Stuttgart (dapd-bwb). Die umstrittene Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) tritt zurück. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dapd am Montag aus SPD-Kreisen. Am Vormittag kam der geschäftsführende Fraktionsvorstand zusammen, danach sollte es eine Präsidiumssitzung geben. Das Kultusministerium wollte den Rücktritt zunächst nicht bestätigen. Auch die SPD-Landtagsfraktion wollte sich vorerst nicht äußern. Warminski-Leitheußer steht wegen ihres Führungsstils seit längerem erheblich in die Kritik, vor allem in den eigenen Reihen. Das Bildungsressort ist für die grün-rote Koalition von zentraler Bedeutung, da dort mit die wichtigsten Reformen des Bündnisses umgesetzt werden sollen, insbesondere die Einführung der Gemeinschaftsschule. Der Ministerin war hier wiederholt vorgeworfen worden, sie sei überfordert und gehe nachlässig mit wichtigen Terminen um. Nachdem feststand, dass ihr Staatssekretär Frank Mentrup (SPD) als gewählter Oberbürgermeister von Karlsruhe Ende Februar das Ministerium verlässt, kursierten Gerüchte, dass Warminski-Leitheußer zu dieser Gelegenheit abgelöst werden soll. Zwar stützte sie SPD-Landeschef Nils Schmid (SPD), in der SPD-Fraktion hatte sie allerdings erheblich an Rückhalt verloren. Mitte Dezember stellten dann die Oppositionsfraktionen im Landtag einen Antrag auf Entlassung Warminski-Leitheußers. Die CDU forderte zudem die Ablösung von Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid, weil dieser für die Berufung der Ministerin verantwortlich sei. Dies lehnte die Koalition geschlossen ab. Bereits am Folgetag wurde bekannt, dass die Ministerin ihren Pressesprecher fristlos entlassen hatte und sie die Führungsspitze im Ministerium umkrempelte. Dem Vernehmen nach warf sie ihrem Sprecher Illoyalität vor. Er soll mit Mitgliedern der SPD-Fraktion nach einem Nachfolger für Warminski-Leitheußer gesucht haben. dapd (Politik/Politik)
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Die starken Frauen der SPD
Trier (dapd-nrw). Es ist ein Auftritt mit Symbolwert, zehn Tage vor einem Ereignis, das Malu Dreyer als „Einschnitt für unser Land“ bezeichnet: Die nordhrein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft spricht am Sonntag auf dem Neujahrsempfang der Trierer SPD, deren Vorsitzende am 16. Januar zur neuen rheinland-pfälzischen Regierungschefin gewählt werden soll. „Wir beide im Bundesrat, das wird eine klasse Geschichte“, sagt Kraft. Die designierte Nachfolgerin Kurt Becks freut sich über die Worte ihrer künftigen Amtskollegin – und lobt zurück. Kraft sei „eine mutige und authentische Politikerin“, sagt die Mainzer Sozialministerin. Sie setze in ihrem neuen Amt als Regierungschefin auf die Erfahrung der Düsseldorfer Ministerpräsidentin. Eine Bemerkung, die Kraft amüsiert kontert: „Kurt Beck war länger Ministerpräsident, als ich SPD-Mitglied bin“, gibt sie zu bedenken. Tatsächlich trat sie 1994 in die Partei ein. 2013 sei schon deshalb ein besonderes Jahr, weil die SPD ihr 150-jähriges Bestehen feiere, sagt die 51-Jährige. Keine Partei habe „so viel durchgestanden und durchgesetzt“. Kraft zitiert Willy Brandt und erinnert an Genossen, die für ihre Überzeugungen ihr Leben ließen. Als sie Peer Steinbrück erwähnt, tut sie auch dies mit einem Blick nach vorn: Die Wahl eines Sozialdemokraten zum Kanzler könne so etwas wie die „Krönung des Jubiläumsjahres“ werden. Kraft sieht Wechselstimmung auf Bundesebene Die Düsseldorfer Regierungschefin zeigt sich durchaus optimistisch, was die Aussichten ihrer Partei für die Bundestagswahl im Herbst anbelangt: Alle Umfragen zeigten, dass eine deutliche Mehrheit der Wähler keine Fortsetzung von Schwarz-Gelb in Berlin wünsche. „Wenn das keine Wechselstimmung ist, dann weiß ich es nicht“, meint Kraft. Als erste Maßnahme einer SPD-geführten Bundesregierung kündigt sie die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns an. Zudem wirbt sie für den „vorsorgenden Sozialstaat“. Dieser komme die Gesellschaft günstiger als die Reparatur gescheiterter Lebensentwürfe und Erwerbsbiografien, meint Kraft. Wer denke, durch Einsparungen im Sozialbereich die öffentlichen Haushalte konsolidieren zu können, „der glaubt auch noch an den Weihnachtsmann“. Dreyer: Bundestagswahl wird Richtungswahl Dreyer erklärt die bevorstehende Bundestagswahl zur Richtungswahl. Sie appelliert an die Unternehmer, das Ziel eines Mindestlohns zu unterstützen. Dann müssten sie sich „nicht mehr mit den Firmen rumschlagen, die Lohndumping betreiben“, argumentiert sie. „Der gesetzliche Mindestlohn ist kein Teufelszeug.“ Erst am Ende ihrer Rede geht Dreyer auf ihre bevorstehende Wahl zur Ministerpräsidentin ein, die für den 16. Januar angesetzt ist. „Das ist schon ein Einschnitt für unser Land“, sagt sie. Kurt Beck hinterlasse „ein ganz reiches Erbe“. Mit Becks Abschied gewinnt indes auch Kraft an Einfluss, wird sie doch in diesem Monat von ihrem Mainzer Kollegen die Koordination der SPD-regierten Länder übernehmen. dapd (Politik/Politik)
Hasselfeldt gegen schwarz-grüne Gedankenspiele
Passau (dapd). Die Berliner CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt fordert ein Ende der Debatte über eine schwarz-grüne Koalition nach der Bundestagswahl. Die Union sollte sich mit solchen Gedankenspielen „nicht länger aufhalten“, sagte Hasselfeldt der „Passauer Neuen Presse“. CSU-Chef Horst Seehofer hatte am Donnerstag klargestellt, dass er eine schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene nicht ausschließt. Hasselfeldt entgegnete, sie sehe „keine Basis für eine Zusammenarbeit mit den Grünen“. Sie kritisierte: „Die Grünen verabschieden sich immer weiter nach links.“ Deren Parteitagsbeschlüsse seien nicht geeignet, um Deutschland wirtschaftlich auf Erfolgskurs zu halten. Im Übrigen sei die FDP zwar in einer schwierigen Lage. Hasselfeldt fügte hinzu: „Ich gehe aber davon aus, dass sie bei der Bundestagswahl über die Fünf-Prozent-Hürde kommen wird. Wir kämpfen für Schwarz-Gelb.“ dapd (Politik/Politik)
Montgomery will korrupte Ärzte nicht strafrechtlich ahnden
Berlin (dapd). Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, hat eine Änderung des Strafrechts zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen abgelehnt. Mehr Ermittlungskompetenzen für die Ärzteschaft selbst und eine mögliche Aberkennung der Kassenzulassung hätten „im Zweifelsfall mehr Wirkung, als Änderungen im Strafrecht“, sagte Montgomery am Mittwoch in Berlin. Korruption werde zudem jetzt schon berufsrechtlich sanktioniert. „Wir vertreten diese Sanktionen ausdrücklich und wünschen uns sogar eine Verschärfung des Ermittlungs- und Sanktionsinstrumentariums“, fügte Montgomery hinzu. Gleichzeitig verwies der Ärztepräsident darauf, dass es nicht allein um ein Gesetz gegen Ärzte gehen könne. „Wer Betrug und Fehlverhalten im gesamten Gesundheitswesen wirksam bekämpfen will, der muss auch alle anderen Berufsgruppen – vor allem aber die Geldgeber bei Korruptionsfällen – mit einbeziehen“, sagte er. Auch das Fehlverhalten der Krankenkassen müsse auf den Prüfstand, „sei es bei fragwürdigen Rabattverträgen, bei sogenannten Abrechnungsoptimierungen oder auch wie jüngst, wenn Schwerkranke aus ihrer Krankenkasse gemobbt werden“. Im Juni vergangenen Jahres hatte der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil entschieden, dass sich niedergelassene Ärzte nicht wegen Bestechlichkeit strafbar machen, wenn sie von einem Pharmaunternehmen Geld dafür annehmen, dass sie dessen Medikamente verschreiben. Gleichzeitig signalisierten die Bundesrichter aber, dass sie politischen Handlungsbedarf sehen. (Weitere Zusammenfassung bis 1830, 70 Zeilen) dapd (Politik/Politik)
Regierung will Regeln zur Bestechlichkeit von Ärzten weiter prüfen
Berlin (dapd). Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will „zeitnah“ über weitere Maßnahmen gegen Korruption bei Ärzten entscheiden. Dies sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums am Mittwoch in Berlin. Sie verwies darauf, dass zunächst noch Stellungnahmen von Kassen, Ärzten und Ländern ausgewertet werden müssten, die das Ministerium nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs zur Bestechlichkeit von Ärzten angefordert hatte. Sie gehe aber davon aus, dass dies zeitnah geschehen werde. Offen ließ die Sprecherin, ob ein Straftatbestand zur Bestechlichkeit eingeführt werden solle. Das Sozialgesetzbuch V sowie die Berufsordnung der Ärzte enthielten bereits Regelungen. Der Sachverhalt müsse sorgfältig geprüft werden. Hierfür seien Gespräche mit dem Koalitionspartner geplant. Die Sprecherin betonte: „Die Bundesregierung ist gegen Korruption, auch im Gesundheitswesen, auch bei Ärzten.“ Im Juni vergangenen Jahres hatte der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil entschieden, dass sich niedergelassene Ärzte nicht wegen Bestechlichkeit strafbar machen, wenn sie von einem Pharmaunternehmen Geld dafür annehmen, dass sie dessen Medikamente verschreiben. Gleichzeitig signalisierten die Bundesrichter aber, dass sie politischen Handlungsbedarf sehen. dapd (Politik/Politik)
Linke gegen Psychostress
Berlin (dapd). In der Debatte über zu viel Psychostress in der Arbeitswelt schlägt die Linke vor, jedem Beschäftigten bezahlte Auszeiten vom Job zu gewähren. Die Gesamtdauer dieser „Sabbatzeiten“ sollte insgesamt ein bis 12 Monate betragen, erklärte Linke-Chefin Katja Kipping am Montag in Berlin. Die Absicherung beträgt nach ihrem Modell mindestens 1.000 und maximal 1.800 Euro netto im Monat, je nach vorherigem Erwerbseinkommen. Bezahlt werden soll dies aus Steuergeld. Eine Rückkehr an den Arbeitsplatz soll garantiert sein. Kipping beklagte, viele Menschen würden krank, weil sie auf der Arbeit Stress hätten oder körperlich schwer arbeiten müssten. Andere würden krank, weil sie keine Erwerbsarbeit haben. „Psychische und andere Erkrankungen sowie Burnout nehmen zu, genauso wie soziale Ausgrenzung und gesellschaftliche Spaltungen zunehmen.“ Ihr Vorschlag könne einen Teil der Folgekosten von psychischen und anderen Erkrankungen und Erwerbslosigkeit einsparen, sagte sie. „Gewinnen würden alle: Erwerbstätige, Erwerbslose, Unternehmen, die Bundesagentur für Arbeit, Krankenkassen, die ganze Gesellschaft.“ Psychische Erkrankungen treiben in Deutschland immer mehr Arbeitnehmer in die Frührente. Vier von zehn Beschäftigten, die vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden, sind psychisch krank, wie nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ aus noch nicht veröffentlichten Statistiken der Deutschen Rentenversicherung (DRV) hervorgeht. dapd (Politik/Politik)
Bayerns Innenminister Herrmann für weitere Beobachtung der Linkspartei
München (dapd-bay). Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält eine weitere Beobachtung der Linkspartei durch den Verfassungsschutz für notwendig. Dieses Vorgehen sei „absolut richtig“, sagte der CSU-Politiker in einem Interview der Nachrichtenagentur dapd. Er fügte hinzu: „Andernfalls würden wir unserem gesetzlichen Auftrag, die Verfassung zu schützen, nicht nachkommen.“ Herrmann betonte, er halte „Teile der Linkspartei für verfassungsfeindlich“. Er kritisierte: „Einige führende Mitglieder halten Mauer und Schießbefehl noch immer für richtig, sie wollen einen kommunistischen Staat errichten oder sie unterstützen Terrororganisationen.“ dapd (Politik/Politik)
Dyckmans fordert Raucherentwöhnung als Kassenleistung
Berlin (dapd). Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP), hat sich dafür ausgesprochen, dass Krankenkassen Rauchern künftig die Arzneimittel für die Tabakentwöhnung erstatten. Die Kassen sollten künftig neben der ärztlichen Tabakentwöhnungsbehandlung auch Medikamente bezahlen, die die Sucht nach Nikotin unterdrücken, sagte Dyckmans der „Berliner Zeitung“ (Freitagausgabe). „Die Kassen haben schließlich selbst einen großen Kostenvorteil, wenn ein Versicherter mit dem Rauchen aufhört“, fügte sie hinzu. Die FDP-Politikerin lehnte es zugleich ab, die Pläne der EU-Kommission zur Eindämmung des Rauchens auf nationaler Ebene noch zu verschärfen, beispielsweise durch die in Australien vorgeschriebenen Einheitsverpackungen oder ein Verbot des Herstellerlogos. „Ein Verbot von suchtfördernden Zusatzstoffen und auffällige Warnhinweise sind aus meiner Sicht geeignete Schritte, damit künftig weniger Menschen zur Zigarette greifen“, betonte sie. Einheitsverpackungen seien dagegen nicht erforderlich, um das Ziel zu erreichen, dass weniger Menschen rauchten. Die Kommission will es den EU-Staaten freistellen, ob sie nach dem australischen Vorbild Einheitsverpackungen einführen. dapd (Politik/Politik)
Krieg und Psyche
Berlin (dapd). Feldwebel Peter Freyer fährt 2003 in Kabul mit seiner Truppe im offenen Geländewagen Patrouille. Als einzige Militärmacht der Internationalen Schutztruppe ISAF ist das Objektschutz-Regiment aus Köln in dieser Nacht auf der Hauptverkehrsstraße unterwegs. Der 26-jährige Freyer sitzt im hinteren Fahrzeug. Es ist der erste Einsatz des gelernten Schornsteinfegers in Afghanistan. Sein Auftrag: Die Truppe nach hinten zu sichern. „Die Straße war dicht“, erzählt er. Plötzlich schlängelt sich ein weißer Toyota mit getönten Scheiben durch den Verkehr und kommt der Truppe gefährlich nahe. Die Bundeswehr ist seit zehn Jahren in Afghanistan im Einsatz. Nach Plänen der Bundesregierung sollen bis Ende 2014 die Kampftruppen das Land verlassen. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) plant im Rahmen der Bundeswehrreform den Umfang der Bundeswehr schrittweise auf 170.000 Zeit- und Berufssoldaten zu reduzieren. Hintergrund ist die von der schwarz-gelben Koalition durchgesetzte Aussetzung der Wehrpflicht. Freyer kommt aus einer Soldatenfamilie. „Zwei Brüder, Onkel, Cousin, alle waren bei der Bundeswehr.“ Es sei immer klar gewesen, dass auch er eines Tages zur Bundeswehr gehe. Etwas blauäugig habe er schließlich seine Grundausbildung begonnen. „Das wird aufregend“, dachte er damals. „Lagerfeuerstimmung und alles.“ „Klein, blond und eine typische Frau“ Nach Abenteuer war Anne Dietrich nicht so sehr. Die Bundeswehr ist für sie vielmehr eine berufliche Chance. Als gelernte Kosmetikerin habe sie eine Herausforderung und mehr Verantwortung gesucht. Seit einem halben Jahr ist die 26-Jährige Teil der dritten Kompanie im Logistikbatallion 172 in Beelitz. Im Geschäftszimmer unterstützt die blonde Soldatin den Chef. Büroarbeit in Uniform. Viele hätten ihr die Arbeit bei der Bundeswehr anfangs nicht zugetraut. „Was, Du?“, hätten Freunde und Bekannte gesagt. „Ich bin halt klein, blond und eine typische Frau“, sagt die 1,55 Meter große Soldatin. Dass sie die Grundausbildung geschafft habe und nun in der Kompanie arbeite, mache sie stolz. Zwar gebe es Einige, die sagten, „Frauen gehören nicht hier her“. In ihrer Kompanie sei dies aber anders. „Ich fühle mich aufgenommen.“ Die Gemeinschaft liegt auch Freyer am Herzen. Der Schutz seiner Kameraden beschäftigt ihn an jenem Tag vor knapp zehn Jahren. Er gibt dem weißen Toyota Handzeichen. Er soll Abstand halten. Als Warnung hält er seine Waffe hoch. So hat er es gelernt. Aber der Wagen reagiert nicht. Er kommt immer näher. Fast berührt er die Stoßstange des Geländewagens. Freyer ist bereit zu schießen. „Gleich explodiert es“ Doch die Angst blockiert ihn, „ich war absolut handlungsunfähig“, erzählt er. Es vergehen Minuten, vielleicht drei oder vier. Für den jungen Soldaten eine Ewigkeit. „Auto, ich, Auto, ich. Das Auto gewinnt“, geht ihm durch den Kopf. „Gleich explodiert es.“ Jeden Moment kann es vorbei sein. Der Attentäter hinter den getönten Scheiben muss nur auf den Knopf drücken und es ist vorbei. „Er reißt uns alle in den Tod.“ Dietrich war noch nicht in einem Auslandseinsatz, das steht ihr noch bevor. Ihr Freund ist derzeit in Afghanistan. „Ich weiß nicht, wie ich gehandelt hätte“, sagt sie leise. Solange sie nicht selbst im Einsatz gewesen sei, könne sie nicht sagen, wie sie in einer solchen Situation reagiere. Zwar seien Frauen emotionaler, „aber was den Beruf angeht, sind wir gleich“, sagt sie sicher. Viel mit den Kameraden zu reden sei wichtig. „Und Rückhalt von zu Hause. Den braucht man.“ Jederzeit könne man auch mit einem Truppenpsychologen reden. „Ich kann jedem raten, es ist nicht schlimm zum Psychologen zu gehen“, sagt sie. „Gerade nach so etwas.“ Mann oder Frau, das spiele dabei keine Rolle. Es gebe einfach Dinge, „die dort passieren“, die man nicht so schnell verarbeiten könne. Jeder gehe damit anders um. Es gebe auch Menschen, die das mit sich selbst ausmachen könnten, erzählt Dietrich. Freyer macht die Probleme mit sich selbst aus. Zurück in seinem Zelt, reißt er alles von sich. Die Schutzweste, den Helm. Die Waffen wirft er auf sein Bett. „Ich habe bitterlich geweint“, sagt er, den Blick gesenkt. Den ganzen Tag habe er sich zusammenreißen müssen, nicht in Tränen auszubrechen und zu zittern. „Das darf nicht gezeigt werden.“ Zum Truppenpsychologen sei er damals nicht gegangen. „Das macht kaum einer“, sagt er kopfschüttelnd. Man wolle keine Schwäche zeigen, man sei nun mal ein Soldat, ein Kämpfer. „Ich habe mir die Schuld daran gegeben“ Er habe seine Kameraden in Gefahr gebracht, sagt er. Vielleicht sei es tatsächlich ein Attentäter gewesen. Vielleicht auch nicht. Das Erlebnis in Kabul hat Freyer krankgemacht. Jahrelang habe er versucht, sich dagegen zu wehren. „Ich wollte ein gestandener Mann sein.“ Erst 2010, als er eine Beerdigung von vier deutschen Soldaten im Fernsehen sieht, bricht er zusammen. Er liegt auf dem Boden, zittert und weint. „Ich habe mir die Schuld daran gegeben.“ Seit seinem ersten Einsatz 2003 habe er immer das Gefühl gehabt, er müsse zurück nach Afghanistan, „damit keiner stirbt.“ Bis heute ist Freyer von Einsätzen abhängig, „wie ein Alkoholiker“. Er habe das Gefühl, dort etwas zu Ende bringen zu müssen. „Ich habe meine Seele im Einsatz verloren“, erzählt er. Nach seinem Zusammenbruch habe er zum ersten Mal mit einem Psychologen gesprochen. Der Befund: Posttraumatische Belastungsstörung. Freiwillig würde Dietrich nicht in den Einsatz gehen. Aber wenn sie gehen muss, würde sie es auch tun. „Ich denke, das schaffe ich. Mal gucken“, sagt sie unsicher. Krieg finde sie generell nicht schön, „und ich verstehe auch nicht, warum es so etwas gibt“. Ändern könne sie aber alleine nichts. „Das ist halt so.“ Bei der Bundeswehr wolle sie ihre berufliche Ebene verbessern. Den Krieg nehme sie dafür in Kauf. dapd (Politik/Politik)
Göring-Eckardt: Kirchen sollen offensiver für ihre Botschaften werben
Berlin (dapd). Die christlichen Kirchen müssen nach Überzeugung von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) entschiedener für ihre Botschaften werben. Der „Berliner Zeitung“ (Montagausgabe) sagte die Grünen-Politikerin auf die Frage, ob es sie bedrücke, dass immer mehr Menschen der Kirche den Rücken kehren: „Bedrücken ist vielleicht das falsche Wort. Aber als Christinnen und Christen könnten wir in der Tat offensiver deutlich machen, dass es hinter der Kirchentür nicht dunkel und kalt ist.“ Es gebe viele Leute, „die Fragen stellen und auf der Suche sind.“ Denen erzähle sie gerne, „dass der Glaube hilft, dass er Trost spendet und eine besondere Art von Heimat ist.“ Die 46-jährige Pfarrersfrau aus Thüringen wird die Grünen zusammen mit Fraktionschef Jürgen Trittin im kommenden Jahr als Spitzenkandidatin in die Bundestagswahl führen. Seit 2009 war sie auch Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. Das Amt lässt sie für die Zeit des Wahlkampfes ruhen. dapd (Politik/Politik)