Berlin (dapd). Mit dem Ende der Sommerferien auch in Bayern und Baden-Württemberg häufen sich die Klagen über den Lehrermangel. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert die Neueinstellung von mehr als 30.000 Lehrkräften an den Schulen. Doch die Mehrzahl der Länder verweist darauf, alle Stellen seien besetzt. Freie Posten gibt es nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur dapd oft nur in abgelegenen Regionen. Aber wer das richtige Fach studiert hat, wird heiß umworben: So suchen die Hessen Hände ringend Physiklehrer. „Insgesamt müssen in ganz Deutschland in diesem Schuljahr circa 33.000 Lehrkräfte neu eingestellt werden“, sagte GEW-Vorstandsmitglied Ilse Schaad im dapd-Interview. Bereits seit 2000 hätten regelmäßig drei bis vier Prozent des Lehrerbestandes neu eingestellt werden müssen. „Dies haben die Länder nicht getan. Deshalb haben wir aktuell regionalen und strukturellen Mangel, der sich noch ausweiten wird“, monierte Schaad. Derzeit gibt es knapp 800.000 hauptamtliche Lehrer in Deutschland. In der Hauptstadt forderte der Berliner Beamtenbund vom Senat weitere Neueinstellungen von Lehrern. Bis Ende 2018 gingen mehr als 12.000 Lehrkräfte in den Ruhestand, sagte Landeschef Joachim Jetschmann. Dafür sei bislang keine Vorsorge getroffen worden. Der Bildungsverwaltung zufolge haben in diesem Jahr bislang 1.172 neue Lehrer ihren Dienst angetreten. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sprach von einer „mehr als hundertprozentigen“ Auslastung. Mecklenburg-Vorpommern sucht noch Lehrer für den Schuldienst. Sieben befristete und neun unbefristete Stellen sind ausgeschrieben. „Wenn hier nichts passiert, gehen die jungen Leute lieber in andere Bundesländer“, sagte der stellvertretende GEW-Landesvorsitzende Detlef Klage. Derzeit müssten etwa die Lehrer an niedersächsischen Gymnasien nur 23,5 Stunden pro Woche arbeiten, in Mecklenburg-Vorpommern jedoch 27 Stunden. Geld für Vertretungen statt Einstellungen Auch in Hamburg gibt es noch freie Lehrerstellen, aber die könnten unbesetzt bleiben. „In vielen Fällen ist das von den Schulen beabsichtigt, damit Ressourcen für Vertretungsbedarfe bleiben“, sagte der Sprecher der Schulbehörde, Peter Albrecht. Im Klartext: Die Schulen wollen mit dem Geld Vertretungen bezahlen. In Sachsen-Anhalt fehlen nach Einschätzung des Landeselternrates gegenwärtig rund 600 Lehrer. Die Besetzung offener Stellen nannte der Vorsitzende Thomas Jaeger „dringlich“. Denn die statistische Feststellung, dass die Unterrichtsversorgung bei 102,5 Prozent liege, spiegele nicht die Realität wider. Die Unterrichtsausfälle seien nach wie vor zu groß, an den Schulen müsse zu viel improvisiert werden. In Hessen sind fast alle Stelle besetzt, aber wer Physik, Musik oder Chemie auf Lehramt studiert hat, ist heiß begehrt. „Wenn Sie einen Physiklehrer kennen, kann er oder sie sich direkt bei uns melden“, betonte der Sprecher des Kultusministeriums in Wiesbaden, Christian Henkes. „Wir suchen händeringend.“ Gute Einstellungschancen haben auch Lehrer für Latein, Mathematik, Informatik, Kunst oder Spanisch. In diesen Fächern gebe es vergleichsweise wenige Bewerber, erläuterte Henkes. Allein in NRW fehlen Tausende Sonderpädagogen In Sachsen gibt es nach GEW-Einschätzung zu wenige Stellen und Lehrermangel. Doch auch in diesem Jahr blieben zahlreiche Interessenten ohne Anstellung. Die Zahl der Bewerber, die als Lehrer an Gymnasien arbeiten wollen, habe sehr deutlich die Zahl der freien Stellen überstiegen, sagte ein Sprecher des Kultusministeriums. In Brandenburg gibt es ein Überangebot an fertig ausgebildeten Lehrern in geisteswissenschaftlichen Fächern wie etwa Deutsch und Geschichte. Großer Mangel herrsche hingegen an gut qualifizierten Lehreranwärtern für Mathematik und die Naturwissenschaften, sagte der Sprecher des Bildungsministeriums, Stephan Breiding. In Nordrhein-Westfalen können nicht alle ausgeschriebenen Stellen besetzt werden, weil es für Mangelfächer wie Physik, Chemie und Kunst nicht genügend Bewerber gibt, wie der stellvertretende Vorsitzende des Philologenverbandes, Jürgen Baues, sagte. Wirtschaftsschulen sind im Fach Informatik und in den Naturwissenschaften ebenfalls unterbesetzt. Außerdem fehlten in allen betroffenen Schulformen bis zu 10.000 Sonderpädagogen, sagte der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung NRW, Udo Beckmann. (GEW-Informationen zur Schulsituation: http://url.dapd.de/gI4DMU ) dapd (Politik/Politik)