Der Behörde wird nicht nur Untätigkeit vorgeworfen, sondern von manchen Politiker gar unterstellt beim braunen Terror absichtlich ein Auge zugedrückt zu haben. Doch Fromm wird als Behördenchef kaum infrage gestellt. Überfraktionell schätzt man nach wie vor seine fachliche Kompetenz. Auch sein neuer Chef, der CSU-Politiker und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, hält zu dem lang gedienten Beamten. Heinz Fromm wird am 10. Juli 1948 im hessischen Frieda geboren. Nach seinem Abitur studiert er in Gießen Jura und legt 1975 nach dem Referendariat am Landgericht Kassel die zweite juristische Staatsprüfung ab. Von 1979 bis 1980 ist er persönlicher Referent des hessischen Justizministers und SPD-Politikers Herbert Günther. Auch Fromm ist Sozialdemokrat. Zwischen 1991 und 1993 leitet Fromm den hessischen Verfassungsschutz und wechselt anschließend als Staatssekretär ins hessische Innenministerium. Nach einer kurzen Station als Gefängnisleiter in Kassel wird er im Juni 2000 schließlich Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Um weiteren Schaden von seiner Behörde abzuwenden, tritt Fromm im November 2011 die Flucht nach vorne an: Er gibt Pressekonferenzen, lädt zu Hintergrundgesprächen ein und erscheint zusammen mit Friedrich und BKA-Chef Jörg Ziercke sogar in der Bundespressekonferenz – der Höhle des Löwens für jemanden, dessen Geschäft das Vertrauliche ist. Doch mit seiner eher zurückhaltenden, defensiven und verschwiegenen Art vermag es der oberste Verfassungsschützer kaum, das Misstrauen in Medien und Politik gegenüber seiner Behörde aus dem Weg zu räumen. Am vergangenen Mittwoch steigt der Druck nochmals. Es wird bekannt, dass ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes noch nach dem Auffliegen der Terrorzelle wichtige Akten schreddern ließ, aus denen hervorging, wie die Sicherheitsbehörden mit Informanten aus dem Umfeld der Terroristen zusammengearbeitet haben. In einem Hintergrundgespräch mit Journalisten zeigt sich Fromm erschüttert über den Vorgang. So etwas habe er in seiner gesamten Amtszeit nicht erlebt, zitiert der „Spiegel“ am Wochenende. „Hierdurch ist ein erheblicher Vertrauensverlust und eine gravierende Beschädigung des Ansehens des Amtes eingetreten.“ Am Sonntag trifft Fromm sich mit Innenminister Friedrich zu einem persönlichen Gespräch und bittet, in Alters-Ruhestand gehen zu können. Fromm ist überaus frustriert über die immer wieder kehrende Kritik an der Arbeit seiner Behörde, heißt es nun aus Sicherheitskreisen. Er habe die Anwürfe für unverhältnismäßig gehalten. Mit der Akten-Affäre und der daraus resultierenden Kritik sei für ihn persönlich nun „die rote Linie“ überschritten gewesen. „Er hat die Reißleine gezogen.“ dapd (Politik/Politik)

Merkel regt Diskussion über Föderalismus an

Merkel regt Diskussion über Föderalismus an Berlin (dapd). Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zu einer verstärkten Diskussion über das Verhältnis von Bund und Ländern in Deutschland aufgerufen. Besonders in Bildungsfragen sorgten die deutschlandweit unterschiedlichen Regelungen häufig für Unmut, sagte die CDU-Vorsitzende am Montag in Berlin. Die Bürger haben „keine Lust in Mecklenburg-Vorpommern zu sitzen und nicht zu wissen, wie man in Bayern Abitur macht“, berichtete Merkel von ihren Erfahrungen beim Zukunftsdialog der Bundesregierung. Es sei auch an den Ländern, dies mal zu diskutieren. Merkel regte außerdem eine Erfolgskontrolle für präventive Arbeit an. „Wir haben so eine Grundeinstellung, dass jeder, der eine soziale Arbeit macht, etwas Gutes tut“, erklärte sie. Es bedürfe aber auch der Evaluation ehrenamtlicher Tätigkeiten, damit man sich anschauen könne, „welcher Ansatz funktioniert und welcher nicht, ohne, dass sich jemand dann gleich verletzt fühlt“. Der Zukunftsdialog beschäftigt sich mit dem künftigen Zusammenleben und Arbeiten in Deutschland. Dazu konnte zum einen über eine Online-Plattform diskutiert werden, zum anderen lud die Kanzlerin Bürger zu drei Diskussionsveranstaltungen. Außerdem beschäftigen sich über 120 Experten mit Fragen über die alternde Gesellschaft, die Globalisierung der Wirtschaft und das Lernen in der digitalen Welt. Lösungsansätze sollen Ende August präsentiert werden. dapd (Politik/Politik)