Ehningen (dapd). Die Deutschlandchefin des IT-Konzerns IBM, Martina Koederitz, wünscht sich eine stärkere Öffnung der Forschungsabteilungen in hiesigen Unternehmen. „Ich glaube, es liegt sehr viel gemeinsames Potenzial darin, dass sich unsere Branche und die klassische Industrie mit ihrer Forschung und Entwicklung öffnen“, sagte Koederitz der Nachrichtenagentur dapd. Das könne nicht nur für das einzelne Unternehmen wertvoll sein, sondern für den Standort Deutschland im weltweiten Wettbewerb. „Es ist eine riesige Chance, aus der industriellen Stärke, die wir haben, auch nach vorne blickend eine echte Differenzierung zu haben, die auch beispielsweise der Quantität aus den asiatischen Märkten gegenübersteht“, sagte Koederitz. Sie führt seit Mai 2011 die Deutschlandzentrale des US-Konzerns in Ehningen bei Stuttgart. Koederitz zufolge wird die rasante Entwicklung in der IT-Branche auch die Geschäftsmodelle der klassischen Industrie verändern. „Wir werden sehr stark getrieben von der jüngeren Generation, die schlicht und einfach über Facebook und andere soziale Medien eine ganz klare Selbstverständlichkeit dafür entwickelt hat, Wissen zu teilen“, sagte die 49-jährige Managerin. Dadurch sei inzwischen eine Akzeptanz für neue Kommunikationswege erreicht, die sich auch für Geschäftsideen nutzen ließen. „Noch vor ein paar Jahren wurde zu den sozialen Netzwerken gesagt: Das ist alles gefährlich, der Datenschutz ist in Gefahr“, sagte Koederitz. Heute sei es so, dass mehr als 25 Millionen Menschen in Deutschland bei Facebook seien und 87 Prozent der Bevölkerung ein mobiles Gerät habe, viele von ihnen Smartphones. Unternehmen werden von technischer Entwicklung getrieben In einer IBM-Studie aus dem vergangenen Jahr hätten 1.700 Manager gesagt, dass nicht mehr ökonomische oder ökologische Marktfaktoren bestimmend für die Geschäftsentwicklung seien. „Technologie ist der stärkste Treiber für ihr Geschäftsmodell“, sagte Koederitz. Das betreffe vor allem die Technologie an der Schnittstelle zum Kunden. Als Beispiel nannte Koederitz Onlineshopping. „Wenn sich der Kunde verändert, tut man als Unternehmen gut daran, sich darauf einzustellen“, sagte sie. Dementsprechend hatte sich der Konzern auf der Computermesse Cebit Anfang März auch mit dem Motto „Rethink your business“ (Überdenke dein Geschäftsmodell) aufgestellt. Auf der Messe stellte IBM unter anderem eine App vor, die beim Einkaufen behilflich sein soll. „Mit der App können Sie auf einem Smartphone im Supermarkt filmen und alle Informationen finden, die für Sie relevant sind, wie Nahrungsmittelzusätze, Zutaten, Kalorienangaben, Informationen für Allergiker und vieles mehr“, sagte Koederitz. Die Technik soll jetzt mit einem Partner zu einem Geschäftsmodell ausgebaut werden. Geschäftsmodelle für soziale Netzwerke sind für IBM ebenso Wachstumsbereiche wie Lösungen für mobile Geräte, die Analyse großer Datenmengen oder die Bereitstellung von Daten und Infrastruktur über das Internet, Cloud Computing genannt. Weltweit will der US-Konzern 30 Prozent des gesamten Wachstums in diesen Bereichen generieren. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
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Spargelbauern hoffen auf baldiges Ende des Winters
Beelitz (dapd-lbg). Noch machen sich die Beelitzer Spargelbauern keine Sorgen. Der Winter ist zwar lang, aber bislang ist höchstens mit einer Woche Verzug zu rechnen. Die kurzzeitige frühlingshafte Witterung Anfang März hat gereicht, um die Felder herzurichten. „Die Dämme der frühen Spargelsorten sind unter Folie und mit Tunneln versehen“, sagt der Landwirt Ernst-August Winkelmann. Sowie die Sonne kräftiger scheine, komme auch der Spargel. Der Frost werde die Spargelpflanzen unter der Erde nicht angreifen, glaubt Winkelmann. Einerseits seien die Dämme durch Folie geschützt. Andererseits liege auf der Folie auch noch Schnee – und der dämmt. „Die Kälte spüren die Pflanzen da kaum“, sagt Winkelmann. Und dass es im März noch Frost gebe, sei auch nicht so ungewöhnlich. Eigentlich sei das der normale Rhythmus. Nur im vergangenen Jahr wurden die Spargelbauern und vor allem die Spargelliebhaber verwöhnt. Im März 2012 war es schon so warm, dass das Edelgemüse außergewöhnlich früh in die Höhe schoss. So kamen die Stangen schon verfrüht auf die Tische. Die auf diese Weise verlängerte Saison bescherte den Bauern denn auch eine gute Ernte. Im Durchschnitt wurden im vergangenen Jahr auf brandenburgischen Feldern knapp 52 Dezitonnen Spargel je Hektar gestochen. Dieser Wert lag nach Angaben des Statistikamts zwar um 0,4 Dezitonnen unter dem Rekordergebnis von 2011, aber über dem Mittel der vorangegangenen sechs Jahre von 51,3 Dezitonnen. Brandenburg ist Spargelland Brandenburg lag im vergangenen Jahr nach Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen auf dem dritten Platz beim Spargelanbau in Deutschland. Rund 15 Prozent der deutschen Anbaufläche befinden sich in der Mark. Spargel dominierte 2012 auch den Gemüseanbau im Land. Das Edelgemüse nahm nach Angaben des Statistikamts mit 3.435 Hektar deutlich mehr als die Hälfte der gesamten Anbaufläche von 5.579 Hektar ein. Nach Spargel folgten mit weitem Abstand Einlegegurken auf 745 Hektar und Möhren auf 263 Hektar. Speisekürbis wuchs auf 135 Hektar. Etwa die Hälfte der Gemüseanbaufläche Brandenburgs lag 2012 im Landkreis Potsdam-Mittelmark. Dort wird auch mit Abstand der meiste Spargel angebaut – und zwar vorwiegend der bekannte Beelitzer Spargel. Auch Winkelmann und sein Partner Jörg Buschmann haben sich auf diese Sorte spezialisiert. Ihr Hof in Klaistow gehört zu den größten in der Region und ganz Brandenburg. Bei Buschmann und Winkelmann wird auf 450 Hektar Spargel angebaut. Die Spargeldämme sind insgesamt 2.250 Kilometer lang, wie die Landwirte berechnet haben. Bei guten Bedingungen werden dort bis zu 100 Tonnen Spargel pro Tag geerntet. Manchmal seien es aber auch nur 30 Tonnen. Ein Spargelstecher kann je nach Witterung zwischen 80 und 150 Kilogramm pro Tag ernten. Etwa 600 bis 800 Erntehelfer setzen Buschmann und Winkelmann jede Saison ein – die Arbeiter kommen überwiegend aus Osteuropa. Unter der Folie wird es schnell warm Die Bauern der Region haben sich im Beelitzer Spargelverein organisiert. Auch dessen Vorsitzender Manfred Schmidt macht sich noch keine Sorgen wegen des Frosts. Es gebe bislang keine Schwierigkeiten, die Felder seien bestellt. Vorerst halte der Verein an seinem Termin zur offiziellen Eröffnung der Saison am 18. April fest. Eingeläutet werde die Saison beim Spargelbauer Josef Jakobs in Schäpe bei Beelitz. „Bis dahin werden wir auch den ersten Spargel haben“, zeigt sich Schmidt zuversichtlich. Wenn die Sonne erst einmal kräftiger scheine, entstünden unter den Folien schnell 30 bis 50 Grad Celsius. Da werde das Edelgemüse dann auch wachsen. Auch Berater Jürgen Schulze ist noch nicht nervös. Wenn der Frost nicht mehr allzu lange bleibe, sei noch eine normale Saison zu erwarten. „Der Schnee bremst den Spargel zwar in seinem Tatendrang, doch es wird ja sicher bald wärmer.“ Für ihren Spargel wollen die Beelitzer Landwirte in diesem Jahr einen sogenannten Geoschutz bei der EU beantragen. Der bereits für das vergangene Jahr geplante Antrag sei nun so weit fertig und werde in den kommenden Tagen mit dem brandenburgischen Agrarministerium abgestimmt, sagt Schmidt. Bislang seien in Deutschland nur der Schrobenhausener Spargel und seit kurzem auch der Fränkische Spargel aus Bayern nach der europäischen Verordnung zum Herkunftsschutz gesichert. Künftig soll das auch beim Beelitzer Spargel der Fall sein. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Kardinal Woelki: Soziale Gerechtigkeit Hauptthema des neuen Papstes
Passau (dapd). Der Berliner Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, erhofft sich vom neuen Papst Franziskus eine kraftvolle Reform der Kurie und der Strukturen im Vatikan. „Ich hoffe sehr, dass er sich dieser Fragen annimmt“, sagte Woelki, der an der Papst-Wahl teilnahm, der „Passauer Neuen Presse“ (Samstagausgabe). Der Erzbischof erwartet als bestimmendes Thema des Pontifikats von Franziskus aber etwas anderes: „Als Lateinamerikaner ist Papst Franziskus sehr stark von Fragen der sozialen Gerechtigkeit und des Kampfes gegen Armut geleitet und geprägt – Themen, die der Kirche in Europa bisher nicht unbedingt nahe liegen.“ Ob Franziskus die Abschaffung des Zölibats oder auch die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare angehe, sei offen. „Es ist noch zu früh für Prognosen“, erklärte Woelki, unterstrich aber: „Die Kirche benötigt einen neuen Gestus und eine neue Sprache. Und natürlich braucht sie auch innere Reformen.“ Woelki rechnet damit, „dass dieser Papst diesen Weg aus dem Geist des Evangeliums heraus gehen wird“. Dahinter, dass der Jesuit Jorge Mario Bergoglio sich als Papst Franziskus nennt, steht für Kardinal Woelki eine Botschaft. „Die Jesuiten haben nach der Reformation die Erneuerung der katholischen Kirche entscheidend vorangetrieben. Unsere Kirche ist in den letzten Monaten und Jahren durch eine schwere Krise gegangen. Da könnte es ein Zeichen des Heiligen Geistes sein, dass er gerade jetzt einen Jesuiten an die Spitze setzt – als Erneuerer.“ dapd (Politik/Politik)
Der Sinn des Lebens aus Präsidentensicht
Wiesbaden (dapd). Vor der Lichtenbergschule in Darmstadt ist die sprichwörtliche Hölle los. Dicht gedrängt stehen die Schüler der Europaschule mit gezückten Blöcken und zum Schnappschuss bereiten Smartphones. „Sympathisch“ finden die beiden Sechstklässler Marleen und Lilli das Staatsoberhaupt. Aufgeregt hoffen sie, ein Autogramm von ihm ergattern zu können. Ein knappes Jahr nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten ist Joachim Gauck am Freitag zum offiziellen Antrittsbesuch nach Hessen gekommen. Der Besuch in Hessen ist für Gauck und vor allem für seine Lebensgefährtin Daniela Schadt ein besonderer: Die 53 Jahre alte Journalistin wuchs in Hanau auf und ging dort auf die Karl-Rehbein-Schule. „An meiner Schule hat sie Volleyball gespielt“, erinnert sich Landtagspräsident Norbert Kartmann. Das sei die Otto-Hahn-Schule gewesen, und er war damals dort Lehrer für evangelische Religion und Physik. Hanau ist am Freitagabend die letzte Station des Präsidentenpaares – empfangen werden sie am Morgen in Wiesbaden von Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), Mitgliedern des Landeskabinetts, den Fraktionschefs aus dem Wiesbadener Landtag und Kartmann. „Es ist uns eine große Ehre und eine große Freude, Sie in dem starken Land Hessen willkommen zu heißen“, betont Bouffier. Gauck bedankt sich mit der Bemerkung, er habe ja gar nicht gewusst, dass die hessische Regierung „neben der herausragenden Staatskunst Ihres Kabinetts“ auch so gute Verbindungen zu den Wettermachern habe. Tatsächlich herrscht den Tag über „Präsidentenwetter“ – egal ob beim Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Wiesbaden im Kurhaus oder beim Besuch in Darmstadt. In Frankfurt informiert sich der Präsident am Nachmittag im Deutschen Architekturmuseum über die Landesstiftung „Miteinander in Hessen“ sowie über eine Ausstellung über neue Wohnformen im Alter. Bürger kommen allerdings an den meist Stationen nur wenige zum „Gauck-Gucken“. Dabei hat der Bundespräsident doch sie ganz besonders im Fokus. „Der besondere Schatz“ eines Landes, das seien seine engagierten Bürger, betont der Bundespräsident und hebt immer wieder hervor, wie wichtig „der gelebte Bürgerwille“ für eine Demokratie sei. „Wir haben in den kommenden Jahren viel zu gestalten“, schickt Gauck dann noch eine Mahnung an die Politiker. Im Wahljahr 2013 sei leider zu erwarten, dass viele „das Glück oder das Elend in glühendsten Farben“ ausmalten. „Das wird für uns Bürger ein wenig stressig sein“, merkt der Präsident an. Aber die Republik habe ja „die bisherigen Wahlkämpfe überlebt“. Und sei auch mit teils unerwarteten Wahlausgängen fertig geworden – „es tobt dann kein Bürgerkrieg“. Um Krieg und Frieden geht es dann auch in der Lichtenbergschule – in der der Bundespräsident wie ein Popstar empfangen wird. In der Aula geht dann es mit den Leistungskursen Politik des 12. Jahrgangs jedoch um ernstere Fragen: Warum er in seiner Europarede nicht die antidemokratischen Tendenzen in Ungarn angesprochen habe, und warum Deutschland nicht den Rebellen in Syrien helfe, wollten die Schüler wissen. „Jaaa…“, sagt Gauck, und fügte hinzu: „Wie sage ich das jetzt diplomatisch…?“ Früher, als Bürgerrechtler in der DDR hätte er auch gesagt, „wir müssen da reingehen“, meint er mit Blick nach Syrien. Heute, als Bundespräsident müsse er vorsichtiger formulieren und mehrere Faktoren bedenken. Die lange Freundschaft zu Ungarn etwa, die eine öffentliche Rüge verbiete. Doch als Bouffier vor den Schülern das leise Eintreten für Menschenrechte propagiert, hakt Gauck ein: „Das können wir so nicht stehen lassen“. Es müsse auch ein deutliches Eintreten für die Wert geben, betont er. Manchmal allerdings, wie in Syrien, sei es eben so „dass wir das moralische Gebotene nicht tun können“, weil die Fronten zu unklar seien, bedauert Gauck. Die Zwänge des Amtes schränkten seine persönliche Freiheit enorm ein, antwortet der Bundespräsident auf eine weitere Frage. Freiheit, das könne aber auch die Freiheit sein, etwas aufzugeben – weil man für eine Aufgabe brenne. „Der Sinn des Lebens“, den könne man selbst gestalten, und vielleicht eines Tages sogar Bundespräsident werden. „Das geht aber nicht vom Zugucken“, mahnt Gauck: „Das geht nur vom Mitmachen.“ dapd (Politik/Politik)
Streiks verursachen 308 Flugausfälle in Düsseldorf und Köln/Bonn
Düsseldorf/Köln (dapd). Wegen eines erneuten Streiks des Sicherheitspersonals an den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn sind am Freitag Hunderte Flüge ausgefallen. In Düsseldorf hatten die Airlines bereits vor Beginn des Ausstands 233 der ursprünglich geplanten 609 Flüge aus dem Flugplan gestrichen, wie der Flughafen mitteilte. Darunter waren 185 Abflüge und 48 Ankünfte. Es kam zu spürbaren Beeinträchtigungen des Flug- und Abfertigungsbetriebs. Am Köln/Bonner Flughafen wurden 75 von 210 geplanten Flügen wegen des Streiks annulliert. Betroffen waren 51 Abflüge und 24 Ankünfte. Die Betreiber der beiden Flughäfen rieten Passagieren, möglichst auf Handgepäck zu verzichten, damit es bei der Abfertigung schneller geht. An beiden Airports legten die Beschäftigten ab 4.00 Uhr die Arbeit nieder. Die Streiks sollten bis Mitternacht dauern und hatten auch Auswirkungen auf andere Flughäfen. Seit Dezember wurden damit in Düsseldorf und Köln/Bonn an sieben Streiktagen insgesamt knapp 1.450 Flüge gestrichen. Kurz vor der vierten Runde der Tarifverhandlungen am Montag wollte die Gewerkschaft ver.di mit den Aktionen den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Auch Sicherheitskräfte in anderen Bereichen, darunter Beschäftigte des Landtags, waren zum Streik aufgerufen. Ver.di fordert für die 34.000 Beschäftigten im Wach- und Sicherheitsgewerbe in NRW Lohnerhöhungen zwischen 2,50 und 3,64 Euro pro Stunde. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) kritisierte die Privatisierung der Luftsicherheitskontrollen. „Das kommt davon, wenn man hoheitliche Aufgaben auf Teufel komm raus privatisiert, nur um ein paar Cent bei der Luftsicherheitsgebühr zu sparen, natürlich auf Kosten von Dumping-Löhnen und teilweise unzumutbaren Arbeitsbedingungen“, sagte der DPolG-Vorsitzende Ernst G. Walter. Die deutsche Reisebranche erklärte, die Streiks an deutschen Flughäfen verursachten einen wirtschaftlichen Schaden „in Millionenhöhe“. Ein Streik wirbele den Flugbetrieb durcheinander und belaste die Fluggesellschaften, sagte der Vorsitzende des Ausschusses Business Travel im Deutschen Reiseverband (DRV), Stefan Vorndran. Vor allem die Fluggäste seien die Leidtragenden. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Osrams holpriger Weg in die Selbstständigkeit
München (dapd). Auf dem Weg an die Börse wird Deutschlands größter Lichthersteller Osram erneut ausgebremst. Dieses Mal stoppten Klagen die Trennung vom Mutterkonzern Siemens. Am Freitag gab das DAX-Unternehmen bekannt, dass es mit der Selbstständigkeit Osrams im April nichts mehr wird. Denn vor einem Börsengang müsste der Konzern die Börsenpläne erst im Handelsregister von Berlin und München, den Siemens-Standorten, eintragen lassen. Die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage von Aktionären macht dies aber erst einmal unmöglich. Mit dem Gang zum Oberlandesgericht München versucht Siemens, im Rahmen eines Freigabeverfahrens die Registersperre sobald wie möglich aufzuheben. Doch bis die Richter entschieden haben, liegen die Börsenpläne auf Eis. Seit zwei Jahren schon gibt es in der Konzernspitze Pläne für die Selbstständigkeit von Osram. Unter Hinweis auf das „schlechte Marktumfeld“ musste das DAX-Unternehmen den im Frühjahr 2012 geplanten Börsengang zunächst um ein halbes Jahr verschieben. Im Sommer erteilte der Konzernvorstand einem öffentlichen Angebot, kurz IPO, dann eine Absage und entschied sich für einen Spin-off. Diesen Plan segneten die Siemens-Aktionäre auf der Hauptversammlung Ende Januar mit 98 Prozent Zustimmung ab. Allerdings wurden auch Widersprüche dagegen zu Protokoll gegeben – eine Voraussetzung für die Klage. Aktionäre werfen Siemens vor, wegen schlechter Akustik in der Münchner Olympiahalle die Ausführungen zum Börsengang nicht richtig verstanden zu haben. Beim geplanten Spin-off können Interessenten Osram-Aktien nicht zeichnen. Statt dessen bekommen die Anteilseigner des Mutterkonzerns für je zehn Siemens-Papiere eine Osram-Aktie dazu. Insgesamt werden es damit 88 Millionen Anteilsscheine sein. Sobald die Aktionäre diese ins Depot gebucht bekommen haben, können sie damit handeln. In dem Moment wird Osram auch an der Börse gelistet sein. Durch Angebot und Nachfrage wird sich ein Marktpreis bilden. Siemens verzichtet mit dieser Variante zwar auf Erlöse durch den Verkauf der Aktien, spart sich aber so den deutlich höheren Aufwand eines öffentlichen Börsengangs. So fallen teure Werbekampagnen weg. Denn Siemens muss die Käufer der Papiere ja nicht finden, sondern gibt die Aktien einfach an ihre Anteilseigner aus. Trotz allem müssen Siemens und Osram einiges vorbereiten. So brauchte Osram neben einer Investor-Relations-Abteilung auch eine eigene Lohnbuchhaltung. Außerdem muss das Unternehmen bei Investoren für sich werben. Insbesondere diejenigen, die große Aktienpakete an Siemens halten, sind interessant. Schließlich wäre es für einen guten Börsenstart von Vorteil, wenn nicht alle die neuen Osram-Aktien gleich wieder verkaufen würden. Fonds, die beispielsweise den DAX abbilden, müssen dies allerdings tun. Denn Osram wird nicht gleich in den größten deutschen Aktien-Index einziehen. Für sie sollte das Unternehmen andere Investoren finden. Mit einem Nettobuchwert von mehr als 2,3 Milliarden Euro gilt der MDAX der mittelgroßen Werte als realistisches Zwischenziel. Starke Konkurrenz und der Wandel im Lichtmarkt machen Osram zwar zu schaffen. Bis 2014 will das Unternehmen bis zu 8.000 Stellen streichen, zum Teil durch Werksverkäufe in Asien. Der bekannte Name und die große Tradition sprechen allerdings für das Unternehmen: Die Marke Osram gibt es seit 1906, und seit mehr als 93 Jahren ist Osram mit Siemens verbandelt. Die Auer-Gesellschaft, AEG und die Siemens & Halske AG legten 1919 ihre Glühlampenproduktion zusammen. Vor 35 Jahren wurde Siemens alleiniger Gesellschafter. Ganz trennen will sich der Technologiekonzern auch nicht von Osram: 19,5 Prozent der Aktien sollen bei Siemens verbleiben. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Mit Medikamenten belastetes Putenfleisch in NRW verarbeitet
Düsseldorf (dapd-nrw). Mit Medikamenten belastetes Putenfleisch ist aus Rumänien nach Deutschland geliefert und hier verarbeitet worden. Das teilte das nordrhein-westfälische Verbraucherschutzministerium am Freitag in Düsseldorf mit. Demnach wurden im Juni 2012 etwa 19,5 Tonnen tiefgefrorenes Putenfleisch aus Rumänien zu einer Handelsfirma nach Münster geliefert und über einen Betrieb im Kreis Warendorf weiterverarbeitet. Der zulässige Grenzwert für Antibiotika sei darin teilweise deutlich überschritten worden. Eine akute Gesundheitsgefährdung durch den Verzehr besteht laut Ministerium aber nicht. Obwohl eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des rumänischen Exporteurs vorliege, sei bei zwei Eigenkontrollen ein erhöhter Gehalt eines Antibiotikums festgestellt worden. Das unter anderem zu Großpackungen von 2,5 Kilogramm „Putenbrust, gebraten, Tandoori, mariniert, in Streifen“ weiterverarbeitete Fleisch sei in mehreren Bundesländern sowie in Österreich und Großbritannien vertrieben worden. Dem Ministerium zufolge ist davon auszugehen, dass ein Großteil der Ware bereits verzehrt wurde. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Schwere Niederlage des Rechtsstaates
Berlin (dapd-lth). Diesmal fasst sich Otto Schily kurz: Nur ein paar Minuten dauert am Freitag das Eingangsstatement des SPD-Politikers im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages. 2005 hatte der damalige Bundesinnenminister von seinem Zeugenrecht noch ausgiebig Gebrauch gemacht und vor dem Visa-Untersuchungsausschuss ein rekordverdächtiges Eingangsstatement von fünf Stunden und zehn Minuten ohne Unterbrechung hingelegt. Der wichtigste Satz steht diesmal fast am Anfang: „Ich übernehme die politische Verantwortung“. Eine Verantwortung Schilys für die falsche Ermittlungsrichtung bei der Aufklärung des Nagelbombenanschlags von Köln im Jahre 2004. Damals war ein terroristischer Hintergrund verneint und nur in Richtung organisierter Kriminalität ermittelt worden. Sieben Jahre später stellte sich heraus, dass es die rechte Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund NSU war. 80 Jahre ist Schily heute alt. Sein Statement hält er mit fester Stimme, auch mit Erinnerungslücken redet sich der frühere Innenminister nicht heraus. „Inzwischen wissen wir, dass das ein schwerwiegender Irrtum war“, sagt er beispielsweise zu der ersten Annahme, dass dieser Anschlag ein Produkt rivalisierender türkischer Banden gewesen war. Das Versagen der Ermittlungsbehörden bei der Aufklärung dieser Taten bezeichnet Schily als „schwere Niederlage des Rechtsstaates“. Was war passiert? Am 9. Juni 2004 hatten unbekannte Täter vor einem Frisiersalon im Kölner Stadtteil Mülheim einen auf einem Fahrrad deponierten Sprengkörper gezündet. Mehrere Hundert Zimmermannsnägel flogen wie kleine Geschosse umher und verletzten 22 Menschen. Als dringend tatverdächtig galten zwei Männer, die mit dem Fahrrad kurz vor der Explosion von einer Überwachungskamera in Tatortnähe aufgenommen wurden. Laut Erkenntnissen von Profilern mussten die Täter eine enge Beziehung zu dem überwiegend von Türken bewohnten Viertel haben. Vier Wochen nach dem Anschlag verfasste das Bundesamt für Verfassungsschutz dann ein Dossier zum Thema Rechtsextremismus, dessen Theorieteil sich mit den Erkenntnissen deckte, die man später über das NSU-Trio und seine Arbeitsweise gewonnen hatte. Im Personenteil wurden die Bombenbastler Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe sogar namentlich genannt – allerdings „falsch bewertet“ nach dem Motto, „die sind untergetaucht und nicht mehr in Erscheinung getreten“. Schily ist das alles offenkundig peinlich, denn 2004 bestand offenkundig die Möglichkeit, an das Terror-Trio heranzukommen. Das hatte zu diesem Zeitpunkt schon fünf Morde begangen. War es nur ein fehlendes Bekennerschreiben, das zu dieser falschen Einschätzung der Ermittlungsbehörden führte, wollen die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss wissen? „Das war damals sicherlich schon eine zu enge Betrachtungsweise“, sagt Schily. Und: Rechtsextremismus sei unter Rot-Grün mit Sicherheit nie ausgeblendet worden. „Nur das Ausmaß der Bedrohung ist nicht erkannt worden.“ Was genau zu dieser falschen Kölner Fährte führte, bleibt am Freitag trotz mehrstündiger Befragung von Schily weiter unklar. Schon damals hatten selbst 600.000 Euro Belohnung nicht zu einem verwertbaren Ergebnis geführt. Vielmehr wurden Kurden als Täter angenommen oder eine Auseinandersetzung unter Schutzgelderpressern. „Nur Neonazis als Täter wurden ausgeschlossen“, schreibt verbittert eine Anwohnerin der Kölner Keupstraße an den Ausschuss. Die Kurdin schließt mit den Worten: „Ich wünsche mir, dass wir endlich als Teil der Gesellschaft gesehen werden.“ dapd (Politik/Politik)
Mammut-Verfahren in Mini-Gerichtssaal
München (dapd). Mehr als 70 Opferangehörige, eine Armada von Verteidigern und Staatsanwälten, über hundert Pressevertreter und Zuschauer. Dazu fünf Berufsrichter, die über die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und ihre vier angeblichen Helfer urteilen sollen. Es wird eng im überschaubaren Münchner Schwurgerichtssaal 101, in dem von 17. April an die zehn Morde des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) juristisch aufgearbeitet werden sollen. Platzangst dürfen die Prozessbeteiligten jedenfalls nicht haben – und viel Sitzfleisch brauchen sie auch: Denn das Verfahren vor dem Oberlandesgericht wird wesentlich länger dauern als zunächst angenommen. Die bislang angesetzten 86 Verhandlungstage bis Januar 2014 werden „bei weitem nicht ausreichen“, wie Gerichtspräsident Karl Huber am Freitag betonte. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl rechne mit einer Dauer von bis zu zweieinhalb Jahren. Gründe dafür sind die umfangreiche, 500-seitige Anklageschrift sowie die schwierige Beweisführung: Vom NSU-Terrortrio, dem Morde an neun ausländischstämmmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin zugerechnet werden, lebt nur noch das mutmaßliche Mitglied Beate Zschäpe. Die als Haupttäter geltenden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt haben sich das Leben genommen. Zudem haben die 71 Nebenkläger und ihre 49 Anwälte jederzeit das Recht, sich zu Wort zu melden und Anträge zu stellen. Das wohl spektakulärste Verfahren in Deutschland seit dem RAF-Prozess finde unter „sehr schwierigen Bedingungen“ statt, räumte der Gerichtspräsident ein. Angst und bange wird ihm aber nicht, wenn die Welt von Mitte April an auf die bayerische Landeshauptstadt schaut. Er habe „keinen Zweifel“, dass der Prozess nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ablaufen und die berechtigten Erwartungen der überwiegend türkischen Hinterbliebenen erfüllen werde. Huber verteidigte den Schwurgerichtssaal 101, der nach einem 700.000 Euro teuren Umbau mindestens 230 Plätze bieten soll. „Das ist der größte Sitzungssaal der Münchner Justiz“, sagte er. Ein externer Saal mit weitaus mehr Plätzen sei auch nicht sinnvoll, da das Verfahren sonst nicht mehr „beherrschbar“ sei. Außerdem komme ein anderer Ort für den Prozess aus Sicherheitsgründen nicht infrage. „Bisher ist viel zu wenig gesehen worden, dass für dieses Strafverfahren ein erhebliches Gefährdungspotenzial im Hinblick auf Anschläge gegeben ist“, sagte Huber. Konkrete Pläne von Neonazis seien den Behörden bislang aber nicht bekannt. Wie hoch die Gefahr eingeschätzt wird, zeigt etwa, dass die Generalbundesanwaltschaft vor dem Prozess weder die Anzahl noch die Namen ihrer Vertreter nennen wird. Das stellte ihr Pressesprecher Marcus Köhler klar. Für die Sicherheit im Saal sollen Polizisten sorgen, die im Bereich der Anklagebank platziert werden, die noch aufgebaut werden muss. Die Hälfte der Umbaukosten werden von der aufwendigen Technik verschlungen, die eigens für den Prozess installiert wird: Eine Tonanlage für die Simultanübersetzung in türkische Sprache sowie eine Leinwand und Bildschirme, auf denen die Gesichter der gerade aufgerufenen Zeugen zu sehen sein werden. Eine Fernsehübertragung für die Medien in einen Nebenraum wie im Prozess gegen den norwegischen Massenmörder Anders Behring Breivik sei nach deutschem Recht nicht möglich, erklärte Huber. „Das wäre ein Revisionsgrund.“ Insofern werden die meisten der 286 Journalisten, die sich bislang für den Prozess angemeldet haben, das Nachsehen haben. Nach derzeitigem Stand werden wahrscheinlich 85 Akkreditierungswünsche erfüllt. dapd (Politik/Politik)
Bildungsministerin Wanka will BAföG neu regeln
Berlin (dapd). Bundesbildungsministerin Johanna Wanka will die Ausbildungsförderung (BAföG) für Studenten und Schüler umfassend reformieren. Die CDU-Politikerin schlug in der „Süddeutschen Zeitung“ eine Anhebung der Altersgrenzen vor. Außerdem könnten auch Teilzeitstudenten künftig in den Genuss der Förderung kommen. Die heutigen Regeln hält Wanka für veraltet: „Das BAföG geht heute teilweise an der Lebenswirklichkeit vorbei“, sagte sie. Die Ausbildungsförderung tragen Bund und Länder gemeinsam. Deshalb stehe es nicht in der Macht der Bundesministerin, allein über eine Reform zu entscheiden, sagte Wankas Sprecherin Katharina Koufen am Freitag in Berlin. Es seien Gespräche mit den Ländern erforderlich. Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz berate darüber im April. Noch gebe es keine Zahlen und keine konkreten Vorschläge. Wanka ist erst seit einem Monat im Amt. Die CDU-Politikerin wies darauf hin, dass die Studentenschaft vielschichtiger wird. Manche studierten neben der Arbeit oder erst, wenn sie eine andere Ausbildung abgeschlossen haben. Dem soll sich das BAföG anpassen. „Die Förderung muss weiter geöffnet werden“, sagte Wanka. Zugleich erteilte sie pauschalen Erhöhungen mit Verweis auf fehlendes Geld in den Kassen des Staates eine Absage. Fast jeder dritte Student erhält BAföG in Form eines Zuschusses plus ein zinsloses Darlehen. Im Schnitt sind es monatlich 436 Euro. Das Deutsche Studentenwerk begrüßte den Vorstoß Wankas. „Am besten wäre es, wenn noch bis zum kommenden Wintersemester 2013/2014 eine BAföG-Novelle auf den Weg gebracht werden kann“, sagte Präsident Dieter Timmermann. Die letzte Erhöhung sei im Jahr 2010 gewesen. Angesichts der Entwicklung von Preisen und Einkommen werde „voraussichtlich eine Erhöhung im zweistelligen Bereich erforderlich sein“, erklärte Timmermann. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kritisierte: „Wanka zeigt mit ihren Aussagen, dass sie nicht an ihre eigene Gestaltungsmacht als Bildungs- und Forschungsministerin glaubt.“ Der Vorschlag, das BAföG ein wenig zu reformieren, sei kümmerlich. Die Ausbildungsförderung müsse schnell angehoben und „endlich besser, gerechter, verlässlicher und leistungsfähiger“ werden. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock nannte das BAföG „das Geländer für den sozialen Aufstieg im Bildungssystem“. Aber noch immer studierten zu viele junge Menschen nur deshalb nicht, weil das Einkommen ihrer Eltern knapp über der BAföG-Bemessungsgrenze liege, ihre Eltern aber das Studium nicht finanzieren könnten. „Deshalb müssen auch die BAföG-Bedarfssätze und Freibeträge regelmäßig der Einkommensentwicklung angepasst werden.“ Die Linke im Bundestag kritisierte Wankas Pläne als unausgegoren. „Das BAföG reformieren zu wollen und gleichzeitig höhere BAföG-Sätze auszuschließen, passt nicht zusammen“, sagte die hochschulpolitische Sprecherin Nicole Gohlke. Für eine Anpassung der Förderung an die Lebenswirklichkeit der Studierenden brauche es eine tiefgreifende Reform. dapd (Politik/Politik)