Karlsruhe (dapd). Der Bundesgerichtshof hat die Verurteilung der Mitglieder des sogenannten Grauzementkartells bestätigt. Der Kartellsenat des BGH in Karlsruhe reduzierte in seinem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss aber die verhängten millionenschweren Bußgelder gegen die beteiligen Unternehmen um fünf Prozent – wegen einer „rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung“. Das Bundeskartellamt hatte 1987 ein vor allem in Süddeutschland tätiges Grauzementkartell aufgedeckt und die beteiligten Unternehmen mit erheblichen Geldbußen belegt. 2002 stellte das Kartellamt dann Marktabsprachen und damit neuerliche Kartellrechtsverstöße von Grauzement-Herstellern fest und erließ Bußgeldbescheide. Die Sache ging schließlich vor Gericht. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verhängte im Juni 2009 wegen eines Verstoßes gegen das Kartellverbot gegen die Unternehmen Geldbußen in Millionenhöhe, und zwar gegen Holcim in Höhe von 14,6 Millionen Euro, gegen HeidelbergCement in Höhe von knapp 170 Millionen Euro, gegen Lafarge Zement in Höhe von 24 Millionen Euro und gegen Schwenk Zement in Höhe von 70 Millionen Euro. Der BGH bestätigte jetzt die Festsetzung der Geldbußen weitgehend, reduzierte diese aber um fünf Prozent. Denn nachdem gegen das OLG-Urteil Rechtsbeschwerden eingelegt und begründet worden waren, seien rund 20 Monate vergangen, bis die Akten dem Generalbundesanwalt vorgelegt worden waren. Dies sei eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung. Für Unternehmen liege die Belastung durch eine längere Verfahrensdauer im Rückstellungsbedarf für die verhängten Geldbußen, urteilte der BGH. (Aktenzeichen: Bundesgerichtshof KRB 20/12) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
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GM setzt voll auf Opel
Rüsselsheim (dapd). Die Konzernspitze von General Motors (GM) verspricht ihrer deutschen Tochter Opel eine rosige Zukunft und startet eine milliardenschwere Europaoffensive. „In Deutschland und Europa werden wir bis 2016 vier Milliarden Euro investieren“, erklärte Konzernchef Dan Akerson nach einer Sitzung des obersten Konzernverwaltungsrats am Mittwoch in Rüsselsheim. Gemeinsam mit der britischen Schwestermarke Vauxhall werde Opel in den kommenden vier Jahren in Europa 23 Modellpremieren und 13 neue Motoren vorführen, kündigte Akerson an. Das oberste Führungsgremium des größten amerikanischen Autokonzerns tagt regelmäßig auch außerhalb der USA. Das Treffen in Rüsselsheim war das erste in Deutschland seit 1989. An Opels Traditionsstandort sagte Akerson, die Rüsselsheimer Tochter werde zur Mitte des Jahrzehnts wieder schwarze Zahlen schreiben. „Ich bin überzeugt, wir sind auf dem richtigen Weg, das Unternehmen zu sanieren.“ Auch das Opel-Entwicklungszentrum werde in Rüsselsheim bleiben, „im Netzwerk der GM-Ingenieure“, sicherte Akerson zu. Opel-Autos sollen auch außerhalb Europas fahren GM bietet die Marke Opel derzeit nur auf wenigen außereuropäischen Märkten an. Auch hier machte der GM-Chef der Belegschaft neuen Mut. „Opel kann außerhalb Europas dort verkauft werden, wo es geschäftlich sinnvoll ist“, sagte Akerson. Nach Auskunft eines Rüsselsheimer Managers sind damit Märkte in Südamerika und im Nahen Osten gemeint. Der Opel-Aufsichtsratsvorsitzende Steve Girsky ergänzte, GM werde sich trotz des von der Belegschaft abgelehnten Sanierungskonzepts auch am Standort Bochum weiter engagieren. Und Opel-Vorstandschef Karl Thomas Neumann kündigte ein neues Kapitel in der „stolzen Geschichte“ des Unternehmens an. „Ich will die Marke wieder zu altem Glanz zurückführen, zu der Größe, die sie verdient.“ Anders als Akerson nannte Neumann als Zeitspanne für die Einführung der neuen Modelle und Motoren fünf Jahre – der GM-Chef hatte „bis 2016“ gesagt. Opel-Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug begrüßte die Detroiter Offensive. „GM wird uns durch die schwere Zeit durchfinanzieren“, sagte der Belegschaftsvertreter. Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) wertete die GM-Erklärung als „starkes Signal“. Besuche bei Dreyer, Bouffier und Merkel Am Dienstag war die GM-Spitze mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zusammengetroffen und wurde am Mittwoch von Bouffier begrüßt. „Kein Unternehmen investiert vier Milliarden Euro, wenn es nicht an die eigene Zukunft glaubt“, zeigte sich der Politiker in Rüsselsheim optimistisch. Für Donnerstag ist ein Treffen der Konzernspitze mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geplant. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Siemens kann Osram-Abspaltung weiter vorantreiben
München (dapd). Der Münchner Technikkonzern Siemens kann die geplante Abspaltung seiner Licht-Tochter Osram weiter vorantreiben. Am Mittwoch hob das Oberlandesgericht München eine gegen die Eintragung des Unternehmens in das Handelsregister erwirkte Sperre auf. Der Vorsitzende Richter Martin Kainz begründete die Entscheidung damit, dass der Abspaltungsbericht sehr umfänglich sei und auch Alternativen enthalte. Zudem hätten sich die klagenden Aktionäre auf der Hauptversammlung nicht mit Fragen zu Wort gemeldet und damit ihre „elementaren Rechte“ nicht in Anspruch genommen. Eine Gruppe von Siemens-Aktionären versucht, die Abspaltung von Osram aus formalen wie auch inhaltlichen Gründen gerichtlich zu verhindern. Dazu hatten sie vor dem Landgericht auch Klage gegen die geplante Abspaltung selbst erhoben. Dieses Verfahren ist von der nun getroffenen Entscheidung unabhängig. Ein erster Verhandlungstermin wurde für Ende Juni anberaumt. Im nun entschiedenen Verfahren ging es darum, ob Siemens die angestrebte Abspaltung in die Handelsregister in München und Frankfurt am Main eintragen lassen und damit eine wichtige Voraussetzung für den Schritt erfüllen kann. Die acht Kläger hatten dagegen auf eine Reihe formaler Fehler hingewiesen. So sei Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser auf der Hauptversammlung bei seinen Erläuterungen zur geplanten Abspaltung „nicht zu verstehen“ gewesen. Sie bemängeln zudem, dass über die tatsächliche wirtschaftliche Situation von Osram, aber auch über Chancen und Risiken „nicht hinreichend aufgeklärt“ worden sei. (Quelle: Dow Jones Newswires) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Verbraucher müssen mit steigenden Brötchenpreisen rechnen
Berlin (dapd). Brot und Brötchen werden voraussichtlich teurer. Die gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten müssten wahrscheinlich an die Verbraucher weitergegeben werden, sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks, Peter Becker, am Mittwoch in Berlin. Es sei deshalb mit einer „leichten Preiserhöhung“ zu rechnen. Auch die Konkurrenz durch Backautomaten in Discountern mache den Bäckereien zu schaffen. Durch die verschärfte Wettbewerbssituation bei Backwaren ging die Zahl der Betriebe den Angaben zufolge seit 2005 um rund 20 Prozent auf 13.666 zurück. Jedoch sei das Bäckerhandwerk optimistisch, sagte der Verbandspräsident. Zwar gebe es im Zuge des Konzentrationsprozesses weniger Unternehmen und weniger Angestellte, jedoch stiegen der Umsatz und die Beschäftigtenzahl je Betrieb. Die durchschnittliche Mitarbeiterzahl pro Firma legte von 16,4 im Jahr 2005 auf 21,2 im vergangenen Jahr zu. Der durchschnittliche Jahresumsatz je Betrieb erhöhte sich im vergangenen Jahr um 20.000 auf 962.000 Euro. Das Bäckerhandwerk beschäftigte im vergangenen Jahr den Angaben zufolge 290.000 Mitarbeiter, etwa 2.400 weniger als im Jahr zuvor. Der Gesamtumsatz sank im selben Zeitraum von 13,35 Milliarden auf 13,14 Milliarden Euro. Trend zum Singlehaushalt kommt Bäckern zugute Über die vergangenen fünf Jahre hinweg verzeichnete das Handwerk jedoch ein Umsatzplus um zwei Prozent. Für das erste Quartal 2013 rechne das Bäckerhandwerk mit stabilen Umsätzen, sagte Becker. Dem Trend zum Singlehaushalt verdanken die deutschen Bäcker die Marktführerschaft im Außer-Haus-Verzehr. Mit 991,1 Millionen Gästen liegen Bäckereien den Angaben in diesem Segment an der Spitze noch vor Fastfood-Ketten. Ebenso wie andere Branchen hat auch das Bäckerhandwerk Nachwuchssorgen. Zwischen 2005 und 2011 ging die Zahl der Auszubildenden um 14,2 Prozent auf 29.808 zurück. Nach wie vor seien andere Berufe bei Schulabgängern beliebter, sagte Becker. Mit einer Nachwuchskampagne unter dem Motto „Back-Dir-Deine-Zukunft“ will der Zentralverband diesem Trend entgegenwirken. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Futtermittelhersteller aus Damme wegen Dioxin-Skandals vor Gericht
Vechta (dapd). Wegen des Dioxin-Skandals aus dem Jahr 2011 hat der erste Prozess begonnen. Zwei ehemalige geschäftsführende Vorstände der Landwirtschaftlichen Bezugsgenossenschaft Damme müssen sich seit Mittwoch vor dem Amtsgericht Vechta verantworten, wie eine Sprecherin des Gerichts mitteilte. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg wirft den Männern Verstöße gegen das Lebensmittel- und Futterrecht und eine Verletzung der Unterrichtungspflicht vor. Der Prozess im niedersächsischen Vechta ist bundesweit das erste Verfahren im Zuge des Skandals. Die Genossenschaft aus dem Landkreis Vechta soll im Jahr 2010 mit Dioxin belastetes Futterfett von dem Unternehmen Harles und Jentzsch aus Schleswig-Holstein erhalten und weiterverarbeitet haben. Laut Staatsanwaltschaft hatten die Verantwortlichen aus Damme spätestens seit dem 23. Dezember 2010 Kenntnis von einer Belastung der verarbeiteten Fette. Als Anfang 2011 der Dioxin-Skandal hochkochte, hätten sie ihre Futtermittel gegenüber Kunden dennoch als unbedenklich bezeichnet. In Niedersachsen mussten im Januar 2011 wegen des Dioxin-Skandals 4.500 Agrarbetriebe vorübergehend gesperrt werden. Als Reaktion auf den Dioxin-Skandal hatte die Bundesregierung ein Gesetz auf den Weg gebracht, wonach Futtermittelhersteller künftig Versicherungen gegen Schäden durch verseuchtes Futter abschließen müssen. Das Umweltgift Dioxin gilt als krebserregend. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Norddeutsche Regierungschefs setzen weiter auf Offshore-Energie
Bremen (dapd). Ein Ausstieg aus der Windkraft auf hoher See hätte nach Ansicht der Regierungschefs der fünf norddeutschen Bundesländer fatale Folgen. „Wir brauchen Offshore für den Erfolg der Energiewende, sonst wird sie scheitern“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig am Mittwoch auf einer Konferenz der Nord-Regierungschefs (alle SPD) in Bremen. Mit der Forderung an die Bundesregierung nach Sicherheit und verlässlichen Rahmenbedingungen gingen die Ministerpräsidenten und Bürgermeister auseinander. Die mageren Ergebnisse des jüngsten Energiegipfels bei der Bundeskanzlerin und Forderungen nach einem Offshore-Ausstieg gefährdeten die Ziele und führten zu einer wachsenden Unsicherheit in der Industrie, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Das sei „Gift“ für die Branche, fügte er an. Strom von der See werde schon in wenigen Jahren eine verlässliche und preiswerte Energiequelle sein. Die mangelnde Unterstützung des Bundes beklagte auch Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen. Investoren würden Finanzzusagen zurücknehmen, Windkraftprojekte aufgeschoben. „Wir sind in großer Sorge, dass die Energiewende gegen die Wand gefahren wird“, sagte er als Gastgeber der Konferenz. Sellering: Nicht zu viel Porzellan zerschlagen Die nationale und „existenzielle“ Bedeutung von Energiewende und Offshore-Projekten hob Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering hervor. „Wenn wir es hinbekommen, können wir auch die Nachbarländer überzeugen, die noch auf Atom setzen“, fügte er an. Es fehle allerdings an Unterstützung aus Berlin. Vom Bund sei bisher nichts gekommen, bis zur Bundestagswahl sei damit auch nicht mehr zu rechnen. Bis dahin müsse verhindert werden, dass „zu viel Porzellan zerschlagen wird“, sagte Sellering. Ähnlich äußerte sich Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz. „Es geht um das ganze Land“, sagte er. Dafür müssten neben den Rahmenbedingungen auch die Netzanbindung der Offshore-Parks sichergestellt werden. Die Politiker hatten sich zunächst untereinander und im Laufe des Tages auch mit Vertretern von Industrie- und Handelskammern (IHK) sowie Unternehmerverbänden der fünf Länder ausgetauscht. Politik und Wirtschaft waren sich in ihren Forderungen zu Energiewende und Offshore weitgehend einig, hieß es. „Es gibt in Deutschland keine regenerative Energie, die so konstant ist wie der Wind in Norddeutschland“, sagte der Präsident der IHK Bremerhaven, Ingo Kramer. dapd (Politik/Politik)
Umwelthilfe rügt erneut Dienstwagen von Spitzenpolitikern
Berlin (dapd). Sieben Jahre nach ihrer ersten „Klimakiller“-Studie hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erneut viele Spritfresser unter den Dienstwagen der deutschen Spitzenpolitiker ausgemacht. Nach wie vor seien eine große Mehrheit der Bundesminister und Regierungschefs der Länder mit überdimensionierten und besonders klimaschädlichen Autos unterwegs, sagte der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch am Mittwoch in Berlin. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) fährt demnach den klimaschädlichsten Wagen des Bundeskabinetts. Ihr Mercedes stößt den Angaben zufolge 193 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer aus. Möglicherweise habe sie während ihrer noch kurzen Amtszeit nicht als erstes den Dienstwagen wechseln können, sagte Resch. Deutlich weniger, nämlich 148 Gramm pro Kilometer, sind es beim BMW des Entwicklungsministers. Dirk Niebel (FDP) ist damit im Kabinett aus Sicht der Umwelthilfe am umweltfreundlichsten unterwegs. Die DUH nahm sich zum siebten Mal die Dienstwagen von Bundeskabinett und Landesregierungen vor. Dabei schaut sich die Organisation unter anderem den Ausstoß an klimaschädlichem Kohlendioxid, die Motorleistung und den Spritverbrauch an. Bei mehreren Dienstfahrzeugen wird das klimaschädlichste gewertet. Die Bundeskanzlerin sowie Außen-, Innen-, Finanz- und Verteidigungsminister werden nicht berücksichtigt, da ihre Autos besonders gesichert sein müssen, was Kraftstoffverbrauch und Schadstoffausstoß beeinflusst. „Klimakiller“ nicht mehr zeitgemäß Resch wollte das Argument nicht gelten lassen, dass viele Politiker schlicht nicht die Möglichkeit hätten, auf umweltfreundlichere Modelle umzusteigen. Es gebe kein Argument mehr für den Einsatz von „Klimakiller-Dinos“, betonte er. Besonders enttäuschend sei das schlechte Abschneiden des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne). Dessen Mercedes sei mit Kohlendioxid-Werten von 193 Gramm je Kilometer unterwegs. Dafür erhielt er die „Rote Karte“ der DUH, wird also als besonders klimaschädlich eingestuft. Den letzten Platz unter den Landeschefs belegt Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). Sein Audi bekommt für 277 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ebenfalls die „Rote Karte“. Am besten schnitt der Dienstwagen des Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD) mit durchschnittlich 146 Gramm Kohlendioxid je Kilometer ab. Ohnehin hätten alle Mitglieder des Hamburger Senats den EU-Zielwert von 130 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer unterschritten, lobte Resch. So kamen Scholz und seine Senatskollegen mit ihren Wagen durchschnittlich auf 128 Gramm pro Kilometer. dapd (Politik/Politik)
Wegschauen als gesamtdeutsches Phänomen
Berlin (dapd). Der Rechtsextremismus wird nicht nur in Ostdeutschland verharmlost. Auch in den alten Bundesländern sähen Polizei, Justiz und Abgeordnete oft darüber hinweg, wenn sich rechtsextreme Strukturen bilden, sagte die Politikwissenschaftlerin und Journalistin Marion Kraske am Mittwoch bei der Vorstellung ihres Reports für die Amadeu Antonio Stiftung über Rechtsextreme im Westen. Stiftungsschirmherr Wolfgang Thierse sagte, in Westdeutschland gebe es dringenden Handlungsbedarf. „Quer durch die Republik machen es Polizei, Justiz und Politiker rechten Demokratiefeinden allzu einfach, immer mehr gesellschaftlichen Raum einzunehmen, indem sie demokratische Werte nur halbherzig verteidigen“, sagte Kraske. „Auch dort, wo man sich lange Zeit immun glaubte: Im Westen der Republik.“ In Westdeutschland sei jahrelang reflexartig nach Osten gezeigt worden, wenn das Problem Rechtsextremismus zur Sprache kam. Westdeutsche Politiker hätten bei rechtsextremen Straftaten oft erklärt, die Täter seien aus dem Osten angereist. Kraskes Studie „Staatsversagen. Wie Engagierte gegen Rechtsextremismus im Stich gelassen werden. Ein Report aus Westdeutschland“ listet zahlreiche Fälle auf, in denen die Behörden im alten Bundesgebiet Aktivitäten von Rechtsextremen nur halbherzig verfolgen. Projekte gegen Rechts würden dagegen ausgebremst, Bürgerinitiativen als Linksradikale oder Nestbeschmutzer verleumdet, heißt es darin. Polizei ermittelt lustlos So hätten sich die Behörden sehr schwergetan, einen Angriff bewaffneter Neonazis auf eine Kinovorführung des Films „Das braune Chamäleon“ in Wuppertal als politisch motivierten Gewaltakt zu werten und zu verfolgen. Obwohl der Angriff vor etwa 100 Zeugen erfolgt sei, habe die Polizei erklärt, sie habe keine beweiskräftige Zuordnung von Taten und Tatverdächtigen ermitteln können. Als die Initiatoren des Films, das Medienprojekt Wuppertal, die Wiederaufnahme der Ermittlungen forderten, habe die Polizei von ihnen verlangt, selbst Zeugen ausfindig zu machen, die einen rechtsextremen Angriff belegen könnten, sagte Projektmitarbeiter Norbert Weinrowsky. Erst als das ZDF-„heute journal“ über den Vorfall berichtet habe, sei binnen Stunden Bewegung in die Sache gekommen. Wuppertals Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) habe dem ZDF schlechte Recherche vorgeworfen. Grüne fordern Umdenken Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth forderte westdeutsche Politiker zum Umdenken auf. Diese hätten bislang mit dem Finger nur nach Ostdeutschland gezeigt. „Die Studie der Amadeu Antonio Stiftung zeigt, wie sehr sich Rechtsextreme auch in Westdeutschland ausbreiten, Gewalt schüren und ihre widerliche Ideologie propagieren“, sagte sie. Bundestagsvizepräsident Thierse (SPD) kritisierte, dass es im Westen keine flächendeckende Opferberatung gebe. Es fehlten dauerhafte und verlässliche Strukturen gegen rechte Gewalt. Die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, sagte, rassistische Haltungen seien in Polizei und Justiz ebenso verbreitet wie im Rest der Gesellschaft. „Viele Jahre wurde der Rechtsextremismus fast nur mit Ostdeutschland verbunden. Dabei konnten sich im Westen des Landes unbemerkt rechte Netzwerke und Kameradschaftsstrukturen verfestigen.“ Zwar werde der Rechtsradikalismus auch in Ostdeutschland weiter verharmlost, doch werde der öffentliche Druck gegen solche Strukturen dort inzwischen professioneller organisiert. Rassismus als Einstiegsdroge Allgemein bestehe das Problem vor allem darin, dass in Deutschland kaum über Rassismus gesprochen werde, sagte Kahane. Dieser sei aber in der Gesellschaft weitverbreitet und die „Einstiegsdroge in den Rechtsradikalismus“. Die 1998 gegründete Stiftung ist nach Amadeu Antonio benannt, der 1990 von rechten Jugendlichen im brandenburgischen Eberswalde zu Tode geprügelt wurde. (Download der Studie: http://url.dapd.de/RdWGPf ) dapd (Politik/Politik)
Schwarz-Gelb im Umfrage-Höhenflug
Hamburg (dapd). Schwarz-Gelb kann sich nach einer aktuellen Umfrage Hoffnungen auf eine zweite Amtszeit machen. Die SPD und ihr Kanzlerkandidat Peer Steinbrück fallen dagegen in der Wählergunst weiter zurück. Die SPD-Linke ruft nach einem offensiveren Kurs. Zum ersten Mal seit mehr als drei Jahren haben Union und FDP in dem am Mittwoch veröffentlichten wöchentlichen Wahltrend des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Magazins „Stern“ und des Fernsehsenders RTL wieder eine eindeutige Mehrheit. Union und FDP können damit auf eine Fortführung ihres Regierungsbündnisses nach der Bundestagswahl im Herbst hoffen. In der Umfrage gaben 41 Prozent der Bürger an, sie wollten die Union wählen – ein Punkt mehr als in der Woche zuvor. Für die FDP würden sich sechs Prozent entscheiden, ebenfalls ein Gewinn von einem Punkt. Fünfeinhalb Monate vor der Bundestagswahl am 22. September kommt Schwarz-Gelb damit auf einen Wert von 47 Prozent. Dies ist den Angaben zufolge für beide zusammen der beste Wert seit Ende 2009. Erstmals seit diesem Zeitpunkt sind die Regierungsparteien damit auch stärker als SPD, Grüne und Linke zusammen, die auf 46 Prozent kommen. SPD fällt auf Niveau von 2009 zurück Die SPD fällt im Wahltrend um einen Punkt auf 23 Prozent und liegt damit kurz vor ihrem Programmparteitag am Sonntag in Augsburg wieder auf dem Niveau ihres historisch schlechten Abschneidens bei der Bundestagswahl im September 2009. Die Grünen sinken ebenfalls um einen Punkt auf 14 Prozent. Die Linke steigt um einen Punkt und erreicht zum zweiten Mal in diesem Jahr neun Prozent. Auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück liegt laut einer „Stern“-Umfrage weiterhin weit abgeschlagen hinter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Ihn würden bei einer Direktwahl 19 Prozent zum Kanzler wählen. 57 Prozent würden sich für Merkel entscheiden. Nach der Umfrage halten Steinbrück 34 Prozent der Bürger für vertrauenswürdig. Zudem sagen nur 40 Prozent, Steinbrück kämpfe für soziale Gerechtigkeit – obwohl dies das Kernthema der SPD ist. SPD-Linke fordert Aufbruchsignal vom Parteitag Schleswig-Holsteins Landeschef Ralf Stegner, einer der führenden Parteilinken, forderte eine aggressivere Gangart im Wahlkampf: „Einen Kuschelwahlkampf können wir uns nicht leisten“, sagte er „Spiegel Online“. Der Bundesparteitag am Sonntag in Augsburg müsse „der Auftakt der Zuspitzungsphase werden“. Er forderte: „Rot-Grün gegen Schwarz-Gelb, diese Alternative müssen wir klarer benennen.“ Auch der SPD-Spitzenkandidat für die ebenfalls im Herbst stattfindende Landtagswahl in Hessen, Thorsten Schäfer-Gümbel, setzt darauf, dass die Sozialdemokraten nach dem Parteitag in den Wahlkampfmodus schalten. „Wir kämpfen für drei Themen: Arbeit, soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit. Da können wir noch deutlicher Gas geben und selbstbewusst auftreten“, sagte der ebenfalls dem linken Parteiflügel zugerechnete Politiker „Spiegel Online“. Für den Wahltrend wurden 2.002 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger vom 2. bis 5. April 2013 befragt. Für die Steinbrück-Umfrage wurden ebenfalls von Forsa 1.004 Bürger am 3. und 4. April 2013 befragt. dapd (Politik/Politik)
Studie zeigt Mängel beim Kampf gegen Rechtsextremismus im Westen auf
Berlin (dapd). Die Verharmlosung des Rechtsextremismus ist laut einer Studie nicht auf Ostdeutschland beschränkt. Auch in den alten Bundesländern sähen Polizei, Justiz und Abgeordnete oft darüber hinweg, wenn sich rechtsextreme Strukturen bilden, sagte die Politikwissenschaftlerin und Journalistin Marion Kraske am Mittwoch bei der Vorstellung ihres Reports für die Amadeu Antonio Stiftung. „Quer durch die Republik machen es Polizei, Justiz und Politiker rechten Demokratiefeinden allzu einfach, immer mehr gesellschaftlichen Raum einzunehmen, indem sie demokratische Werte nur halbherzig verteidigen“, sagte Kraske. „Auch dort, wo man sich lange Zeit immun glaubte: Im Westen der Republik.“ Ihre Studie „Staatsversagen. Wie Engagierte gegen Rechtsextremismus im Stich gelassen werden. Ein Report aus Westdeutschland“ listet zahlreiche Fälle auf, in denen die Behörden im alten Bundesgebiet Aktivitäten von Rechtsextremen nur halbherzig verfolgen. Bürgerinitiativen und Projekte gegen Rechts würden dagegen als Linksradikale oder Nestbeschmutzer verleumdet, heißt es darin. (Download der Studie: http://url.dapd.de/RdWGPf ) dapd (Politik/Politik)