Karlsruhe (dapd). Ausnahmezustand am Bundesverfassungsgericht: Zwar bearbeiten die Karlsruher Richter pro Jahr mehrere Tausend Verfahren, doch in diesen Sommertagen haben sie es mit einer ganz besonders brisanten Angelegenheit zu tun. In knapp zwei Monaten, am 12. September, will das Gericht seine Eilentscheidung zur Euro-Rettung verkünden. „Höchste Priorität“ habe dieses Urteil über die Eilanträge gegen die Gesetze zum dauerhaften Euro-Rettungsschirm (ESM) und zum Fiskalpakt, sagt Gerichtssprecherin Judith Blohm. Es handele sich um „ein Ausnahmeverfahren“. Was das praktisch heißt, können Außenstehende nur erahnen. Es gehe zu „wie in einem Bienenstock“, beschreibt ein Insider die geschäftige Situation im Olymp der Juristen. Neben den acht Richtern des Zweiten Senats unter Vorsitz von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle sind rund ein Dutzend wissenschaftliche Mitarbeiter allein mit diesem Verfahren befasst. Und auch wenn die Sommermonate sonst gern von Verfassungsrichtern für Ferien genutzt werden: „An Urlaub ist für die Richter und zahlreiche wissenschaftliche Mitarbeiter nicht zu denken“, sagt Blohm. Normalerweise wird das Votum – also der Entscheidungsentwurf – vom Dezernat desjenigen Verfassungsrichters vorbereitet, der Berichterstatter in dem Verfahren ist. Das ist bei der Euro-Rettung der Richter und Staatsrechtsprofessor Peter Huber, der im November 2010 an das Gericht kam und zuvor ein Jahr lang Thüringens Innenminister war. Doch diesmal erfolgt die Votums-Vorbereitung nicht nur durch den Berichterstatter selbst, sondern „dezernatsübergreifend“. Die acht Richter werden bis September noch zu zahlreichen Beratungsterminen zusammenkommen, wie es heißt. Sie wissen, dass ihre Entscheidung historischen Charakter und möglicherweise „irreversible“ Folgen für die europäische Währungsunion haben wird. „Die Spannung ist mit Händen greifbar“, heißt es aus dem Gericht. Der parlamentarische SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann warnte am Montag vor „Druck“ auf die Richter – offenbar mit Blick auf Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der wegen der „Nervosität“ der Finanzmärkte eine rasche Entscheidung gefordert hatte. „Es ist richtig, dass das Gericht bei einer so elementaren Frage Sorgfalt vor Eile gehen lässt“, unterstrich Oppermann. Die Richter selbst wollen ihr Urteil nicht einfach binnen weniger Wochen „über den Tischen wischen“. Sie wollen die Rechtslage so tief und sorgfältig prüfen, wie es ein Eilverfahren in Zeiten einer gefährlichen Eurokrise erlaubt. Denn sie wollen schon bei ihrer Eilentscheidung eine „gewisse verfassungsrechtliche Sicherheit“ erreichen. Karlsruher Justizkreise rechnen deshalb damit, dass dieses Urteil über die Anträge auf einstweilige Anordnung der späteren Hauptsacheentscheidung sehr nahe kommen dürfte. Die meiste Arbeit im Karlsruher Bienenstock wäre damit bis zum 12. September erledigt. dapd (Politik/Politik)
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Scharfe Kritik am langjährigen Haager Chefankläger Moreno-Ocampo
München (dapd). Der deutsche Richter am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, Hans-Peter Kaul, hat zum zehnjährigen Jubiläum des Gerichtshofs scharfe Kritik am Chefankläger, dem Sicherheitsrat und der Bundesregierung geübt. Kaul sagte der „Süddeutschen Zeitung“, der langjährige Haager Chefankläger Luis Moreno-Ocampo habe sein Büro geführt „wie ein argentinischer Großgrundbesitzer“. Der Chefankläger, dessen Amtszeit im Juni ausgelaufen ist, habe es an Professionalität fehlen lassen. „Wir Richter haben oft feststellen müssen, dass er uns problematische Zeugen präsentierte, die nichts beitragen konnten, die nichts wussten“, kritisierte Kaul. Auch die juristische Argumentation des Anklägers sei „oft dürftig“ gewesen. Zuletzt hätten die Haager Richter mehrfach Verfahren gegen mutmaßliche Kriegsverbrecher eingestellt, weil die Beweise nicht überzeugend seien. Kaul äußerte nun die Hoffnung, dass die neue Chefanklägerin, die Gambierin Fatou Bensouda, den Apparat „umkrempeln“ werde. dapd (Politik/Politik)
Westerwelle sagt Parlament mehr Einbindung bei der Europapolitik zu
Berlin (dapd). Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Euro-Rettungsschirm hat Außenminister Guido Westerwelle dem Parlament mehr Beteiligung zugesagt. Die Bundesregierung werde die Entscheidung der Karlsruher Richter „nach bestem Wissen und Gewissen“ umsetzen, sagte der FDP-Politiker am Dienstag in Berlin. Die Einbindung des Bundestages in europäische Angelegenheiten sei ein wichtiges Anliegen. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor entschieden, dass die Regierung das Parlament zu spät über das Vorgehen beim Euro-Rettungsschirm unterrichtet habe. Die Richter legten genaue Kriterien für die künftige Beteiligung des Bundestages fest. dapd (Politik/Politik)