Hamburg (dapd). Die deutschen Reeder sehen viele ihrer Betriebe nach neuartigen Steuerforderungen in Millionenhöhe vor der Pleite. Die Finanzämter fordern nach Angaben des Verbandes deutscher Reeder (VDR) im großen Stil Versicherungssteuer von den Reedern. „Wenn das bezahlt werden muss, werden wir noch mehr Insolvenzen bekommen“, sagte Verbandsgeschäftsführer Ralf Nagel am Freitag in Hamburg. Die Finanzämter sind laut VDR der Ansicht, dass eine seit Jahrzehnten übliche Praxis der Reeder eine Art Versicherung darstellt, der sogenannte Pool: Reeder fassen oft ähnliche Schiffe in einem Pool, einer Gruppe, zusammen. Dann teilen sie die Einnahmen aller Schiffe unter sich auf. So werden Umsatzspitzen und -ausfälle geglättet, das Geschäft wird berechenbarer. Laut Verband halten die Finanzbehörden diese Praxis für eine Art Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und erheben 19 Prozent Versicherungssteuer. Weil diese Steuer nun für sieben Jahre rückwirkend erhoben wird, kommen Millionenforderungen auf jeden Pool zu. Die Reeder halten die Forderung für nicht gerechtfertigt. Das Bundesfinanzministerium lehnt eine Stundung der Forderungen ab. Kritik an Rösler Die Zusatzbelastung trifft die Branche in einer an sich schon kritischen Lage. „Die Charterreeder machen die wohl schwierigste Zeit durch, die sie je erlebt haben“, sagte VDR-Präsident Michael Behrendt. Er forderte erneut „den begrenzten, befristeten und rückzahlbaren Einsatz“ der staatlichen Förderbank KfW. Genau das hatte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) vor wenigen Tagen abgelehnt. „Dass ein FDP-Bundesminister kleine und mittelständische Firmen im Regen stehenlässt, ist bemerkenswert“, sagte Verbandsgeschäftsführer Nagel. Nach Angaben von Behrendt steht eine Pleitewelle vor allem bei kleinen Reedern bevor, wenn Hilfe ausbleibt. Auslöser ist vor allem der Rückzug der Banken aus der Schiffsfinanzierung und ein gleichzeitiges Überangebot an Schiffen. Im Boom vor dem Jahr 2008 hatten die Reeder zu viele Neubauten bestellt, die nun auf den Markt kommen und die Charterraten, die Mietpreise für Schiffe, drücken. Banken ziehen sich aus Schiffsfinanzierung zurück Im laufenden Jahr hatten sich mehrere Geschäftsbanken aus der Finanzierung von Schiffen zurückgezogen. Sie bringen so vor allem kleine und mittelständische Reedereien in Gefahr, denn andere Finanzierungsquellen sind nicht in Sicht. Wenn ein Reeder in dieser Lage einen Anschlusskredit braucht, können selbst weitgehend abgezahlte Schiffe in Gefahr geraten. Zuletzt hatte die Commerzbank ihren Ausstieg aus der Schiffsfinanzierung erklärt. Auch die HSH Nordbank fährt ihre Kreditvergabe für Schiffe kräftig zurück. Viele deutsche Reedereien sind nur Mini-Betriebe: Die Hälfte hat nur ein oder zwei Schiffe, wie die Beratungsgesellschaft PwC feststellte, die Branche spricht von sogenannten Kapitänsreedern, die oft in der Provinz ihre Betriebe haben, etwa an der Unterelbe oder im Emsland. Auf der anderen Seite des Spektrums stehen Giganten wie Hapag-Lloyd oder Hamburg Süd mit mehr als jeweils 100 Schiffen. Laut VDR sind die Großen nicht bedroht. Behrendt sagte, Ende 2014 oder spätestens bis 2015 werde sich die Lage entspannen, weil dann kaum noch neue Schiffe abgeliefert würden. Weil bis dahin viele alte Frachter abgewrackt würden, rechne er mit besseren Charterraten. Die rund 400 deutschen Reeder haben insgesamt etwa 3.750 Schiffe in internationaler Fahrt. Die Branche erhält bereits 60 Millionen Euro pro Jahr von der Bundesregierung zur Förderung deutscher Offiziere an Bord. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
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Deutschland schafft Antipiraten-TÜV
Berlin (dapd). Deutschland stellt den Schutz seiner knapp 500 Handelsschiffe gegen Piratenangriffe auf eine neue gesetzliche Grundlage: Ab Mitte kommenden Jahres können Reeder ihre Schiffe unter deutscher Flagge nur durch bewaffnete private Sicherheitsfirmen schützen lassen, wenn diese eine deutsche Zulassung haben. Das beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin. Damit müssen sich alle in- und ausländischen Schutzfirmen eine deutsche Lizenz besorgen, die pro Unternehmen zwischen 8.000 und 16.000 Euro kostet und für zwei Jahre gilt. Mit der regelmäßigen Überprüfung soll gewährleistet werden, dass „keine Desperados“ und „keine Söldnertruppen“ zum Schutz deutscher Schiffe eingesetzt werden, sagte der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Hans-Joachim Otto (FDP). Derzeit fahren 492 Hochseeschiffe unter deutscher Flagge, deren Zahl soll nun wieder steigen. Nicht wenige Reeder hatten in der Vergangenheit die Ausflaggung auch damit begründet, dass das deutsche Recht einen effektiven Schutz ihrer Schiffe behindere. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) begrüßte daher die Entscheidung. „Unsere Reeder brauchen klare Bedingungen, um die Seeleute effektiv vor der weiter andauernden Bedrohung durch Piraterie schützen zu können“, sagte Verbandspräsident Michael Behrendt, der auch die wichtigste deutsche Reederei Hapag-Lloyd leitet. Denn einer Umfrage der Unternehmensberatung PWC zufolge war jedes dritte deutsche Schifffahrtsunternehmen schon von Piraterie betroffen. 58 Prozent der Reeder haben laut der Studie Sicherheitsdienste an Bord. Zuständig für die Zulassung wird das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Kooperation mit der Bundespolizei sein. Die Hansestadt Hamburg wird dabei als zentrale Waffenbehörde fungieren. Allerdings sollen nur leichte Waffen zugelassen werden, schwere Waffen sowie Waffen, die unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen, werden den Angaben zufolge nicht genehmigt. In erster Linie sollen die Sicherheitsleute die Schiffe bewachen und nur im Notfall verteidigen. Otto begründete den Vorstoß der Bundesregierung mit den zunehmenden Gefahren durch Piraterie. Zwar sei die Zahl der Attacken im ersten Halbjahr gerade im „Hochrisikogebiet“ vor der Ostküste Afrikas um mehr als die Hälfte gegenüber dem Vergleichzeitraum 2011 gesunken. Doch entstehe auf der anderen Seite vor der westafrikanischen Küste eine neue Gefahrenquelle. Hier gingen Piraten mit deutlich größerer Brutalität vor und nähmen auf die Besatzung keine Rücksicht mehr, sagte der Staatssekretär. „Der Gesetzentwurf bringt mehr Sicherheit für Reeder und Mannschaft“, betonte Otto. Geändert wird das Gewerberecht, um firmenbezogene Zulassungen zu ermöglichen, sowie das Waffenrecht. Nicht angetastet wird indes das Seemannsrecht. Otto betonte, damit bleibt die oberste Gewalt auf einem Schiff auch weiterhin in jeder Situation beim Kapitän. dapd (Politik/Politik)
Bundesregierung erlaubt bewaffnete Söldner auf deutschen Seeschiffen
Berlin/Hamburg (dapd). Die deutschen Reeder dürfen zum Schutz ihrer Schiffe gegen Piratenüberfälle künftig schwer bewaffnete Söldner an Bord nehmen. Dafür hat das Bundeskabinett am Mittwoch den Weg freigemacht. Die Ministerriege verabschiedete einen Gesetzentwurf für ein Zulassungsverfahren für Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen. Damit legalisiert die Bundesregierung ein seit Monaten übliches Vorgehen der Reeder. Hintergrund sind die vielen Piratenüberfälle, vor allem vor der Ostküste Afrikas. Die Reeder hatten argumentiert, dass sie wieder mehr Schiffe unter deutscher Flagge fahren lassen würden, wenn für deutsche Sicherheitsunternehmen auf den Schiffen Rechtssicherheit hergestellt würde. In erster Linie sollen die Sicherheitsleute die Schiffe bewachen und nur im Notfall verteidigen. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) begrüßte die Entscheidung: „Unsere Reeder brauchen klare Bedingungen, um die Seeleute effektiv vor der weiter andauernden Bedrohung durch Piraterie schützen zu können“, sagte Verbandspräsident Michael Behrendt, der auch die wichtigste deutsche Reederei Hapag-Lloyd leitet. Behrendt forderte, dass auch internationale Sicherheitsunternehmen für den Einsatz auf Schiffen mit deutscher Flagge zugelassen werden können. Er würdigte den Einsatz der Stadt Hamburg, die als zentrale Waffenbehörde für die Neuregelung fungieren werde. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) soll die Firmen begutachten und Genehmigungen erteilen. Schon heute fahren viele deutsche Schiffe mit bewaffneten Söldnern an Bord, denn nach einer Umfrage der Unternehmensberatung PWC war jedes dritte deutsche Schifffahrtsunternehmen schon von Piraterie betroffen. 58 Prozent der Reeder erklärten laut Studie, es gebe Sicherheitsdienste an Bord. Die Söldner gehen meist auf hoher See an Bord und verlassen das Schiff wieder, ehe ein Hafen angelaufen wird. So umgehen sie Ärger mit den Behörden wegen ihrer Waffen. Nach Angaben aus Reederkreisen sind die Bewaffneten ein effektiver Schutz gegen Piraten. dapd (Politik/Politik)