Berlin (dapd). Die Deutsche Telekom positioniert sich weiter im Markt für mobile Bezahldienste und will so Konkurrenten wie dem Suchmaschinenkonzern Google in Europa Paroli bieten. Am Montag verkündete der größte deutsche Mobilfunker dazu in Berlin eine Partnerschaft mit dem Kreditkartenanbieter Mastercard. Daneben will die Telekom bei Kunden und Händlern einen digitalen Geldbeutel auf dem Handy als offene Plattform für verschiedene Zahlungsmethoden und -anbieter etablieren. Beide Projekte basieren auf dem Nahfeldfunk-Standard NFC. Mit der Technik soll künftig per Handy im Laden, an Automaten oder im Taxi kontaktlos und schnell bezahlt werden können. Die nötigen Informationen werden dazu – über wenige Zentimeter hinweg – per Funk zur Kasse oder auch direkt zu einem anderen Mobiltelefon übertragen. Im vierten Quartal will die Telekom dafür erstmals eigene Kreditkarten von Mastercard in Deutschland ausgeben. Weil bisher aber nur relativ wenige Mobiltelefone die NFC-Technik von Hause aus beherrschen, liefern die Bonner gemeinsam mit der Plastikkarte einen NFC-Chip mit. Er kann auf das Handy des Nutzers geklebt werden. Bereits vergangene Woche hatten Mastercard, die Targo Bank und der kleinere Telekom-Rivale E-Plus ein sehr ähnliches Projekt mit NFC-Stickern angekündigt. Es soll bereits im Spätsommer starten und damit deutlich vor dem Angebot der Deutschen Telekom. In wenigen Jahren soll diese Lösung allerdings wieder Geschichte sein. Wenn sich NFC flächendeckend durchgesetzt hat – bis 2016 rechnetet die Telekom mit einem Anstieg der kontaktlosen Transaktionen von heute weniger als einem auf dann 30 Prozent – will die Telekom mit ihrer selbst entwickelten und „Wallet“ genannten digitalen Geldbörse auf dem Markt bestehen. Die Software soll eine Plattform für verschiedenste Zahlungsmethoden sein. Wie beim klassischen Portemonnaie kann der Handynutzer entscheiden, welche Kredit-, Bank- und Kundenkarten oder Gutscheine er nutzt. Zudem verspricht der Konzern volle Kontrolle über die eigenen Daten – und das „Made in Germany“. So würden Informationen nicht zu Werbezwecken weitergeben. Die Nutzer sollen zudem frei entscheiden können, ob sie Shoppingtipps oder Rabattangebote erhalten wollen, verspricht die Telekom. Geld verdienen will der Konzern mit dem Angebot – wie Banken auch – durch einen Anteil an den Kreditkartenumsätzen. Drittanbietern, die mit Wallet arbeiten wollen, sollen dafür zudem Gebühren entrichten. Schlüssel zum Erfolg soll dabei die Präsenz des Konzerns in vielen Ländern Europas sein, sagte der Chef der Telekom-Produktentwicklung, Thomas Kiessling. „Das Verständnis des lokalen Marktes ist entscheidend.“ Starten soll die Wallet bis spätestens Ende August in Polen. Dort sei die NFC-Infrastruktur schlicht schon weiter ausgebaut als in Deutschland. Hierzulande soll die Plattform dann im ersten Halbjahr 2013 online gehen, kündigte Kiessling an. „Wir werden den Gordischen Knoten zerschlagen“, gab sich der Manager überzeugt. So will die Telekom nicht nur Kunden, sondern auch Händler durch übergreifende Angebote für die nötige Hardware, die Datenverbindungen und den Service für ihr Projekt gewinnen. Dadurch könnte das bargeldlose Bezahlen auch für die Kaufleute günstiger werden, stellte die Telekom in Aussicht. Zudem sollen auch kleinste Händler und Dienstleister die Technik ohne teures Terminal nutzen können, weil auch Datenübertragungen von Handy zu Handy möglich sind. Entscheidend sei aber, die Kunden für die neue Technik zu gewinnen, sagte Kiessling. „Das wird nur funktionieren, wenn es schneller ist, als mit der Kreditkarte zu bezahlen. Das ist die Herausforderung.“ Den echten Mehrwert sieht der Telekom-Manager dabei gar nicht im reinen Verbessern bestehender Methoden. Durch die NFC- und Mobiltechnik seien völlig neue Geschäftsmodelle denkbar. Wie viele Nutzer die Telekom in absehbarer Zukunft für ihre digitale Geldbörse gewinnen will, ließ Kiessling offen. Ziel sei es aber, eines der mittelfristig drei bis vier überlebenden Ökosysteme in Europa zu sein. Sicherheitsbedenken wollte der Telekom-Manager dabei nicht gelten lassen: Die Technik sei erprobt und die Daten verschlüsselt. Außerdem ließen sich alle Handyfunktionen – anders als beim normalen Portemonnaie – mit einem Telefonanruf sperren. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
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Telekom und Mastercard bieten Bezahlen per Handy an
Berlin (dapd). Die Deutsche Telekom und der Kreditkartenanbieter Mastercard arbeiten künftig europaweit beim Bezahlen per Handy zusammen. Noch in diesem Jahr werden die Bonner mit ihrem Partner in Deutschland eigene Bezahlkarten kombiniert mit einem NFC-Sticker ausgeben, wie die Konzerne am Montag in Berlin mitteilten. Dieser enthält einen Chip, mit dem bargeldloses Bezahlen möglich sein soll. Wenn die Technik weiter verbreitet ist, soll sie auch direkt in den Handys verfügbar sein. Weitere Länder in Europa würden in den kommenden Jahren folgen, hieß es. Mit dem Nahfeldfunk NFC lassen sich etwa Kontodaten kontaktlos über sehr kurze Distanzen übertragen. Die Technik soll das Bezahlen an der Kasse revolutionieren – Banken, Kreditkartenanbieter und Mobilfunker wittern ein Milliardengeschäft. Bereits in der vergangenen Woche hatten Mastercard, die Targo Bank und der kleinere Telekom-Rivale E-Plus ebenfalls ein Projekt mit NFC-Stickern angekündigt. Der Umweg über die Aufkleber ist nötig, weil bisher nur wenige Handymodelle über integrierte NFC-Funkchips verfügen. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Die WestLB ist Geschichte
Düsseldorf/Frankfurt (dapd). Mit der WestLB existiert die ehemals größte deutsche Landesbank seit dem Wochenende faktisch nicht mehr. Am Samstag hatten alle Beteiligten den endgültigen Fahrplan für die Zerschlagung des maroden Instituts festgezurrt. Vorstände und Eigentümer der Düsseldorfer Landesbank, die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), die WestLB-„Bad Bank“ Erste Abwicklungsanstalt (EAA) sowie die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) unterzeichneten den entsprechenden Rahmenvertrag. „Wir machen einen klaren Schnitt und konzentrieren uns auf unser Kerngeschäft: Förderbank ja, mit Steuergeld finanzierte Großbank ohne Bezug zu Landesaufgaben nein“, sagte der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) am Sonntag. Nach Vorlage der Schlussbilanz der WestLB sollen bis 31. August alle erforderlichen Verträge beurkundet werden. Die technische Abwicklung des Verkaufs des WestLB-Verbundgeschäfts an die Helaba soll bis Mitte September abgeschlossen sein. Die WestLB musste auf Druck der EU zum 30. Juni zerschlagen werden. Das Verbundbankgeschäft mit 451 Beschäftigten und einer Bilanzsumme von 40 Milliarden Euro geht an die Helaba, das Land ist für die mehr als 3.000 verbleibenden Mitarbeiter sowie den aus der Restbank hervorgehenden Bankdienstleister Portigon zuständig. Die restlichen Vermögenswerte der WestLB wandern in die EAA. Insgesamt kostet die Abwicklung die ehemaligen WestLB-Eigentümer rund 18 Milliarden Euro, etwa 9 Milliarden davon das Land NRW. Es sei ein „Ende mit Schrecken“, das auch Arbeitsplätze koste, „aber einem Schrecken ohne Ende vorzuziehen ist“, sagte Walter-Borjans. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Kommunale Finanzlage bessert sich
Düsseldorf (dapd). Die finanzielle Lage der Kommunen verbessert sich aufgrund steigender Gewerbesteuereinnahmen merklich. So hätten die Städte und Gemeinden im ersten Quartal dieses Jahres mit 9,9 Milliarden Euro noch einmal 44 Millionen Euro mehr Gewerbesteuer eingenommen als im Vorjahresquartal, berichtet das „Handelsblatt“ (Montagausgabe) unter Berufung auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Prognosen des Städtetages, wonach mit einem deutlichen Rückgang der Einnahmen im ersten Quartal zu rechnen sei, bewahrheiteten sich somit nicht. „Das erste Quartal 2011 war schon ungewöhnlich gut. Wenn dieses Ergebnis nun gehalten wird, ist das ein gutes Zeichen“, sagte die Steuerschätzerin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Kristina van Deuverden, der Zeitung. Das DIW rechnet für das Gesamtjahr 2012 mit einem Plus von sieben Prozent. Im kommenden Jahr dürfte die Gewerbesteuer um weitere vier Prozent auf dann rund 45 Milliarden Euro steigen, schreibt die Zeitung. Das wäre ein neues Allzeithoch. Die Gewerbesteuer steht den Angaben zufolge zum größten Teil den Kommunen zu. Über eine Umlage seien Bund und Länder lediglich mit etwa einem Sechstel an dem Aufkommen beteiligt. dapd (Politik/Politik)
Laschet zu Röttgens Nachfolger als CDU-Vorsitzender in NRW gewählt
Krefeld (dapd). Sieben Wochen nach der schweren Niederlage bei der Landtagswahl hat die nordrhein-westfälische CDU einen neuen Parteichef. Mit 488 von 629 abgegebenen Stimmen wurde Armin Laschet am Samstag auf einem Parteitag in Krefeld zum Nachfolger von Norbert Röttgen gewählt. 120 Delegierte stimmten gegen den 51-Jährigen, 21 Christdemokraten enthielten sich. Laschet muss nun den mitgliederstärksten CDU-Landesverband wieder in die Erfolgsspur führen. Mit dem Fraktionsvorsitzenden Karl-Josef Laumann bildet der Aachener künftig eine Doppelspitze in NRW. Bei der Wahl am 13. Mai war die CDU auf 26,3 Prozent abgestürzt. Röttgen übernahm noch am Wahlabend die Verantwortung für das schlechteste Abschneiden seiner Partei in NRW bisher und kündigte seinen Rückzug an. Sowohl Laschet als auch Laumann wurden danach Ambitionen auf das Amt nachgesagt. Laschet wollte Partei- und Fraktionsführung bündeln, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Elf Tage nach der Wahl einigten sich die beiden Kontrahenten auf eine Doppelspitze. An der Basis kam danach Kritik an den „Hinterzimmer-Entscheidungen“ auf. Die zahlreichen Gegenstimmen auf dem Parteitag lassen sich auch darauf zurückführen. Laschet will CDU ein klares Profil geben In seiner Bewerbungsrede kündigte Laschet an, der CDU wieder ein klares inhaltliches Profil zu geben. „Wir müssen wieder wissen, wofür wir stehen“, sagte er. Ein zentrales Element solle die Wirtschaftspolitik sein. Vor allem um die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die die „Lebensader unserer Volkswirtschaft“ seien, müsse sich die CDU wieder kümmern. „Sie müssen in uns, der CDU Nordrhein-Westfalen, den ersten Ansprechpartner für ihre Interessen finden“, sagte Laschet. Mit den Fehlern der vergangenen Monate wollte sich Laschet in seiner 40-minütigen Rede nicht all zu lange aufhalten. Zwar kündigte er an: „Wir müssen in einer gründlichen Wahlanalyse mit den Kreisverbänden aufarbeiten, was am 13. Mai passiert ist.“ Allerdings dürfe sich die CDU nicht nur auf sich selbst konzentrieren, sondern müsse auch die Konfrontation mit der rot-grünen Landesregierung suchen. „Das könnte denen doch so passen, das wir uns jetzt ein halbes Jahr mit uns selbst beschäftigen“, sagte er. Röttgen räumt Fehler ein Vor Laschets Wahl ergriff noch einmal der gescheiterte Röttgen das Wort. Bei seinem ersten großen Auftritt nach der überraschenden Entlassung als Bundesumweltminister verteidigte er seine Wahlkampfkampagne. Es sei richtig gewesen, mit den Themen Bildung, Schuldenpolitik und Zukunftsverantwortung für kommende Generationen anzutreten. „Ich bin von der Notwendigkeit und Richtigkeit dieser Themen tief durchdrungen und ich will auch, das wir dabei bleiben“, rief er den etwa 670 Delegierten zu. Allerdings sei es nicht gelungen, die Wähler mit diesen Themen zu überzeugen. Im NRW-Wahlkampf hat Röttgen nach eigenem Bekunden alles für einen Erfolg der CDU getan. „Ich habe gekämpft mit vollem Einsatz, bis an die Grenzen, die ich hatte“, sagte Röttgen. Dabei habe er allerdings Fehler gemacht, die sowohl den Wahlkampf als auch das Ergebnis belastet hätten. Detaillierter wollte der 46-Jährige darauf nicht eingehen. Röttgen bezeichnete es als „Gebot der politischen Verantwortung“, nach der Wahlniederlage als Parteichef die Verantwortung zu übernehmen. Dennoch falle es ihm schwer, das Amt abzugeben. Im Laufe des Tages wollten die Parteitagsdelegierten noch den übrigen Landesvorstand neu wählen. Die künftige Führungsspitze wird rundum erneuert. dapd (Politik/Politik)
Breite Zustimmung im Bundestag zu Fiskalpakt und ESM
Berlin/Brüssel (dapd). Historische Entscheidung im Bundestag: Das Parlament in Berlin hat den europäischen Fiskalpakt und den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM gebilligt. Bei den namentlichen Abstimmungen am Freitagabend wurde die Zweidrittelmehrheit jeweils deutlich übertroffen, knapp 80 Prozent aller 620 Abgeordneten stimmten zu. Die Ja-Stimmen kamen aus den Reihen der Koalition von Union und FDP sowie von SPD und Grünen. Geschlossen dagegen war nur die Linke. Kanzlerin Angela Merkel kann damit einen politischen Erfolg im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise verbuchen. Der Fiskalpakt ist ein völkerrechtliche Vertrag, der den 25 Teilnehmerstaaten strenge Sparvorgaben auferlegt. Außer Großbritannien und Tschechien wollen alle EU-Staaten mitmachen. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) soll angeschlagenen Euro-Staaten Finanzhilfe gewähren. Das Ausleihvolumen beträgt maximal 500 Milliarden Euro. Er soll noch im Juli in Kraft treten und nach und nach seinen befristeten Vorläufer EFSF ablösen. Der deutsche Anteil am eingezahlten Kapital beträgt 21,7 Milliarden Euro, am abrufbaren Kapital rund 168 Milliarden Euro. Zu Beginn der zweieinhalbstündigen Debatte hatte die Kanzlerin mit einem leidenschaftlichen Appell um Zustimmung zum Fiskalpakt und zum ESM geworben. Deutschland sende damit „ein Signal der Geschlossenheit und Entschlossenheit nach innen wie nach außen“. Die CDU-Vorsitzende: „Wir stehen zum Euro. Wir wollen ihn als stabile Währung.“ Beide Verträgen seien „unumkehrbare Schritte hin zu einer nachhaltigen Stabilitätsunion“. Wenige Stunden zuvor hatten die EU-Spitzen beim Euro-Gipfel in Brüssel das Steuer herumgerissen und mit Hilfsmaßnahmen für Italien und Spanien die Finanzmärkte beflügelt. Merkel musste beim Gipfel zwar in einigen Punkten zurückstecken, konnte aber mit einem 120 Milliarden Euro schweren Wachstumspakt im Gepäck nach Berlin zurückreisen. Dort hatten SPD und Grüne ihre Zustimmung zu ESM und Fiskalpakt von genau solchen Konjunkturimpulsen abhängig gemacht. Nach 15-stündigem Ringen hatten sich die Euro-Länder in der Nacht auf eine direkte Bankenhilfe für Spanien und einen bequemeren Zugriff auf den Euro-Rettungsschirm für Italien geeinigt. Damit sollen beide Länder von der Last immer höherer Zinsen befreit werden. Merkel verteidigte dies als gut und vernünftig. Unumkehrbarer Weg zu soliden Finanzen Merkel sagte, der Fiskalpakt sei noch vor wenigen Monaten undenkbar gewesen. Doch es habe sich gezeigt, dass eine unverantwortliche Haushaltspolitik einzelner Staaten alle übrigen im Euro-Raum gefährden könne. „Dem muss Einhalt geboten werden“, sagte die Kanzlerin. Zugleich zeigte sich die Kanzlerin zufrieden, dass demnächst auch eine Finanztransaktionssteuer kommt. Bis zum Jahresende solle die Gesetzgebung dazu abgeschlossen sein. Damit werde sichergestellt, dass auch die Banken als Verursacher der Krise einen Beitrag zur Überwindung der Folgen leisten. Ausdrücklich verteidigte Merkel die Entscheidung des EU-Gipfels zur Rekapitalisierung von Banken wie in Spanien. Hier gebe es harte Auflagen, die mit einem Zeitplan versehen werden. Zugleich werde sichergestellt, dass die EZB zur europäischen Bankenaufsicht werde. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel begründete das Ja seiner Fraktion zu Fiskalpakt und ESM mit den Worten: „Wir wollen nicht, dass verspielt wird, für das so viele vor uns gestritten und gelitten haben.“ Zugleich forderte er die Koalition auf, den plakativen Widerstand gegen eine gemeinsame Schuldenhaftung aufzugeben. Der deutsche Steuerzahler hafte nämlich längst schon mit zig Milliarden. So habe die Europäische Zentralbank (EZB) bereits mehr als eine Billion Euro an direkter und indirekter Staatsfinanzierung geleistet, sagte Gabriel. Für diese „heimlichen Schulden“ hafte auch Deutschland – nur eben nicht mit offenen Euro-Bonds, sondern mit verdeckten „Merkel-Bonds“. Die Linke-Fraktionsvize Sahra Wagenknecht warf der Bundesregierung vor: „Sie handeln wie Marionetten, die Puppenspieler sind die Banker.“ Merkels Europa sei ein Projekt der Zerschlagung der sozialen Gerechtigkeit und der Demokratie sowie von Arbeitnehmerrechten. „Sie retten nicht den Euro, sondern die Euros der Millionäre“, sagte Wagenknecht. Die Grünen warfen der Bundesregierung vor, mit der rigiden Sparpolitik Europa letztlich geschadet zu haben. Die zögerliche Politik Merkels habe die Vertrauenskrise nur noch verschärft, sagte Fraktionschef Jürgen Trittin. Zugleich warnte er Schwarz-Gelb davor, eine gemeinsame Schuldenhaftung weiter vehement abzulehnen. Dass Merkel Euro-Bonds ausgeschlossen hat, so lange sie lebe, sei „falsch und verantwortungslos“. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle verteidigte Fiskalpakt und ESM. Hier werde die Grundlage einer neuen Finanzarchitektur in Europa geschaffen. Unruhe im Parlament Vor der entscheidenden Abstimmung herrschte große Unruhe im Parlament. Abgeordnete aller Fraktionen zeigten sich irritiert über die Gipfel-Beschlüsse – diskutiert wurde zwischenzeitlich sogar über eine Verschiebung der Abstimmungen. Ein Antrag der Linken dazu wurde jedoch mit breiter Mehrheit aller übrigen Fraktionen abgelehnt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) musste in einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses Rede und Antwort stehen. An den Märkten und Börsen kamen die Gipfelbeschlüsse gut an. Der DAX zog bis Handelsschluss um 4,3 Prozent an. Auch der Euro machte einen deutlichen Satz. Am späten Abend (Sitzungsbeginn gegen 21.30 Uhr, Ende ca. 23 Uhr) sollte nach bisherigen Plänen auch der Bundesrat abstimmen. Die Linke wollte noch in der Nacht eine Eilklage beim Verfassungsgericht in Karlsruhe einreichen. dapd (Politik/Politik)
Merkel kämpft im Bundestag für Ja zu ihrem Europa-Kurs
Berlin/Brüssel (dapd). Die Kanzlerin kämpft für ihren Kurs in der Euro-Schuldenkrise: Mit einem leidenschaftlichen Appell hat Angela Merkel im Bundestag um Zustimmung zum Fiskalpakt mit seinen strengen Sparvorgaben sowie zum dauerhaften europäischen Rettungsschirm ESM geworben. Deutschland müsse „ein Signal der Geschlossenheit und Entschlossenheit nach innen und außen“ senden, sagte die CDU-Chefin am Freitag. Wenige Stunden zuvor hatten die EU-Spitzen beim Euro-Gipfel in Brüssel das Steuer herumgerissen und mit Hilfsmaßnahmen für Italien und Spanien die Finanzmärkte beflügelt. Merkel musste beim Gipfel zwar in einigen Punkten zurückstecken, konnte aber mit einem 120 Milliarden Euro schweren Wachstumspakt im Gepäck nach Berlin zurückreisen. Dort hatten SPD und Grüne ihre Zustimmung zum ESM und zum Fiskalpakt von genau solchen Konjunkturimpulsen abhängig gemacht. Einer Zustimmung mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit am späten Abend stand damit nichts mehr im Wege. Zum Schluss ihrer 20-minütigen Erklärung sagte die CSU-Vorsitzende: „Wir stehen zum Euro. Wir wollen ihn als stabile Währung.“ Zugleich verteidigte die Regierungschefin die Beschlüsse des Brüsseler Gipfels als „gut und vernünftig“. Nach 15-stündigem Ringen hatten sich die Euro-Länder in der Nacht auf eine direkte Bankenhilfe für Spanien und einen bequemeren Zugriff auf den Euro-Rettungsschirm für Italien geeinigt. Damit sollen beide Länder von der Last immer höherer Zinsen befreit werden. Unumkehrbarer Weg zu soliden Finanzen Merkel sagte, der Fiskalpakt, der den 25 EU-Teilnehmerstaaten strenge Sparvorgaben auferlegt, sei noch vor wenigen Monaten „undenkbar“ gewesen. Doch es habe sich gezeigt, dass eine unverantwortliche Haushaltspolitik einzelner Staaten alle übrigen im Euro-Raum gefährden könne. „Dem muss Einhalt geboten werden“, sagte die Kanzlerin. Der Fiskalpakt – ein völkerrechtlicher Vertrag – sieht verbindliche Schuldenbremsen in den Teilnehmerstaaten vor. Zudem werden erstmals automatische Sanktionen festgelegt, falls die schon geltenden europäischen Defizitregeln gebrochen werden. Außer Großbritannien und Tschechien machen alle EU-Staaten mit. Der ESM soll noch im Juli aufgespannt werden und seinen befristeten Vorgänger EFSF langsfristig ablösen. Der „Europäische Stabilitätsmechanismus“ soll Euro-Staaten in finanzieller Schieflage helfen und ihnen mit insgesamt 500 Milliarden Euro unter die Arme greifen können, wenn sie am Markt kein Geld mehr bekommen. Zufriedenheit über Transaktionssteuer Zugleich zeigte sich die Kanzlerin zufrieden, dass demnächst auch eine Finanztransaktionssteuer kommt. Bis zum Jahresende solle die Gesetzgebung dazu abgeschlossen sein. Damit werde sichergestellt, dass auch die Banken als Verursacher der Krise einen Beitrag zur Überwindung der Folgen leisten. Ausdrücklich verteidigte Merkel die Entscheidung des EU-Gipfels zur Rekapitalisierung von Banken wie in Spanien. Hier gebe es harte Auflagen, die mit einem Zeitplan versehen werden. Zugleich werde sichergestellt, dass die EZB zur europäischen Bankenaufsicht werde. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel kündigte das Ja seiner Fraktion zu Fiskalpakt und ESM an. „Wir wollen nicht, dass verspielt wird, für das so viele vor uns gestritten und gelitten haben.“ Zugleich forderte er die Koalition auf, den plakativen Widerstand gegen eine gemeinsame Schuldenhaftung aufzugeben. Der deutsche Steuerzahler hafte nämlich längst schon mit zig Milliarden. So habe die Europäische Zentralbank (EZB) bereits mehr als eine Billion Euro an direkter und indirekter Staatsfinanzierung geleistet, sagte Gabriel. Für diese „heimlichen Schulden“ hafte auch Deutschland – nur eben nicht mit offenen Euro-Bonds, sondern mit verdeckten „Merkel-Bonds“. Die Linke-Fraktionsvize Sahra Wagenknecht warf der Bundesregierung vor: „Sie handeln wie Marionetten, die Puppenspieler sind die Bänker.“ Merkels Europa sei ein Projekt der Zerschlagung der sozialen Gerechtigkeit und der Demokratie sowie von Arbeitnehmerrechten. „Sie retten nicht den Euro, sondern die Euros der Millionäre.“ FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle verteidigte Fiskalpakt und ESM. Hier werde die Grundlage einer neuen Finanzarchitektur in Europa geschaffen. Er begrüßte zugleich die Zustimmung von SPD und Grünen zu den Gesetzesvorlagen. Von Deutschland gehe damit „ein Signal der Handlungsfähigkeit“ aus. Unruhe im Parlament Vor der entscheidenden Abstimmung herrschte große Unruhe im Parlament. Abgeordnete aller Fraktionen zeigten sich irritiert über die Gipfel-Beschlüsse – diskutiert wurde zwischenzeitlich sogar über eine Verschiebung der Abstimmungen. Ein Antrag der Linken dazu wurde jedoch mit breiter Mehrheit aller übrigen Fraktionen abgelehnt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) musste in einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses Rede und Antwort stehen. An den Märkten und Börsen kamen die Gipfelbeschlüsse gut an. Der DAX zog bis Handelsschluss um 4,3 Prozent an. Auch der Euro machte einen deutlichen Satz. Am späten Abend (Sitzungsbeginn gegen 21.30 Uhr, Ende ca. 23 Uhr) sollte nach bisherigen Plänen schließlich der Bundesrat abstimmen. Die Linke wollte noch in der Nacht eine Eilklage beim Verfassungsgericht in Karlsruhe einreichen. dapd (Politik/Politik)
Merkel wirbt im Bundestag um Ja zu Europa-Kurs
Berlin (dapd). Mit einem leidenschaftlichen Plädoyer hat Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundestag um Zustimmung für ihren Kurs im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise geworben. In einer Regierungserklärung appellierte die CDU-Vorsitzende am Freitag an die Abgeordneten, dem Fiskalpakt mit seinen strengen Sparvorgaben mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit zuzustimmen, ebenso wie dem dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM. Merkel sagte, der Bundestag könne so „das Signal der Geschlossenheit und Entschlossenheit nach innen und nach außen“ geben und das Signal, „dass Europa unsere Zukunft bedeutet“. Merkel sagte zum Schluss ihrer 20-minutigen Erklärung: „Wir stehen zum Euro. Wir wollen ihn als stabile Währung.“ Deutschland könne mit ihm besser wirtschaften als ohne. Zugleich verteidigte die Regierungschefin die Beschlüsse des Brüsseler Gipfels als „gut und vernünftig“. Nach 15-stündigem Ringen hatten sich die Euro-Länder in der Nacht zum Freitag auf eine direkte Bankenhilfe für Spanien und einen bequemeren Zugriff auf den Euro-Rettungsschirm für Italien geeinigt. Damit sollen beide Länder von der Last immer höherer Zinsen befreit werden. Spanien und Italien hatten Merkel unter Druck gesetzt und zwischenzeitlich mit einem „Nein“ zum 120 Milliarden Euro schweren Wachstumspaket gedroht – das Merkel für die Stimmen der Opposition im Bundestag dringend brauchte. Denn SPD und Grüne hatten ihre Zustimmung zum ESM und zum Fiskalpakt von genau solchen Konjunkturimpulsen abhängig gemacht. Einer breiten Zustimmung am späten Abend stand damit nichts mehr im Wege. Weg hin zu soliden Finanzen Merkel sagte, der Fiskalpakt, der den Teilnehmerstaaten strenge Sparvorgaben auferlegt, sei noch vor wenigen Monaten „undenkbar“ gewesen. Doch es habe sich gezeigt, dass eine unverantwortliche Haushaltspolitik einzelner Staaten alle übrigen im Euro-Raum gefährden könne. „Dem muss Einhalt geboten werden“, sagte die Kanzlerin. Der Fiskalpakt mache den Weg hin zu dauerhaft soliden Finanzen unumkehrbar. Zwischen ESM und Fiskalpakt gebe es eine rechtliche Verknüpfung, nämlich eine „zwischen Solidarität und Solidität“. Beide gehörten inhaltlich zusammen. Zugleich zeigte sich die Kanzlerin zufrieden, dass demnächst auch eine Finanztransaktionssteuer kommen werde. Bis zum Jahresende solle die Gesetzgebung dazu abgeschlossen sein. Damit werde sichergestellt, dass auch die Banken als Verursacher der Krise einen Beitrag zur Überwindung der Folgen leisten. Ausdrücklich verteidigte Merkel die Entscheidung des EU-Gipfels zur Rekapitalisierung von Banken wie in Spanien. Hier gebe es harte Auflagen, die mit einem Zeitplan versehen werden. Zugleich werde sichergestellt, dass die EZB zur europäischen Bankenaufsicht werde. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte die Koalition auf, den plakativen Widerstand gegen eine gemeinsame Schuldenhaftung in Europa aufzugeben. Der deutsche Steuerzahler hafte doch längst schon für Milliardenbeträge: So habe die Europäische Zentralbank bereits mehr als eine Billion Euro an direkter und indirekter Staatsfinanzierung geleistet, sagte Gabriel. Für diese „heimlichen Schulden“ hafte auch Deutschland – nur eben nicht mit offenen Euro-Bonds, sondern mit „Merkel-Bonds“. Zufrieden zeigte sich der SPD-Chef, dass gegen den Widerstand der FDP endlich die Finanztransaktionssteuer komme. Unruhe im Parlament Vor der entscheidenden Abstimmung herrschte große Unruhe im Parlament. So zeigten sich am Nachmittag Abgeordnete aller Fraktionen irritiert über die Beschlüsse des EU-Gipfels – diskutiert wurde zwischenzeitlich sogar über eine Verschiebung der Befassung durch den Bundestag. Ein Antrag der Linken dazu wurde jedoch mit breiter Mehrheit aller übrigen Fraktionen abgelehnt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) musste in einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses Rede und Antwort stehen. Am späten Abend (Sitzungsbeginn gegen 21.30 Uhr) sollte nach bisherigen Plänen schließlich der Bundesrat abstimmen. Die Linke wollte noch in der Nacht eine Eilklage beim Verfassungsgericht in Karlsruhe einreichen. dapd (Politik/Politik)
Schlecker-Insolvenzverwalter geht in Berufung
Ehingen (dapd). Der Insolvenzverwalter der Drogeriekette Schlecker, Arndt Geiwitz, geht nach der erfolgreichen Klage einer entlassenen Mitarbeiterin gegen ihre Kündigung in Berufung. Weder die Insolvenzverwaltung noch der Betriebsrat könnten eine grobe Fehlerhaftigkeit erkennen, „wenn man eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern weiter beschäftigt und dafür eine etwas ältere, ledige Mitarbeiterin ohne Kinder entlässt“, sagte ein Sprecher von Geiwitz am Freitag. Damit trat der Insolvenzverwalter einem am Donnerstag bekanntgewordenen Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn entgegen. Dieses hatte die Kündigung einer ehemaligen Filialleiterin für unwirksam erklärt. Dem Gericht zufolge war die Sozialauswahl grob fehlerhaft. Der Insolvenzverwalter als Beklagter habe keine vollständige Auskunft über seine subjektiven Erwägungen zur Sozialauswahl gegeben. Zudem habe die Klägerin eine vergleichbare Arbeitnehmerin genannt, die bei Zugrundelegung des von Geiwitz behaupteten Punkteschemas weit weniger Sozialpunkte aufweise als sie. Bei einer Sozialauswahl fließen verschiedene Punkte wie das Alter, die Anzahl der Kinder oder die Betriebszugehörigkeit mit ein. Dem Sprecher zufolge bezog sich die Klägerin auf ein Punkteschema, das so nicht mit dem Betriebsrat vereinbart war und auch nicht angewendet wurde. Zudem habe nicht Geiwitz allein die Sozialauswahl getroffen, sondern vielmehr in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern im Betriebsrat und der Personalabteilung von Schlecker. Andere Gerichte wiesen Kündigungsschutzklagen ab Weitere Klagen gegen Entlassungen seien vor anderen Gerichten bereits abgewiesen worden. Wie viele es waren, konnte der Sprecher nicht sagen. Die erste erfolgreiche Klage einer Mitarbeiterin zeigt nach Angaben von Geiwitz auch einen Grund für die erfolglose Investorensuche für die Drogeriekette. „Der Anspruch der Frau auf einen Arbeitsplatz geht auf einen Investor über“, sagte Geiwitz der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Freitagausgabe). Aus diesem Grund seien auch Teilverkäufe gescheitert. „Wenn jemand zum Beispiel 50 Filialen übernähme, könnten sich die bisherigen Schlecker-Mitarbeiter in diese Betriebsstätten einklagen oder es jedenfalls versuchen“, sagte Geiwitz dem Blatt. Das Risiko aus bundesweit mehr als 4.500 Kündigungsschutzklagen gilt als ein Grund für die gescheiterte Rettung von Schlecker. Geiwitz nannte in einem Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“ aber auch die Verteidigung des Flächentarifs bei Schlecker durch die Gewerkschaft ver.di als Hindernis. Das sei eine der „Giftpillen“ im Sanierungsprozess gewesen. ver.di: Aus Schlecker-Frauen keine Täter machen Dagegen wehrte sich ver.di am Freitag vehement. „Es ist nicht hinnehmbar, dass aus den Hauptbetroffenen der Insolvenz – den Schlecker-Frauen – jetzt Täter gemacht werden sollen, obwohl der wirtschaftliche Niedergang und das Aus eindeutig die Folge unternehmerischer Fehlleistungen der Familie Schlecker sind“, sagte das Bundesvorstandsmitglied für den Handel, Stefanie Nutzenberger. Ihrer Meinung nach treffen Vorwürfe, ver.di habe tarifliche Standards zu entschieden verteidigt, direkt die Beschäftigten. Nötig sei jetzt die Klärung der Frage, aus welchen Gründen die Investorensuche letztlich gescheitert ist und warum Teilverkäufe in nennenswertem Umfang nicht zustande gekommen sind. Hier sei der Insolvenzverwalter insbesondere den Beschäftigten gegenüber in der Pflicht. In einer ersten Kündigungswelle im März waren 10.000 Beschäftigte, vornehmlich Frauen, entlassen worden. Mit dem endgültigen Aus der Drogeriekette werden auch die restlichen über 13.000 Mitarbeiter voraussichtlich im Juli ihre Kündigung erhalten. Die verbliebenen 2.800 Schlecker-Filialen schlossen am Mittwoch endgültig. Auch das Aus für die Tochtergesellschaft Schlecker XL, die mit größeren Filialen und einem breiteren Produktsortiment antrat, wurde am Donnerstag besiegelt. Für eine Fortführung gebe es „keine wirtschaftlich vertretbare Perspektive“, teilte Insolvenzverwalter Werner Schneider mit. Damit werden weitere 1.100 Beschäftigte gekündigt. Für Ihr Platz mit rund 3.900 Beschäftigten würden die Gespräche mit einem Investor dagegen am Montag fortgesetzt. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Schlecker-Insolvenzverwalter will in Berufung gehen
Frankfurt/Main (dapd). Der Insolvenzverwalter der Drogeriekette Schlecker, Arndt Geiwitz, will nach der erfolgreichen Klage einer entlassenen Mitarbeiterin gegen ihre Kündigung in Berufung gehen. Weder die Insolvenzverwaltung noch der Betriebsrat könnten eine grobe Fehlerhaftigkeit erkennen, „wenn man eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern weiterbeschäftigt und dafür eine etwas ältere, ledige Mitarbeiterin ohne Kinder entlässt“, sagte ein Sprecher von Geiwitz am Freitag. Damit trat der Insolvenzverwalter einem am Donnerstag bekanntgewordenen Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn entgegen. Das hatte die Kündigung einer ehemaligen Filialleiterin für unwirksam erklärt. Dem Gericht zufolge war die Sozialauswahl grob fehlerhaft. Der Insolvenzverwalter als Beklagter habe keine vollständige Auskunft über seine subjektiven Erwägungen zur Sozialauswahl gegeben. Zudem habe die Klägerin eine vergleichbare Arbeitnehmerin genannt, die bei Zugrundelegung des von Geiwitz behaupteten Punkteschemas weit weniger Sozialpunkte aufweise als sie. Bei einer Sozialauswahl fließen verschiedene Punkte wie das Alter, die Anzahl der Kinder oder die Betriebszugehörigkeit mit ein. Dem Sprecher zufolge bezog sich die Klägerin auf ein Punkteschema, das so nicht mit dem Betriebsrat vereinbart war und auch nicht angewendet wurde. Zudem habe nicht Geiwitz allein die Sozialauswahl getroffen, sondern vielmehr in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern im Betriebsrat und der Personalabteilung von Schlecker. Weitere Klagen gegen Entlassungen seien vor anderen Gerichten bereits abgewiesen worden. Wie viele es waren, konnte der Sprecher nicht sagen. Die erste erfolgreiche Klage einer Mitarbeiterin zeigt nach Angaben von Geiwitz auch einen Grund für die erfolglose Investorensuche für die Drogeriekette. „Der Anspruch der Frau auf einen Arbeitsplatz geht auf einen Investor über“, sagte Geiwitz der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Freitagausgabe). Aus diesem Grund seien auch Teilverkäufe gescheitert. „Wenn jemand zum Beispiel 50 Filialen übernähme, könnten sich die bisherigen Schlecker-Mitarbeiter in diese Betriebsstätten einklagen oder es jedenfalls versuchen“, sagte Geiwitz dem Blatt. Das Risiko aus bundesweit mehr als 4.500 Kündigungsschutzklagen gilt als ein Grund für die gescheiterte Rettung von Schlecker. Die verbliebenen 2.800 Schlecker-Filialen schlossen am Mittwoch endgültig. In einer ersten Kündigungswelle im März waren 10.000 Beschäftigte, vornehmlich Frauen, entlassen worden. Mit dem endgültigen Aus der Drogeriekette werden auch die restlichen über 13.000 Mitarbeiter voraussichtlich im Juli ihre Kündigung erhalten. Auch das Aus für die Tochtergesellschaft Schlecker XL, die mit größeren Filialen und einem breiteren Produktsortiment antrat, wurde am Donnerstag besiegelt. Für eine Fortführung gebe es „keine wirtschaftlich vertretbare Perspektive“, teilte Insolvenzverwalter Werner Schneider mit. Damit werden weitere 1.100 Beschäftigte gekündigt. Für Ihr Platz mit rund 3.900 Beschäftigten würden die Gespräche mit einem Investor dagegen am Montag fortgesetzt. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)