Streit über Kosten überschattet Atom-Endlagersuche

Streit über Kosten überschattet Atom-Endlagersuche Berlin (dapd). Ein milliardenschwerer Kostenstreit überschattet den hart errungenen Kompromiss zur Suche nach einem atomaren Endlager in Deutschland. Unmittelbar nach der Einigung von Bund und Ländern lehnte die Atomwirtschaft eine Übernahme der auf zwei Milliarden Euro geschätzten Kosten ab. Daraufhin stellte der Bund am Mittwoch klar, dass die Betreiber von Atomkraftwerken die Endlagersuche bezahlen müssten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) freute sich derweil, dass mit dem in Griffweite befindlichen Gesetz „ein jahrzehntelanger Konflikt befriedet“ werden konnte. Bund und Länder hatten sich am Dienstag nach jahrelangem Ringen auf das Standortsuchgesetz geeinigt. So soll bis Ende 2015 eine Enquetekommission über die Kriterien beraten, nach denen ein Standort für die Endlagerung für Atommüll ausgewählt werden kann. Die eigentliche Entscheidung, wo das Lager entsteht, soll aber erst bis 2031 fallen. Das Gesetzesvorhaben soll noch vor der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet werden. Altmaier will mit AKW-Betreibern reden Bundeskanzlerin Merkel begrüßte die Einigung. Alle Seiten hätten Bereitschaft gezeigt, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Für die Kanzlerin zähle bei allem Streit vor allem eines: „Wir sind auf gutem Weg, einen jahrzehntelangen Konflikt zu befrieden.“ Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) will nun nach Angaben eines Sprechers mit den Betroffenen direkte Gespräche führen und hoffe, zu einer „einvernehmlichen Lösung“ zu kommen. Doch birgt die Kostenfrage neuen Konfliktstoff. Das Deutsche Atomforum hatte darauf verwiesen, dass die AKW-Betreiber bereits 1,6 Milliarden Euro in die Untersuchung des bisher geplanten Endlagerstandorts im niedersächsischen Gorleben investiert hätten. Für die Übernahme zusätzlicher Kosten infolge alternativer Standortuntersuchungen gebe es „nach unserer rechtlichen Auffassung“ keine Grundlage, erklärte die Lobbyorganisation der Atomwirtschaft. Dem widersprach das Bundesumweltministerium. Es gebe eine Übereinkunft, dass die Betreiber von Atomkraftwerken die Kosten für die Suche nach einer Lagerstätte für den hoch radioaktiven Müll übernehmen, sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin. „Daran ändert sich nichts“, fügte er hinzu. Die Kosten werden auf zwei Milliarden Euro geschätzt. Kostenübernahme nach Verursacherprinzip gefordert Die Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“ kritisierte die Atomwirtschaft für ihr Nein zur Kostenübernahme. „Das zeigt aufs Neue, wie verantwortungslos die Betreiber der Atomkraftwerke handeln“, sagte „ausgestrahlt“-Sprecher Jochen Stay. „Sie machen jahrzehntelang glänzende Geschäfte, hinterlassen die gefährlichsten Stoffe in der Geschichte der Menschheit und bürden Risiken und Kosten der Allgemeinheit und den kommenden Generationen auf.“ Auch Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) forderte eine Beteiligung der Atomindustrie an den Suchkosten. Jeder Haushalt, der Müll produziere, bekomme am Jahresende eine Rechnung und müsse als Verursacher des Mülls für die Kosten der Deponierung und für die Suche nach einer Deponie bezahlen, sagte der Grünen-Politiker im Rundfunksender Bayern 2. Dasselbe gelte natürlich auch für die Verursacher von Atommüll. Gorleben bleibt im Endlager-Kandidatenkreis Das Deutsche Atomforum begrüßte in Berlin den Endlager-Konsens und hob vor allem hervor, dass Gorleben als potenzieller Standort im Auswahlverfahren bleiben solle. Dem gegenüber bekräftigte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) seine Einschätzung, wonach Gorleben ungeeignet sei und pochte auf eine ergebnisoffene Suche nach einem atomaren Endlager in Deutschland. Ein solches Lager könne letztlich auch in Süddeutschland entstehen. „Wir brauchen einen nationalen Konsens, und da kann es nicht davon abhängen, wer gerade zufälligerweise regiert“, sagte Weil auf NDR Info. Für SPD-Chef Sigmar Gabriel kommt es vor allem auf ein „redliches Verfahren“ in der Endlagersuche an. Bisher habe der Eindruck überwogen, dass „der billigste und damit der gefährlichste Standort ausgewählt“ worden sei, sagte er dem Inforadio des rbb. Altmaier wies indes darauf hin, dass Gorleben als Standort für ein mögliches atomares Endlager nicht grundsätzlich ausgeschlossen worden sei. Doch habe erst die Aussetzung von Castor-Transporten in das niedersächsische Zwischenlager bis Ende 2015 den Weg für einen echten Atomkompromiss freigemacht. dapd (Politik/Politik)

Rechtsradikale verstärken Aktivitäten im Westen

Rechtsradikale verstärken Aktivitäten im Westen Berlin/Wiesbaden (dapd). Neonazis sind auch hinter Gittern gefährlich: Das aufgeflogene rechtsextreme Gefängnis-Netzwerk soll versucht haben, Kontakte zur mutmaßlichen NSU-Rechtsterroristin Beate Zschäpe aufzunehmen. Das berichtet die Zeitung „Die Welt“ in ihrer Onlineausgabe. Laut Presseberichten hatten sich Hinweise auf das Netzwerk nach Zellendurchsuchungen in mehreren hessischen Haftanstalten in den vergangenen Wochen ergeben. Eine Studie warf Behörden und Politikern vor, rechtsextreme Gruppen im Westen zu verharmlosen. Die „Welt“ berichtete unter Berufung auf hessische Justizkreise, der Gründer des Netzwerkes habe versucht, Zschäpe und Personen zu kontaktieren, die der aufgeflogenen Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) nahestanden. Kontaktpersonen Zschäpes sollen auch geantwortet haben. Der Initiator des Gefängnis-Netzwerkes sei Bernd T., der auch Gründer der rechtsextremen Kameradschaft „Sturm 18“ und wegen eines Tötungsdeliktes vorbestraft ist. Die „Bild“-Zeitung berichtete, das Netzwerk wolle Straftäter und ihre Angehörigen finanziell unterstützen und verurteilte Rechtsextreme in Deutschland vernetzen. Das in Hessen aufgedeckte rechtsextreme Gefängnis-Netzwerk hat nach bisherigen Erkenntnisse offenbar keine bundesweite Organisationsstruktur. Ein Sprecher von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte in Berlin, solche Vermutungen könne er „nicht bestätigen“. Das Justizministerium lehnte unter Hinweis auf das angelaufene Ermittlungsverfahren eine Stellungnahme ab. Zudem sei der Strafvollzug Ländersache, hieß es. Opposition verlangt hartes Vorgehen SPD-Vize Aydan Özoguz kündigte ein hartes Vorgehen gegen rechtsradikale Netzwerke an. „Es ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer, dass inhaftierte Rechtsradikale auch Kontakt zum NSU-Umfeld hatten“, sagte sie. „Für mich ist es bestürzend, dass unsere Sicherheitsbehörden davon offenbar bisher nichts wussten.“ Die Ermittlungsbehörden müssten schnell, hart und offen aufklären. Die innenpolitische Sprecherin der Linke-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke, beantragte, das Thema für kommende Woche auf die Tagesordnung des Bundestagsinnenausschusses zu setzen. Gefängnisse dürften nicht zu Rekrutierungsanstalten der Neonazis werden. Die antifaschistische Arbeit müsse auch in den Gefängnissen weitergehen. „Die Bundesregierung sollte schnellstmöglich mit den zuständigen Landesjustizbehörden gemeinsame Anstrengungen vereinbaren“, forderte Jelpke. Studie räumt mit Klischee auf Ein Report für die Amadeu Antonio Stiftung über Rechtsextreme im Westen ergab, dass Rechtsextremismus nicht nur in Ostdeutschland verharmlost wird. Die Politikwissenschaftlerin und Journalistin Marion Kraske listete in ihrer Studie „Staatsversagen. Wie Engagierte gegen Rechtsextremismus im Stich gelassen werden. Ein Report aus Westdeutschland“ zahlreiche Fälle auf, in denen die Behörden im alten Bundesgebiet Aktivitäten von Rechtsextremen nur halbherzig verfolgen. Projekte gegen Rechts würden dagegen ausgebremst, Bürgerinitiativen als Linksradikale oder Nestbeschmutzer verleumdet, heißt es darin. So hätten sich die Behörden sehr schwergetan, einen Angriff bewaffneter Neonazis auf eine Kinovorführung des Films „Das braune Chamäleon“ in Wuppertal als politisch motivierten Gewaltakt zu werten und zu verfolgen. Obwohl der Angriff vor etwa 100 Zeugen erfolgt sei, habe die Polizei erklärt, sie habe keine beweiskräftige Zuordnung von Taten und Tatverdächtigen ermitteln können und es den Angegriffenen überlassen, Beweise für einen rechtsradikalen Hintergrund der Tat zu erbringen. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth forderte westdeutsche Politiker zum Umdenken auf. Diese hätten bislang mit dem Finger nur nach Ostdeutschland gezeigt. „Die Studie der Amadeu Antonio Stiftung zeigt, wie sehr sich Rechtsextreme auch in Westdeutschland ausbreiten, Gewalt schüren und ihre widerliche Ideologie propagieren“, sagte sie. Der Schirmherr der Stiftung, Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD), kritisierte, dass es im Westen keine flächendeckende Opferberatung gebe. Es fehlten dauerhafte und verlässliche Strukturen gegen rechte Gewalt. Rassismus als Einstiegsdroge Die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, sagte, allgemein bestehe das Problem vor allem darin, dass in Deutschland kaum über Rassismus gesprochen werde. Dieser sei aber in der Gesellschaft weitverbreitet und die „Einstiegsdroge in den Rechtsradikalismus“. Die 1998 gegründete Stiftung ist nach dem aus Angola stammenden Arbeiter Amadeu Antonio benannt, der 1990 von rechten Jugendlichen im brandenburgischen Eberswalde zu Tode geprügelt wurde. (Download der Studie: http://url.dapd.de/RdWGPf ) dapd (Politik/Politik)

Vorschlag für neue NSU-Kommission entfacht Debatte

Vorschlag für neue NSU-Kommission entfacht Debatte Berlin (dapd). Der Berliner Verfassungsschutzexperte Tom Schreiber hat eine bundesweite unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des rechtsextremistischen NSU-Terrors gefordert. Das Gremium solle vor allem über den „alltäglichen Rassismus“ aufklären, sagte der SPD-Abgeordnete der Nachrichtenagentur dapd. Zwar gebe es derzeit eine juristische und politische Aufarbeitung der rechtsextremen Mordserie, aber es fehle eine breite gesellschaftliche Debatte über die Neonazi-Gefahr. Als möglichen Vorsitzenden empfiehlt er den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU). Die Linke kritisierte den Vorstoß. Der Zwickauer Terrorgruppe des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) wird die Ermordung von neun ausländischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin angelastet. Vor dem Oberlandesgericht München muss sich deshalb ab dem 17. April unter anderen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe verantworten. Zwei weitere Hauptverdächtige hatten sich 2011 das Leben genommen. Zuletzt gab es im Zuge der Aufklärung der Mordserie zahlreiche Probleme bei der Abstimmung der Sicherheitsbehörden. Dabei war auch der Berliner Verfassungsschutz in den Fokus geraten, nachdem dort unter anderem unzählige Akten geschreddert worden waren. Mittlerweile befassen sich im Bundestag und mehreren Ländern parlamentarische Untersuchungsausschüsse mit den Pannen der Ämter. Darüber hinaus müsse es aber einen besseren und regelmäßigeren Dialog zwischen Fachleuten, Politikern, Angehörigen der Opfer und Vertretern aller Religionsgemeinschaften geben, forderte Schreiber. „Dieser Dialog muss über den Wahltag hinaus geführt werden.“ Besetzt werden sollte das neu zu schaffende Gremium deshalb mit „Persönlichkeiten aus Bund und Ländern“, die zusammen einen Bericht mit Handlungsempfehlungen erarbeiten sollten. „Am Ende müssen sich die verantwortlichen Politiker per Unterschrift verpflichten, die Ziele und Forderungen umzusetzen“, sagte Schreiber. Linke nennt Initiative „komplett absurd“ Um der neuen Kommission den notwendigen gesellschaftlichen Stellenwert zu verschaffen, sollte sie aus Sicht des Berliner Verfassungsschutzexperten von einem erfahrenen und hochrangigen Politiker geleitet werden. Vor diesem Hintergrund sei es nicht abwegig, Wulff für den Vorsitz zu berufen. So habe der Unionspolitiker und Altbundespräsident mit seinem berühmten Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“ gezeigt, dass er eine Integrationsdebatte führen könne. Voraussetzung sei natürlich die Einstellung des noch laufenden Ermittlungsverfahrens. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft Hannover gegen Wulff. Ein Großteil der Vorwürfe gegen ihn soll laut Medienberichten aber bereits entkräftet worden sein. Zuletzt hatten die Ermittler dem ehemaligen Staatsoberhaupt offenbar die Einstellung des Verfahrens gegen die Zahlung einer Geldbuße angeboten, was Wulff allerdings ablehnte. Er fordert die vorbehaltlose Einstellung der Ermittlungen. Schreiber sagte: „Sollte sich die Affäre positiv für ihn aufklären lassen, könnte ich mir Christian Wulff sehr gut für die Aufgabe des Kommissionsvorsitzenden vorstellen.“ Die Linke reagierte unterdessen mit deutlicher Kritik auf den Vorstoß. Der Vorschlag sei „komplett absurd“, sagte der Verfassungsschutzexperte Hakan Tas. Statt einer neuen Kommission brauche es eher die Bereitschaft aller staatlicher Institutionen zur Aufklärung der gesamten Missstände. Denn bislang würde die Arbeit der parlamentarischen Untersuchungsgremien weiterhin behindert. Daran könne auch eine neue Kommission unter Vorsitz von Wulff nichts ändern. „Der SPD in Berlin stünde es besser zu Gesicht, wenn sie bei der NSU-Aufklärung CDU-Innensenator Henkel stärker in die Pflicht nähme“, sagte Tas. dapd (Politik/Politik)

Merkel: Deutschland muss ein Integrationsland werden

Merkel: Deutschland muss ein Integrationsland werden Nürnberg (dapd). Deutschland muss nach Auffassung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein Integrationsland werden. Integration stehe für einen verstärkten Zusammenhalt und sei eine Aussage darüber, dass zunehmende Vielfalt alle bereichere, die Chancen biete, sagte Merkel auf einer Feier zum 60-jährigen Bestehen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am Mittwoch in Nürnberg. Zahlen des Statistischen Bundesamtes zufolge leben in Deutschland rund 16 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund und damit etwa ein Fünftel der Bevölkerung. Für diese sei Integration kein vorübergehendes Phänomen, sondern ein dauerhafte Realität, betonte Merkel. Integration sei vor allem mit Blick auf den demografischen Wandel in Deutschland von allergrößter Bedeutung. „Und deshalb muss es für jeden klar sein, dass jeder, der sich mit seinem jeweiligen kulturellen Hintergrund, mit seinen Interessen, Kenntnissen und Erfahrungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik in unserem Land einbringt, ein Gewinn für unser Land ist“, sagte Merkel. dapd (Politik/Politik)

Grüne fordern Rechtssicherheit über Zwischenlagerung von Castoren

Grüne fordern Rechtssicherheit über Zwischenlagerung von Castoren Hannover (dapd-nrd). Die Grünen im niedersächsischen Landtag haben schnelle Rechtssicherheit zu einer bundesweit verteilten Zwischenlagerung von hoch radioaktivem Atommüll angemahnt. „Es ist höchste Zeit, dass jetzt ganz Deutschland das Thema diskutiert und nicht allein Niedersachsen aufgebürdet wird“, sagte Grünen-Fraktionschefin Anja Piel am Mittwoch in Hannover. „Damit Niedersachsen dem Verfahren zustimmen kann, muss rechtssicher geklärt sein, dass es künftig eine Lastenteilung bei den noch anstehenden Castor-Transporten gibt“, betonte sie. Die Enquetekommission, die zunächst Kriterien für einen möglichen Endlager-Standort festlegen soll, sei eine bemerkenswerte Neuerung. „Weil die Kommission transparent arbeiten wird, können wir öffentlich über andere Wirtsgesteine als Salz diskutieren“, sagte die Fraktionschefin weiter. Es sei und bleibe wahr, dass der Salzstock in Gorleben nicht geeignet sei, hoch radioaktiven, eine Million Jahre strahlenden Atommüll sicher aufzunehmen. dapd (Politik/Politik)

Rabbiner und Kantoren des Abraham Geiger Kollegs in Ämter berufen

Rabbiner und Kantoren des Abraham Geiger Kollegs in Ämter berufen Erfurt/Potsdam (dapd). Mit einem Festgottesdienst in der Neuen Synagoge in Erfurt sind am Mittwoch vier Absolventen des Potsdamer Abraham Geiger Kollegs in ihre zukünftigen Ämter berufen worden. Adrian Michael Schell und Alexander Nachama wurden zu Rabbinern ordiniert, Isidoro Abramowicz und Nikola David als Kantoren eingeführt. An der Veranstaltung nahmen zahlreiche Juden aus dem In- und Ausland sowie Vertreter anderer Religionsgemeinschaften und des öffentlichen Lebens in Deutschland teil. Sie alle würdigten die Ausbildung von Rabbinern und Kantoren in Deutschland als einen wichtigen Beitrag zur Wiederauferstehung des jüdischen Lebens in Deutschland nach den Schrecken des Holocausts. „Das Judentum in Deutschland ist vielfältig geworden“, sagte der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Es biete Platz sowohl für den liberalen als auch für den orthodoxen Teil des Judentums. Lieberknecht würdigt „guten gemeinsamen Weg“ Mit der Feier in Erfurt wurden seit 2006 bereits zum fünften Mal Studenten des Kollegs zu Rabbinern geweiht. Die Berufung der akademisch ausgebildeten Kantoren war nach Angaben des Rektors des Abraham Geiger Kollegs, Walter Homolka, die erste in der jüngsten deutschen Geschichte überhaupt. Nachama wird in Zukunft als Rabbiner in Dresden wirken, Schell die jüdische Gemeinde Hameln betreuen. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sagte in ihrer Festansprache, es sei alles andere als selbstverständlich, dass in Deutschland wieder Rabbiner und Kantoren ausgebildet würden. Sie empfinde Dankbarkeit und Freude darüber, dass sich das jüdische Leben im Freistaat und auch weit über die Landesgrenzen hinaus wieder entfalte. Gemeinsam hätten deutsche Juden und auch deutsche Nicht-Juden in den vergangenen Jahren „einen guten, gemeinsamen Weg zurückgelegt“ und zusammengestanden, um zum Beispiel rechtsextremen Umtrieben entgegenzutreten. „Lassen Sie uns diesen Weg weiter miteinander gehen“, sagte sie. Sichtlich bewegt erinnerte der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringens, Reinhard Schramm, an die Opfer des Holocausts und daran, dass Rabbiner und Kantoren ihren Gemeinden auch in den schwersten Stunden Halt, Würde und Hoffnung gegeben hätten. Zugleich forderte er, deutsche Juden wie Leo Baeck oder Albert Einstein dürften nicht als Ende der deutsch-jüdischen Geschichte verstanden, sondern müssten als Ansporn für deren Fortschreibung gesehen werden. Homolka: Gemeinden brauchen politische Hilfe Sowohl vor als auch während des Gottesdienstes würdigten Vertreter des jüdischen Lebens in Deutschland die Unterstützung durch die Politik. Besonders Lieberknecht sei allen Juden in Deutschland eine verlässliche Partnerin, hieß es. Und auch der Fraktionschef der Thüringer Linkspartei, Bodo Ramelow, habe sich unter anderem als Mitglied im Stiftungsrat der Leo-Baeck-Stiftung um das jüdische Leben in Deutschland verdient gemacht. Ohne derartige Hilfe seien die Gemeinden in Deutschland noch nicht überlebensfähig, sagte Homolka. Soweit sei die Renaissance jüdischen Lebens in Deutschland noch nicht fortgeschritten. Die vier Absolventen des Abraham Geiger Kollegs hatten sich unmittelbar vor den Feierlichkeiten zu ihrer Amtseinführung tief bewegt gezeigt. Wie seine Mitstudenten empfinde auch er eine Mischung aus Freude und Verantwortung über seine neue Aufgabe, sagte der künftige Kantor Isidoro Abramowicz. Er gehöre zu den ersten Kantoren, die nach der Shoa in Deutschland ausgebildet worden seien. Dies sei für ihn eine Ehre. Ähnlich äußerte sich auch Adrian Michael Schell, der künftig als Rabbiner arbeiten wird. Er wolle mit seiner Arbeit etwas an das jüdische Leben in Deutschland zurückgeben. dapd (Politik/Politik)

Innenministerium sieht kein bundesweites rechtes Gefängnis-Netzwerk

Innenministerium sieht kein bundesweites rechtes Gefängnis-Netzwerk Berlin (dapd). Das in Hessen aufgedeckte rechtsextreme Gefängnis-Netzwerk hat nach bisherigen Erkenntnisse offenbar keine bundesweite Organisationsstruktur. Ein Sprecher von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte am Mittwoch in Berlin, solche Vermutungen könne er „nicht bestätigen“. Das Justizministerium lehnte unter Hinweis auf das angelaufene Ermittlungsverfahren eine Stellungnahme ab. Zudem sei der Strafvollzug Ländersache, hieß es. Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) hatte am Dienstag erstmals die Existenz rechtsradikaler Zusammenschlüsse in deutschen Gefängnissen bestätigt. „Aus hessischen Haftanstalten heraus ist nach unseren Erkenntnissen Kontakt zu einem Netzwerk Rechtsextremer aufgenommen worden“, sagte Hahn in Wiesbaden. „Es deutet auf eine bundesweite Vereinsstruktur hin.“ Im Fokus der hessischen Ermittler stünden das Gefängnis in Hünfeld (Landkreis Fulda) sowie zwei weitere Standorte des Strafvollzugs im Land. dapd (Politik/Politik)

Bahr will Krankenversicherte vor Überschuldung schützen

Bahr will Krankenversicherte vor Überschuldung schützen Berlin (dapd). Schuldenfalle Krankenversicherung: Wer seine Beiträge nicht zahlen kann, muss derzeit einen Säumniszuschlag von 5 Prozent pro Monat oder 60 Prozent pro Jahr berappen. Die Bundesregierung will gesetzlich Krankenversicherte in einer finanziellen Notlage jetzt besser davor schützen, immer mehr Schulden anzuhäufen. Das Kabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzentwurf, der die Zinsen auf ein Prozent des rückständigen Betrages pro Monat begrenzt. Für privat Krankenversicherte ist ein „Notlagentarif“ geplant. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sagte, es gehe darum, gesetzlich Versicherte vor „Wucherzinsen“ zu schützen. Ein Säumniszuschlag von zwölf Prozent pro Jahr sei ein „vernünftiges Maß“ und biete immer noch einen ausreichenden Anreiz, die Versicherungsbeiträge zu bezahlen, erläuterte der Minister. GKV-Spitzenverband zeigt sich erleichtert Bahr erklärte, das „geplante Gesetz ist ein wichtiger Schritt, um das Problem sozialer Überforderung von säumigen Beitragsschuldnern zu entschärfen“. Der Sprecher des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) , Florian Lanz, sagte der Nachrichtenagentur dapd, nun würden „die Verhältnisse gerade gerückt und wir sind froh, dass die gesetzliche Vorgabe zu solchen Extremzinsen korrigiert werden soll“. Eine Versicherungspflicht gilt in der GKV seit April 2007 und in der privaten Krankenversicherung (PKV) seit Januar 2009. Eine Kündigung säumiger Versicherter ist damit nicht mehr möglich. In der Folge sind sowohl bei gesetzlich als auch bei privat Versicherten, die ihre Beiträge nicht zahlen, zum Teil erhebliche Beitragsrückstände entstanden. Laut Gesundheitsministerium schulden bei der PKV 146.000 Versicherte Beiträge, bei der GKV rund 100.000. Laut GKV-Spitzenverband kann nicht konkret gesagt werden, wie viele Versicherte betroffen sind. Allein in der GKV sind Beitragsrückstände von rund 2,2 Milliarden Euro aufgelaufen. Ärztliche Versorgung nur bei akuten Schmerzen Der in der PKV vorgesehene „Notlagentarif“ für Prämienschuldner soll rund 100 Euro im Monat kosten. Dieser umfasst eine ärztliche Versorgung nur noch bei akuten Schmerzen oder bei Schwangerschaft. Gerade für viele kleine Selbstständige, die in einen vorübergehenden finanziellen Engpass geraten seien, sei dies eine wichtige Perspektive, erklärte der Minister. Nach Zahlung der ausstehenden Beiträge könnten Betroffene wieder in ihre ursprünglichen Tarife zurückkehren. Das Gesetz soll noch bis zur Sommerpause im Parlament beschlossen werden. Es bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. SPD kritisiert „Flickschusterei“ SPD-Gesundheitsexpertin Hilde Mattheis sagte, Bahrs Pläne lösten nicht das Problem, dass immer mehr Menschen ihre Krankenversicherung nicht mehr bezahlen könnten. Der „Notlagentarif“ sei „ein Schonprogramm für die PKV“. Mattheis kritisierte, es sei völlig unklar, ob beispielsweise chronisch Kranke damit weiterhin gut versorgt sind. Bahr betreibe mit seinem Vorhaben „Flickschusterei“. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Martina Bunge, bemängelte, die Regierung schaffe mit dem Gesetzentwurf die Versicherungspflicht für Privatversicherte faktisch ab. „Der Gesetzentwurf ist eine Einladung, Schulden in der PKV anzuhäufen, um dann in einen günstigen Notlagentarif zu kommen. Damit kommt die Bundesregierung den Forderungen der Privatversicherungswirtschaft nach. Die Folgekosten sind unabsehbar“, sagte Bunge. Bahr habe der Versicherungswirtschaft „mal wieder einen Gefallen getan und einen ungedeckten Scheck auf die Zukunft ausgestellt“. Bestand der Beitragsrückstände befürchtet Die Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner, sagte zwar, es sei richtig, dass die Regierung die hohen Zinsen bei Beitragsschulden begrenze. „Das Problem der Beitragsrückstände behebt es aber nicht.“ Die Beitragsschulden häuften sich unabhängig von der Zinshöhe Jahr für Jahr an. Diese Milliardenrückstände gehen auch zulasten der übrigen Beitragszahler. Die im Jahre 2007 eingeführte „Versicherungspflicht für alle“ sei eine gesamtgesellschaftlich sinnvolle Aufgabe, die jedoch auch vom Staat gegenfinanziert werden müsse. Kritik äußerte auch die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Die geplante Zinsabsenkung für Krankenkassenschulden werde nicht dazu führen, dass die Leute korrekt bezahlen, sondern lediglich dazu, dass die Schulden künftig ein bisschen langsamer anwachsen, sagte die Referentin für Gesundheitspolitik beim vzbv, Susanne Mauersberg, der Tageszeitung „neues deutschland“ (Donnerstagausgabe). Allerdings machte Bahr in einer Pressekonferenz deutlich, dass er hoffe, im weiteren Gesetzgebungsverfahren auch eine Altschuldenregelung zu finden. Darüber solle mit PKV und GKV gesprochen werden. dapd (Politik/Politik)

Deutschland sieht keine Grundlage für Reparationszahlungen an Athen

Deutschland sieht keine Grundlage für Reparationszahlungen an Athen Berlin (dapd). Deutschland will die Debatte über mögliche weitere Reparationszahlungen an Griechenland nicht anheizen. Wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin sagte, liegt der Bundesregierung ein solcher Bericht aus Athen nicht vor, in dem eine Expertenkommission mögliche Forderungen aufgelistet haben soll. Griechischen Medienberichten zufolge soll die Kommission zu dem Schluss gekommen sein, dass Griechenland niemals irgendwelche Entschädigungen erhalten habe. Seibert wies indes darauf hin, dass sich Deutschland immer zu seiner Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg und die dadurch entstandenen Schäden bekannt und die Bundesrepublik in den vergangenen Jahrzehnten „in hohem Maße“ Reparationen geleistet habe. Vor diesem Hintergrund sollte „diese Frage (nach weiteren Reparationen) ihre Bedeutung verloren“ haben, sagte der Regierungssprecher. dapd (Politik/Politik)

Norddeutsche Regierungschefs setzen weiter auf Offshore-Energie

Norddeutsche Regierungschefs setzen weiter auf Offshore-Energie Bremen (dapd). Ein Ausstieg aus der Windkraft auf hoher See hätte nach Ansicht der Regierungschefs der fünf norddeutschen Bundesländer fatale Folgen. „Wir brauchen Offshore für den Erfolg der Energiewende, sonst wird sie scheitern“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig am Mittwoch auf einer Konferenz der Nord-Regierungschefs (alle SPD) in Bremen. Mit der Forderung an die Bundesregierung nach Sicherheit und verlässlichen Rahmenbedingungen gingen die Ministerpräsidenten und Bürgermeister auseinander. Die mageren Ergebnisse des jüngsten Energiegipfels bei der Bundeskanzlerin und Forderungen nach einem Offshore-Ausstieg gefährdeten die Ziele und führten zu einer wachsenden Unsicherheit in der Industrie, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Das sei „Gift“ für die Branche, fügte er an. Strom von der See werde schon in wenigen Jahren eine verlässliche und preiswerte Energiequelle sein. Die mangelnde Unterstützung des Bundes beklagte auch Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen. Investoren würden Finanzzusagen zurücknehmen, Windkraftprojekte aufgeschoben. „Wir sind in großer Sorge, dass die Energiewende gegen die Wand gefahren wird“, sagte er als Gastgeber der Konferenz. Sellering: Nicht zu viel Porzellan zerschlagen Die nationale und „existenzielle“ Bedeutung von Energiewende und Offshore-Projekten hob Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering hervor. „Wenn wir es hinbekommen, können wir auch die Nachbarländer überzeugen, die noch auf Atom setzen“, fügte er an. Es fehle allerdings an Unterstützung aus Berlin. Vom Bund sei bisher nichts gekommen, bis zur Bundestagswahl sei damit auch nicht mehr zu rechnen. Bis dahin müsse verhindert werden, dass „zu viel Porzellan zerschlagen wird“, sagte Sellering. Ähnlich äußerte sich Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz. „Es geht um das ganze Land“, sagte er. Dafür müssten neben den Rahmenbedingungen auch die Netzanbindung der Offshore-Parks sichergestellt werden. Die Politiker hatten sich zunächst untereinander und im Laufe des Tages auch mit Vertretern von Industrie- und Handelskammern (IHK) sowie Unternehmerverbänden der fünf Länder ausgetauscht. Politik und Wirtschaft waren sich in ihren Forderungen zu Energiewende und Offshore weitgehend einig, hieß es. „Es gibt in Deutschland keine regenerative Energie, die so konstant ist wie der Wind in Norddeutschland“, sagte der Präsident der IHK Bremerhaven, Ingo Kramer. dapd (Politik/Politik)