Kassel (dapd-hes). Der Vater des 2006 von Neonazis erschossenen Kasselers Halit Yozgat hat das Oberlandesgericht (OLG) München für die Vergabepraxis von Journalistenplätzen im bevorstehenden NSU-Prozess scharf kritisiert. Die faktische Nichtzulassung türkischer Medienvertreter habe den Neonazis Mut gegeben, sagte Ismail Yozgat am Samstag in Kassel anlässlich einer Gedenkveranstaltung am Todestag seines Sohnes. Als bekannt wurde, dass die türkischen Journalisten nicht mit festen Plätzen beim Prozess rechnen können, sei das Kasseler Mahnmal für die Opfer der rechtsextremen Terrorzelle mit Farbe beschmiert worden. Rund 250 Kasseler Bürger gedachten am Samstag dem Neonazi-Mordopfer Halit Yozgat. Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD) und der türkische Generalkonsul Ufuk Ekici legten Blumen an dem Mahnmal an der Holländischen Straße nieder. Dort war Halit Yozgat am 6. April 2006 im Alter von 21 Jahren erschossen worden. Er war das neunte Opfer der rechtsextremen Mordserie. Auch Kassels Oberbürgermeister Hilgen rief das Oberlandesgericht zum Einlenken auf. Die NSU-Morde hätten viele erschreckende Fakten ans Licht gebracht. Dadurch sei Vertrauen bei den ausländischen Mitbürgern zerstört worden, betonte der Oberbürgermeister. Das Oberlandesgericht München solle daher seine Entscheidung „rasch“ korrigieren und türkische Medienvertreter zu dem Prozess zulassen. „Richter sind unabhängig, aber sie sind nicht unfehlbar“, merkte Hilgen an. Mahnung zum weiteren Dialog Der türkische Generalkonsul Ekici mahnte bei der Gedenkveranstaltung, den Dialog zwischen Deutschen und Migranten nicht abreißen zu lassen. Beispielhaft hierfür habe die Familie Yozgat auch nach dem Mord an ihrem Sohn ihre Besonnenheit bewahrt „und sich nicht auf die Provokation der Neonazis eingelassen“, betonte er. Die türkische Bevölkerung erwarte aber von der Bundesrepublik eine lückenlose Aufklärung der Mordserie und eine Verurteilung der Täter. Der türkische Parlamentsabgeordnete Metin Külük appellierte „an die Milde des Gerichts“, doch noch türkische Journalisten an der Verhandlung teilnehmen zu lassen. „Der Prozess wird in der Türkei mit großer Aufmerksamkeit verfolgt“, betonte er. Vor dem Oberlandesgericht München muss sich ab dem 17. April die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe verantworten. Daneben angeklagt sind vier mutmaßliche Helfer der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Für den Prozess wurden nur 50 Journalisten mit festen Plätzen zugelassen, darunter sind keine türkischen Medien. dapd (Politik/Politik)
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Grüne: Bundesregierung soll auf die Türkei zugehen
Berlin (dapd). Anlässlich des Besuchs des türkischen Premiers Recep Tayyip Erdogan in Berlin nehmen die Grünen sowohl die türkische als auch die deutsche Regierung in die Kritik. Während die Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir am Dienstag von der Bundesregierung „neue Impulse für die Integration der Türkei“ einforderten, kritisierten sie Erdogan für innenpolitische „Versäumnisse“. Es seien „neue Initiativen der Bundesregierung“ bei den EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei nötig, erklärten Roth und Özdemir. Aktuell benötige das Land zudem „eine glaubwürdige deutsche Unterstützung bei der Versorgung von syrischen Flüchtlingen“, betonten die Grünen-Chefs. Die beiden Grünen-Politiker kritisierten aber auch die türkische Innenpolitik: Die türkische Justiz agiere „kraft der weiterhin geltenden Anti-Terror-Gesetze wie ein Staat im Staate“, rügten sie. „Auch die massenhafte Internierung von protestierenden Jugendlichen, Journalisten, Autoren und Verlegern ist ein unhaltbarer Zustand und inakzeptabel“, fügten Roth und Özdemir hinzu. Erdogan ist am Dienstag anlässlich der Eröffnung der neuen türkischen Botschaft in Berlin zu Gast. dapd (Politik/Politik)