Berlin (dapd). Der Unions-Innenexperte Wolfgang Bosbach lehnt das europäische Hilfspaket für den spanischen Bankensektor ab. „Wir haben ein Rettungspaket nach dem anderen geschnürt, wir gehen immer höhere Haftungsrisiken ein und die Lage in der Eurozone ist nicht besser geworden, sondern sie wird tendenziell eher problematischer“, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag dem Sender n-tv. Noch am Nachmittag wollte der Bundestag über die Milliardenhilfen entscheiden. Bosbach kritisierte, es gebe bei der Spanien-Hilfe „ganz konkrete Fragen, die bis jetzt gar nicht beantwortet werden können“. Unter anderem sei offen, warum nicht diejenigen spanischen Banken, „die glänzende Geschäfte machen“, den angeschlagenen Instituten im Land helfen. Auch sei die Beteiligung der Gläubiger an der Bankenrettung unklar. „Vor diesem Hintergrund kann ich nicht zustimmen“, sagte Bosbach. dapd (Politik/Politik)
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Zusatzgebühr für nicht erfolgte Telefonate unzulässig
Schleswig (dapd). Mobilfunkanbieter dürfen von ihren Kunden keine Zusatzgebühren für nicht erfolgte Anrufe oder SMS innerhalb eines bestimmten Zeitraums verlangen. Eine entsprechende Klausel sei unwirksam, entschied das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte gegen einen Anbieter aus Büdelsdorf geklagt. Ebenso für unwirksam erklärten die Richter eine Pfandgebühr für nicht binnen zwei Wochen nach Vertragsende zuückgeschickte, dann wirtschaftlich wertlose SIM-Karten. Beide Klauseln benachteiligten die Kunden laut Gericht in unangemessener Weise. Die Klage hatte bereits in erster Instanz Erfolg vor dem Kieler Landgericht. Dagegen legte der Anbieter Berufung ein. (Aktenzeichen: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein 2 U 12/11) dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Pleite am Nürburgring: Beck gibt Brüssel die Schuld
Mainz (dapd). Totalschaden am Nürburgring: Die landeseigene Rennstrecke mit angrenzenden Immobilien geht in die Insolvenz. Das rheinland-pfälzische Kabinett beschloss am Mittwoch in Mainz, dass die Nürburgring GmbH von sich aus ein Verfahren wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einleitet. Grund ist nach Angaben von Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), dass die EU-Kommission die vom Land beantragte Rettungsbeihilfe von 13 Millionen Euro voraussichtlich nicht vor dem 31. Juli genehmigen wird. Die rot-grüne Landesregierung griff die EU-Kommission deswegen scharf an. Es könne nicht sein, dass 100 Milliarden Euro für private Banken ohne Wettbewerbsprüfung bereitgestellt würden, „und uns hat man ein paar Millionen Übergangshilfen verweigert“, monierte Beck. Das sei eine „bittere Wahrheit“. Becks Stellvertreterin und Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) ergänzte: „Ich erwarte, dass uns geholfen wird.“ Rheinland-Pfalz wolle schließlich nicht, dass Spanien bezahle. „Wir hätten das ja selbst geregelt.“ Beck sagte, das Land habe bis vor wenigen Tagen noch positive Signale mit Blick auf die Genehmigung der Rettungsbeihilfe aus Brüssel erhalten. Dass die EU die Entscheidung in dieser Frage nun vertage, halte er für äußerst bedenkenswert: „Nicht entscheiden auf europäischer Ebene heißt Handlungsunfähigkeit für Rheinland-Pfalz“, kritisierte Beck. Das werde man nicht so stehen lassen und sowohl politische Initiativen über das EU-Parlament anstoßen, als auch Rechtsmittel prüfen. Die EU hat Becks Angaben zufolge nicht über die kurzfristigen Finanzhilfen entschieden, da sie zunächst das Beihilfeverfahren über 485 Millionen Euro abschließen will. Einen von der FDP bereits am Dienstag geforderten Rücktritt wies Beck zurück. Die FDP müsse so etwas laut sagen, damit sie überhaupt gehört werde. Zudem erstrecke sich das EU-Beihilfeverfahren auch über einen Zeitraum, in dem zwei FDP-Minister Verantwortung für den Nürburgring gehabt hätten, fügte der Regierungschef hinzu. Hintergrund für die geplante Finanzspritze aus Mainz war, dass die Nürburgring GmbH aufgrund ausbleibender Pachtzahlungen durch die mittlerweile gekündigten privaten Betreiber ihre Zinsen für einen Kredit von 330 Millionen Euro bei der Investitions- und Strukturbank (ISB) nicht mehr zahlen kann. Innenminister Roger Lewentz (SPD) sagte, dass mit der privaten Betreiberfirma, der Nürburgring Automotive GmbH (NAG), jetzt eine Einigung gefunden sei. Demnach wollte die NAG die Rennstrecke zum 31. Oktober an das Land zurückgeben. Über strittige Fragen der Kündigung sei ein Schiedsverfahren vereinbart worden. Der passende Vertrag könne nun aber von der Nürburgring GmbH wegen der Insolvenz nicht mehr unterschrieben werden. Wie groß der Einfluss der rot-grünen Landesregierung nun auf die Neuausrichtung an der Rennstrecke ist, liegt noch im Unklaren. Finanzminister Carsten Kühl (SPD) erklärte, dies hänge von der Art des Insolvenzverfahrens ab. Möglich ist ein sogenanntes Eigeninsolvenzverfahren, bei dem die jetzigen Geschäftsführer im Amt bleiben. Denkbar ist aber auch, dass ein externer Insolvenzverwalter eingesetzt wird. Darüber habe das Gericht zu entscheiden, sagte Kühl. Fest steht aber, dass auf die Steuerzahler erst einmal Kosten zu kommen: Da die Nürburgring GmbH den ISB-Kredit bedienen muss, springt das Land dafür als Bürge ein. Daher müsse eine im Landeshaushalt bereitgestellte Rücklage von 254 Millionen Euro aktiviert werden, sagte Kühl. Ein Nachtragshaushalt sei allerdings nicht notwendig. Wie hoch letztlich der finanzielle Schade am Nürburgring ist, kann noch nicht beziffert werden. Da das Land Hauptgläubiger sei, würde nach einem möglichen Verkauf oder Teilverkauf das Geld auch an die Staatskasse zurückfließen. dapd (Politik/Politik)
Asylbewerber erhalten ab sofort mehr Geld vom Staat
Berlin (dapd). Asylbewerber bekommen ab sofort deutlich mehr Geld vom Staat. Die bislang sehr niedrigen Sätze verstoßen gegen die Menschenwürde und müssen deshalb sofort an das Hartz-IV-Niveau angeglichen werden. Dies hat das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch in Karlsruhe entschieden. Asylbewerber bekommen zurzeit nur 224 Euro pro Monat, Hartz-IV-Bezieher hingegen 374 Euro. Gerichtsvizepräsident Ferdinand Kirchhof erklärte, die Geldleistung für Flüchtlinge sei offensichtlich unzureichend, weil sie seit 1993 trotz erheblicher Preissteigerungen nicht angehoben wurde. Die Sätze seien nicht nachvollziehbar berechnet und nicht realitätsgerecht. Die Richter urteilten, dass das bisherige Asylbewerberleistungsgesetz das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verletzt. Dieses Menschenrecht stehe Deutschen und Ausländern gleichermaßen zu. Der Gesetzgeber muss nun unverzüglich eine Neuregelung erlassen. Bis dahin hat das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsregelung in Kraft gesetzt, die ab sofort gilt. Danach erhält ein alleinlebender Erwachsener statt 224 nun 336 Euro und ein Jugendlicher zwischen 15 und 18 Jahren 260 statt bisher 200 Euro. Die Erhöhung gilt auch rückwirkend ab 2011, wenn Bescheide noch nicht bestandskräftig festgesetzt sind. Die Flüchtlingsordanisation Pro Asyl begrüßte die Entscheidung. „Das Gericht beendet ein jahrelanges Unrecht. Flüchtlinge sind keine Menschen zweiter Klasse“, erklärte Geschäftsführer Günter Burkhardt. Er forderte, nun das komplette Asylbewerberleistungsgesetz abzuschaffen. „Die entwürdigende Praxis, Asylsuchende mit Lebensmittelpaketen und anderen Sachleistungen abzuspeisen, muss beendet werden. Auch dürfen Flüchtlinge nicht länger gezwungen werden, in Lagern zu leben.“ Das Asylbewerberleistungsgesetz stamme aus einer Zeit, in der es Handlungsmaxime war, Flüchtlinge um jeden Preis abzuschrecken, beklagte Burkhardt. „Wer diese Politik heute fortschreiben will, der demütigt Menschen, deren Schutzbedürftigkeit auf der Hand liegt – etwa Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, Iran, Irak, Sudan, Somalia oder Eritrea.“ Der Vorsitzender des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Bundestag, Tom Koenigs, erklärte, das Urteil zeige erneut die „eklatanten Mängel der deutschen Flüchtlingspolitik“ auf. Die bisherigen Leistungen hätten Asylbewerbern kein menschenwürdiges Leben ermöglicht. „Ihre Menschenrechte auf Gesundheit, Bildung, soziale Sicherheit und gesellschaftliche Teilhabe wurden verletzt. Vor allem die Verletzung von Kinderrechten war empörend.“ Nun sei die Bundesregierung gefordert, Asylbewerbern eine menschenwürdige Grundsicherung zu gewährleisten. Das Verfassungsgericht urteilte über Vorlagen des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen. dapd (Politik/Politik)
Steinmeier greift Seehofer wegen Klage gegen Finanzausgleich an
Berlin (dapd-bay). SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) wegen der angekündigten Klage gegen den Länderfinanzausgleich scharf kritisiert. „Horst Seehofers Attacke gegen die föderale Solidarität ist absolut unseriös“, sagte Steinmeier am Dienstag in Berlin und sprach von einem „durchsichtigen Manöver im bayerischen Vorwahlkampf“. Die historisch niedrigen Umfragewerte der CSU weckten dort nicht nur die Angst vor dem Machtverlust, sondern schwächten offenbar auch das Gedächtnis des bayrischen Ministerpräsidenten. Schließlich habe Bayern unter dem damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) der heute gültigen Regelung nicht nur zugestimmt, „sondern war hochzufrieden mit dem gefundenen Kompromiss“. Auch Seehofer habe im Bundestag dafür votiert. An all das wolle sich der CSU-Chef nun nicht mehr erinnern. dapd (Politik/Politik)
Warenhauskonzern Karstadt will 2.000 Stellen streichen
Essen (dapd). Rund zwei Jahre nach seiner Rettung aus der Insolvenz hat der Warenhauskonzern Karstadt einen deutlichen Stellenabbau angekündigt. Bis Ende 2014 wolle das Unternehmen 2.000 von derzeit fast 25.000 Arbeitsplätzen streichen, teilte Karstadt am Montagabend mit. „Das ist schmerzhaft“, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung, Andrew Jennings, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Dienstagausgabe). Doch der 2010 vom Milliardär Nicolas Berggruen aus der Insolvenz übernommene Kaufhauskonzern leide nicht nur unter ineffizienten Altersstrukturen, sondern auch unter der Eurokrise. „Um in der Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben und uns auf künftiges Wachstum konzentrieren zu können, müssen wir jetzt auch an die alten Strukturen heran“, begründete Jennings den Stellenabbau. Dieser solle so sozialverträglich wie möglich erfolgen. „Wir fokussieren uns auf Frühpensionierungen, Nichtverlängerung von befristeten Verträgen und freiwillige Austritte“, erklärte er. Die Gewerkschaft ver.di kritisierte die Pläne scharf. „Das ist das falsche Signal an Kunden und Beschäftigte“, sagte Bundesvorstandssprecher Christoph Schmitz der „Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung“. Das Problem von Karstadt seien nicht die Personalkosten, sondern fehlende Investitionen in die Modernisierung der Filialen und die Sortimentsgestaltung. Jennings kündigte zudem die Rückkehr zum Flächentarifvertrag nach dem Auslaufen des Sanierungstarifvertrags zum 1. September an. Dadurch erhielten die Beschäftigten höhere Gehälter und erstmals seit sechs Jahren wieder Sonderzuwendungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. „Wir sind uns der Opfer bewusst, die unsere Mitarbeiter gebracht haben“, sagte der Karstadt-Chef. Pläne zur Schließung nicht rentabler Warenhäuser gebe es derzeit nicht, erklärte er. „Alle Häuser liefern gegenwärtig einen positiven Ergebnisbeitrag“, sagte Jennings der „FAZ“. Zu Zahlen äußere sich Karstadt aber nicht. „Was ich sagen kann ist, dass wir gute Fortschritte machen. Wir sind auf dem richtigen Weg“, erklärte er. Karstadt werde weiter in die Modernisierung investieren und bis 2015 insgesamt rund 60 von 83 Häusern neu aufstellen. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Wissmann vorsichtig optimistisch beim Autoabsatz
Berlin (dapd). Der Automarkt könnte nach Ansicht des Präsidenten des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, im zweiten Halbjahr wieder an Fahrt gewinnen. „Es wird keinen Anlass zum Jubeln, aber einen stabilen Verlauf geben“, sagte Wissmann am Montagabend bei einem Empfang seines Verbandes in Berlin. Hersteller, die nicht allein vom europäischen Markt abhingen, könnten hiesige Absatzschwächen mit ihrem Anteil am Boom in den Schwellenländern ausgleichen. Auch Hersteller mit einem hohen Premium-Anteil seien stabiler als andere. „Premium heißt nicht: möglichst groß“, sagte Wissmann. Vielmehr bedeute es einen hohen Grad an Innovation. Deutsche Hersteller hätten bereits 500 Modelle mit einem Durchschnittsverbrauch von weniger als fünf Litern und einem CO2-Ausstoß von weniger als 130 Gramm pro Kilometer im Angebot. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Bayerns Innenminister schafft neue Verfassungsschutz-Abteilung
München (dapd). Im bayerischen Innenministerium wird als Konsequenz aus der bundesweiten Neonazi-Mordserie eine eigenständige Abteilung für den Verfassungsschutz geschaffen. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte am Montag in München, dem Rechtsextremismus solle künftig mehr Aufmerksamkeit als bisher gewidmet werden. Außerdem werde die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz intensiviert. Herrmann fügte mit Blick auf die Zwickauer Terrorzelle hinzu, die Gefährlichkeit von Neonazis dürfe auch künftig nicht unterschätzt werden: „Das ist meines Erachtens mit diesem Trio nicht abgehakt.“ dapd (Politik/Politik)
Finanzministerium pocht auf Steuerabkommen mit Schweiz
Berlin (dapd). Das Bundesfinanzministerium wusste von der Existenz einer neuen CD mit Daten von Steuerhinterziehern. „Wir haben davon erfahren“, sagte am Montag ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Berlin. Ob der Kauf durch die nordrhein-westfälische Landesregierung tatsächlich erfolgt sei, könne er allerdings nicht bestätigen: „Ich weiß bis jetzt nicht, ob die CD gekauft worden ist.“ Die Sache werde in NRW „im Wesentlichen gehandhabt“, sagte der Sprecher. Laut „Financial Times Deutschland“ zahlte das Land mehrere Millionen Euro für den Datenträger mit Namen und Kontoverbindungen von etwa 1.000 vermögenden Deutschen. Die Daten sollen von der Züricher Dependance der Privatbank Coutts stammen. Das NRW-Finanzministerium wollte diese Berichte weder bestätigen noch dementieren. Das Bundesfinanzministerium nahm den Fall zum Anlass, für das Steuerabkommen zwischen der Bundesrepublik und der Schweiz zu werben. Bisher scheitert die Ratifizierung am Widerstand vor allem der SPD-geführten Bundesländer, denen die Regelungen nicht weit genug gehen. Ziel des zwischenstaatlichen Abkommens ist es, Steuerflüchtigen besser das Handwerk legen zu können. Mit dem Abkommen würden sich Ankäufe solcher Daten-CDs erübrigen, sagte der Sprecher von Schäuble. Denn dann gäbe es einen „systematischen Ansatz“ zur strafrechtlichen Verfolgung, und deutschen Behörden würden in die Lage versetzt, Schweizer Banken gezielt nach Klarnamen abzufragen. „Man wäre daher nicht mehr abhängig von irgendwelchen zufälligen Datenfunden“, sagte der Sprecher weiter. Momentan sei es ein „zutiefst unbefriedigender Zustand“, dass jedes Jahr Steuerforderungen in beträchtlicher Höhe verjährten. Das deutsch-schweizerische Abkommen sieht nach den Angaben des Sprechers allerdings auch vor, dass sich beide Länder künftig nicht mehr „aktiv“ um den Kauf von CDs bemühen werden. dapd (Politik/Politik)
Experten warnen vor Schnellschuss bei Verfassungsschutz-Reform
Berlin (dapd). Abschaffung, Verkleinerung, Zentralisierung: An Vorschlägen für die anstehende Reform des krisengeschüttelten Verfassungsschutzes fehlt es nicht. Experten warnen jedoch vor Schnellschüssen bei der Neuordnung. „Wir brauchen keine neuen Gesetze. Es geht um die Strukturen und die Praxis“, mahnt der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar. Nach Einschätzung von Schaar mangelt es der Behörde nicht an weitreichenden Möglichkeiten und Pflichten für den Informationsaustausch. Vielmehr hätten die Ämter des Verfassungsschutzes ihren „Job nicht gut gemacht – das ist das Problem“, sagte er der „Financial Times Deutschland“ (Montagausgabe). Wenn sich die Haltung der „Beteiligten“ nicht ändere, würden auch „neue Instrumente nichts bewirken“. Hintergrund ist die Pannenserie des Verfassungsschutzes bei der Aufklärung des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Die Terrororganisation war im November 2011 aufgeflogen. Ihr werden bundesweit zehn Morde zur Last gelegt. Über ein Jahrzehnt agierten die Neonazis im Untergrund. Die deutschen Sicherheitsbehörden waren ihnen nur per Zufall auf die Spur gekommen. Als Nachfolger des inzwischen zurückgetretenen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, ist nunmehr ein Ministerialer des Innenministeriums, Hans-Georg Maaßen, im Gespräch. Die Behörde steht seit Tagen wegen verschiedener Akten-Affären in der Kritik. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat angekündigt, den Verfassungsschutz reformieren zu wollen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) warnte davor, bei der anstehenden Reform der Sicherheitsbehörden „in Panik zu verfallen“. Nach der Pannenserie des Verfassungsschutzes dürfe „man nicht glauben, dass die deutsche Sicherheitsarchitektur von Grund auf neu aufgebaut werden muss“, sagte der Bundesvorsitzende Rainer Wendt der Nachrichtenagentur dapd. Zugleich plädierte Wendt für eine Stärkung des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Anders als Schaar forderte er jedoch klare Regelungen zur Informationssteuerung. „Es darf künftig nicht mehr so sein, dass ein Landesamt darüber bestimmt, welche Informationen weitergegeben werden“, sagte er. Das Bundesamt müsse – ähnlich dem Bundeskriminalamt – eine „Zentralstellenfunktion“ erhalten – „und sie auch wahrnehmen“. Notwendig ist nach Ansicht von Wendt auch eine Neuordnung der parlamentarischen Geheimdienstkontrolle. „Da muss endlich Sachverstand rein“, sagte der Gewerkschaftschef. Es sei eine „Strukturschwäche“, dass in den Gremien bisher lediglich Abgeordnete säßen. Wendt plädierte daher für den Aufbau von „Dienststellen“, in denen Parlamentarier sowie Fachleute aus dem Sicherheitsbereich sitzen sollen. Mit dieser Reform würden „fachliche Qualität“ und „personelle Kontinuität“ gesichert, sagte er. In Deutschland gibt es neben dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages 16 Kontrollkommissionen in den jeweiligen Landesparlamenten. Auch die Obfrau der SPD im Untersuchungsausschuss des Bundestages, Eva Högl, forderte im ARD-Morgenmagazin, der Verfassungsschutz müsse künftig stärker parlamentarisch kontrolliert werden. Das bisherige Verfahren sei „ganz offenbar nicht ausreichend“. Man habe etwa „nicht gewusst, wie nahe der Verfassungsschutz an der rechtsextremen Szene dran war“, sagte Högl. dapd (Politik/Politik)