Berlin (dapd). Der Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer (Grüne), drängt auf eine rasche Einführung der City-Maut in deutschen Großstädten. Palmer schrieb in einem Beitrag für Zeitung „Bild am Sonntag“: „London hat sie. Stockholm hat sie. Mailand hat sie. Die City-Maut ist bereits Realität in europäischen Städten. Wo sie eingeführt wird, sind die Erfahrungen immer positiv. Weniger Staus und Lärm, bessere Luft, weniger Blech, dafür mehr Raum für Menschen auf Straßen und Plätzen.“ Zur Begründung schrieb Palmer: „Egal wie gut der öffentliche Nahverkehr ausgebaut ist, so lange die Straßen umsonst sind, stehen wir alle zusammen im Stau.“ Nur mit einer City-Maut komme der Verkehr in den Zentren schneller voran. Das nütze auch dem Handel. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Schlagwort: sie
Frauen in der Politik auf dem Vormarsch
Berlin (dapd). Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) und die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sehen Frauen in der Politik auf dem Vormarsch. „In der Politik bringen sich Frauen immer stärker ein. Viele müssen harte Strecken zurücklegen, aber irgendwann wird es Normalität sein, und niemand wird mehr darüber sprechen, ob es ein Mann oder eine Frau ist“, sagte Aigner der Zeitung „Welt am Sonntag“. Kramp-Karrenbauer fügte hinzu, für sie sei es bei der letzten Landtagswahl sogar von Vorteil gewesen, als Frau anzutreten. Frauen hätten manchmal einen anderen Ansatz und gingen anders an Themen heran, erläuterte Aigner. „Vor allem denken sie eher vom Ende her. Ihnen geht es weniger um den momentanen Punktsieg, sondern mehr um die Frage: Wie kommen wir zu einer Lösung, wie kommen wir dorthin, wo wir hinwollen?“ Frauen könnten zwischendurch auch mal eine Niederlage einstecken, ohne dass sie das Gesicht verlören. „Das unterscheidet weiblichen Politikstil von männlichem Politikstil.“ Aigner: Nicht auf klassische Themen verengen Aigner riet Frauen, sich nicht auf die klassischen Themenfelder zu verengen. Sie selbst habe früher in der Hubschrauberentwicklung gearbeitet. „Ich bin es gewohnt, allein unter Männern zu sein. Ich habe vier Semester als einzige Frau mit hundert Männern die Schulbank gedrückt. Das hat einen Heidenspaß gemacht“, sagte sie. Die Saar-Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer sagte der „Welt am Sonntag“, bei der letzten Landtagswahl vor einem Jahr hätten ihr vor allem Wählerinnen den Vorzug vor ihrem SPD-Konkurrenten Heiko Maas gegeben. „Durch meine Art des Auftritts, aber auch, weil ich eine Frau bin, werde ich als jemand wahrgenommen, der nah bei den Menschen ist“, sagte Kramp-Karrenbauer. Und Glaubwürdigkeit sei im Wahlkampf das größte Pfund. Auch im Jahr 2000, als sie von dem damaligen Ministerpräsidenten zur ersten Innenministerin in Deutschland berufen wurde, habe die Geschlechterfrage eine Rolle gespielt. „Es gab eine strategische Überlegung, den Überraschungseffekt zu nutzen“, sagte Kramp-Karrenbauer rückblickend. Kramp-Karrenbauer: Frausein allein reicht nicht aus Die CDU-Politikerin stellte aber klar, dass Frausein allein niemals reiche, um an die Spitze zu gelangen. Alle Frauen, die Spitzenämter bekleiden, würden an ihrer Leistung gemessen. „Karriere bedeutet harte Arbeit, geschenkt wird einem nichts“. Das gelte für Frauen und für Männer gleichermaßen, sagte die Ministerpräsidentin. Richard Hilmer, Chef des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap, bestätigte: „Der Trend ist eindeutig. Die Frauen drängen zunehmend in politische Spitzenämter und die Parteien wählen sie immer häufiger dorthin.“ Die Politikerinnen erreichten die eigenen Geschlechtsgenossinnen besser als ihre männlichen Konkurrenten, sagte er. Bei den männlichen Wählern spiele das Geschlecht hingegen weniger eine Rolle. Unter dem Strich hätten somit Kandidatinnen einen Vorteil. „Die Parteien rechnen sich größere Chancen aus, wenn sie Frauen aufstellen“, sagte der Politologe Gerd Langguth von der Universität Bonn. 2005 sei ihr Geschlecht für Merkel noch von Nachteil gewesen. „Vor allem Frauen haben damals Gerhard Schröder ihre Stimme gegeben, weil sie Vorbehalte gegen eine Kanzlerin hatten.“ Doch derartige Bedenken gegenüber Frauen gebe es dank Merkel nun nicht mehr. „Insofern können sich die heutigen Ministerpräsidentinnen herzlich bei Merkel bedanken“, sagt der Parteienforscher. „Politikerinnen sind nicht so gockelhaft wie die männliche Konkurrenz“, betont Langguth. Die Kanzlerin regiere unauffälliger als ihre Vorgänger. Zwar habe die CDU-Chefin ihre Partei gravierend verändert, doch sie tue dies ohne groß Aufhebens zu machen. dapd (Politik/Politik)
Haushaltsexperte Schneider: Merkel hat Deutschland erpressbar gemacht
Berlin (dapd). Vor dem Staatsbesuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Griechenland fordert der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider die Kanzlerin auf, das Land in der Eurozone zu halten. „Die Bundeskanzlerin hat Deutschland erpressbar gemacht“, sagte er der Zeitung „Die Welt“. „Mit öffentlichen Mitteln hat sie die Banken als Gläubiger rausgekauft, inzwischen gehören wir zu den Hauptgläubigern Griechenlands. Wenn Frau Merkel jetzt kein Steuergeld verbrennen will, muss sie Griechenland im Euro halten“, sagte Schneider. Schneider warf Merkel vor, sie habe „bis heute keine eigenen Vorschläge zur Beendigung der Krise vorgelegt. Inzwischen haben Hollande, Monti und Rajoy die politische Führung in Europa übernommen. Deutschland kann vielleicht noch was verhindern, aber nichts mehr durchsetzen.“ Der SPD-Haushaltspolitiker nannte es einen Skandal, dass es bei der Finanztransaktionssteuer noch keine Fortschritte gebe. „Weitere Solidarität kann es nur geben, wenn die Verursacher der Krise endlich zur Kasse gebeten werden.“ dapd (Politik/Politik)
Malu Dreyer will als Ministerpräsidentin auf die Opposition zugehen
München (dapd). Die designierte rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) will einen offenen Politikstil pflegen. Sie werde im Amt manche Dinge anders angehen als der noch amtierende Regierungschef Kurt Beck (SPD), sagte Dreyer dem Nachrichtenmagazin „Focus“ in Hinblick auf ihr künftiges Amt. Sie wolle auf die Opposition zugehen. „Mir ist an einem sachlichen Verhältnis gelegen“, sagte Dreyer. „Ich werde der Opposition Gesprächsangebote machen.“ Ihr Verhältnis zu Oppositionsführerin Julia Klöckner (CDU) sei unbelastet: „Ich kenne sie schon lange. Wir sind bislang immer ganz normal miteinander umgegangen.“ Zum Thema Nürburgring sagte die designierte Ministerpräsidentin, dass dort rückblickend „eine intensivere Bürgerbeteiligung eine Chance gewesen wäre“. Auch der scheidende Ministerpräsident Beck habe schließlich eingeräumt, dass das Vorhaben überdimensioniert gewesen sei. Dreyer, die an Multipler Sklerose erkrankt ist, hat keine Sorgen wegen der neuen Aufgabe als Regierungschefin. „Ich bin – trotz meiner Krankheit – ein kraftvoller Mensch.“ dapd (Politik/Politik)
Politologe sieht im Wechsel an der SPD-Spitze einen GAU für die Christdemokraten
Landau (dapd-rps). Der politische Rückzug von Ministerpräsident und SPD-Landeschef Kurt Beck wird nach Einschätzung des Landauer Politikwissenschaftlers Ulrich Sarcinelli die oppositionelle CDU vor große Probleme stellen. Für die Christdemokraten sei die Nominierung von Malu Dreyer als neue Ministerpräsidentin der größte anzunehmende Unfall, sagte er der Nachrichtenagentur dapd. Mit Beck falle die große Zielscheibe weg, gegen die die Christdemokraten mit Erfolg angekämpft hätten. Es dürfte ihnen schwer fallen, ihren Oppositionskurs fortzusetzen. Künftig müssten die Christdemokraten eine viel filigranere Auseinandersetzung mit der SPD führen, als sie es gewohnt seien. Sie müssten „vom Schwert aufs Florett umstellen“, betonte Sarcinelli. Das sei wesentlich schwieriger als der aggressive Frontalangriff von Julia Klöckner, der gegen Beck durchaus Wirkung gezeigt habe. Mit dem Wechsel an der Spitze der SPD werde es für die CDU zudem schwieriger werden, bis zur Landtagswahl eine Wechselstimmung im Land herbeizuführen. Zwar sei das Land keine ideale Arena für die SPD, dennoch habe sich die Partei zwei Jahrzehnte lang und trotz großer Verluste bei der vergangenen Landtagswahl an der Spitze halten können. Dies habe über viele Jahre mit der Schwäche der Opposition korrespondiert. Erst Julia Klöckner sei es gelungen, die Partei zu einen, sie wieder in die Offensive zu bringen und ihr damit auch Hoffnung auf Chancen für einen Machtwechsel zu geben. Ob sich der Weggang von Beck für die Grünen als ein Glücksfall erweise, sei noch offen. Seit Beginn der Legislaturperiode hätten sie einerseits einen erstaunlichen Anpassungsprozess praktiziert, sich zugleich aber als eigenständige Kraft innerhalb der Regierung etablieren können. Von der Nürburgring-Affäre seien sie bislang nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Es sei ihnen gelungen klarzumachen, dass sie zwar nicht für das Debakel verantwortlich seien, aber nun in der politischen Mitverantwortung für die Suche nach Auswegen stünden. Dennoch hätte ihnen die schwelende Auseinandersetzung um Beck und den Nürburgring auf Dauer geschadet. Für die SPD seien die Chancen, an der Macht zu bleiben, allein durch Malu Dreyer größer geworden, betonte Sarcinelli. Sie werde als „everybody’s darling“ unterschätzt. Dabei werde vergessen, dass sie seit Jahren erfolgreich ein Ministerium führe und sich in ihrem SPD-Bezirk politisch durchgesetzt habe. Das nette Bild von ihr, das Gefühl, eine fragile Frau vor sich zu haben, täusche möglicherweise. Dreyer habe die Chance, zum Gesicht des Landes zu werden. In Rheinland-Pfalz herrschten insbesondere in SPD und CDU latente innerparteiliche Spannungen zwischen Nord und Süd, zwischen den einzelnen Regionen. Dreyer verkörpere aber all diese Regionen und Mentalitäten. Sie sei gebürtige Pfälzerin, sei in Bad Kreuznach Bürgermeisterin gewesen, habe in Mainz als Sozialdezernentin gearbeitet und sei nun in Trier gut verankert. Mit der Problematik Multiple Sklerose gehe Dreyer klug um. Es sei ein guter Schachzug gewesen, ihre chronische Erkrankung gleich zu Beginn ihrer Nominierung als Nachfolgerin von Beck zu erwähnen. Dadurch habe sie allen möglichen Debatten um die Krankheit die Spitze gebrochen. Die Gesellschaft gehe inzwischen auch offener mit solchen Handicaps um als noch vor Jahren. Sie würden nicht mehr automatisch als Einschränkung der Leistungsfähigkeit einer Spitzenperson angesehen. Anders als Beck werde Dreyer wahrscheinlich nicht überall im Land präsent sein können. Aber das erwarteten die Menschen auch nicht. Ihnen sei viel wichtiger, dass das Land bei den großen Themen wie der Finanzpolitik, der Schul- und Hochschulpolitik sowie mit die Regionalreform vorankomme. dapd (Politik/Politik)
Lieberknecht wirft der Bundesregierung Arbeitsverweigerung vor
Berlin (dapd). Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) macht der Bundesregierung wegen der abgesagten Ost-West-Rentenangleichung schwere Vorwürfe. „Es ist eine Schande, dass wir es in Deutschland im Jahr 22 nach Vollendung der Einheit immer noch mit unterschiedlichen Altersbezügen in Ost und West zu tun haben“, sagte sie der „Berliner Morgenpost“. „Es gab eine klare Verabredung, dass dieses Problem endlich gelöst wird. Der Bund darf sich hier nicht aus der Verantwortung schleichen.“ Der für den Aufbau Ost zuständige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Christoph Bergner (CDU), hatten in der vergangenen Woche angekündigt, dass die Rentenangleichung trotz der entsprechenden Festlegung im Koalitionsvertrag bis zur Bundestagswahl 2013 nicht mehr auf den Weg gebracht wird. Lieberknecht nannte das einen „Fall von Arbeitsverweigerung, für den nun windelweiche Ausreden vorgebracht“ würden. Sie kündigte an, das Thema erneut auf die Agenda zu setzen, wenn sie im Dezember den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz der ostdeutschen Länder übernimmt. dapd (Politik/Politik)
Gauck für anhaltende Wachsamkeit gegen Rechtsextremismus
Kassel (dapd). Bundespräsident Joachim Gauck hat anlässlich der Einweihung eines Platzes und eines Gedenksteins für Opfer der rechtsextremistischen Terrorgruppe NSU zu Wachsamkeit gegen Rechtsradikalismus aufgerufen. „Dieser Gedenkstein mahnt: Lassen Sie uns wachsam bleiben! Lassen Sie uns unermüdlich klarstellen, dass dieses Land keinen Extremismus duldet!“, heißt es in einem Grußwort Gaucks, das bei der Einweihung am Montag in Kassel verlesen wurde. Der Bundespräsident forderte zudem weitere Aufklärung der Mordserie des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Die zehn getöteten Menschen verdienten „unsere ganze Kraft, das Geschehene aufzuarbeiten“. Versäumnisse müssten benannt, Verantwortung bekannt werden. In Kassel wurden am Montag ein Gedenkstein für die Opfer der Mordserie und ein Platz eingeweiht, der nach dem 2006 erschossenen Internetcafébetreiber Halit Yozgat benannt ist. dapd (Politik/Politik)
Aigner schielt nicht auf Seehofer-Nachfolge
Berlin (dapd). Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) setzt mit ihrem angekündigten Wechsel von Berlin nach München nach eigener Aussage nicht auf eine Nachfolge des Parteivorsitzenden Horst Seehofer. „Es gibt weder eine Abmachung noch irgendwelche Zusagen“, sagte Aigner der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ laut Vorabbericht. Sie gehe diesen Schritt aus Überzeugung. Damit sei keine Vorentscheidung getroffen. Sie wisse, „dass es morgen schon irgendein Problem geben kann oder irgendeinen vermeintlichen oder wirklichen Skandal, und dann sieht alles wieder anders aus“. Das bringe das Ministeramt mit sich. Aigner, die auch CSU-Bezirksvorsitzende in Oberbayern ist, hatte vor zwei Wochen angekündigt, ihr Ministeramt am Ende der Legislaturperiode aufzugeben und sich bei der Landtagswahl im Herbst 2013 für ein Direktmandat in einem oberbayerischen Stimmkreis zu bewerben. dapd (Politik/Politik)
Süsskind: Berliner Juden lassen sich nicht einschüchtern
Berlin (dapd-bln). Nach den jüngsten antisemitischen Übergriffen in Berlin hat die frühere Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Lala Süsskind die Zivilgesellschaft zur Solidarität aufgefordert. Politik, Verbände und Bürger müssten verstärkt „Flaggen zeigen“, sagte Süsskind in einem Interview der Nachrichtenagentur dapd. Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, war am Mittwoch, dem jüdischen Feiertag Jom Kippur, fremdenfeindlich angepöbelt worden, als er in Begleitung seiner Kinder mit dem Gebetbuch in der Hand unterwegs war. Am selben Tag weigerte sich ein Taxifahrer, eine jüdische Familie zu einer Synagoge zu bringen. Erst Ende August war in Schöneberg ein Rabbiner von Jugendlichen verprügelt worden. Beschneidungsdebatte ist eine Ursache „Mir fehlen die Worte, wo wir gelandet sind“, sagte Süsskind zu der Häufung von Attacken in den vergangenen Monaten. Sie habe sich das nicht vorstellen können und mit „so viel Dummheit“ nicht gerechnet. Als eine Ursache nannte sie die Debatte um die rituelle Beschneidung, mit der offenbar Hemmungen abgelegt worden seien. Die vielen Übergriffe tragen nach Darstellung der ehemaligen Gemeindevorsitzenden nicht dazu bei, sich in der Stadt wohlzufühlen. „Angst habe ich aber nicht“, betonte Süsskind. Sie persönlich habe viele Briefe und Anrufe erhalten, in denen Menschen ihr Mitgefühl ausgedrückt hätten. Auch aus der Gemeinde habe sie nicht gehört, dass Mitglieder aus Sorge vor wachsendem Antisemitismus Deutschland den Rücken kehren wollten, sagte Süsskind. Das hielte sie auch für falsch, denn dann hätten die Pöbler und Schläger gewonnen. „Und diesen Triumph dürfen wir ihnen nicht gönnen“, sagte sie. Süsskind fügte hinzu: „Wir sind und bleiben Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in Berlin.“ dapd (Politik/Politik)
Malu Dreyer – Königin der SPD-Herzen
Mainz (dapd-rps). Manche nennen Malu Dreyer die „Gute-Laune-Ministerin“, für SPD-Parteifreunde ist Marie Luise, wie sie eigentlich heißt, schlicht die „Königin der Herzen“. Nun könnte die 51-Jährige an die Spitze der rheinland-pfälzischen Landesregierung rücken. Dreyer soll offenbar die Nachfolge Kurt Becks antreten. Im Rennen um den Chefsessel in der Staatskanzlei hätte die Triererin damit die lange gehandelten Kronprinzen hinter sich gelassen. Dabei hatten die meisten Beobachter die Sozialministerin lange nicht auf der Rechnung – nicht mehr, seit einer Aufsehen erregenden Pressekonferenz im Oktober 2006: Da machte Dreyer öffentlich, was zuvor nur sehr wenige Menschen wussten: dass sie seit ihrem 30. Lebensjahr an Multipler Sklerose (MS) leidet. Wegen MS-Erkrankung zeitweise im Rollstuhl Anfangs merkte man ihr die Krankheit nicht an, Mitte des vergangenen Jahrzehnts verstärkten sich die Symptome. Dreyer hat seither Schwierigkeiten beim Gehen und Treppensteigen, gelegentlich nutzt sie einen Rollstuhl. „Das Amt gibt mir Kraft“, erklärte sie bei der besagten Pressekonferenz, und dass sie ihre Aufgabe als Ministerin weiter ohne Einschränkung wahrnehmen werde. Im März 2002 berief Beck die Mainzer Sozialdezernentin in sein Kabinett. Sie trat damit die Nachfolge Florian Gersters (SPD) an, der an die Spitze der Bundesagentur für Arbeit gewechselt war. Der kühle Gerster und die herzliche Dreyer – deutlicher hätte der Unterschied nicht ausfallen können. Doch kurze Zeit später drohte der in Neustadt an der Weinstraße geborenen Ministerin mit der sogenante Rodalben-Affäre das Ende ihrer Karriere. Nachdem 2003 zwei Insassen des Jugendheims in dem pfälzischen Ort eine Erzieherin erstochen hatten, erhob die Opposition im Landtag schwere Vorwürfe. Von Versäumnissen bei der Planung des Projekts zur Heimunterbringung straffällig gewordener Jugendlicher war die Rede. Dreyer musste sich einem Untersuchungsausschuss stellen, die CDU forderte ihren Rücktritt – zum ersten und bislang einzigen Mal. In den folgenden Jahren verschaffte sich Dreyer in ihrem Amt als Arbeits, Sozial- und Gesundheitsministerin durch geräuschlose und effiziente Arbeit Respekt auch beim politischen Gegner. Als erstmals Spekulationen über einen Rücktritt Becks aufkamen, galt Dreyer vielen in der Union rasch als Angstgegnerin Nummer Eins. „Das wäre das Schlimmste, was uns passieren könnte“, räumt ein Vorstandsmitglied der Landes-CDU hinter vorgehaltener Hand ein. CDU-Hochburg Trier im Doppelpack mit Ehemann geknackt Nicht zuletzt spricht für Dreyer als neue Ministerpräsidentin, dass sie in ihrem Ressort mit dem Nürburgring-Desaster nichts zu tun hatte und damit auch der CDU hier keine Angriffsfläche bietet. Zudem dürften Dreyers Erfolge als Trierer SPD-Chefin eine Rolle gespielt haben. Bei der Landtagswahl 2006 holte sie im ersten Anlauf das Direktmandat in dem traditionell tiefschwarzen Trierer Wahlkreis – gegen Christoph Böhr, damals Spitzenkandidat der Landes-CDU. Noch im selben Jahr wurde zudem ihr Mann Klaus Jensen, einst Sozialstaatssekretär, als erster Sozialdemokrat zum Trierer Oberbürgermeister gewählt Bis vor wenigen Wochen rechneten dennoch nur wenige damit, dass Dreyer in das Rennen um die Nachfolge Becks einsteigen würde; sie werde sich den Knochenjob nicht antun, mutmaßten viele. Diesen Mutmaßung machte Dreyer unlängst selbst ein Ende: Auf einer Pressereise – ihrer ersten seit Jahren – machte Dreyer deutlich, dass sie aber auch körperlich anstrengenden Herausforderungen gewachsen ist – ob mit Rollstuhl oder ohne. dapd (Politik/Politik)