Essen (dapd). Späte Karriere: Im Alter von 66 Jahren steigt der frühere Henkel-Chef Ulrich Lehner zu einem mächtigsten Manager Deutschlands auf. Als Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Telekom und des Stahlriesen ThyssenKrupp übernimmt er künftig eine Schlüsselrolle gleich bei zwei der wichtigsten Konzerne der Deutschland AG. Vor allem beim Essener Stahlhersteller erwarten den Manager allerdings in den nächsten Monaten große Herausforderungen. ThyssenKrupp bemühte sich am Dienstag nach der außerordentlichen Aufsichtsratssitzung sichtlich, die Sache herunterzuspielen. Gerade einmal vier Zeilen umfasste die Pressemitteilung, in der der Konzern die Wahl Lehners zum neuen Chefkontrolleur bestätigte. Dabei ging es um eine Zäsur in der Firmengeschichte. Gerhard Cromme, der mehr als ein Jahrzehnt lang die Geschicke des Stahlkochers bestimmte, musste nach Milliardenverlusten durch Fehlinvestitionen in Amerika und einer Flut von Kartellskandalen seinen Posten räumen. Sein Nachfolger Lehner muss nun den taumelnden Konzern zusammen mit Firmenchef Heinrich Hiesinger wieder auf Kurs zu bringen. Es ist keine leichte Aufgabe für einen Manager, der sich eigentlich schon im Pensionsalter befindet. Doch darf man annehmen, dass Lehner die Herausforderung genießt. Hatte er doch beim Abschied als Henkel-Chef im Jahr 2008 noch die Sorge, in Zukunft zu wenig zu tun zu haben. „Es fällt mir schwer, aufzuhören“, gestand er damals in einem Interview. „Es ist nicht leicht, von hundert auf Null zu bremsen, wenn man sich so lange sieben Tage die Woche um etwas gekümmert hat.“ Eine schwierige Gratwanderung Tatsächlich hat der Hobby-Marathonläufer die Hände danach nicht in den Schoß gelegt. Als Multi-Aufsichtsrat überwachte er unter anderem die Geschäfte bei E.on, Porsche und dem Schweizer Pharmakonzern Novartis. Doch vor allem als Chefkontrolleur der Deutschen Telekom habe er in den vergangenen Jahren gute Arbeit geleistet, bescheinigen ihm Branchenkenner. Dort hatte Lehner Klaus Zumwinkel beerbt, der wegen seiner Liechtensteiner Steueraffäre zurücktreten musste. Er kam in ein Unternehmen, dass durch die geplante Auslagerung zahlreicher Arbeitsplätze ebenso erschüttert wurde wie durch das Bekanntwerden der Spitzelaffäre, bei der die Telekom systematisch Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, Betriebsräte und Journalisten ausspioniert hatte. Lehner sei es mit seiner ausgleichenden Art gelungen, wieder Ruhe in das Unternehmen zu bringen und das Vertrauen in den Konzern wiederherzustellen, heißt es. Doch die Herausforderungen bei ThyssenKrupp könnten noch größer sein. Zusammen mit Vorstandschef Hiesinger muss Lehner die Firmenkultur bei ThyssenKrupp umkrempeln und endlich die Kette von Kartellskandalen beenden. Und er muss es schaffen, den bevorstehenden schmerzhaften Umbau des Konzerns auch für die Beschäftigten erträglich zu machen. Es ist eine schwierige Gratwanderung. Doch Lehner könnte der richtige Mann für diese Aufgabe sein. Denn einerseits steht für ihn fest: „Ein Unternehmen funktioniert nur, wenn die Mitarbeiter sich morgens freuen, zur Arbeit zu gehen.“ Doch hat er als Henkel-Chef andererseits nicht gezögert, tausende Arbeitsplätze abzubauen, wenn ihm dies unvermeidlich erschien. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
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Kommission will neue Spielregeln für Managergehälter
Essen (dapd). Der Vorsitzende der Regierungskommission für gute Unternehmensführung, Klaus-Peter Müller, will die Hauptversammlungen künftig über die Vorstandsgehälter abstimmen lassen. „Ich bin bereit, der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance vorzuschlagen, eine Ergänzung in den Kodex aufzunehmen, die ab 2014 eine Abstimmung der Hauptversammlung über die Vorstandsvergütung vorsieht und immer dann wiederholt werden muss, wenn es zu wesentlichen Veränderungen bei den Bezügen kommt“, sagte Müller den Zeitungen der Essener WAZ-Gruppe (Dienstagausgaben) laut Vorabbericht. „Obwohl dies keine rechtliche Verpflichtung bedeutet, wird sich meiner Meinung nach kein Aufsichtsrat erlauben können, ein Mehrheitsvotum, nicht mal ein starkes Minderheitsvotum zu ignorieren“, sagte Müller. Gesetzliche Vorgaben zur Begrenzung von Vorstandsgehältern lehnte er ab. „Es ist und muss Sache der Eigentümer bleiben, für was und wie viel Geld sie ausgeben wollen. Ich habe auch noch keinen Politiker gehört, der vorgeschlagen hat, die Spielergehälter in Millionenhöhe von Schalke 04 oder Borussia Dortmund per Bundesgesetz zu deckeln“, sagte Müller, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Commerzbank ist. Dass Unternehmen ohne Vorgaben per Gesetz Gehaltsobergrenzen für ihre Vorstände festlegen, sei aber sinnvoll. „Von unternehmensspezifischen Obergrenzen, die auch transparent kommuniziert werden, halte ich viel“, sagte Müller. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Mehr Rente für ältere Mütter: Debatte über den Zeitpunkt
Berlin (dapd). Nach dem grundsätzlichen Ja der Union zu einer höheren Rente für ältere Mütter wird nun über den weiteren Zeitplan debattiert. Der Koalitionspartner FDP lehnte die Regelungen weiter ab. Dagegen bot die SPD am Montag der Union an, Verbesserungen bei der Mütterrente gemeinsam noch vor der Bundestagswahl umzusetzen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer hatten sich vergangene Woche auf Eckpunkte einer sogenannten Mütterrente verständigt haben. Demnach sollen Frauen, die vor 1992 Kinder geboren haben, bei der Rente bessergestellt werden – lange eine Forderung der Frauen-Union und der CSU. Für Kinder, die ab 1992 geboren wurden, werden drei Lebensjahre als Kindererziehungszeit anerkannt, vor 1992 ist es dagegen nur ein Jahr. Im Gegenzug wollen die Bayern der Lebensleistungsrente zustimmen, die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ins Gespräch gebracht hatte. Taktisches Angebot der SPD „Wir bieten der Union an, einen Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen. Wir stimmen zu“, sagte nun SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles am Montag. Das Angebot der SPD beziehe sich ausschließlich auf die Mütterrente. Die sogenannte Lebensleistungsrente sei „das Papier nicht wert, auf dem es steht“. Zugleich erinnerte die SPD-Generalsekretärin daran, dass die Koalition die Mütterrente längst hätte beschließen können. Das Projekt in die nächste Wahlperiode verschieben zu wollen, sei „Wahlzauber“, den die SPD nicht akzeptiere. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe erwiderte, ihm fehle der „Glaube“ daran, dass man sich schnell im Bundesrat einigen könne. Man werde sich den Vorschlag der SPD zwar ansehen: „Bisher sind aber die rentenpolitischen Vorstellungen der SPD einerseits und der Kommentierung unserer Vorschläge andererseits weit davon entfernt, dass man von einer Vereinbarung, die dann auch im Bundesrat Zustimmung findet, ausgehen kann.“ Gröhe betonte, die Union wolle die Rentenreformen zügig umsetzen. Bislang sei die Verabredung aber eine Einigung zum laufenden Prozess am Wahlprogramm, zum Meinungsbild in der Koalition könne er sich noch nicht äußern. FDP-Chef Philipp Rösler verwies darauf, dass die Einigung der Union nichts anderes bedeute, als den Weg zu einer Mütterente „nach einem zu erwartenden Wahlsieg“ ab dem 1. Januar 2014 freizumachen. Das Angebot der SPD bewertet er ebenfalls zurückhaltend. „Man soll die Freundschaft der Sozialdemokraten an dieser Stelle nicht überschätzen“, sagte er. Die Frauen in der Union begrüßten unabhängig vom Zeitpunkt die Einigung der Schwesterparteien. Unions-Fraktionsivze Ingrid Fischbach (CDU) sagte: „Die bessere Anerkennung der Kindererziehungszeiten in der Rente ist für Millionen von Müttern ein wichtiger Schritt zu mehr Gerechtigkeit.“ Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion werde darauf dringen, dass die Besserstellung sofort zu Beginn der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werde. Die Vorsitzende der Frauen-Union, Maria Böhmer, nannte die Besserstellung um einen Punkt eine „entscheidende Weichenstellung“. Der Einstieg in die bessere Anerkennung der Kindererziehungszeiten für Mütter mit Kindern, die vor 1992 geboren sind, sei beachtlich. dapd (Politik/Politik)
Schäuble lobt neuen Ausschuss für Finanzmarktstabilität
Berlin (dapd). Kurz vor der konstituierenden Sitzung des Ausschusses für Finanzmarktstabilität hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dessen Bedeutung hervorgehoben. Es handle sich um einen weiteren „Baustein in dem neuen Ordnungsrahmen für die Finanzmärkte“, sagte Schäuble am Montag in Berlin. Um Risiken frühzeitig zu erkennen, sei komplexer Sachverstand nötig. Mit dem Gremium solle nun die Zusammenarbeit der betroffenen Institutionen verbessert werden. Der Ausschuss trifft sich künftig mindestens einmal pro Quartal. Auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann verwies darauf, dass mit der Einrichtung des Gremiums eine wichtige Lehre aus der Finanzkrise gezogen werde. Es reiche nicht aus, „die Stabilität einzelner Akteure auf den Finanzmärkten zu überwachen“. Vielmehr komme es darauf an, das Zusammenspiel einzelner Akteure in den Blick zu nehmen. „Ziel ist es, Fehlentwicklungen, die eine Gefahr für die Stabilität des Finanzsystems als Ganzes darstellen können, rechtzeitig entgegen zu treten“, fügte Weidmann hinzu. Am Nachmittag traf sich der Ausschuss zum ersten Mal, der aus Vertretern des Bundesfinanzministeriums, der Bundesbank, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) besteht. Die Federführung liegt bei der Bundesbank. Sie soll die Lage ständig im Blick behalten und dem Ausschuss Vorschläge unterbreiten. Dazu bekommt die Bundesbank laut dem zu Jahresbeginn in Kraft getretenen Finanzstabilitätsgesetz erweiterte Möglichkeiten, von Finanzinstituten Auskünfte zu erhalten. Zudem ist vorgesehen, dass das neue Gremium jedes Jahr dem Bundestag einen Bericht vorlegt. Außerdem erhält die Bafin einen Verbraucherbeirat. Neu ist auch ein Beschwerdeverfahren für Kunden und Verbraucherverbände bei der Aufsichtsbehörde. Bisher gab es dazu keine gesetzliche Regelung. dapd (Politik/Politik)
Vier ehemalige Vorstände der Sachsen LB angeklagt
Leipzig (dapd). Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat gegen vier ehemalige Vorstände der mittlerweile abgewickelten Sachsen LB Anklage wegen Untreue und unrichtiger Darstellung erhoben. Ihnen wird vorgeworfen, ab der zweiten Jahreshälfte 2006 bis August 2007 Finanzgeschäfte getätigt zu haben, die in keinem Verhältnis zu der Kapitalausstattung und den Refinanzierungsmöglichkeiten der bundesweit kleinsten Landesbank standen, wie die Staatsanwaltschaft am Montag mitteilte. Die Geschäfte sollen über im Ausland gegründete und von der Sachsen LB geführte Zweckgesellschaften abgewickelt worden sein. Die Gesellschaften selbst verfügten demnach jeweils nur über geringe Eigenmittel. Auch wird den Angeklagten zur Last gelegt, in den Jahresabschlüssen 2005 und 2006 die Geschäftsbeziehungen der Landesbank zu einigen Zweckgesellschaften nur unvollständig und damit unrichtig dargestellt zu haben. Die Sachsen LB war wegen riskanter Finanzgeschäfte 2007 an den Rand der Pleite geraten. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) übernahm das Geldinstitut. Im Gegenzug verpflichtete sich Sachsen, für Ausfälle aus diesen Geschäften bis zu einer Höhe von 2,75 Milliarden Euro zu bürgen. Die Beträge werden quartalsweise fällig. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Staatsanwaltschaft beantragt Wiederaufnahmeverfahren im Fall Mollath
Regensburg (dapd). Die Regensburger Staatsanwaltschaft hat am Montag ein Wiederaufnahmeverfahren im Fall des seit Jahren womöglich zu Unrecht in der Psychiatrie in Bayreuth eingesperrten Gustl Mollath beantragt. Wie das Oberlandesgericht Nürnberg mitteilte, stützt die zuständige Staatsanwaltschaft ihren Antrag auf neue, dem Gericht zum Zeitpunkt der Verurteilung nicht bekannte Tatsachen. Diese sind nach Ansicht der Staatsanwaltschaft „grundsätzlich geeignet, die Richtigkeit der Urteilsgrundlagen in Frage zu stellen“. Ziel des Antrags sei es, die Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen erneut gerichtlich zu überprüfen, hieß es. Zudem würden Gesichtspunkte vorgetragen, die für die psychiatrische Begutachtung von Bedeutung sein können. Der 56-jährige Kaufmann Mollath sitzt nach einem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth seit 2006 in der Psychiatrie in Bayreuth. Er soll seine damalige Ehefrau angegriffen haben und wurde als gemeingefährlich eingestuft. Mollath hatte auch Schwarzgeldgeschäfte bei der Hypovereinsbank angeprangert, in die seine Ehefrau verwickelt gewesen sein soll. Das Gericht hatte diese Vorwürfe als paranoide Hirngespinste abgetan. Inzwischen stellten sie sich jedoch als wahr heraus. dapd (Politik/Politik)
Krankenkassen sollen mehr für gesundheitliche Vorbeugung ausgeben
Berlin (dapd). Die gesetzlichen Krankenkassen sollen ab 2014 rund 150 bis 180 Millionen Euro jährlich mehr für die gesundheitliche Prävention ausgeben. Das sieht ein vierseitiger Gesetzentwurf aus dem Haus von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vor, über den das Bundeskabinett am Mittwoch beraten soll. Besonderes Augenmerk soll unter anderem darauf gelegt werden, die Sterblichkeit bei Brustkrebs zu vermindern, depressive Erkrankungen zu verhindern oder früh zu erkennen sowie den Tabakkonsum zu reduzieren. Von der veranschlagten Summe entfallen den Angaben zufolge etwa 35 Millionen Euro auf Präventionsleistungen der Bundeszentrale für gesundheitlich Aufklärung. dapd (Politik/Politik)
Trittin befürwortet Zwangsabgabe für Zyperns Bankkunden
Berlin (dapd). Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hält es für grundsätzlich richtig, dass in Zypern die Bankkunden an den Kosten der Schuldenkrise beteiligt werden. Es sei „vernünftig, eine solche Abgabe zu verlangen“, sagte Trittin am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Die Alternative sei, den „kleinen Mann“ alles allein über Steuern bezahlen zu lassen. Ob seine Fraktion dem Zypern-Rettungspaket der Euro-Gruppe und des Internationalen Währungsfonds im Bundestag zustimmt, ließ Trittin offen. Wenn es nicht noch zusätzliche Bewegung gebe, Steuerschlupflöcher in Zypern zu schließen, könne er sich das nur schwer vorstellen, sagte der Fraktionschef. Im Radiosender SWR2 fügte er hinzu, hier bestehe „erheblich Nachverhandlungsbedarf“. Das Parlament von Zypern will am (heutigen) Montag über das Rettungspaket der Euro-Gruppe und des Internationalen Währungsfonds entscheiden. Der Ausgang der Abstimmung ist ungewiss. Zypern soll rund zehn Milliarden Euro an Hilfen erhalten und damit vor der Staatspleite bewahrt werden. Im Gegenzug sollen die Sparer bei den Banken Zyperns eine Sonderabgabe von bis zu zehn Prozent auf ihre Bankguthaben zahlen. Im „Morgenmagazin“ stellte Trittin infrage, ob die Zwangsabgabe „vernünftig sozial gestaffelt“ sei. Nach seiner Auffassung könnten von großen Guthaben 15 Prozent abgeschöpft werden. Guthaben bis zu 25.000 Euro könnten dagegen von der Abgabe ganz befreit werden, erklärte er. dapd (Wirtschaft/Politik)
Trauer um getöteten Streitschlichter
Kirchweyhe (dapd). Weit über Tausend Menschen haben im niedersächsischen Kirchweyhe am Wochenende öffentlich um einen getöteten Streitschlichter getrauert. Zunächst trafen sich am Samstag nach Polizeiangaben 1.500 Menschen zu einer Versammlung unweit des Tatorts am Bahnhof. Am Sonntag kamen erneut Hunderte zusammen. Sie gedachten des 25-Jährigen, der am vergangenen Wochenende einen Streit zwischen Discobesuchern schlichten wollte. Dabei geriet er zwischen die Fronten, wurde selbst attackiert und starb am Donnerstag im Krankenhaus an seinen schweren Verletzungen. Weil der mutmaßliche Schläger ausländischer Herkunft ist, hatten Rechtsextremisten versucht, den Vorfall für sich zu instrumentalisierten. Unter anderem hatte die NPD zu Mahnwachen in Kirchweyhe aufgerufen. Die Gemeinde hatte diese untersagt und ihrerseits die demokratische Zivilgesellschaft zu einer friedlichen Versammlung aufgerufen. Weil dennoch Übergriffe von Rechtsextremisten befürchtet wurden, fand die Veranstaltung unter massivem Polizeischutz statt. Es verlief jedoch alles friedlich. Laut Polizei waren kaum Rechte angereist. Derweil sitzt der mutmaßliche Täter, ein 20-Jähriger, in Untersuchungshaft. Die Behörden ermitteln gegen ihn wegen Mordes. Laut Staatsanwaltschaft Verden gibt es kein fremdenfeindliches Motiv. Er soll den Streitschlichter aus Wut so gegen einen Bus geschleudert haben, dass dieser anschließend mit dem Kopf auf die Straße schlug. Der Fall hatte überregional für Aufsehen gesorgt. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) zeigte sich bestürzt. Mit der Versammlung sollte ein „klares und unübersehbares Zeichen gegen Gewalt gesetzt werden“, wie Kirchweyhes Bürgermeister Frank Lemmermann sagte. Für die Familie des getöteten jungen Mannes ist das nur ein geringer Trost. „Wir lieben dich, vermissen dich, wollen dich wieder“, stand auf einem Schild nahe am Tatort. Unterschrieben hatten es Freunde, Kollegen und die Mutter des getöteten Streitschlichters. dapd (Politik/Politik)
Von der Leyen will gegen Lohndumping bei Werkverträgen vorgehen
Berlin (dapd). Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will gegen Lohndumping bei Werkverträgen vorgehen. „Eine hoch flexible Wirtschaft wie die deutsche braucht Werkverträge, aber sie dürfen nicht als neues Schlupfloch für Lohndumping missbraucht werden“, sagte von der Leyen der „Welt am Sonntag“. Die Ministerin will daher die Rechte der Betriebsräte ausweiten. SPD und Grüne zweifelten allerdings an, dass von der Leyen ihre Ankündigungen auch in die Tat umsetzen werde. Von der Leyen verwies darauf, dass die Schlupflöcher in der Zeitarbeit weitgehend geschlossen worden seien, nun aber eine Entwicklung drohe, „dass schwarze Schafe auf Scheinwerkverträge ausweichen“. Sie gab zu bedenken, dass die unternehmerische Entscheidung, eine Dienstleistung nach außen zu vergeben, zwar grundsätzlich frei bleiben müsse. Aber wenn Fremdpersonal nicht nur gelegentlich in die Arbeitsorganisation des Betriebes eingebunden werde, müsse der Betriebsrat einbezogen werden. Allerdings soll der Betriebsrat einem Werkvertrag nur widersprechen können, wenn es gesetzlich festgelegte Gründe dafür gibt. Zudem soll die Bundesagentur für Arbeit (BA) Zeitarbeitsunternehmen künftig besser kontrollieren können. Derzeit darf die BA nur prüfen, ob die Zeitarbeitsverträge sauber sind. Die Werkverträge, die ein Zeitarbeitsunternehmen anbietet, dürfen die Aufseher bisher nicht einsehen. „Um die verdeckten Leiharbeitsverhältnisse, die häufig lausig bezahlt werden, aufdecken zu können, soll die BA künftig mehr Geschäftsunterlagen einsehen können“, forderte von der Leyen. Wenig Unterstützung für die Pläne Die Arbeitgeber äußerten sich alarmiert. „Wenn die Bundesarbeitsministerin tatsächlich ein gesetzliches Vetorecht des Betriebsrates bei produktionsintegrierten Werkverträgen einführen will, wäre dies verfassungswidrig“, sagte der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, der „Welt“. Dies „würde in den Kernbereich unternehmerischer Handlungsfreiheit eingreifen“. Dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) gehen von der Leyens Vorschläge dagegen nicht weit genug. „Die Mitspracherechte des Betriebsrats bei Werkverträgen zu erweitern, ist dringend nötig – aber die Einschränkungen, die die Ministerin hier vorsieht, degradieren die Betriebsräte zu Papiertigern“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der Zeitung. SPD und Grüne erhoben dagegen Zweifel, ob von der Leyen es mit ihrer Ankündigung ernst meint. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil verlangte „wirksame Maßnahmen gegen Lohndrückerei und die Aushöhlung von Arbeitnehmerrechten“. „Es wäre richtig, wenn die zuständige Bundesarbeitsministerin konkrete gesetzliche Vorschläge dazu macht. Aber bei Frau von der Leyen kann man nie sicher sein, ob sie dazu tatsächlich in der Lage ist oder ob sie es – wie so oft – bei der Ankündigung belässt“, erklärte er am Samstag in Berlin. Ähnlich äußerte sich die Sprecherin für Arbeitnehmerrechte der Grünen-Bundestagsfraktion, Beate Müller-Gemmeke. „Problembewusstsein zeigen und halbherzige Ankündigungen sind zu wenig“, betonte sie am Sonntag in Berlin. Notwendig seien „umfassende Maßnahmen und ernsthafte Anstrengungen, um die Tendenz zu zweifelhaften Werkvertragskonstruktionen zu stoppen“. Die Ankündigung, dass die BA Zeitarbeitsfirmen künftig besser kontrollieren soll, bezeichnete sie als „Placebo-Maßnahme“. „Abgesehen davon, dass nicht nur Leiharbeitsfirmen Scheinwerkverträge anbieten, kann die BA diese Kontrollen gar nicht leisten“, gab Müller-Gemmeke zu bedenken. dapd (Politik/Wirtschaft)