Osnabrück (dapd). Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat vor einer Irreführung der Menschen in Griechenland aufgrund angeblich berechtigter Reparationsforderungen an Deutschland gewarnt. „Ich halte solche Äußerungen für unverantwortlich. Viel wichtiger, als die Leute mit solchen Geschichten in die Irre zu führen, wäre es, ihnen den Reformweg zu erklären und zu erläutern und sie auf diesem zu begleiten“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Griechenland hat schon viel geschafft, aber hat auch noch einen längeren Weg vor sich. Davon sollte man nicht ablenken.“ Er sehe für die Forderungen im Übrigen keine Chance, da die Entschädigungsfragen längst geklärt seien. Griechischen Medienberichten zufolge soll eine Kommission zu dem Schluss gekommen sein, dass Griechenland niemals irgendwelche Entschädigungen für die Zerstörungen und Massaker der deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg erhalten habe. dapd (Politik/Politik)
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Vattenfall verzichtet bis 2017 auf betriebsbedingte Kündigungen
Berlin (dapd-nrd). Der Energiekonzern Vattenfall und die Gewerkschaften IG BCE, ver.di und IG Metall haben sich doch noch auf einen Tarifvertrag geeinigt. Nachdem die Verhandlungen Ende März vor dem Hintergrund eines geplanten Sparprogramms mit massiven Stellenstreichungen gescheitert waren, schlossen beide Seiten nun doch einen neuen Vertrag bis Ende Februar 2015, wie die IG BCE am Mittwoch mitteilte. Darin festgeschrieben ist auch ein Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen im Konzern bis Ende Februar 2017. Zudem erhalten die Beschäftigten eine zweistufige Entgelterhöhung von 2,6 Prozent rückwirkend ab dem 1. März und nochmals 1,8 Prozent ab dem 1. April 2014. „Drohende Streiks und der Druck der Beschäftigten waren ausschlaggebend für das Einlenken des Unternehmens“, sagte Verhandlungsführer Holger Nieden. „Die Warnstreiks der vielen tausend Beschäftigten hatten in ihrer Intensität klare Zeichen gesetzt.“ Zunächst hatte der schwedische Staatskonzern Anfang März angekündigt, wegen wirtschaftlicher Probleme allein in Deutschland rund 1.500 von derzeit etwa 15.000 Stellen streichen zu wollen – vor allem in Berlin, Hamburg und Cottbus. Konzernweit sollten demnach insgesamt 2.500 Jobs wegfallen. Mit dem nun geschlossen Tarifvertrag sind Kündigungen in Deutschland allerdings ausgeschlossen. Dennoch kann der Konzern seine Belegschaft verringern, etwa indem freiwerdende Stellen nicht wieder besetzt werden. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Siemens kann Osram-Abspaltung weiter vorantreiben
München (dapd). Der Münchner Technikkonzern Siemens kann die geplante Abspaltung seiner Licht-Tochter Osram weiter vorantreiben. Am Mittwoch hob das Oberlandesgericht München eine gegen die Eintragung des Unternehmens in das Handelsregister erwirkte Sperre auf. Der Vorsitzende Richter Martin Kainz begründete die Entscheidung damit, dass der Abspaltungsbericht sehr umfänglich sei und auch Alternativen enthalte. Zudem hätten sich die klagenden Aktionäre auf der Hauptversammlung nicht mit Fragen zu Wort gemeldet und damit ihre „elementaren Rechte“ nicht in Anspruch genommen. Eine Gruppe von Siemens-Aktionären versucht, die Abspaltung von Osram aus formalen wie auch inhaltlichen Gründen gerichtlich zu verhindern. Dazu hatten sie vor dem Landgericht auch Klage gegen die geplante Abspaltung selbst erhoben. Dieses Verfahren ist von der nun getroffenen Entscheidung unabhängig. Ein erster Verhandlungstermin wurde für Ende Juni anberaumt. Im nun entschiedenen Verfahren ging es darum, ob Siemens die angestrebte Abspaltung in die Handelsregister in München und Berlin eintragen lassen und damit eine wichtige Voraussetzung für den Schritt erfüllen kann. Die acht Kläger hatten dagegen auf eine Reihe formaler Fehler hingewiesen. So sei Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser auf der Hauptversammlung bei seinen Erläuterungen zur geplanten Abspaltung „nicht zu verstehen“ gewesen. Sie bemängeln zudem, dass über die tatsächliche wirtschaftliche Situation von Osram, aber auch über Chancen und Risiken „nicht hinreichend aufgeklärt“ worden sei. (Quelle: Dow Jones Newswires) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Metall-Gewerkschafter droht mit intensiven Warnstreiks ab Mai
Ludwigshafen (dapd). Die Arbeitgeber sind nach Ansicht des Leiters des IG-Metall-Bezirks Mitte, Armin Schild, in der laufenden Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie „auf Krawall aus“. Ein „eindeutiges Zeichen“ dafür sei die Weigerung der Arbeitgeber, vor dem Auslaufen des geltenden Tarifvertrags Ende April „in ernsthafte Verhandlungen zu kommen“, sagte Schild der Zeitung „Rheinpfalz“ (Donnerstagausgabe). Offenbar setzten sie darauf, dass die Gewerkschaft angesichts der nahenden Sommerpause und verschiedener Feier- und Brückentage nicht voll mobilisierungsfähig sei. „Da haben sie sich aber geschnitten“, sagte Schild und warnte vor einer „intensiven Warnstreikphase schon Anfang Mai“. Schild lehnte es ab, aus dem jüngsten Tarifabschluss im Bauhauptgewerbe Rückschlüsse auf das Metall-Ergebnis zu ziehen. Die IG BAU war mit einer Forderung nach 6,6 Prozent mehr Gehalt in die Verhandlungen gegangen und hatte schließlich ein Plus von 3,2 Prozent erreicht. Die IG Metall fordert 5,5 Prozent. Niemand solle sich „Illusionen machen“, sagte Schild: „Ergebnis und Forderung der IG Metall müssen nahe beieinander liegen.“ Für die von den Arbeitgebern geforderten flexiblen Elemente in einem Abschluss, etwa die Möglichkeit, den Zeitpunkt der Lohnerhöhung je nach betrieblicher Lage nach vorn oder nach hinten zu verschieben, sieht Schild keinen Bedarf. Die zweite Verhandlungsrunde für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie startet am 19. April. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Chinas Importe und Wall Street befeuern den DAX
Frankfurt/Main (dapd). Nach einigen schwachen Börsentagen hat der DAX am Mittwoch ein Kursfeuerwerk gezündet. Das deutsche Börsenbarometer, das seit Mittwoch vergangener Woche mehr als 300 Punkte eingebüßt hatte, sprang um 2,3 Prozent oder 173 Zähler auf 7.811 Punkte nach oben. Zunächst sorgte ein überraschend starker Anstieg der Importe Chinas im März für Aktienkäufe. Am Nachmittag übernahm die Wall Street das Zepter. Der S&P-500-Index stieg auf ein neues Rekordhoch und zog auch den deutschen Markt weiter nach oben. Gesucht waren wie häufig in Phasen steigender Märkte und zunehmender Risikofreude Finanzaktien und die Papiere konjunkturabhängiger Unternehmen. So verteuerten sich Commerzbank um 4,0 Prozent und Deutsche Bank um 4,2 Prozent. Aktien der Allianz und der Münchener Rück gewannen jeweils rund drei Prozent hinzu. Als konjunktursensibel gilt auch der Autosektor. BMW-Aktien stiegen daher um 3,1 Prozent und Conti um 3,0 Prozent. Daimler-Papiere zogen um 4,4 Prozent an. Am Donnerstag schütten die Stuttgarter je Aktie 2,20 Euro an Dividende aus. Sie wollten Investoren einsacken und kauften daher kurz vorher noch die Aktie. Dass Daimler auf der Aktionärsversammlung hinter die Gewinnprognose für das laufende Jahr ein Fragezeichen gesetzt hat, trat zumindest kurzfristig in den Hintergrund. Auch die Aktien von E.on und RWE wurden als klassische Dividendenwerte gesucht und stiegen um 3,8 und 4,5 Prozent. Größter Kursgewinner im DAX waren jedoch Lanxess-Aktien. Händler führten das Kursplus von sechs Prozent vor allem auf die vorangegangenen hohen Einbußen zurück. Nach einem Rücksetzer von fast 30 Prozent in nur sieben Wochen sei eine starke Erholung der Aktie überfällig gewesen. Lufthansa-Aktien verteuerten sich um 3,6 Prozent. Die Verkehrszahlen der Airline im März belegen Händlern zufolge, dass die Lufthansa zunehmend vom Abbau der Kapazitäten profitiert. Auch die seit Jahren gebeutelten Solaraktien zogen kräftig an. Eine optimistische Gewinnprognose von First Solar in den USA beflügelte auch am deutschen Aktienmarkt die Kurse. So schossen SMA Solar um fast neun Prozent und Solarworld um mehr als zehn Prozent nach oben. (Quelle: Dow Jones Newswires) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Streit über Kosten überschattet Atom-Endlagersuche
Berlin (dapd). Ein milliardenschwerer Kostenstreit überschattet den hart errungenen Kompromiss zur Suche nach einem atomaren Endlager in Deutschland. Unmittelbar nach der Einigung von Bund und Ländern lehnte die Atomwirtschaft eine Übernahme der auf zwei Milliarden Euro geschätzten Kosten ab. Daraufhin stellte der Bund am Mittwoch klar, dass die Betreiber von Atomkraftwerken die Endlagersuche bezahlen müssten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) freute sich derweil, dass mit dem in Griffweite befindlichen Gesetz „ein jahrzehntelanger Konflikt befriedet“ werden konnte. Bund und Länder hatten sich am Dienstag nach jahrelangem Ringen auf das Standortsuchgesetz geeinigt. So soll bis Ende 2015 eine Enquetekommission über die Kriterien beraten, nach denen ein Standort für die Endlagerung für Atommüll ausgewählt werden kann. Die eigentliche Entscheidung, wo das Lager entsteht, soll aber erst bis 2031 fallen. Das Gesetzesvorhaben soll noch vor der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet werden. Altmaier will mit AKW-Betreibern reden Bundeskanzlerin Merkel begrüßte die Einigung. Alle Seiten hätten Bereitschaft gezeigt, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Für die Kanzlerin zähle bei allem Streit vor allem eines: „Wir sind auf gutem Weg, einen jahrzehntelangen Konflikt zu befrieden.“ Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) will nun nach Angaben eines Sprechers mit den Betroffenen direkte Gespräche führen und hoffe, zu einer „einvernehmlichen Lösung“ zu kommen. Doch birgt die Kostenfrage neuen Konfliktstoff. Das Deutsche Atomforum hatte darauf verwiesen, dass die AKW-Betreiber bereits 1,6 Milliarden Euro in die Untersuchung des bisher geplanten Endlagerstandorts im niedersächsischen Gorleben investiert hätten. Für die Übernahme zusätzlicher Kosten infolge alternativer Standortuntersuchungen gebe es „nach unserer rechtlichen Auffassung“ keine Grundlage, erklärte die Lobbyorganisation der Atomwirtschaft. Dem widersprach das Bundesumweltministerium. Es gebe eine Übereinkunft, dass die Betreiber von Atomkraftwerken die Kosten für die Suche nach einer Lagerstätte für den hoch radioaktiven Müll übernehmen, sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin. „Daran ändert sich nichts“, fügte er hinzu. Die Kosten werden auf zwei Milliarden Euro geschätzt. Kostenübernahme nach Verursacherprinzip gefordert Die Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“ kritisierte die Atomwirtschaft für ihr Nein zur Kostenübernahme. „Das zeigt aufs Neue, wie verantwortungslos die Betreiber der Atomkraftwerke handeln“, sagte „ausgestrahlt“-Sprecher Jochen Stay. „Sie machen jahrzehntelang glänzende Geschäfte, hinterlassen die gefährlichsten Stoffe in der Geschichte der Menschheit und bürden Risiken und Kosten der Allgemeinheit und den kommenden Generationen auf.“ Auch Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) forderte eine Beteiligung der Atomindustrie an den Suchkosten. Jeder Haushalt, der Müll produziere, bekomme am Jahresende eine Rechnung und müsse als Verursacher des Mülls für die Kosten der Deponierung und für die Suche nach einer Deponie bezahlen, sagte der Grünen-Politiker im Rundfunksender Bayern 2. Dasselbe gelte natürlich auch für die Verursacher von Atommüll. Gorleben bleibt im Endlager-Kandidatenkreis Das Deutsche Atomforum begrüßte in Berlin den Endlager-Konsens und hob vor allem hervor, dass Gorleben als potenzieller Standort im Auswahlverfahren bleiben solle. Dem gegenüber bekräftigte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) seine Einschätzung, wonach Gorleben ungeeignet sei und pochte auf eine ergebnisoffene Suche nach einem atomaren Endlager in Deutschland. Ein solches Lager könne letztlich auch in Süddeutschland entstehen. „Wir brauchen einen nationalen Konsens, und da kann es nicht davon abhängen, wer gerade zufälligerweise regiert“, sagte Weil auf NDR Info. Für SPD-Chef Sigmar Gabriel kommt es vor allem auf ein „redliches Verfahren“ in der Endlagersuche an. Bisher habe der Eindruck überwogen, dass „der billigste und damit der gefährlichste Standort ausgewählt“ worden sei, sagte er dem Inforadio des rbb. Altmaier wies indes darauf hin, dass Gorleben als Standort für ein mögliches atomares Endlager nicht grundsätzlich ausgeschlossen worden sei. Doch habe erst die Aussetzung von Castor-Transporten in das niedersächsische Zwischenlager bis Ende 2015 den Weg für einen echten Atomkompromiss freigemacht. dapd (Politik/Politik)
Rechtsradikale verstärken Aktivitäten im Westen
Berlin/Wiesbaden (dapd). Neonazis sind auch hinter Gittern gefährlich: Das aufgeflogene rechtsextreme Gefängnis-Netzwerk soll versucht haben, Kontakte zur mutmaßlichen NSU-Rechtsterroristin Beate Zschäpe aufzunehmen. Das berichtet die Zeitung „Die Welt“ in ihrer Onlineausgabe. Laut Presseberichten hatten sich Hinweise auf das Netzwerk nach Zellendurchsuchungen in mehreren hessischen Haftanstalten in den vergangenen Wochen ergeben. Eine Studie warf Behörden und Politikern vor, rechtsextreme Gruppen im Westen zu verharmlosen. Die „Welt“ berichtete unter Berufung auf hessische Justizkreise, der Gründer des Netzwerkes habe versucht, Zschäpe und Personen zu kontaktieren, die der aufgeflogenen Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) nahestanden. Kontaktpersonen Zschäpes sollen auch geantwortet haben. Der Initiator des Gefängnis-Netzwerkes sei Bernd T., der auch Gründer der rechtsextremen Kameradschaft „Sturm 18“ und wegen eines Tötungsdeliktes vorbestraft ist. Die „Bild“-Zeitung berichtete, das Netzwerk wolle Straftäter und ihre Angehörigen finanziell unterstützen und verurteilte Rechtsextreme in Deutschland vernetzen. Das in Hessen aufgedeckte rechtsextreme Gefängnis-Netzwerk hat nach bisherigen Erkenntnisse offenbar keine bundesweite Organisationsstruktur. Ein Sprecher von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte in Berlin, solche Vermutungen könne er „nicht bestätigen“. Das Justizministerium lehnte unter Hinweis auf das angelaufene Ermittlungsverfahren eine Stellungnahme ab. Zudem sei der Strafvollzug Ländersache, hieß es. Opposition verlangt hartes Vorgehen SPD-Vize Aydan Özoguz kündigte ein hartes Vorgehen gegen rechtsradikale Netzwerke an. „Es ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer, dass inhaftierte Rechtsradikale auch Kontakt zum NSU-Umfeld hatten“, sagte sie. „Für mich ist es bestürzend, dass unsere Sicherheitsbehörden davon offenbar bisher nichts wussten.“ Die Ermittlungsbehörden müssten schnell, hart und offen aufklären. Die innenpolitische Sprecherin der Linke-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke, beantragte, das Thema für kommende Woche auf die Tagesordnung des Bundestagsinnenausschusses zu setzen. Gefängnisse dürften nicht zu Rekrutierungsanstalten der Neonazis werden. Die antifaschistische Arbeit müsse auch in den Gefängnissen weitergehen. „Die Bundesregierung sollte schnellstmöglich mit den zuständigen Landesjustizbehörden gemeinsame Anstrengungen vereinbaren“, forderte Jelpke. Studie räumt mit Klischee auf Ein Report für die Amadeu Antonio Stiftung über Rechtsextreme im Westen ergab, dass Rechtsextremismus nicht nur in Ostdeutschland verharmlost wird. Die Politikwissenschaftlerin und Journalistin Marion Kraske listete in ihrer Studie „Staatsversagen. Wie Engagierte gegen Rechtsextremismus im Stich gelassen werden. Ein Report aus Westdeutschland“ zahlreiche Fälle auf, in denen die Behörden im alten Bundesgebiet Aktivitäten von Rechtsextremen nur halbherzig verfolgen. Projekte gegen Rechts würden dagegen ausgebremst, Bürgerinitiativen als Linksradikale oder Nestbeschmutzer verleumdet, heißt es darin. So hätten sich die Behörden sehr schwergetan, einen Angriff bewaffneter Neonazis auf eine Kinovorführung des Films „Das braune Chamäleon“ in Wuppertal als politisch motivierten Gewaltakt zu werten und zu verfolgen. Obwohl der Angriff vor etwa 100 Zeugen erfolgt sei, habe die Polizei erklärt, sie habe keine beweiskräftige Zuordnung von Taten und Tatverdächtigen ermitteln können und es den Angegriffenen überlassen, Beweise für einen rechtsradikalen Hintergrund der Tat zu erbringen. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth forderte westdeutsche Politiker zum Umdenken auf. Diese hätten bislang mit dem Finger nur nach Ostdeutschland gezeigt. „Die Studie der Amadeu Antonio Stiftung zeigt, wie sehr sich Rechtsextreme auch in Westdeutschland ausbreiten, Gewalt schüren und ihre widerliche Ideologie propagieren“, sagte sie. Der Schirmherr der Stiftung, Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD), kritisierte, dass es im Westen keine flächendeckende Opferberatung gebe. Es fehlten dauerhafte und verlässliche Strukturen gegen rechte Gewalt. Rassismus als Einstiegsdroge Die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, sagte, allgemein bestehe das Problem vor allem darin, dass in Deutschland kaum über Rassismus gesprochen werde. Dieser sei aber in der Gesellschaft weitverbreitet und die „Einstiegsdroge in den Rechtsradikalismus“. Die 1998 gegründete Stiftung ist nach dem aus Angola stammenden Arbeiter Amadeu Antonio benannt, der 1990 von rechten Jugendlichen im brandenburgischen Eberswalde zu Tode geprügelt wurde. (Download der Studie: http://url.dapd.de/RdWGPf ) dapd (Politik/Politik)
Vorschlag für neue NSU-Kommission entfacht Debatte
Berlin (dapd). Der Berliner Verfassungsschutzexperte Tom Schreiber hat eine bundesweite unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des rechtsextremistischen NSU-Terrors gefordert. Das Gremium solle vor allem über den „alltäglichen Rassismus“ aufklären, sagte der SPD-Abgeordnete der Nachrichtenagentur dapd. Zwar gebe es derzeit eine juristische und politische Aufarbeitung der rechtsextremen Mordserie, aber es fehle eine breite gesellschaftliche Debatte über die Neonazi-Gefahr. Als möglichen Vorsitzenden empfiehlt er den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU). Die Linke kritisierte den Vorstoß. Der Zwickauer Terrorgruppe des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) wird die Ermordung von neun ausländischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin angelastet. Vor dem Oberlandesgericht München muss sich deshalb ab dem 17. April unter anderen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe verantworten. Zwei weitere Hauptverdächtige hatten sich 2011 das Leben genommen. Zuletzt gab es im Zuge der Aufklärung der Mordserie zahlreiche Probleme bei der Abstimmung der Sicherheitsbehörden. Dabei war auch der Berliner Verfassungsschutz in den Fokus geraten, nachdem dort unter anderem unzählige Akten geschreddert worden waren. Mittlerweile befassen sich im Bundestag und mehreren Ländern parlamentarische Untersuchungsausschüsse mit den Pannen der Ämter. Darüber hinaus müsse es aber einen besseren und regelmäßigeren Dialog zwischen Fachleuten, Politikern, Angehörigen der Opfer und Vertretern aller Religionsgemeinschaften geben, forderte Schreiber. „Dieser Dialog muss über den Wahltag hinaus geführt werden.“ Besetzt werden sollte das neu zu schaffende Gremium deshalb mit „Persönlichkeiten aus Bund und Ländern“, die zusammen einen Bericht mit Handlungsempfehlungen erarbeiten sollten. „Am Ende müssen sich die verantwortlichen Politiker per Unterschrift verpflichten, die Ziele und Forderungen umzusetzen“, sagte Schreiber. Linke nennt Initiative „komplett absurd“ Um der neuen Kommission den notwendigen gesellschaftlichen Stellenwert zu verschaffen, sollte sie aus Sicht des Berliner Verfassungsschutzexperten von einem erfahrenen und hochrangigen Politiker geleitet werden. Vor diesem Hintergrund sei es nicht abwegig, Wulff für den Vorsitz zu berufen. So habe der Unionspolitiker und Altbundespräsident mit seinem berühmten Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“ gezeigt, dass er eine Integrationsdebatte führen könne. Voraussetzung sei natürlich die Einstellung des noch laufenden Ermittlungsverfahrens. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft Hannover gegen Wulff. Ein Großteil der Vorwürfe gegen ihn soll laut Medienberichten aber bereits entkräftet worden sein. Zuletzt hatten die Ermittler dem ehemaligen Staatsoberhaupt offenbar die Einstellung des Verfahrens gegen die Zahlung einer Geldbuße angeboten, was Wulff allerdings ablehnte. Er fordert die vorbehaltlose Einstellung der Ermittlungen. Schreiber sagte: „Sollte sich die Affäre positiv für ihn aufklären lassen, könnte ich mir Christian Wulff sehr gut für die Aufgabe des Kommissionsvorsitzenden vorstellen.“ Die Linke reagierte unterdessen mit deutlicher Kritik auf den Vorstoß. Der Vorschlag sei „komplett absurd“, sagte der Verfassungsschutzexperte Hakan Tas. Statt einer neuen Kommission brauche es eher die Bereitschaft aller staatlicher Institutionen zur Aufklärung der gesamten Missstände. Denn bislang würde die Arbeit der parlamentarischen Untersuchungsgremien weiterhin behindert. Daran könne auch eine neue Kommission unter Vorsitz von Wulff nichts ändern. „Der SPD in Berlin stünde es besser zu Gesicht, wenn sie bei der NSU-Aufklärung CDU-Innensenator Henkel stärker in die Pflicht nähme“, sagte Tas. dapd (Politik/Politik)
Merkel: Deutschland muss ein Integrationsland werden
Nürnberg (dapd). Deutschland muss nach Auffassung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein Integrationsland werden. Integration stehe für einen verstärkten Zusammenhalt und sei eine Aussage darüber, dass zunehmende Vielfalt alle bereichere, die Chancen biete, sagte Merkel auf einer Feier zum 60-jährigen Bestehen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am Mittwoch in Nürnberg. Zahlen des Statistischen Bundesamtes zufolge leben in Deutschland rund 16 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund und damit etwa ein Fünftel der Bevölkerung. Für diese sei Integration kein vorübergehendes Phänomen, sondern ein dauerhafte Realität, betonte Merkel. Integration sei vor allem mit Blick auf den demografischen Wandel in Deutschland von allergrößter Bedeutung. „Und deshalb muss es für jeden klar sein, dass jeder, der sich mit seinem jeweiligen kulturellen Hintergrund, mit seinen Interessen, Kenntnissen und Erfahrungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik in unserem Land einbringt, ein Gewinn für unser Land ist“, sagte Merkel. dapd (Politik/Politik)
Rabbiner und Kantoren des Abraham Geiger Kollegs in Ämter berufen
Erfurt/Potsdam (dapd). Mit einem Festgottesdienst in der Neuen Synagoge in Erfurt sind am Mittwoch vier Absolventen des Potsdamer Abraham Geiger Kollegs in ihre zukünftigen Ämter berufen worden. Adrian Michael Schell und Alexander Nachama wurden zu Rabbinern ordiniert, Isidoro Abramowicz und Nikola David als Kantoren eingeführt. An der Veranstaltung nahmen zahlreiche Juden aus dem In- und Ausland sowie Vertreter anderer Religionsgemeinschaften und des öffentlichen Lebens in Deutschland teil. Sie alle würdigten die Ausbildung von Rabbinern und Kantoren in Deutschland als einen wichtigen Beitrag zur Wiederauferstehung des jüdischen Lebens in Deutschland nach den Schrecken des Holocausts. „Das Judentum in Deutschland ist vielfältig geworden“, sagte der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Es biete Platz sowohl für den liberalen als auch für den orthodoxen Teil des Judentums. Lieberknecht würdigt „guten gemeinsamen Weg“ Mit der Feier in Erfurt wurden seit 2006 bereits zum fünften Mal Studenten des Kollegs zu Rabbinern geweiht. Die Berufung der akademisch ausgebildeten Kantoren war nach Angaben des Rektors des Abraham Geiger Kollegs, Walter Homolka, die erste in der jüngsten deutschen Geschichte überhaupt. Nachama wird in Zukunft als Rabbiner in Dresden wirken, Schell die jüdische Gemeinde Hameln betreuen. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sagte in ihrer Festansprache, es sei alles andere als selbstverständlich, dass in Deutschland wieder Rabbiner und Kantoren ausgebildet würden. Sie empfinde Dankbarkeit und Freude darüber, dass sich das jüdische Leben im Freistaat und auch weit über die Landesgrenzen hinaus wieder entfalte. Gemeinsam hätten deutsche Juden und auch deutsche Nicht-Juden in den vergangenen Jahren „einen guten, gemeinsamen Weg zurückgelegt“ und zusammengestanden, um zum Beispiel rechtsextremen Umtrieben entgegenzutreten. „Lassen Sie uns diesen Weg weiter miteinander gehen“, sagte sie. Sichtlich bewegt erinnerte der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringens, Reinhard Schramm, an die Opfer des Holocausts und daran, dass Rabbiner und Kantoren ihren Gemeinden auch in den schwersten Stunden Halt, Würde und Hoffnung gegeben hätten. Zugleich forderte er, deutsche Juden wie Leo Baeck oder Albert Einstein dürften nicht als Ende der deutsch-jüdischen Geschichte verstanden, sondern müssten als Ansporn für deren Fortschreibung gesehen werden. Homolka: Gemeinden brauchen politische Hilfe Sowohl vor als auch während des Gottesdienstes würdigten Vertreter des jüdischen Lebens in Deutschland die Unterstützung durch die Politik. Besonders Lieberknecht sei allen Juden in Deutschland eine verlässliche Partnerin, hieß es. Und auch der Fraktionschef der Thüringer Linkspartei, Bodo Ramelow, habe sich unter anderem als Mitglied im Stiftungsrat der Leo-Baeck-Stiftung um das jüdische Leben in Deutschland verdient gemacht. Ohne derartige Hilfe seien die Gemeinden in Deutschland noch nicht überlebensfähig, sagte Homolka. Soweit sei die Renaissance jüdischen Lebens in Deutschland noch nicht fortgeschritten. Die vier Absolventen des Abraham Geiger Kollegs hatten sich unmittelbar vor den Feierlichkeiten zu ihrer Amtseinführung tief bewegt gezeigt. Wie seine Mitstudenten empfinde auch er eine Mischung aus Freude und Verantwortung über seine neue Aufgabe, sagte der künftige Kantor Isidoro Abramowicz. Er gehöre zu den ersten Kantoren, die nach der Shoa in Deutschland ausgebildet worden seien. Dies sei für ihn eine Ehre. Ähnlich äußerte sich auch Adrian Michael Schell, der künftig als Rabbiner arbeiten wird. Er wolle mit seiner Arbeit etwas an das jüdische Leben in Deutschland zurückgeben. dapd (Politik/Politik)