Berlin (dapd). Der rechte SPD-Flügel greift den Berliner SPD-Vorsitzenden Jan Stöß für seinen Vorstoß zu einer rot-grünen Minderheitsregierung nach der Bundestagswahl an. Aus gutem Grund würde über die Regierungsbildung im Bund nicht auf Landesebene entschieden, sagte der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, der „Frankfurter Rundschau“ (Samstagausgabe): „Herr Stöß soll sich lieber um seinen Landesverband und den Flughafen kümmern. Da hat er genug zu tun“, riet Kahrs. Er verwies darauf, dass sich SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück klar gegen eine Minderheitsregierung, die von der Linkspartei abhängig wäre, ausgesprochen habe. Er verstehe nicht, weshalb Stöß dem widerspreche: „So etwas braucht kein Mensch.“ Stöß hatte im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ über die Möglichkeit einer rot-grünen Minderheitsregierung spekuliert. „Wenn SPD und Grüne bei der Bundestagswahl mehr Stimmen bekommen als Union und FDP zusammen, dann ist klar, dass wir diese Gestaltungsmehrheit nutzen sollten“, sagte Stöß. SPD-Chef Sigmar Gabriel pfiff Stöß in der „Welt“ zurück und empfahl dem Berliner SPD-Chef, mehr für eine rot-grüne Mehrheit zu tun, „statt sechs Monate vor der Wahl über Minderheitenregierungen zu schwadronieren“. dapd (Politik/Politik)
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Berliner SPD soll zurück ins bundespolitische Rampenlicht
Berlin (dapd). Der Draht zur SPD-Bundesspitze ist für Jan Stöß kurz. Schulter an Schulter posierte der Berliner SPD-Landeschef im August mit Generalsekretärin Andrea Nahles vor einem Neuköllner Wahlkreisbüro für die Fotografen und deutete mit dem Finger auf einen Schriftzug, den Nazis wenige Tage zuvor auf den Gehweg geschmiert hatten. Stöß flüsterte Nahles vertraulich etwas ins Ohr. Die Parteifreundin aus der Bundesspitze kicherte. „Ja, ist albern, aber manchmal macht es Sinn“, sagte sie. Irgendwie müsse man ja Flagge zeigen gegen die rechtsextremen Umtriebe. In diesem Punkt waren sich die beiden Parteilinken schnell einig gewesen. Mit zwei bis drei SMS habe man das Treffen verabredet. „Dann war alles klar“, sagte Nahles. Am kommenden Samstag (25. Oktober) sollten die beiden eigentlich wieder zusammen auftreten. Beim Landesparteitag der Sozialdemokraten war Nahles als Gastrednerin vorgesehen – gleich nach der Eröffnungsrede von Stöß. Doch weil sich die SPD-Frau nach einem Sturz operieren lassen muss, springt nun kurzfristig ein anderer prominenter Bundesgenosse ein: Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz. Mit dem Delegiertentreffen im Berliner Congress Centrum (BCC) am Alexanderplatz wollen sich die Berliner Sozialdemokraten auf den anstehenden Bundesparteitag der SPD im November vorbereiten. Mit Anträgen zu den Themen „Alterssicherung“ und „Digitale Teilhabe in der sozialen Stadt“ soll der Landesverband dabei inhaltliche Akzente setzen – und endlich aus seinem bundespolitischen Schattendasein heraustreten. So will es jedenfalls Stöß. Bereits seit längerer Zeit ist dem 38-jährigen Verwaltungsrichter die Bedeutung seines 17.000 Mitglieder starken Landesverbandes auf Bundesebene zu gering. Berlin sei ein Schmelztiegel, sagte er kürzlich im dapd-Gespräch. Arm oder Reich, Ost oder West – in der Millionenmetropole spiegelten sich viele bundespolitische Probleme. Aber in der Vergangenheit hätten die Berliner Genossen viel zu wenig dabei mitgeredet. Deshalb sei es an der Zeit, dass man sich außerhalb der Landesgrenze wieder stärker profiliere. „Wir werden das ganz klar ändern“, sagte Stöß. Berliner Rentenkonzept bundesweit im Gespräch Den Anfang hat der Jurist, der den Landesvorsitz erst im Juni dieses Jahres nach einem monatelangen Machtkampf von Michael Müller übernommen hatte, auf den ersten Blick gemacht. Es sind nicht nur gemeinsame Auftritte mit der Generalsekretärin, die dem Landesverband neuen Glanz verleihen sollen. Seit Wochen treibt Stöß ein eigenes Rentenkonzept voran. Schließlich will die SPD im kommenden Jahr die Frage nach der Alterssicherung im Bundestagswahlkampf zum großen Thema machen. Seit Monaten streiten die Genossen bereits über die richtigen Pläne. Laut Stöß muss der Beitragssatz moderat angehoben werden, damit das Rentenniveau bei rund 51 Prozent eingefroren und eine Demografierücklage aufgebaut werden kann. „Andernfalls droht eine ganze Generation in die Altersarmut abzusacken“, lautete bislang seine Warnung. Der Landesvorstand hat den Vorschlag bereits einstimmig abgesegnet und hofft nun, dass das Berliner Papier beim Bundesparteitag als Leitantrag diskutiert wird. Doch ein reiner Selbstläufer ist die gewünschte Rückkehr ins bundespolitische Rampenlicht der Partei keineswegs. Diese Erfahrung durfte Stöß bereits machen. So wurde bislang sein Rentenkonzept von gewichtigen Genossen abgelehnt. Sowohl Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier als auch Kanzlerkandidat Peer Steinbrück befürworteten eher eine Absenkung des Rentenniveaus. Lange hatte Stöß deshalb gehofft, dass die Parteibasis das Rentenkonzept beschließen könne, bevor ein Spitzenkandidat für den Bundestagswahlkampf gekürt würde und die inhaltliche Marschroute entscheidend mitprägen könnte. „Erst die Inhalte, dann das Personal“, hatte Stöß vergeblich postuliert. Bekanntlich machten die Bundesgenossen ihm einen dicken Strich durch die Rechnung. Mehr Kampfkraft Trotzdem sieht sich Stöß weiterhin bei dem Thema als Vorreiter. Er sei „guter Dinge“, dass das Berliner Konzept beim Bundeskonvent eine Mehrheit finde. Wichtige Landesverbände wie Hessen oder Nordrhein-Westfalen hätten bereits ihre Zustimmung signalisiert. Vor diesem Hintergrund glaube er, dass Steinbrück „flexibel“ sei und seine bisherige konträre Position aufgeben werde, ließ Stöß durchblicken. Zur Not will er sogar einen Streit mit der Bundesspitze riskieren. „In der Rentenfrage muss etwas passieren. Wir werden uns zur Not auch im Konflikt mit der Bundes-SPD in die Diskussion einbringen“, sagte er zuletzt im dapd-Interview. Wie weit er dabei gehen will, ließ er erst einmal offen. Am Samstag kommen die Berliner Genossen zum ersten Mal wieder zu einem großen Delegiertentreffen zusammen, nachdem sie im Juni Müller abgewählt und Stöß zum Landeschef gekürt hatten. Wegen des monatelangen Machtkampfs der zwei Lager war der vergangene Parteitag keine harmonische Veranstaltung. Vor diesem Hintergrund bleibt spannend, ob der Landesverband nun unter der neuen Führung in der Rentenfrage Geschlossenheit und Kampfkraft demonstrieren wird. dapd (Politik/Politik)
Berliner SPD-Chef Stöß: Respekt für Thierses Rückzug
Berlin (dapd). Der Berliner SPD-Chef Jan Stöß hat den angekündigten Rückzug des sozialdemokratischen Bundestags-Vizepräsidenten Wolfgang Thierse als „Zäsur“ bewertet. Es sei ein Einschnitt, wenn er nach 24 Jahren als Parlamentarier mit „herausragenden Verdiensten“ nicht mehr kandidiere, sagte Stöß der Nachrichtenagentur dapd. Thierse habe an bedeutenden Entscheidungen mitgewirkt und sei ein „Aushängeschild“ der Berliner SPD. Stöß zollte „großen Respekt“ für dessen Entschluss, aus Altersgründen nicht wieder anzutreten. Der 69-Jährige hatte am Dienstag seinen Rückzug auf seiner Internetseite bekannt gegeben. Er tue das „sehr ungern“, schrieb der SPD-Politiker und deutete damit an, dass sein Schritt auch auf innerparteiliche Widerstände zurückzuführen sein könnte. Thierse sitzt seit 1998 für seine Partei im Bundestagspräsidium. dapd (Politik/Politik)